Geschichte/Kamakura/Verwuenschungen: Unterschied zwischen den Versionen

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=Rituelle Verwünschungen=
 
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Viele Legenden des japanischen Mittelalters belegen, dass die magische Macht des Buddhismus in der damaligen Vorstellungswelt ein wertfreies Mittel war, das auch für Zwecke eingesetzt werden konnte, die der reinen Lehre des Buddhismus widersprachen. Ein eindruckvolles Beispiel ist die Biographie des {{Glossar:Heian}}-zeitlichen {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}}-Mönchs {{Glossar:Raigou}}.
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Viele Legenden des japanischen Mittelalters belegen, dass die magische Macht des Bud·dhis·mus in der damaligen Vor·stellungs·welt ein wert·freies Mittel war, das auch für Zwecke eingesetzt werden konnte, die der reinen Lehre des Bud·dhis·mus wider·sprachen. Ein ein·drucks·volles Beispiel ist die Biographie des {{Glossar:Heian}}-zeitlichen {{Glossar:Tendaishuu | Tendai}}-Mönchs {{Glossar:Raigou}}.
 
==Raigōs Rache==
 
==Raigōs Rache==
 
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<div> Vor einem esoterischen Goma-Altar, eine Vajra-Glocke in der Hand, bereitet Raigō seine Rache vor.<br /> Holzblockdruck von Adachi Ginko, 1896 </div></div>
 
<div> Vor einem esoterischen Goma-Altar, eine Vajra-Glocke in der Hand, bereitet Raigō seine Rache vor.<br /> Holzblockdruck von Adachi Ginko, 1896 </div></div>
  
Raigō war ein Mönch aus den höchsten Adelskreisen, der dem Kaiser (Shirakawa Tennō) mit magischen Zeremonien und Gebeten zu Diensten war, als es darum ging, einen Thronfolger in die Welt zu setzen. Im Gegenzug sollte sein eigener Tempel (der Mii-dera), der stets unter dem Diktat des mächtigen {{glossar:Enryakuji}} auf Berg Hiei zu leiden hatte, eine eigene Ordinationsplattform (gleichbedeutend mit religionspolitischer Unabhängigkeit) erhalten.
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Raigō war ein Mönch aus den höchsten Adelskreisen, der dem Kaiser (Shirakawa Tennō) mit magischen Zeremonien und Gebeten zu Diensten war, als es darum ging, einen Thron·folger in die Welt zu setzen. Im Gegen·zug sollte sein eigener Tempel (der Mii-dera), der stets unter dem Diktat des mächtigen {{glossar:Enryakuji}} auf Berg Hiei zu leiden hatte, eine eigene Ordinations·platt·form (gleich·bedeu·tend mit religions·politischer Un·ab·hängig·keit) erhalten.
  
Als das Vorhaben gelang und dem Kaiser tatsächlich ein Sohn geboren wurde, wussten die rivalisierenden Mönche des Enryaku-ji allerdings zu verhindern, dass Raigō seine versprochene Belohnung erhielt. Aus Rache hungerte sich Raigō zu Tode und vollzog dabei ein weiteres Mal magische Riten, um sich nach seinem Tod in einen Rachegeist ({{glossar:goryou}}) zu verwandeln. Als solcher nahm er die Form eine riesigen Ratte an und führte ein Heer von Artgenossen auf Berg Hiei, wo sie die Statuen und heiligen Schriften des Enryaku-ji auffraßen. Auch der Tod des Thronfolgers im kindlichen Alter wurde dem Fluch des Raigō zugeschrieben.
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Als das Vorhaben gelang und dem Kaiser tatsächlich ein Sohn geboren wurde, wussten die rivali·sierenden Mönche des Enryaku-ji aller·dings zu ver·hindern, dass Raigō seine ver·sprochene Be·loh·nung erhielt. Aus Rache hungerte sich Raigō zu Tode und voll·zog dabei ein weiteres Mal magische Riten, um sich nach seinem Tod in einen Rache·geist ({{glossar:goryou}}) zu verwandeln. Als solcher nahm er die Form eine riesigen Ratte an und führte ein Heer von Art·genossen auf Berg Hiei, wo sie die Statuen und heiligen Schriften des Enryaku-ji auf·fraßen. Auch der Tod des Thron·folgers im kindlichen Alter wurde dem Fluch des Raigō zugeschrieben.
  
 
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== Rituale im Krieg ==
 
== Rituale im Krieg ==
  
Auch weniger literarische Texte belegen, dass buddhistische Magie keineswegs auf fromme Zwecke beschränkt war. Ein mittelalterlicher Ritualtext der {{glossar:Shingonshuu|Shingon}} Schule erklärt, wie die Form eines Altars mit dem Anlass des Ritus in Verbindung steht, und verrät dabei, dass unter anderem auch Verwünschungen (von Feinden, gegen die man Krieg führte oder gegen die man einen Krieg plante) den Zweck von Ritualen darstellten:
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Auch weniger literarische Texte belegen, dass bud·dhis·tische Magie keines·wegs auf fromme Zwecke be·schränkt war. Ein mittel·alter·licher Ritual·text der {{glossar:Shingonshuu|Shingon}} Schule erklärt, wie die Form eines Altars mit dem Anlass des Ritus in Ver·bin·dung steht, und verrät dabei, dass unter anderem auch Ver·wün·schungen (von Feinden, gegen die man Krieg führte oder gegen die man einen Krieg plante) den Zweck von Ritualen darstellten:
 
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Ein ringförmiger Altar wird gebraucht um Katastrophen zu verhindern; ein längliches Rechteck um Wohlstand und Langes Leben zu erhöhen; ein lotos-förmiger Altar dient für Liebe und Respekt; ein dreieckiger Altar dient für '''Verwünschungen''' [...]
 
