Mythen/Goetter des Himmels/Mythentexte: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 12: Zeile 12:
 
Zahlreiche Gottheiten, bzw. ihre Nachkommen steigen im Laufe der Er·zählung auf die Erde herab und werden zu den Ahnen mensch·licher Familien. Wie sie sich von nicht-gött·lichen Menschen unter·scheiden, wird nicht be·schrieben. Ebenso wenig wie es eine Tren·nung zwischen Mythos und historischer Chronik gibt, gibt es eine markante Trenn·linie zwischen Göttern und Menschen. (Für eine genauere Inhalt·sangabe siehe das Kapitel Mythen, [[Mythen:Götter_des_Himmels|Zeitalter der Götter]]).
 
Zahlreiche Gottheiten, bzw. ihre Nachkommen steigen im Laufe der Er·zählung auf die Erde herab und werden zu den Ahnen mensch·licher Familien. Wie sie sich von nicht-gött·lichen Menschen unter·scheiden, wird nicht be·schrieben. Ebenso wenig wie es eine Tren·nung zwischen Mythos und historischer Chronik gibt, gibt es eine markante Trenn·linie zwischen Göttern und Menschen. (Für eine genauere Inhalt·sangabe siehe das Kapitel Mythen, [[Mythen:Götter_des_Himmels|Zeitalter der Götter]]).
  
==Schriftlicher Stil==
+
== Schriftlicher Stil und inhaltliche Interessen ==
  
 
Im Unterschied zu anderen Mythologien, z.B. der griechischen, zeigen beide Chroniken, vor allem aber das ''Nihon shoki'', eine große Be·dacht·nahme auf eine genaue Genealogie und auf die Datierung von Er·eig·nissen. Es sind dies Merk·male, die auch die spätere japanische Ge·schichts·schrei·bung aus·zeichnen und den Ein·fluss der chi·ne·sischen Ge·schichts·tradition wider·spiegeln. Dieser Ge·schichts·tradition, die zusammen mit der Schrift·lichkeit von China über·nommen wurde, ent·spricht es auch, dass wir sogar über die Autoren oder besser Kompilatoren der Chroniken relativ gut informiert sind. Zugleich ver·deutlicht uns der Stil der Chroniken, dass wir es nicht mit der un·mittel·baren Nieder·schrift von Er·zähltem zu tun haben. Sowohl der Inhalt als auch die Art der Er·zählung sind vom Be·mühen be·stimmt, das damals noch ver·hältnis·mäßig junge ja·panische Staats·wesen zu legitimieren und zu stärken, bzw. den Führungs·anspruch der {{Glossar:Tennou}} Dynastie über dieses Staats·wesen zu begründen.
 
Im Unterschied zu anderen Mythologien, z.B. der griechischen, zeigen beide Chroniken, vor allem aber das ''Nihon shoki'', eine große Be·dacht·nahme auf eine genaue Genealogie und auf die Datierung von Er·eig·nissen. Es sind dies Merk·male, die auch die spätere japanische Ge·schichts·schrei·bung aus·zeichnen und den Ein·fluss der chi·ne·sischen Ge·schichts·tradition wider·spiegeln. Dieser Ge·schichts·tradition, die zusammen mit der Schrift·lichkeit von China über·nommen wurde, ent·spricht es auch, dass wir sogar über die Autoren oder besser Kompilatoren der Chroniken relativ gut informiert sind. Zugleich ver·deutlicht uns der Stil der Chroniken, dass wir es nicht mit der un·mittel·baren Nieder·schrift von Er·zähltem zu tun haben. Sowohl der Inhalt als auch die Art der Er·zählung sind vom Be·mühen be·stimmt, das damals noch ver·hältnis·mäßig junge ja·panische Staats·wesen zu legitimieren und zu stärken, bzw. den Führungs·anspruch der {{Glossar:Tennou}} Dynastie über dieses Staats·wesen zu begründen.
  
