Gozu Tennō

Aus Kamigraphie
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Gozu tenno.jpg
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Themengruppe Gottheiten (Götter, numinose Erscheinungen)
Name Gozu 牛頭 („Ochsenköpfiger Himmelskönig“)
Religiöse Titel Tennō 天王
Sonstige Namen Susanoo
Rel. Zugehörigkeiten Buddhismus, Shinto
Herkunft vermutlich Indien, China und Korea
Funktion, Wirkkraft Seuchengottheit
Bemerkung Wird häufig mit Susanoo identifiziert.

Gozu Tennō 牛頭天王 bedeutet wörtlich „der ochsenköpfige Himmelskönig“. Die Gottheit wird unter anderem im Yasaka-Schrein 八坂神社 in Kyōto und im Tsushima-Schrein 津島神社 in Aichi verehrt.

Der genaue Ursprung Gozu Tennōs ist unklar, da er eine Gottheit ist, die aus der Übermittlung ausländischer Götter nach Japan entstand und insofern indische, chinesische und koreanische Elemente aufweist. Bei seiner "Ankunft" in Japan war er unter anderem zunächst als Godō Daishin 五道大神 und/oder Gotō Tennō 五頭天王 bekannt. Der Name Gotō Tennō war vermutlich weit verbreitet, bevor sich Gozu Tennō durchsetzte. Bis heute gibt es noch an verschiedenen Orten in Japan einige kleine Schreine, welche früher Gotō Tennō hießen. Er verschmilzt zum Teil mit anderen Gottheiten wie Susanoo, der im gleichen Schrein verehrt wird. In Japan wird er seit der Heian-Zeit vor allem als eine Seuchengottheit verehrt, die Krankheit und Epidemien verbreiten kann, über die Jahrhunderte entwickelte er sich auch zu einem Kami, der vor Krankheiten bewahrte. Seine erste Erwähnung findet sich im Geschichtsbuch Honchō seiki 本朝世紀 aus dem Jahr 1148. Dort wird beschrieben, dass im Jahr 1070 ein Feuer im Gion-Schrein ausbrach und die Füße/Beine der Mutter von Kaiser Gozu vom Feuer beschädigt wurden: Gozu Tennō mama o-ashi shōzon 牛頭天皇ママ御足焼損.

Ursprünge Gozu Tenn

Die Geschichte[1] rund um das Aufeinandertreffen der Brüder Kotan Shōrai 巨旦将来 und Somin Shōrai 蘇民将来 mit einer himmlischen Gottheit bildet das mythische Herzstück des Kultes in Gion in Kyoto.

Indien

Gozu Tennō wird in Indien als die Schutzgottheit Gosirsa Devaraja des palastartigen Anwesens Jetavana von Siddhartha Gautama identifiziert. Dieses wird als Gion shōja 祇園精舎 auf Japanisch übersetzt und inspirierte den Namen des kultischen Zentrums in Gion. Auch soll Gozu Tennō auf einem heiligen indischen Berg gewohnt haben, auf dem der Baum „candana“ wuchs, der weiterverarbeitend als fiebersenkendes Mittel eingesetzt wurde. Der Berg war wie ein Ochsenkopf geformt und wurde als Ochsenkopfberg (auf Japanisch gozusan 牛頭山) bezeichnet. In seiner indischen Herkunft wird Gozu Tennō somit vor allem als Schutzgottheit und mit Medizin assoziiert.

China

Als Gozu Tennō bzw. Gotō Tennō Vorfahre wird der chinesische Volksgott Godō Daishin definiert, der kaum in der japanischen Literatur vorkommt, aber eine wichtige Rolle in den Ritualen des König Enmaten 焔魔天 spielt. Durch Entdeckung von kishōmon 起請文[2], welches auf Holztafeln mokkan 木簡 geschrieben sind, lässt sich feststellen, dass als Ersatz für Godō Daishin auch die Götter Taizan-fukun 泰山府君 und Shimeishiroku 司命司禄 in den kishōmon'erwähnt werden, welche zu den Göttern der himmlischen Reiche und Schutzgötter des Buddhismus zählen.