Ein ringförmiger Altar wird gebraucht um Katastrophen zu verhindern; ein längliches Rechteck um Wohlstand und Langes Leben zu erhöhen; ein lotos-förmiger Altar dient für Liebe und Respekt; ein dreieckiger Altar dient für '''Verwünschungen''' [...]

Version vom 15. September 2010, 13:45 Uhr

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Kamakura/Verwuenschungen.

Rituelle Verwünschungen

Viele Legenden des japanischen Mittelalters belegen, dass die magische Macht des Bud·dhis·mus in der damaligen Vor·stellungs·welt ein wert·freies Mittel war, das auch für Zwecke eingesetzt werden konnte, die der reinen Lehre des Bud·dhis·mus wider·sprachen. Ein ein·drucks·volles Beispiel ist die Biographie des

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

Der Begriff „Heian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Heian; s.a. Geo-Glossar

-zeitlichen

Tendai-shū 天台宗 (jap.)

Tendai-Schule, chin. Tiantai

Schulrichtung

Der Begriff „Tendai-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

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-Mönchs

Raigō 頼豪 (jap.)

1002–1084; Tendai-Mönch des Mii-dera; Protagonist einer schaurigen Legende

Der Begriff „Raigō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

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  • Kuniyoshi raigo.jpg

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Raigōs Rache

raigo
Vor einem esoterischen Goma-Altar, eine Vajra-Glocke in der Hand, bereitet Raigō seine Rache vor.
Holzblockdruck von Adachi Ginko, 1896

Raigō war ein Mönch aus den höchsten Adelskreisen, der dem Kaiser (Shirakawa Tennō) mit magischen Zeremonien und Gebeten zu Diensten war, als es darum ging, einen Thron·folger in die Welt zu setzen. Im Gegen·zug sollte sein eigener Tempel (der Mii-dera), der stets unter dem Diktat des mächtigen

Enryaku-ji 延暦寺 (jap.)

Haupttempel des Hiei Klosterbergs

Tempel

Der Begriff „Enryaku-ji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Pagode hiei.jpg
  • Daikoku 1301.jpg
  • Enryakuji.jpg

Geographische Lage

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Geographische Lage von Enryaku-ji; s.a. Geo-Glossar
auf Berg Hiei zu leiden hatte, eine eigene Ordinations·platt·form (gleich·bedeu·tend mit religions·politischer Un·ab·hängig·keit) erhalten.

Als das Vorhaben gelang und dem Kaiser tatsächlich ein Sohn geboren wurde, wussten die rivali·sierenden Mönche des Enryaku-ji aller·dings zu ver·hindern, dass Raigō seine ver·sprochene Be·loh·nung erhielt. Aus Rache hungerte sich Raigō zu Tode und voll·zog dabei ein weiteres Mal magische Riten, um sich nach seinem Tod in einen Rache·geist (

goryō 御霊 (jap.)

„erhabener“ [Rache]Geist

Geist

Der Begriff „goryō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Goryo hirotsugu.jpg

) zu verwandeln. Als solcher nahm er die Form eine riesigen Ratte an und führte ein Heer von Art·genossen auf Berg Hiei, wo sie die Statuen und heiligen Schriften des Enryaku-ji auf·fraßen. Auch der Tod des Thron·folgers im kindlichen Alter wurde dem Fluch des Raigō zugeschrieben.

raigo raigo
Raigō widersetzt sich allen Versuchen der Beschwichtigung... ... und verwandelt sich schließlich in eine riesige Ratte.
Blockdruck von Kuniyoshi Blockdruck von Yoshitoshi

Die Geschichte des Raigō wird in den mittelalterlichen Kriegerepen Heike monogatari und Taiheiki erzählt, sie stellte aber auch den Stoff für Dramen des Noh- und Kabuki Theaters dar und wurde schließlich ein beliebtes Motiv der Ukiyoe-Künstler.

Rituale im Krieg

Auch weniger literarische Texte belegen, dass bud·dhis·tische Magie keines·wegs auf fromme Zwecke be·schränkt war. Ein mittel·alter·licher Ritual·text der

Shingon-shū 真言宗 (jap.)

Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan

Schulrichtung

Der Begriff „Shingon-shū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

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  • Pagode jodoji hiroshima.jpg
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  • Pagode negoroji.jpg
  • Amoghavajra.jpg
  • Gorinto kuroda.jpg
  • Kukai nitto.jpg
  • Shaka muroji.jpg
  • Pagode muroji.jpg
Schule erklärt, wie die Form eines Altars mit dem Anlass des Ritus in Ver·bin·dung steht, und verrät dabei, dass unter anderem auch Ver·wün·schungen (von Feinden, gegen die man Krieg führte oder gegen die man einen Krieg plante) den Zweck von Ritualen darstellten:

Ein ringförmiger Altar wird gebraucht um Katastrophen zu verhindern; ein längliches Rechteck um Wohlstand und Langes Leben zu erhöhen; ein lotos-förmiger Altar dient für Liebe und Respekt; ein dreieckiger Altar dient für Verwünschungen [...]

Wenn Verwünschungen durchgeführt werden, muss der dreieckige Altar auf jeder Seite mit dem Bild einer Rüstung bemalt werden.

Nach Conlan 2003: 170.