Man sollte sich bei der Lektüre von ''Kojiki'' oder ''Nihon shoki'' also be·wusst sein, dass uns beide Werke keinen un·mittel·baren Blick auf die älteste Mytho·logie er·möglichen, sondern dass wir durch verschiedene Filter auf die vor·geschichtlichen Erzähl·traditionen blicken. Be·sonders das Vor·bild der chi·ne·sischen Geschichts·schreibung einer·seits, und die In·teres·sens·lage der Tenno-Dynastie anderer·seits sind solche Filter, die die Chroniken sowohl stilistisch als auch inhaltlich prägen. Das be·deutet je·doch nicht, dass die mytho·logischen Er·zählungen aus·schließlich als ideo·logische Werk·zeuge zu verstehen sind. Zweifel·los ent·halten sie sehr viel „mytho·logisches All·gemein·gut“, also Er·zählungen, die tat·sächlich für das all·gemeine religiöse Welt·bild im damaligen Japan re·präsentativ sind. Der Ein·fluss oraler Traditionen lässt sich außer·dem in der Lyrik er·kennen und diese wird vor allem im ''Kojiki'' keines·wegs aus·gespart. Aus diesem Grund wird das ''Kojiki'' oft als der „ur·sprüng·lichere“ Text angesehen. Anderer·seits bietet das ''Nihon shoki'' zu vielen Episoden gleich mehrere Varianten an, was das Ver·ständ·nis der großen Handlungs·zusammen·hänge zwar erschwert, zugleich aber auch zeigt, dass es zu einem Thema oft mehrere, wider·sprüchliche Erzähl·traditionen gegeben haben muss.
+
Man sollte sich bei der Lektüre von ''Kojiki'' oder ''Nihon shoki'' also be·wusst sein, dass uns beide Werke keinen un·mittel·baren Blick auf die älteste Mytho·logie er·möglichen, sondern dass wir durch verschiedene Filter auf die vor·geschichtlichen Erzähl·traditionen blicken. Be·sonders das Vor·bild der chi·ne·sischen Geschichts·schreibung einer·seits, und die In·teres·sens·lage der Tenno-Dynastie anderer·seits sind solche Filter, die die Chroniken sowohl stilistisch als auch inhaltlich prägen.<ref name=ooms />
 +
 
 +
Das be·deutet je·doch nicht, dass die mytho·logischen Er·zählungen aus·schließlich als ideo·logische Werk·zeuge zu verstehen sind. Zweifel·los ent·halten sie sehr viel „mytho·logisches All·gemein·gut“, also Er·zählungen, die tat·sächlich für das all·gemeine religiöse Welt·bild im damaligen Japan re·präsentativ sind. Der Ein·fluss oraler Traditionen lässt sich außer·dem in der Lyrik er·kennen und diese wird vor allem im ''Kojiki'' keines·wegs aus·gespart. Aus diesem Grund wird das ''Kojiki'' oft als der „ur·sprüng·lichere“ Text angesehen. Anderer·seits bietet das ''Nihon shoki'' zu vielen Episoden gleich mehrere Varianten an, was das Ver·ständ·nis der großen Handlungs·zusammen·hänge zwar erschwert, zugleich aber auch zeigt, dass es zu einem Thema oft mehrere, wider·sprüchliche Erzähl·traditionen gegeben haben muss.
  
 
Als historische Quelle betrachtet, ist das ''Kojiki'' im Ver·gleich zum ''Nihon shoki ''un·genauer, auch werden Fest·land·kon·takte kaum und der Bud·dhis·mus gar nicht erwähnt. Offen·bar wurden diese Themen bewusst aus·ge·klammert. Das ''Nihon shoki'' ist dagegen stärker von chi·ne·sischen Ge·schichts·werken beeinflusst, z.T. wird daraus sogar zitiert. Die neuere ja·pa·nische Forschung sieht den Unter·schied der beiden Chroniken als Re·flexion von zwei unter·schiedlichen Haltungen gegen·über China an, die zur da·maligen Zeit wahr·scheinlich gleich·zeitig vor·handen waren: Im Fall des ''Kojiki'' ein Negieren des Vor·bild·charakters von China und ein be·wusster Versuch, au·toch·thone Traditionen soweit als möglich zu be·wahren. Dies drückt sich sowohl auf sprach·licher Ebene (weniger An·leihen aus dem Chi·ne·sischen), als auch auf in·halt·licher Ebene (Aus·klammern aus·lands·bezogener Themen) aus. Zum anderen der Versuch, China zwar als Vor·bild an·zu·erkennen, aber ihm als gleich·rangiger Partner gegen·über zu treten (''Nihon shoki''). Daher ist das ''Nihon shoki'' stilistisch näher bei chi·ne·sischen Ge·schichts·werken, betont aber dennoch (im Unter·schied zu ver·gleich·baren chi·ne·sischen Werken) den mytho·logischen Ursprung des Landes und seiner Herrscher.
 
