Alltag/Opfergaben/Ema: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 26. Mai 2020, 12:20 Uhr

Ema Ansichtskarten für die Götter
Ema inari2.jpg
Ema in einem Inari Schrein. Zu sehen ist ein weißer Fuchs (kitsune) vor einem Wunschjuwel (nyoi no tama).
indulgence boy, flickr, 2006.
Ema pferd.jpg
Schrein-ema mit dem klassischen Pferde-Motiv
Encyclopedia of Shintō, Shintō Museum of Kokugakuin University.
Ema 1712.jpg
Die Beschriftung des ema enthält das Jahr der Spende (Shōtoku 2 = 1712) und den Namen des Spenders: Nagahachi 長八, sowie am oberen Rand ein buddhistisches Zeichen in Siddham-Schrift. Möglicherweise handelt es sich um die Silbe KYA, die u.a. für Elfköpfiger Kannon oder eine Figur namens Memyō Bosatsu 馬鳴菩薩 steht (vgl. Tobi-Fudo). Letzterer wird häufig auf einem Pferd reitend dargestellt. Das ema stammt aus der Region Tōno, die in der Edo-Zeit für die Pferdezucht bekannt war.
Edo-Zeit, 1712. The Japan Folk Crafts Museum, (Mingeikan), Tokyo, Meguro-ku.
Ema goojinja.jpg
Wildschweinwächter und Riesen-ema mit Wildschweinmotiv. Aufgenommen im Goō Jinja in Kyōto, in dessen Gründungslegende Wildschweine eine Rolle spielen.
VikingSlav, flickr 2007.
Ema tengu.jpg
Neben einer Maske sind auf diesem ema auch die für tengu typischen einstegigen geta-Sandalen zu erkennen.
indulgence boy, flickr 2006.
Ema inari.jpg
Bemalte ema mit Füchsen (kitsune) des Fushimi Inari Taisha
Matthew Bednarik, flickr 2008.
Ema meijijingu.jpg
Ema, auch auf Englisch beschriftet.
Philip Cygan, 2004.
Ema kagurazaka.jpg
Ema mit Tiger-Motiv in einem buddhistischen Tempel des Bishamon-ten.
Bernhard Scheid, flickr, 2007.
Bishamon ema.jpg
Älteres ema aus Shichigahama bei Sendai. Der abgebildete Tausendfüßler gilt als Botentier des Bishamon-ten.
1935. Fowler Museum at UCLA.
Ema kasuga mcmorrow04.jpg
Beschriftete und unbeschriftete ema am Kasuga Taisha.
Brian Mcmorrow, 2004.
Ema yushimaseido.jpg
Yushima Seidō ist eine Art konfuzianischer Andachtsstätte, die einzige dieser Art in Tōkyō. Konfuzius wird hier als Gott der Gelehrsamkeit verehrt. Die ema stammen zum Großteil von Schülern und Studenten und beinhalten die Bitte um Erfolg bei der nächsten Prüfung. Sie tragen die Aufschrift gōkaku: „Bestanden“.
Eckhart Derschmidt, 2005 (mit freundlicher Genehmigung).
Ema hachimangu.jpg
Junge Priester entfernen ema-Täfelchen nach einem besucherreichen Tag.
Angus McIntyre, 1998.
Ema-Motive

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Opfergaben/Ema.

Ema [ema (jap.) 絵馬 Votivbild; wtl. Bild-Pferd]-Täfelchen werden sowohl in bud·dhis·tischen Tempeln als auch in shin·tō·is·tischen Schreinen verkauft. Eine Seite der Tafeln ist mit einem vorgedruckten Motiv versehen, auf der anderen können die Gläubigen ihre eigenen Wünsche auf·schreiben.

Zumeist gibt es vor Ort auch ein Gestell, um die beschrifteten ema auf·zu·hängen. Einige Tempel und Schreine besitzen noch die tra·di·tio·nellen Hallen für große, oft sehr präch·tigen Vo·tiv·bilder, eine Praxis, die offenbar in der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit weit verbreitet war. Ob große Bilder oder kleine Täfelchen — stets waren ema mit kon·kreten Wünschen seitens der Gläubigen verbunden.

Shinshoji gakudo.jpg
Halle für Votivbilder
Traditionelle Halle für ema.
Späte Edo-Zeit, 1861. Tōykō Views, flickr 2010.

Der etwas rätselhafte Begriff ema („Pferde·bild“) leitet sich wahr·schein·lich von der alten Praxis her, Götter mit Pferden und später mit Bildern von Pferden zu beschenken. Nach Auf·fassung einiger Volkskundler spiegelt sich darin die Vor·stel·lung wider, das Pferd als Trans·port·tier par excellence möge die ent·spre·chen·den Wünsche verläss·lich der Gottheit über·bringen. Die heutige Praxis hat aber jedenfalls kaum noch etwas mit Pferden zu tun.

