Exzerpt:Saitō H 2012

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Themengruppe Exzerpte
Behandeltes Werk
Hideki Saitō 2012
„The worship of Gozu Tennō and the ritual world of the Izanagi-ryū.“ Cahiers d'Extrême-Asie 21/1 (2012), S. 277-301. (Exzerpt Übersetzung ins Englische: Giorgio Premoselli.)

Behandelt werden vor allem jene Aspekte, die sich um die verschiedenen Versionen der Legenden um Gozu Tennō und ihren Verwendungszweck drehen.

Autor

Saitō Hideki 齋藤英喜 ist Professor an der Bukkyō Universität und forscht über japanische Mythologie, Rituale, Magie und Onmyōdō 陰陽道. [1] Giorgio Premoselli schrieb seine Dissertation an der Bukkyō Universität über buddhistische Kultur und arbeitet im Moment als Übersetzer für Smartphone-Spiele. [2]

Der Artikel

In der Wissenschaft wird angenommen, dass der japanische Volksglauben Izanagi-ryū いざなぎ流 ein Synkretismus aus vielen verschiedenen Religionen wie unter anderem Onmyōdō, Shugendō 修験道, sowie Elemente des esoterischen Buddhismus mikkyō 密教 und Miwa-ryū Shintō 三輪流神道 beinhaltet. Im Zentrum steht der sogenannte tayū 太夫, ein Magier bzw. Ritualist, welcher Zeremonien für die Götter ausführt. [3] Die Ursprünge dieses Glaubens liegen in der Präfektur Kochi und können bis zum Ende des Mittelalters und Beginn der Moderne zurückdatiert werden. (278)

Der Autor bearbeitet die Frage, welche Aspekte der rituellen Welt um Izanagi-ryū im Besonderen mit Onmyōdō verbunden sind. Dazu untersucht er die Gottheit Gozu Tennō 牛頭天王, die sowohl im Izanagi-ryū als auch im Kult um Gozu Tennō, der im Gion/Yasaka Schrein in Kyoto verehrt wird, vorkommt. Der Kult gründet sich unter anderem auf die Legende[4] Gion Gozu tennō go-engi 祇園牛頭天王御縁起 [5] aus der späteren Muromachi-Zeit. Im Laufe der Zeit entstanden mehrere Versionen der Legende, wobei eine sich im Hoki naiden ほき内伝 finden lässt. Eine Sammlung von Erzählungen abgeleitet aus dem Hoki naiden mit dem Namen Tengeshō no saimon 天下小の蔡文[6] wurde von Izanagi-ryū übernommen. (279–280)

Gozu Tennō im Hoki naiden

Das Hoki naiden ist vermutlich zwischen der Nambokuchō-Zeit und Muromachi-Zeit entstanden. Die Legende von Gozu Tennō wird als grundlegende Mythologie für kalendarische Annotationen verwendet, auftretende Gottheiten im Hoki naiden werden mit Onmyōdō-Gottheiten vermischt und so in die Welt der kalendarischen Kommentare rekichū 暦注 (Almanach)[7] als Götter eingegliedert. Unter anderem wird Gozu Tennō mit Tendō-jin 天道神 (Gott des himmlischen Weges) und Somin Shōrai 蘇民将来 mit Tentoku-jin 天徳神 kombiniert. Aus diesem Grund wird das Werk wird in der Forschung einer kalendarischen Schule zugeschrieben und nicht wie früher weitläufig angenommen Abe no Seimei 安倍晴明 attributiert wird. Hoki naiden zählt daher auch als eine Repräsentation mittelalterlicher Mythologie um kalendarische Gottheiten. (284–287)

Folgendes Zitat verdeutlicht die Natur von Gozu Tennō im Hoki naiden:

On the direction of Tendō-jin…

Here, Tendō-jin is in the direction of Gozu Tennō. This direction is very auspicious for all things and if one buries the placenta or sets for the first time a saddle pointing in this direction, everything one desires and seeks will be fulfilled.

(Hoki naiden, Schriftrolle 1; Literatur:Saitō 2012:286)

In einer anderen Stelle wird die Richtung von Tentoku-jin beschrieben, welche überaus glücksverheißend für beispielsweise den Bau eines Hauses sei und es wird betont, dass nicht einmal die 84000 Götter der Seuchen diese Richtung stören können. Wenn jemand in diese Richtung geht, wird er zudem von Krankheit verschont. Der Bruder Kotan Shōrai 巨旦将来 hingegen wird als großer Dämonenkönig kotan daikio 巨旦大鬼王 dargestellt, der sieben Bewohner eines Haushaltes umbringt, wenn jemand in seine Richtung geht. Basierend auf der Geschichte von Gozu Tennō verwalten die verschiedenen Protagonisten als Götter unterschiedliche Richtungen. Gozu Tennō ist somit als Tendō-jin im Hoki naiden eine schützende bzw. glücksbringende Gottheit. (287)