Als historische Quelle betrachtet, ist das ''Kojiki'' im Ver·gleich zum ''Nihon shoki ''un·genauer, auch werden Fest·land·kon·takte kaum und der Bud·dhis·mus gar nicht erwähnt. Offen·bar wurden diese Themen bewusst aus·ge·klammert. Das ''Nihon shoki'' ist dagegen stärker von chi·ne·sischen Ge·schichts·werken beeinflusst, z.T. wird daraus sogar zitiert. Die neuere ja·pa·nische Forschung sieht den Unter·schied der beiden Chroniken als Re·flexion von zwei unter·schiedlichen Haltungen gegen·über China an, die zur da·maligen Zeit wahr·scheinlich gleich·zeitig vor·handen waren: Im Fall des ''Kojiki'' ein Negieren des Vor·bild·charakters von China und ein be·wusster Versuch, au·toch·thone Traditionen soweit als möglich zu be·wahren. Dies drückt sich sowohl auf sprach·licher Ebene (weniger An·leihen aus dem Chi·ne·sischen), als auch auf in·halt·licher Ebene (Aus·klammern aus·lands·bezogener Themen) aus. Zum anderen der Versuch, China zwar als Vor·bild an·zu·erkennen, aber ihm als gleich·rangiger Partner gegen·über zu treten (''Nihon shoki''). Daher ist das ''Nihon shoki'' stilistisch näher bei chi·ne·sischen Ge·schichts·werken, betont aber dennoch (im Unter·schied zu ver·gleich·baren chi·ne·sischen Werken) den mytho·logischen Ursprung des Landes und seiner Herrscher.
Zeile 26: Zeile 28:
  
 
Erst seit dem 17. Jh. gibt es systematische Bemühungen, eine all·ge·mein·gültige Lesart zu re·konstruieren und diese der All·gemein·heit zu·gänglich zu machen. Davor wurden die alten Chroniken Jahr·hunderte lang inner·halb weniger Priester- und Ge·lehrten·dynastien geheim weiter gegeben. Selbst wenn Außen·stehende sie zu Gesicht be·kamen, wussten sie damit nichts an·zu·fangen. Interessanter·weise wurde dem ''Nihon shoki'' durch viele Jahr·hunderte hin·durch die größere Bedeutung bei·ge·messen. Erst durch die Wirkung des Gelehrten {{glossar:motoorinorinaga}} (1730—1801), dem wichtigsten Repräsentanten der {{glossar:edo}}-zeitlichen {{glossar:kokugaku}} (wtl. „Nationale Lehre“, s. Kapitel Geschichte, [[Geschichte:Kokugaku|Kokugaku]]) erhielt das ''Kojiki'' eine Aufwertung.
 
Erst seit dem 17. Jh. gibt es systematische Bemühungen, eine all·ge·mein·gültige Lesart zu re·konstruieren und diese der All·gemein·heit zu·gänglich zu machen. Davor wurden die alten Chroniken Jahr·hunderte lang inner·halb weniger Priester- und Ge·lehrten·dynastien geheim weiter gegeben. Selbst wenn Außen·stehende sie zu Gesicht be·kamen, wussten sie damit nichts an·zu·fangen. Interessanter·weise wurde dem ''Nihon shoki'' durch viele Jahr·hunderte hin·durch die größere Bedeutung bei·ge·messen. Erst durch die Wirkung des Gelehrten {{glossar:motoorinorinaga}} (1730—1801), dem wichtigsten Repräsentanten der {{glossar:edo}}-zeitlichen {{glossar:kokugaku}} (wtl. „Nationale Lehre“, s. Kapitel Geschichte, [[Geschichte:Kokugaku|Kokugaku]]) erhielt das ''Kojiki'' eine Aufwertung.
 +
 +
==Anmerkungen==
 +
<references>
 +
<ref name=ooms>
 +
Herman Ooms schreibt dazu:
 +
{{Zitat | quelle= Ooms 2008, S. 5 |text=
 +
It is important to emphasize from the outset that knowledge of seventh- and eight-century political developments comes from sources written by and for state nobility. Thus, the texts historians used as “primary” sources are already themselves effects of a specific narrative organization. They consist almost exclusively of officially produced, retrospective annals. [...] Yet their official character notwithstanding, these texts also constitute family histories of the ruling and noble houses, making it difficult to disentangle the multiple interests embedded in them. Individuals, factions, lineages, the court, the state, which were virtually inseparable, inform the creation of facts through data selection [... as well as] contextualization, euphemization, juxtapositions, or ommissions [...]
 +
}}
 +
</ref>
 +
</references>
  
