Alltag/Gluecksbringer: Unterschied zwischen den Versionen

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{{fl|J}}eder populäre Tempel oder Schrein bietet in·ner·halb des Schrein·areals unzählige kleine Ge·gen·stän·de zum Verkauf an, deren Zweck dem aus·län·dischen Besucher lange rätsel·haft bleibt. Es sind allesamt glücks·brin·gen·de Gegen·stände, die aber unter·schied·lichen Zwecken dienen und ver·schie·dene Be·hand·lun·gen erfahren. Neben den bereits erwähnten [[Alltag/Opfergaben|Opfer·gaben]], die meist vor Ort geopfert werden (z.B. Räu·cher·stäb·chen oder Holz und Rin·den·stücke für Feu·er·ri·tu·ale), kann man auch A·mu·let·te oder Ta·lis·ma·ne erwerben, die man bei sich behält. Jeder berühmte Ort hat seine speziell gestalteten Glücks·bringer, bestimmte Grund·for·men wieder·holen sich jedoch.
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Jeder populäre Tempel oder Schrein bietet innerhalb des Schreinareals unzählige kleine Gegenstände zum Verkauf an, deren Zweck dem ausländischen Besucher lange rätselhaft bleibt. Es sind allesamt glücksbringende Gegenstände, die aber unterschiedlichen Zwecken dienen und verschiedene Behandlungen erfahren. Neben [[Alltag/Opfergaben|Opfergaben]], die meist vor Ort dargebracht werden (z.B. Räucherstäbchen oder Holz und Rindenstücke für Feuerrituale), kann man auch Amulette oder Talismane erwerben, die man bei sich behält. Jeder berühmte Ort hat seine speziell gestalteten Glücksbringer, bestimmte Grundformen wiederholen sich jedoch.
 
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==Glücksbringer==
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Die häufigsten Glücks·brin·ger sind kleine Ge·gen·stän·de, die man zur Abwehr von Unheil oder zur Er·rei·chung be·stimm·ter Wünsche bei sich trägt oder zu Hause auf·stellt. Außerdem kann man an fast jeder größeren Ver·ehrungs·stätte Glücks·o·ra·kel erwerben. Derartige O·bjek·te sind zwar bereits für ein paar hundert Yen zu haben, verlieren ihre Wirk·kraft aber nach spätestens einem Jahr, sodass man immer wieder neue kaufen muss. Sie werden sowohl in Schreinen als auch in Tempeln an·ge·bo·ten und sind somit an keine kon·fes·sio·nel·len Grenzen gebunden.
 