Eine Schrift aus der Tang Dynastie erklärt das Ritual des Königs Enma, welches in Zeiten von Seuchen und anderer Krankheiten ausgeführt werden sollte: Im Hof von Enma gibt es einen Speer mit einem Banner, auf dem ein Menschenkopf abgebildet ist. Indem König Enma das Feuerlicht sieht, das aus seinem Mund kommt oder sich eine weiße Lotusblume öffnet, kann er beurteilen, ob es sich um einen guten oder schlechten Menschen handelt. Taizan-fukun und Godō Daishin verwenden dann die Ergebnisse des Urteils des Königs, um die endgültige Entscheidung über die Person zu treffen und eine Strafe wie beispielsweise Tod durch Krankheit auszuführen. Wenn König Enma guter Laune ist, sterben Menschen nicht und es kommen keine Seuchen auf, aber es verbreiten sich Krankheit und Tod, wenn er zornig ist.

Obwohl Godō Daishin unter König Enma steht, trifft er die endgültige Entscheidung über Leben und Tod eines Menschen, weswegen er für die damaligen Menschen wie ein stellvertretender Vollstrecker des Urteils des Königs Enma gewirkt haben muss. In einem anderen Ritualbuch aus der Tang Xuanzong-Zeit wird die Art und Weise von Opferritualen beschrieben, indem überaus oft das Wort ekibyō 疫病 vorkommt. An einer Textstelle wird ein tapferer Dämonenkönig beschrieben, der hinter dem Berg lebt, auf dem Taizan-fukun wohnt. Es wird angenommen, dass dies Godō Daishin ist. In China war die Ansicht verbreitet, dass Seuchen von Dämonen und bösen Geistern verursacht werden, weswegen er als Befehlshaber der Dämonen aufgefasst wurde.

Godō Daishin taucht vor allem in japanischen buddhistischen Schriften zwischen dem 9. und 14. Jahrundert auf, wobei er besonders häufig im 12. Jahrhundert erwähnt wird. In diesen Texten wird er als Familienmitglied von König Enma aufgefasst und taucht vor allem in Passagen auf, in denen Rituale und Praktiken von Enma beschrieben werden. Die Datierung der mokkan auf den Zeitraum von 1137 bis 1191 verdeutlicht die aktive Ausübung des Rituals und häufige Verwendung des Namens Godō Daishin. Godō Daishin wurde insofern in Japan vermutlich als eine Gottheit eingeführt, die mit den Gesetz von Enma enmatenhou 焔魔天法 in Verbindung steht. Während die Tendai-Schule ihn bereits zu Ende des 9. Jahrhunderts akzeptiert, erwähnt ihn die Shingon-Schule erst zu Beginn des 12. Jahrhunderts.

Da das Ritual den Lehren des esoterischen Buddhismus mikkyō 密教 angehört, durften ihre Rituale eigentlich nur im Verborgenen ausgeübt werden. Ab der Heian-Zeit waren jedoch religiöse Rituale zur Verehrung von Seuchengöttern ekijin saishi 疫神祭祀 unter der allgemeinen Bevölkerung weit verbreitet (unter anderem das Gion Matsuri), und da esoterische Mönche weder Statuen von Godō Daishin noch seinen Namen öffentlich zur Schau stellen wollten, wurde es laut Yamaguchi Kenji nötig, speziell eine Gottheit für buddhistische Tempel zu haben.

Die bereits als Gion-Seuchengottheit verehrte Statue des Godō Daishin tief musste im Tempel versteckt oder zerstört werden, damit eine neue Statue der Gion-Gottheit als Ersatz geschaffen werden konnte. Somit wurde die Gion-Gottheit Gotō Tennō in Bezug auf Seuche und Krankheit kreiert, welche später den Namen Gozu Tennō annahm. Der Name Gozu Tennō wurde vermutlich später ausgewählt, da gotō godō zu sehr ähnelte und die Mönche die Tatsache verschleiern wollten, dass der Ursprung des Gion Tenjin 祇園の天神 Godō Daishin ist. Mit Änderung des Namens folgte auch eine andere Darstellung des Gottes: Die meisten früheren Statuen hatten die Form eines Kriegsherrn mit drei oder vier Gesichtern und Furcht einflößendem Aussehen, während Gozu Tennō als Statue mit Ochsenkopf sich erst später entwickelte.