 
{{Linkbox|ue=Weiterführende Literatur|text=
 
{{Linkbox|ue=Weiterführende Literatur|text=
Zeile 40: Zeile 52:
 
{{Literatur:Antoni_1982}}
 
{{Literatur:Antoni_1982}}
 
{{Literatur:Antoni_1988}}
 
{{Literatur:Antoni_1988}}
 +
Zum geschichtlichen Hintergrund zur Zeit der Abfassung der Mythen:
 +
{{Literatur:Ooms_20098}}
 
}}
 
}}
 
{{Linkbox|text=
 
{{Linkbox|text=

Version vom 1. Oktober 2012, 14:44 Uhr

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Mythen/Goetter_des_Himmels/Mythentexte.

Die Mythentexte

Die bekanntesten und bis heute wichtigsten Werke, die uns Auskunft über die ältesten japanischen Mythen und Legenden geben, sind zugleich die ältesten Zeug·nisse der ja·pa·nischen Li·te·ratur über·haupt:

Kojiki 古事記 (jap.)

„Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)

Text

Der Begriff „Kojiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Jinmu tosei.png
  • Kojikiden.jpg
  • Jinmu Feldzug.png

(„Berichte alter Be·geben·heiten“, 712) und

Nihon shoki 日本書紀 (jap.)

Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)

Text

Der Begriff „Nihon shoki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Jinmu tosei.png
  • 03tiger.jpg
  • Urashima hiroshige.jpg
  • Nihonshoki kanekata.jpg
  • Shaka birth.jpg
  • Jinmu yoshitoshi.jpg
  • 12eber kuniyoshi.jpg
  • Jinmu Feldzug.png
(„Berichte über Japan“, 720, auch als Nihongi bekannt). Wie fast alle frühen Schrift·werke handelt es sich um staat·lich ge·förderte Mammut·unter·nehmungen. Sie ent·standen im Auf·trag des kaiser·lichen Hofes und re·präsentieren daher die offizielle Sicht·weise der Ge·schichte des Landes und seiner Herrscher.
Nihonshoki kanekata.jpg
Eine Seite aus der Nihon shoki Abschrift von Urabe Kanekata, eine der ältesten frag·men·ta·rischen Abschriften aus dem Jahr 1286. Neben dem Haupt·text finden sich zahl·reiche An·merkungen und An·gaben zur Lesung, die auf einer langen Tradition der „Textpflege“ inner·halb der kaiser·lichen Hof·ge·lehrten hin·deuten.
Bei diesem Manuskript handelt es sich um eine der ältesten fragmentarischen Abschriften des Nihon shoki aus dem Jahr 1286 durch den Priester und Hofgelehrten Urabe Kanekata. Neben dem Haupttext finden sich zahlreiche Anmerkungen und Angaben zur Lesung, die auf eine lange Tradition der „Textpflege“ innerhalb der kaiserlichen Hofgelehrten hindeuten.
Werk von Urabe Kanekata. Kamakura-Zeit, 1286. e-kokuhō.

Dennoch darf man sich Kojiki und Nihon shoki nicht als trockene Chroniken vor·stellen. Mythen, Legenden und penible Auf·zeichnungen gehen viel·mehr in·ein·ander über und ver·mischen sich. Die Er·zählung be·ginnt mit der Er·schaf·fung der Erde (bzw. der ja·panischen Inseln) und reicht beinahe bis zum Zeit·punkt der Ab·fassung (Kojiki bis 628, Nihon shoki bis 697).

Zahlreiche Gottheiten, bzw. ihre Nachkommen steigen im Laufe der Er·zählung auf die Erde herab und werden zu den Ahnen mensch·licher Familien. Wie sie sich von nicht-gött·lichen Menschen unter·scheiden, wird nicht be·schrieben. Ebenso wenig wie es eine Tren·nung zwischen Mythos und historischer Chronik gibt, gibt es eine markante Trenn·linie zwischen Göttern und Menschen. (Für eine genauere Inhalt·sangabe siehe das Kapitel Mythen, Zeitalter der Götter).

