Priester (Kogo shūi)
Das Hauptthema des Kogo shūi (frühes 9. Jh.) sind die Aufgaben der einzelnen höfischen Priestersippen, im besonderen die Aufgaben der Inbe. Priester nehmen daher in vielen Episoden eine wichtige Rolle ein, während sie in den Kiki meist nur als Wahrsager vorkommen. In der Kogo shūi Fassung der mythologischen Chroniken werden folgende Punkte besonders „heraus vergrößert“:
Abstammung
Susanoos Verbannung
In einer Version des Nihon shoki wird erwähnt, dass Ame no Koyane die Ritualworte für die Reinigung nach Susanoos Untaten spricht. Diese Stelle fehlt im Kogo shūi. Möglicherweise wollte Inbe no Hironari die Rolle des Ahnherren der Nakatomi in seinem Werk nicht erwähnen.
Siehe auch Susanoos Verbannung
Ohonamuji
Im Abschnitt zu Oho-na-muji Ōkuninushi und dem Gott Sukunabikona, machten sich die beiden zur Aufgabe Krankheiten zu heilen und bestimmten die Methode der Fortbeschwörung (magische Handlung um das Böse fern zu halten). Das Kogo shūi prägt dadurch das Bild Ohonamujis als Heilers (und teilt ihn dadurch einen priesterlichen Aufgabenbereich zu).
Übergabe des Landes
Bei der Übergabe des Landes an den ehrenwerten Himmelsenkel, drängt sich das Gefühl auf, dass durch die Aufhebung der Pflichten Ohonamujis Ōkuninushi und seines Sohnes, die Izumo Familie sich keiner großen Beliebtheit erfreute, es wurde den Izumo auch keine Priesterrolle zugeschrieben wie es etwa im Nihon shoki der Fall war (als Ohonamuji das Land nicht einfach übergeben möchte sieht Amaterasu eine Einigung indem der Himmelsenkel die weltlichen Angelegenheiten übernimmt, während Ohonamuji die göttlichen Aufgaben übernimmt - ihm also eine priesterliche Rolle zugeteilt wird). Im Kogo shūifehlt dieser Teil völlig, indem Ohonamuji den Land-Unterwerfungs-Speer übergibt und sich mit seinen Sohn zurück zieht.
Der Abstieg des Himmelsenkels
Diese Mythensequenz berichtet in ihren vielen unterschiedlichen Versionen einiges über die Aufgaben der Priester. Zwei bedeutende Erzählkerne sind hier besonders wichtig: Einerseits die Fünf Berufsgruppenhäupter und andererseits die Himmlischen Edikte, in denen die Aufgaben der Götter auf Erden von Amaterasu und/oder Takami-musubi erlassen werden. Während die Versionen des Kojiki, Nihongi 1 und Nihongi 2 besonderes Augenmerk auf die Berufsgruppen legen, sind diese im Kogo shūi nicht erwähnt. Hier wurde der Schwerpunkt eindeutig auf Ame no Koyane,Ame no Futodama und Ame no Uzume gesetzt (die jedoch in der Version des Kojiki auch Teil der Berufsgruppenhäupter sind). In den himmlischen Edikten des Kogo shūi werden diesen drei Gottheiten klar priesterliche Rollen zugewiesen:
- Sie sollen "Dienst" an dem Spiegel Amaterasus verrichten, den sie dem himmlischen Enkel als ihr "Sinnbild" überlässt
- Ame no Koyane und Ame no Futodama sollen das "Himmlische Himorogi" Takami-musubis mit auf die Erde nehmen und dort im Namen des himmlischen Enkels verehren
- Ame no Koyane und Ame no Futodama sollen zudem "Dienst" im Palast verrichten, ihn im Namen des himmlischen Enkels beschützen und bewahren.
Siehe auch: Der Abstieg des Himmelsenkels
Bergglück und Meerglück
Obwohl dieser Mythos im Kogo shūi kaum behandelt wird, erwähnt Inbe no Hironari an dieser Stelle den Gott Ame no Oshihito no Mikoto 天忍人命, der in den Kiki überhaupt nicht vorkommt. Ame no Oshihito no Mikoto stellt den Ahnengott der Kanimori 掃部 dar. Die Kanimori waren Hofbeamte, deren Aufgabe die Verwaltung und Reinigung des kaiserlichen Hofes war. Darüber hinaus leisteten Kanimori als Organisatoren von Veranstaltungen, darunter auch Zeremonien, auch eine unterstützende Rolle für die Priester am kaiserlichen Hof, weshalb eine religiöse Relevanz dieser Beamtenklasse nicht auszuschließen ist.