  
=== ''O-mamori'', ''o-mikuji'', ''o-fuda'' ===
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Die häufigsten Glücksbringer sind kleine Gegenstände, die man zur Abwehr von Unheil oder zur Erreichung bestimmter Wünsche bei sich trägt oder zu Hause aufstellt. Außerdem kann man an fast jeder größeren Verehrungsstätte Glücksorakel erwerben. Derartige Objekte sind zwar bereits für ein paar hundert Yen zu haben, verlieren ihre Wirkkraft aber nach spätestens einem Jahr, sodass man immer wieder neue kaufen muss. Sie werden sowohl in Schreinen als auch in Tempeln angeboten und sind somit an keine konfessionellen Grenzen gebunden.
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{{glossar:omamori|''O-mamori''}} sind die popu·lärs·ten Glücks·brin·ger in Tem·peln und Schrei·nen. ''Mamori'' bedeu·tet wört·lich „Be·schüt·zer“ und wird manch·mal auch als „Talis·man“ über·setzt (das „''o-''“ ist hier eine hono·rative Vor·silbe). Meist han·delt es sich um kleine Beutel·chen aus Seide mit einer Auf·schrift, die ihren Zweck (Ge·sund·heit, Erfolg in Beruf oder Stu·dium, Schutz im Straßen·ver·kehr, etc. oder allg. „Schutz“) be·schreibt. ''O-mamori'' sind dazu ge·dacht, ständig mit·geführt zu werden.
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{{g|omamori|''O-mamori''}} sind die populärsten Glücksbringer in Tempeln und Schreinen. ''Mamori'' bedeutet wörtlich „Beschützer“ oder eben „Talisman“ (das „''o-''“ ist hier eine honorative Vorsilbe). Meist handelt es sich um kleine Beutelchen aus Seide mit einer Aufschrift, die ihren Zweck (Gesundheit, Erfolg in Beruf oder Studium, Schutz im Straßenverkehr, etc. oder allg. „Schutz“) beschreibt. Im Inneren des Beutels befindet sich ein ''ofuda'', zumeist aus Holz, das man jedoch nicht herausnehmen darf. ''O-mamori'' sind daher transportable ''o-fuda'', dazu gedacht, ständig mitgeführt zu werden.
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{{g|omikuji|''O-mikuji''}} sind eine Kombination von Opfergabe und Orakel. Es sind Lose mit einer Weissagung, die einem Gutes oder weniger Gutes vorhersagt. Sie werden typischerweise in Schreinen verkauft, fallweise aber auch in buddhistischen Tempeln. Die Lose werden nach dem Kauf meist an Bäumen innerhalb des religiösen Areals aufgehängt: Bei positiven Vorhersagen um sicher zu gehen, dass sie sich auch erfüllen, bei negativen, damit sie sich mit Hilfe der {{g|Kami}} nicht erfüllen. Rund um berühmte Schreine sind die Bäume oft ganz weiß von den vielen Zetteln, die die Besucher dort angebunden haben.
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{{glossar:ofuda|''O-fuda''}} sind im All·ge·mei·nen Papier·streifen oder kleine Holz·täfel·chen mit einer Inschrift. Sie haben eine sehr ähn·liche Funktion wie ''o-mamori'', sind aber eher dazu be·stimmt, an fixen Orten auf·gestellt oder an·ge·bracht zu werden. Oft findet man sie an einem [[Alltag/Ahnenkult|Haus·altar]] oder [[Alltag/Kamidana|Haus·schrein]], wo sie die ver·ehrte Gott·heit eines Schreins oder ein für einen Tempel wichtiges {{skt:Sutra}} reprä·sen·tieren. ''O-fuda'' können aber auch wie kleine Pla·kate irgend·wo aufge·klebt werden. Pas·sio·nierte [[Alltag/Pilgerschaft|Pilger]] führen oft solche from·men Auf·kleber mit sich, um sie an den er·reich·ten Pilger·stätten anzubringen.
 
  
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{{glossar:engimono|''Engimono''}} sind meist Figuren, die irgend eine glücks·brin·gen·de Bedeutung haben. Sie können als Zier·gegen·stände an jedem be·liebi·gen Platz auf·ge·stellt werden. Ein cha·rak·te·ris·tisches Beispiel sind die so·ge·nann·ten {{glossar:Daruma}}-Figuren. Sie stellen in stili·sierter Form den indischen Mönch Bo·dhi·dharma dar. Er soll in Meditation er·starrt sein, daher werden Arme und Beine weg·gelassen. Beim Kauf sind beide Augen weiß. Man malt dann dem ''daruma'' selbst ein Auge, während man sich auf einen Wunsch kon·zentriert, oder man lässt das Auge — gegen weiteres Geld — von einem Mönch aufmalen. Geht der Wunsch in Erfüllung, bekommt der ''daruma'' ein zweites Auge. Zu be·stimm·ten Anläs·sen, beispiels·weise zu Neujahr, ver·an·stalten manche Tempel so·ge·nann·te ''daruma''-Märkte (''daruma ichi''). Dabei werden alle alten ''darumas'' in einem großen Feuer verbrannt und neue verkauft.
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{{g|engimono|''Engimono''}} sind Figuren von Tieren oder Menschen, die irgend eine glücksbringende Bedeutung haben. Am besten erwirbt man sie in einem Tempel oder Schrein, sie werden aber auch in Souvenirläden und anderen Geschäften verkauft. Sie können als Ziergegenstände an jedem beliebigen Platz aufgestellt werden.  
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===Daruma-Puppe ===
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Ein charakteristisches Beispiel für ''engimono'' sind die sogenannten {{g|Daruma2}}-Puppen. Sie stellen in stilisierter Form den indischen Mönch {{s|bodhidharma}} (jap. {{g|daruma}}) dar. Er soll in Meditation erstarrt sein, daher werden Arme und Beine weggelassen. Beim Kauf sind beide Augen weiß. Man malt dann dem ''daruma'' selbst ein Auge, während man sich auf einen Wunsch konzentriert, oder man lässt das Auge — gegen weiteres Geld — von einem Mönch aufmalen. Geht der Wunsch in Erfüllung, bekommt der ''daruma'' ein zweites Auge. Zu bestimmten Anlässen, beispielsweise zu Neujahr, veranstalten manche Tempel sogenannte ''daruma''-Märkte ({{g|darumaichi}}). Dabei werden alle alten ''darumas'' in einem großen Feuer verbrannt und neue verkauft. (Näheres zu Daruma unter {{showTitel|Geschichte/Zen/Bodhidharma|anf=1}}.)
  