Schriftlicher Stil und inhaltliche Interessen

Im Unterschied zu anderen Mythologien, z.B. der griechischen, zeigen beide Chroniken, vor allem aber das Nihon shoki, eine große Be·dacht·nahme auf eine genaue Genealogie und auf die Datierung von Er·eig·nissen. Es sind dies Merk·male, die auch die spätere japanische Ge·schichts·schrei·bung aus·zeichnen und den Ein·fluss der chi·ne·sischen Ge·schichts·tradition wider·spiegeln. Dieser Ge·schichts·tradition, die zusammen mit der Schrift·lichkeit von China über·nommen wurde, ent·spricht es auch, dass wir sogar über die Autoren oder besser Kompilatoren der Chroniken relativ gut informiert sind. Zugleich ver·deutlicht uns der Stil der Chroniken, dass wir es nicht mit der un·mittel·baren Nieder·schrift von Er·zähltem zu tun haben. Sowohl der Inhalt als auch die Art der Er·zählung sind vom Be·mühen be·stimmt, das damals noch ver·hältnis·mäßig junge ja·panische Staats·wesen zu legitimieren und zu stärken, bzw. den Führungs·anspruch der

Tennō 天皇 (jap.)

jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels

Der Begriff „Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Heiseitenno.jpg
  • 3jingi.jpg
  • Tengu no ran.jpg
Dynastie über dieses Staats·wesen zu begründen.

Man sollte sich bei der Lektüre von Kojiki oder Nihon shoki also be·wusst sein, dass uns beide Werke keinen un·mittel·baren Blick auf die älteste Mytho·logie er·möglichen, sondern dass wir durch verschiedene Filter auf die vor·geschichtlichen Erzähl·traditionen blicken. Be·sonders das Vor·bild der chi·ne·sischen Geschichts·schreibung einer·seits, und die In·teres·sens·lage der Tenno-Dynastie anderer·seits sind solche Filter, die die Chroniken sowohl stilistisch als auch inhaltlich prägen.1

Das be·deutet je·doch nicht, dass die mytho·logischen Er·zählungen aus·schließlich als ideo·logische Werk·zeuge zu verstehen sind. Zweifel·los ent·halten sie sehr viel „mytho·logisches All·gemein·gut“, also Er·zählungen, die tat·sächlich für das all·gemeine religiöse Welt·bild im damaligen Japan re·präsentativ sind. Der Ein·fluss oraler Traditionen lässt sich außer·dem in der Lyrik er·kennen und diese wird vor allem im Kojiki keines·wegs aus·gespart. Aus diesem Grund wird das Kojiki oft als der „ur·sprüng·lichere“ Text angesehen. Anderer·seits bietet das Nihon shoki zu vielen Episoden gleich mehrere Varianten an, was das Ver·ständ·nis der großen Handlungs·zusammen·hänge zwar erschwert, zugleich aber auch zeigt, dass es zu einem Thema oft mehrere, wider·sprüchliche Erzähl·traditionen gegeben haben muss.

Als historische Quelle betrachtet, ist das Kojiki im Ver·gleich zum Nihon shoki un·genauer, auch werden Fest·land·kon·takte kaum und der Bud·dhis·mus gar nicht erwähnt. Offen·bar wurden diese Themen bewusst aus·ge·klammert. Das Nihon shoki ist dagegen stärker von chi·ne·sischen Ge·schichts·werken beeinflusst, z.T. wird daraus sogar zitiert. Die neuere ja·pa·nische Forschung sieht den Unter·schied der beiden Chroniken als Re·flexion von zwei unter·schiedlichen Haltungen gegen·über China an, die zur da·maligen Zeit wahr·scheinlich gleich·zeitig vor·handen waren: Im Fall des Kojiki ein Negieren des Vor·bild·charakters von China und ein be·wusster Versuch, au·toch·thone Traditionen soweit als möglich zu be·wahren. Dies drückt sich sowohl auf sprach·licher Ebene (weniger An·leihen aus dem Chi·ne·sischen), als auch auf in·halt·licher Ebene (Aus·klammern aus·lands·bezogener Themen) aus. Zum anderen der Versuch, China zwar als Vor·bild an·zu·erkennen, aber ihm als gleich·rangiger Partner gegen·über zu treten (Nihon shoki). Daher ist das Nihon shoki stilistisch näher bei chi·ne·sischen Ge·schichts·werken, betont aber dennoch (im Unter·schied zu ver·gleich·baren chi·ne·sischen Werken) den mytho·logischen Ursprung des Landes und seiner Herrscher.

Philologische Aufarbeitung

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Mythen/Goetter_des_Himmels/Mythentexte.