Abschnitt über Jinmu Tennō & Palastbau
Der am stärksten hervorgehobene religiöse Teil der Jinmu-Episode bezieht sich auf einen Ritus, welcher von Ame no Tomi no Mikoto durchgeführt wird. Im Kaiserpalast wird, in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Götter Takamimusubi und Amaterasu, eine heilige Stätte eingerichtet, um diversen Göttern huldigen zu können. Mit der Hilfe von Mitgliedern der Inbe Familie stellt Ame no Tomi die Reichsinsignien[1] auf und hält ein Ritual namens ōtono hogai ab, in dem er um eine gute Zukunft des Palastes betet. Ame no Tomi, und unter ihm die verschiedenen Familien, wurde auserwählt die Opfergabenzeremonien durchzuführen.
Ame no Taneko no Mikoto ist zuständig für die Buße von „irdischen“ (Inzucht, Sodomie, etc. ) und „himmlischen“ Untaten (s. Untaten des Susanoo). Im Namen des Kaisers hat er im Tomi Gebirge ein Heiligtum errichtet um seine Danksagungen an die Götter richten zu können. Diese Aufgabe übernahmen die Nakatomi und Inbe Familien, während die heiligen Tänze der Familie Sarume aufgetragen wurden.
Abschnitt über Suinin Tennō
Suinin Tennō beauftragt die Priesterin Yamato Hime (Tochter von Suinin Tennō) mit der Verehrung von der Sonnengottheit Amaterasu, worauf nach der Anweisung der Gottheit der Ise Schrein oberhalb des Isuzu Flusses in der Provinz Ise und ein Palast an dem Ort, wo Yamato Hime verblieb, errichtet wurden.
Weiter werden unter Suinin Tennō Bogen, Pfeile und Schwerter den Göttern des Himmels und der Erde zum ersten Mal als Opfer dargebracht, Götterland und Götterhäuser von neuem festgesetzt und der Schrein von Ame no Hihoko (Sohn eines Königs von Silla) im Bezirk Izushi in der Provinz Tajima zu einem Großen Schrein gemacht.
Vgl. Sujin Tennō's Rolle im Kogo Shūi, Ise Schrein, Yamato Hime
Zeit des Sujin Tennō
In den Zeiten des Sujin Tennō bekommen die Inbe den Auftrag, den Spiegel und das Schwert, welche jetzt am Tage der Thronbesteigung als göttliche Symbole dem Kaiser überreicht werden, von den Göttern erzeugen zu lassen.
Vgl. Sujin Tennō's Rolle im Kogo Shūi
Abschnitt über Keikō Tennō
Der Eintrag, der das Geschehen zur Regierungszeit von Keikō Tennō beschreibt wird auf Yamato Takeru’s Feldzug nach Osten und die Umstände, wie Kusanagi von dem Ise Schrein (der von der Priesterin Yamato Hime verwaltet wird) nach Atsuta Schrein in der Provinz Owari gelingt, subsumiert. Wie es bereits bei der Entstehungsgeschichte von Kogo Shūi angedeutet wurde, ist das Werk als eine Art Klagebericht zu betrachten, mit deren Hilfe der Autor die Rückerstattung der rituellen Funktion seiner Familie und ihre Teilnahme in verschiedenen zeremoniellen Aktivitäten anstrebte. Die Präsentation der Reichsinsignien - einer Kopie des Schwertes Kusanagi und des sakralen Spiegels bei der Thronbesteigungszeremonie gehörte zu einer der wichtigsten rituellen Aufgaben von Inbe und erklärt, warum Kusanagi in der Erzählungen, die in den Kiki den heroischen Taten und der persönlichen Geschichte von Yamato Takeru und Keikō Tennō gewidmet werden, in Hironari’s Version im Mittelpunkt steht.