Wunschmotive

Art und Inhalt der Beschriftung von ema variieren ebenso stark wie die Motive, mit denen sie geschmückt sind. Laut dem englischen Re·li·gions·an·thro·po·logen Ian Reader wird heute ein über·pro·por·tio·nal hoher Anteil von ema von Ju·gend·lichen und ins·be·son·dere von Mädchen verfasst. Die häufigsten Wünsche beziehen sich auf schulischen Erfolg (Aufnahme·prüfungen), aber auch Themen wie Liebe und Heirat sind oft zu finden. Ältere Menschen the·ma·tisieren hingegen vor allem Ge·sund·heit und Geld·nöte. Auffallend ist laut Ian Reader, dass tiefer gehende religiöse Themen, etwa genereller Dank oder Lob an die Gottheiten völlig fehlen. Die japanische Re·dens·art „in schweren Zeiten wendet man sich den Göttern zu“ (kurushii toki no kamidanomi [kurushii toki no kamidanomi (jap.) 苦しい時の神頼み „sich in Zeiten der Not an die Götter wenden“; jap. Redensart]), trifft also ganz besonders auf die Praxis der ema-Beschriftung zu. In vielen Fällen ist aber auch der „fun-Faktor“ der modernen ema nicht zu übersehen. In jüngster Zeit haben sich manche Schreine z.B. auf Manga-Fans (otaku [otaku (jap.) 御宅 ugs. für Manga/Anime-Fan; manchmal etwas herablassende Konnotation]) eingestellt und bieten ema mit Manga Motiven an.

Ema washinomiya.jpg
Fünfeckiges Manga-ema vor einem traditionellen Ema-Motiv. Der Washinomiya Schrein, einer der ältesten Schreine der Kantō Region, erhielt neuen Zulauf, als er zum Spielort des populären Manga Lucky Star auserkoren wurde. Seither gibt es im Schrein auch Ema im Manga-Stil. Auf diesem ist zu lesen: „Ein Leben lang otaku-krank.“
Muza-chan, 2009.
Ema muttermilch2.jpg
Älteres ema für die Bitte um reiche Muttermilch. Das Bild stammt möglicherweise aus Sendai, wo bei einem Gingkobaum mit Brust-ähnlichen Formen um Muttermilch gebetet wurde.
Frühes 20. Jh. Fowler Museum at UCLA.
Milk-ema.jpg
Neueres ema für die Bitte um reiche Muttermilch. Der eingeschriebene Text ist eigentlich eine Botschaft an die Mutter, sie möge ein gesundes Kind zur Welt bringen und ihm volle Brüste geben.
2004. DocPlayer.net.
3affen chichibu.jpg
Großes ema des Chichibu Schreins im NW Tōkyōs. Parodie auf die Drei Weisen Affen, die nicht hören, sehen und sprechen wollen. Hier heißt es „Schauen wir, hören wir, sprechen wir! - Die lebensfrohen Drei Affen“. Mehr dazu...
Lostintokyo, flickr 2005.
Ema kanamara.jpg
Dieses ema zeigt eine Variation des Weise-Affen-Motivs im Dienst der Aidsprävention: „... transmit no evil, receive no evil.“ (Der erste Affe von links bedeckt sein Hinterteil, der zweite sein Geschlechtsteil.) Der Kanayama Schrein ist v.a. für sein „Fest des Eisenpenis“ (Kanamara Matsuri) bekannt, das auf eine etwas bizarre Legende zurückgeht. Er wird heute gern von Homosexuellen aufgesucht und ist u.a. für seine Transvestiten Umzüge bekannt.
Bildquelle: deadhippo.com, 2005 (über Internet Archive).
Edison ema.jpg
Auch westliche Gesichter sind auf ema zu finden. In diesem Fall handelt es sich um den amerikanischen Erfinder Thomas Edison. Bekanntermaßen schaffte Edison den Durchbruch zur Entwicklung der Glühbirne, als er Bambus als Glühfaden entdeckte. Eine großangelegte Suchaktion Ende der 1870er Jahre ergab schließlich, dass sich der berühmte Bambus des Iwashimizu Hachiman-gū bei Kyōto besonders gut für diesen Zweck eignete. Der Schrein fühlt sich daher für die Erfindung der Glühlampe mitverantwortlich und ehrt Edison auf seinen Votivbildern. In gewisser Weise zählt der amerikanische Erfinder also zu den im Iwashimizu Schrein verehrten Gottheiten.
J-blog, 2009.
Spezielle ema-Motive

Diese un·be·schwert-legere Handhabung der ema ist offenbar ein verhältnis·mäßig junges Phänomen. So erschien in den 30er Jahren des zwanzigsten Jahr·hunderts ein Artikel des Shintō-Spezialisten Daniel Holtom über die ema des Hōzan-ji in Ikoma, einem Tempel zwischen Kyōto und Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō], der der ur·sprüng·lich indischen Gott·heit Shōten (aka. Kankiten) geweiht ist. Die meisten Täfelchen ent·hiel·ten mit großem Ernst ver·fass·te Gelübde von Männern, für eine bestimmte Zeit, ggf. auch für immer, ihren Ehe·frauen treu zu sein. Auch ein paar wenige ent·spre·chende Gelübde von Frauen sind dabei. Schließlich gibt es Gelübde, das Rauchen oder andere sinn·liche Genüsse aufzu·geben. In einer neueren Studie zu diesem Thema zeigt Ian Reader, dass die Abfassung von Gelübden eine an·sonsten eher un·ty·pi·sche Art der ema-Beschriftung ist, im Hōzan-ji aber auch fünfzig Jahre später, in den 80er Jahren des zwan·zig·sten Jahr·hunderts noch vor·herrschte. Aller·dings nimmt das Thema eheliche Treue nur mehr einen geringen Prozent·satz der Gelübde ein.