Gozu Tennō im Tengeshō der Izanagi-ryū

Gozu Tennō ist im Izanagi-ryū unter Tengeshō 天下小 bekannt und laut dem Hoki naiden ist dies ein weiterer Name für den Seuchengott. (284,289)

Während in der ursprünglichen Legende Gozu Tennō auf der Suche nach einer Ehefrau ist und auf seinem Rückweg Rache an Kotan Shōrai nimmt, der ihm zuvor Gastfreundschaft verweigerte, dreht sich im Tengeshō no saimon die Geschichte vor allem um eine Verschmutzung durch eine Geburt. Gozu Tennō reist in diesem saimon mit seiner hochschwangeren Frau Gion Daimyōjin 祇園大明神 und während Kotan das Paar aufgrund Angst gegenüber einer Verschmutzung durch eine mögliche Geburt nicht in sein Haus lässt, gewährt Somin Shōrai ihnen Unterkunft. Gozu Tennō bzw. Tengeshō wird also als ein Wesen aufgefasst, welches ein Haus durch Geburtsblutung verunreinigen könnte. (288–290)

Dieses neue Wesenart hängt mit der Verwendung von Izanagi-ryūs Tengeshō no saimon zusammen. Tengeshō no saimon wird vor allem während Heilungsriten für eine kranke Person rezitiert, in denen der Seuchengott vom Körper der Person „entfernt“ wird und zu einem Platz mit dem Namen Kotan no sato 臣旦の里 geschickt wird. In der Erzählung wird Kotans Haus später von Gozu Tennō zerstört und genau an diesem Ort wird im rituellen Gebet die Seuchengottheit platziert. (291–292)

Das rituelle Motiv eine Seuchengott zu vertreiben hat zu einer Reinterpretation der ursprünglichen Legende geführt. Die Besonderheit des Kultes um Gozu Tennō dreht sich im Izanagi-ryū um das Bewusstsein, dass er keine schützende Gottheit vor Krankheit ist, sondern als Seuchengott weggeschickt werden muss. (293)

Fazit

Im Hoki naiden, welches vor allem als kalendarische Anmerkung gedacht ist, schützt Gozu Tennō als Tendō-jin vor Unglück. Er wird als kalendarische Gottheit dargestellt, die die Bedeutung des Onmyōdō-Kalenders mit seinen richtungsabhängigen Tabus und glücks- und unglücksverheißenden Anmerkungen bestätigen soll. (293)

Tengeshō in der rituellen Welt von Izanagi-ryū ist dafür weder schützend noch kalendarischer Natur. Gozu Tennō als Tengeshō wird als die Krankheit identifiziert, die vertrieben werden muss. Tengeshō no saimon stellt folglich die Grundlage für das „zurücksendende Ritual“ und Reinigung der kranken Person dar und wird dazu benutzt, um mit den Göttern zu kommunizieren. (293)

Anmerkungen

  1. Profil von Saitō Hideki
  2. LinkedIn Profil von Giorgio Premoselli
  3. zum tieferen Verständnis von Izanagi-ryū entnommen aus: Literatur:Umeno 2012:342-344
  4. hier ist eine Version der Geschichte kurz nachzulesen
  5. Engi 縁起 kann mehrere Bedeutungen wie gutes/schlechtes Omen (engi ga yoi/warui 縁起がよい/悪い), die Herkunft oder den Ursprung von etwas andeuten oder erklärt als buddhistischer Begriff, dass alle Dinge durch Kausalität auftreten. Siehe Wortbedeutung 縁起. In dem Kontext um die Seuchengottheit Gozu Tennō ist es als die Herkunfts-/Ursprungsgeschichte von Gozu Tennō zu verstehen.
  6. Saimon hat eine ähnliche Bedeutung wie engi, es handelt sich um Texte mit mythischen Erzählungen oder Ursprungsgeschichten, welche in Ritualen verwendet werden. (Literatur:Saitō 2012:280)
  7. Der Duden bezeichnet Almanach als eine mit einem Kalender verbundene bebilderte Sammlung von Texten. Die Herkunft des Wortes ist nicht genau geklärt, aber es wird auf das lateinische Wort "alachmanur", welches astronomisches Jahrbuch bedeutet, zurückgeführt. (Duden-Bedeutung) Das japanische rekichū ist diesem Begriff in seiner Bedeutung ähnlich, generell werden in einem rekichū wissenschaftliche und astronomische Angelegenheiten und jährliche Ereignisse wie unter anderem Daten und Wochentage beschrieben sowie glücksverheißende bzw. unglücksverheißende Zeiten (Datum und Uhrzeit) und Richtungen angemerkt. (Wikipedia-Seite von rekichū)