Weiter wird angemerkt, dass dem Atsuta Schrein, wobei dieser einen dermaßen ‚heiligen‘ Gegenstand besitzt, kein spezieller Status gewährt wurde. Dies wird auch in der ersten Abweichung wiederum erwähnt, die darin besteht, dass dem Schwert Kusanagi keine Opfergaben dargebracht werden und dem Atsuta Schrein keine offiziellen Feiern angesetzt worden sind.
Vgl. Yamato Hime, Kusanagi, Yamato Takeru im Kogo Shūi, Atsuta Schrein
Elf Punkte
Abschließend hebt der Autor elf Punkte hervor, in denen die Gepflogenheiten der frühen Heian-Zeit von den „alten Bräuchen“ abweichen. Die erste Abweichung (1) besteht darin, dass dem Schwert Kusanagi no Tsurugi keine mitegura (Opfergaben) dargebracht werden. Hironari bedauert dies auch im Abschnitt über Keikō Tennō, in dem beschrieben ist wie Yamato Takeru sein Schwert ablegt und kurz darauf stirbt. „Dieses Grasmähe Schwert befindet sich jetzt im Schrein von Atsuta in der Provinz Wohari[2], aber es sind dafür noch keine offiziellen Feiern angesetzt worden.“ Der nächste Punkt (2) beanstandet, dass der Ise Schrein bei der mitegura-Verteilung hinter andere Schreine (der Hauptstadtregion) gereiht wird.
Die nächsten neun Punkte beschäftigen sich mit den Aufgaben der Priesterfamilien, die nach der Sicht Inbe no Hironaris nicht mehr korrekt an die verschiedenen Familien verteilt werden. Genauer handelt es sich dabei um folgende Abweichungen:
- Die Amtsgeschäfte von Ise werden nur mehr durch Mitglieder der Nakatomi geführt.
- Mitglieder der Inbe-Familie, die traditionell beim Schreinbau für das Fällen der Bäume, die das Holz lieferten, sowie die Vorbereitung des Bodens und das Graben der Fundamentlöcher zuständig waren, sind nicht mehr am Bau des Ise- sowie des Yuki- und Suki-Schreins (beim Ōnii = daijōsai, einer Inthronisierungsfeier) beteiligt.
- Bei den Zeremonien des Oho-tono Hogani und des Mikado Matsuris dienten einst die Nakatomi gemeinsam mit den Inbe gleichberechtigt. Die Ankündigungsworte wurden jedoch von einem Nakatomi dahin geändert, dass den Nakatomi eine höhere Stellung eingeräumt wurde: „...machen die Nakatomi an der Spitze der Imube an dem erlauchten Tore ihre Aufwartung.“
- Die Inbe wurden vom 7. Beamtenrang, also dem gleich Rang, den auch die Nakatomi hatten, in den 8. Rang herabgestuft.
- Die Inbe wurden vom Dazai-Priesteramt (in Kyushu), dessen Aufgabe die Darbringung der mitegura ist, ausgeschlossen.
- Die Inbe waren nicht mehr in die Amtsangelegenheiten der großen Schreine eingebunden.
- Hironari fordert, dass bei Zeremonien der Seelenbeschwichtigung das Amt der Mi-kanko nur Mitgliedern des Uji der Sarume (Ame no Uzume) anvertraut wird, da er es als ein Überbleibsel der Tätigkeit der Ame no Uzume vor Amaterasus Felsenhöhle sieht.
- Es sind nur mehr wenige Priesterfamilien, darunter die Nakatomi und die Inbe an der mitegura-Herstellung beteiligt.
- Es gibt eine - zwar nicht exekutierte, aber immerhin niedergeschriebene - Amtsregel, dass nur Nakatomi als mitegura-Boten nach Ise geschickt werden sollen.
Man erkennt gut, dass Inbe no Hironari vorallem das Ungleichgewicht der Machtverhältnisse zu Gunsten der Nakatomi beanstandet.
Verweise
Anmerkungen
- ↑ Hierbei handelt es sich aber nur um Schwert und Spiegel, ohne Krummjuwel
- ↑ Owari no kuni, die heutige Präfektur Aichi. Unweit des Atsuta Schreins entstand in der Edo-Zeit die Stadt Nagoya.
Quellen
- Karl Florenz 1919Die historischen Quellen der Shinto-Religion. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1919. (Übersetzungen von Kojiki und Nihon shoki [in Auszügen] sowie Kogo shūi [ganz].)
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