Was die Texte bis heute zu einem unerschöpflichen Reservoir neuer Forschungen und Inter·pre·tationen macht, ist die Tat·sache, dass man in vielen Fällen weder die genaue Aus·sprache noch die genaue Be·deutung einzelner Begriffe kennt. Das liegt vor allem an der damals noch nicht standardisierten Ver·wendung der chinesischen Schrift·zeichen, die teils als Sinn·geber (also wie heute zur Wieder·gabe eines ganzen Be·griffes), teils als Laut·träger (zur laut·lichen Wieder·gabe japanischer Silben, ähnlich den modernen kana-Zeichen) verwendet wurden.

Erst seit dem 17. Jh. gibt es systematische Bemühungen, eine all·ge·mein·gültige Lesart zu re·konstruieren und diese der All·gemein·heit zu·gänglich zu machen. Davor wurden die alten Chroniken Jahr·hunderte lang inner·halb weniger Priester- und Ge·lehrten·dynastien geheim weiter gegeben. Selbst wenn Außen·stehende sie zu Gesicht be·kamen, wussten sie damit nichts an·zu·fangen. Interessanter·weise wurde dem Nihon shoki durch viele Jahr·hunderte hin·durch die größere Bedeutung bei·ge·messen. Erst durch die Wirkung des Gelehrten

Motoori Norinaga 本居宣長 (jap.)

1730–1801; Shintō-Gelehrter der „nationalen Schule“ (kokugaku)

Gelehrte Person

Der Begriff „Motoori Norinaga“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Norinaga2.jpg
  • Taimenzu2.jpg
  • Kojikiden.jpg

(1730—1801), dem wichtigsten Repräsentanten der

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

Der Begriff „Edo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Koi hiroshige.jpg
  • Daruma togetsu.jpg
  • Geisha-daruma.jpg
  • Morokoshi kinmozui tiger.jpg
  • Morokoshi kinmozui hund.jpg
  • Asakusa nakamise.jpg
  • Tokugawa koyasan.jpg
  • Mito komon.jpg
  • Deshima 1790.jpg
  • Namazu ken.jpg
  • Dainihonshi.jpg
  • Oda Nobunaga.jpg
  • Onna daruma.jpg
  • Nichiren exile kuniyoshi.jpg
  • Nikko karamon.jpg
  • Morokoshi kinmozui pferd.jpg
  • Wagojin hokusai.jpg
  • Morokoshi kinmozui eber.jpg
  • Kaika no daruma.jpg
  • Drachen hakozaki engi.jpg
  • Morokoshi kinmozui ratte.jpg
  • Morokoshi kinmozui ziege.jpg
  • Morokoshi kinmozui hase.jpg
  • Morokoshi kinmozui hahn.jpg
  • Junigu butsuzozui.jpg
  • Emaden3.jpg
  • Morokoshi kinmozui affe.jpg
  • Morokoshi kinmozui ochse.jpg
  • Morokoshi kinmozui drache.jpg
  • Kitsune ojiinari hiroshige.jpg
  • Morokoshi kinmozui schlange.jpg
  • Gangoji engi 2.jpg
  • Asakusa jinja2.jpg

Geographische Lage

Die Karte wird geladen …
Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar

-zeitlichen

kokugaku 国学 (jap.)

„Lehre des Landes“, Nationale Schule, Nativismus; in der Edo-Zeit entstandene Gelehrtentradition, die ihren Fokus auf das nationale Erbe Japans richtete

Schulrichtung

Der Begriff „kokugaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Atsutane.jpg
  • Keichu hokusai.jpg
  • Taimenzu2.jpg
  • Azumamaro hokusai.jpg
(wtl. „Nationale Lehre“, s. Kapitel Geschichte, Kokugaku) erhielt das Kojiki eine Aufwertung.

Anmerkungen

  1. Herman Ooms schreibt dazu:

    It is important to emphasize from the outset that knowledge of seventh- and eight-century political developments comes from sources written by and for state nobility. Thus, the texts historians used as “primary” sources are already themselves effects of a specific narrative organization. They consist almost exclusively of officially produced, retrospective annals. [...] Yet their official character notwithstanding, these texts also constitute family histories of the ruling and noble houses, making it difficult to disentangle the multiple interests embedded in them. Individuals, factions, lineages, the court, the state, which were virtually inseparable, inform the creation of facts through data selection [... as well as] contextualization, euphemization, juxtapositions, or ommissions [...]

    Ooms 2008, S. 5