Korea

Der Kult um Gozu Tennō gründet sich unter anderem auf die Version seiner Legende im Gion Gozu tennō go-engi 祇園牛頭天王御縁起 [3] aus der späteren Muromachi-Zeit.

In der frühesten Version der Erzählung hat die erwähnte Seuchengottheit den Namen Mutō Tenjin 武塔天神, welcher offenbar von dem koreanischen Wort mudang, welches Schamanin bedeutet, abgeleitet wird. Auf Japanisch wird er muta oder mutō ausgesprochen und kann sich auch auf Hügel oder Berge mit trapezförmigem Aussehen beziehen. Mutō ist dementsprechend eine Gottheit, die auf dem Gipfel trapezförmiger Berge wohnt. Ein frühes kultisches Zentrum im koreanischen Königreich Silla wurde soshimori genannt und lag in der Nähe solcher Hügel. Der Name lautete Ochsenkopfberg, da laut Kubota Osamu 久保田収著[4] soshi Ochse und mori Kopf bedeutet. Im frühen Korea und Japan war es unter anderem üblich war, Rinder für gute Ernte und Vorbeugung gegen Krankheit zu opfern.

In einer anderen Version der Geschichte wird Mutō mit Gozu Tennō, dem ochsenköpfigen Himmelskönig identifiziert, in einer weiteren ist Gozu Tennō Mutōs ältester Sohn. Beide Namen sind mit dem koreanischen Begriff soshimori verbunden, und sind mit der Zeit zu einer Gottheit verschmolzen, die unter mehreren Namen bekannt ist.




Verweise


weiterführende Quellen

  • Karl Florenz (Ü.) 1901
    Nihongi: Japanische Mythologie. (Mittheilungen d. Dt. Ges. f. Natur- und Völkerkunde Ostasiens, IV.) Tokyo: Hobunsha 1901. (Ü. von Nihon shoki, Götterzeitalter nebst Auszügen aus Kojiki und fudoki.)
  • Hideki Saitō 2012
    „The worship of Gozu Tennō and the ritual world of the Izanagi-ryū.“ Cahiers d'Extrême-Asie 21/1 (2012), S. 277-301. (Exzerpt Übersetzung ins Englische: Giorgio Premoselli.)
  • Kōtaro Suzuki 2013
    „Gozu tennō engi ni kansuru kisoteki kenkyū.“ Ritsumeikan bungaku 立命館文学 630 (2013), S. 754–762. (An Introductory Study of 'Gozu-tenno-engi'.)
  • Sarah Thal 2002
    „Redefining the gods: Politics and survival in the creation of modern kami.“ Japanese Journal of Religious Studies 29/3 (2002), S. 397-404.
  • Kenji Yamaguchi 2019
    „Gozu tennō tanjō no nazo o toku kagi: Shiotsukō iseki kishōmon-satsu ni shirusareta.“ Himoji shiryō kenkyū 非文字資料研究 [The study of nonwritten cultural materials] 19 (2019), S. 1-20. (Exzerpt The Key to Solving the Mystery of the Birth of Ancient Deity Gozu Tenno: "Gotoutenno" written in the Pledge Documents on the Wood Board of Shiozu Port ruins.)

Anmerkungen

  1. hier ist die Geschichte kurz nachzulesen
  2. Kishōmon ist ein schriftlicher Schwur an die Götter und besagt, dass bei Brechung des Eides die Person durch die magische Kraft der Götter oder des Buddhas bestraft wird.
  3. Engi 縁起 kann mehrere Bedeutungen wie gutes/schlechtes Omen (engi ga yoi/warui 縁起がよい/悪い), die Herkunft oder den Ursprung von etwas andeuten oder erklärt als buddhistischer Begriff, dass alle Dinge durch Kausalität auftreten. Siehe Wortbedeutung 縁起. In dem Kontext um die Seuchengottheit Gozu Tennō ist es als die Herkunfts-/Ursprungsgeschichte von Gozu Tennō zu verstehen.
  4. Kubota Osamu ist ein japanischer Wissenschaftler, der vor allem über Shintoismus und den Yasaka/Gion-Schrein forschte. vgl. Auswahl seiner Publikationen