 
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=== Winke-Katze ===
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Ein ähnliches Objekt, das vor allem den Erfolg von Geschäftslokalen fördern soll, ist die „Winkende Katze“ ({{g|manekineko}}), die man häufig in den Auslagen von Geschäften und Restaurants sehen kann. Die ''maneki neko'' hält typischerweise eine alte Goldmünze in der Pfote, auf der der unwahrscheinlich hohe Betrag {{g|senmanryou|„''senman ryō''“}} (10 Millionen {{g|ryou}}) verzeichnet ist. Die Figur lässt sich schon auf Holzschnitten aus der späten {{g|Edo}}-Zeit nachweisen.
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Ein ähnliches Objekt, das vor allem den Erfolg von Ge·schäfts·lokalen fördern soll, ist die „Winkende Katze“ ({{glossar:manekineko}}), die man sehr häufig in den Auslagen von Ge·schäf·ten und Restaurants sehen kann. Die ''maneki neko'' hält typischer·weise eine alte Gold·münze in der Pfote, auf der der un·wahr·schein·lich hohe Betrag „''senman ryō''“ (10 Millionen Ryō) ver·zeich·net ist. Katzen zählen zu den·jeni·gen Tieren, denen magische, mitunter auch gefährliche Kräfte und Fähig·keiten nach·gesagt werden. Ähnliche Eigen·schaf·ten besitzen auch Füchse, {{g|Tanuki}}, Schlangen und andere Tiere, die eben·falls als ''engimono'' in Tempeln, Schreinen und Souvenir·läden zu erwerben sind. (s. dazu auch Kap. Mythen, [[Mythen/Verwandlungskuenstler|Verwandlungskünstler]].)
 
 
 
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Das obige Bild stammt aus einem Schrein in Shikoku, der aus einer Legende um eine tragische Heldin und ihre Katze entstanden ist.<ref>[https://www.morethantokyo.com/omatsu-daigongen-cat-temple/ Omatsu Daigongen]</ref> Die Figur der ''maneki neko'' ist wahrscheinlich nicht dort entstanden, der Schrein bedient sich aber der Figur und verbindet sie mit der eigenen Gründungslegende.
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Katzen zählen zu denjenigen Tieren, denen magische, mitunter auch gefährliche Kräfte und Fähigkeiten nachgesagt werden. Ähnliche Eigenschaften besitzen auch Füchse ({{g|kitsune}}), {{g|Tanuki}}, Schlangen ({{g|hebi}}) und andere Tiere, die ebenfalls als ''engimono'' in Tempeln, Schreinen und Souvenirläden zu erwerben sind. Siehe dazu auch „{{showTitel|Mythen/Verwandlungskuenstler}}“ (Kap. Mythen).
  
 
== Diesseitiges Wohlergehen (''genze riyaku'') ==
 
== Diesseitiges Wohlergehen (''genze riyaku'') ==
  
Der Zweck all dieser kleinen Opfergaben und Talismane ist stets an einen bestimmten Wunsch an die Gottheit bzw. an bestimmte, mit der Gottheit assoziierte glücks·bringende Effekte gebunden. Die meisten großen Schreine und Tempel spezialisieren sich auf bestimmte Lebens·bereiche, in denen sie und ihre Glücks·bringer besonders effektiv sind: Manche bringen Reich·tum, manche Gesund·heit, manche Erfolg in der Liebe und viele helfen bei Prüfungen. Fast immer haben sie jedoch ein dies·seits·be·zo·genes Ziel. D.h. es geht um in·di·vidu·elles Glück in diesem Leben. Japanische Religion im Allgemeinen und Shintō im Besonderen widmet sich dem weltlichen Glück der Gläubigen in man·nig·facher Weise. Der japanische Fach·aus·druck dafür ist {{Glossar:genzeriyaku}} („Gewinn oder Belohnung [für religiöse Handlungen] in dieser Welt/diesem Leben“).
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Der Zweck all dieser kleinen Opfergaben und Talismane ist stets an einen bestimmten Wunsch an die Gottheit bzw. an bestimmte, mit der Gottheit assoziierte glücksbringende Effekte gebunden. Die meisten großen Schreine und Tempel spezialisieren sich auf bestimmte Lebensbereiche, in denen sie und ihre Glücksbringer besonders effektiv sind: Manche bringen Reichtum, manche Gesundheit, manche Erfolg in der Liebe und viele helfen bei Prüfungen. Darüber hinaus sorgt der Glaube an  „Unglücksjahre“ ({{g|yakudoshi}}), die jedem Menschen in bestimmten Jahren seines Lebens bevorstehen, für einen ständigen Bedarf an Glücksbringern. Fast immer geht es dabei um ein diesseitsbezogenes Ziel, um individuelles Glück (bzw. Abwehr von Unglück) in diesem Leben. Japanische Religion im Allgemeinen und Shintō im Besonderen widmet sich dem weltlichen Glück der Gläubigen in mannigfacher Weise. Der japanische Fachausdruck dafür ist {{g|genzeriyaku}} („Gewinn oder Belohnung [für religiöse Handlungen] in dieser Welt/diesem Leben“).
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''Genze riyaku'' hat in der japanischen Religion eine lange Tradition, wird aber auch durch sehr unmittelbare gesellschaftliche Voraussetzungen unterstützt: In Japan gibt es keine Kirchensteuer und kaum staatliche Unterstützung von Religion (Ausnahme: Steuerenthebung). Religiöse Institutionen sind ähnlich wie kommerzielle Unternehmen auf direkte, freiwillige Zuwendungen angewiesen. Es gibt zweierlei Dienstleistungen, aus denen religiöse Institutionen Einnahmen lukrieren: a) Große Zeremonien, die aus Anlass wichtiger Schicksalsabschnitte vollzogen werden (Hochzeit, Geschäftsgründung, Hausbau, Begräbnis). Hierbei entscheidet oft die traditionelle Zugehörigkeit der Familie, welche religiöse Institution die Zeremonie vollzieht. b) Kleine religiöse Handlungen als spirituelle Rückversicherungen, die dem alltäglichen Leben zugute kommen sollen. Sie wirken zwar oft spielerisch, werden aber doch von vielen ernst genommen. Lokale Traditionen und Legenden spielen eine wichtige Rolle für die Glaubhaftigkeit glücksbringender Effekte, doch werden beständig neue Legenden und Traditionen geschaffen. Es ist ein offener Markt, der nur von einem immer dünner werdenden religiösen Vorverständnis der Allgemeinheit reguliert wird und immer mehr nach Innovationen verlangt.
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Die Religiosität, die sich in ''genze riyaku'' widerspiegelt, wirkt auf christlich geprägte Europäer oft irritierend oder zumindest oberflächlich. Sie schließt aber spirituelle Tiefe keineswegs aus, wenn sie diese auch nicht unbedingt erfordert. Zugleich gerät sie mit modernem Konsumverhalten nicht in Widerspruch. Daher sieht man in Japan viel mehr angewandte Religion im Alltagsleben als in Europa. Da die japanische Religion durch den traditionell hohen Stellenwert von ''genze riyaku'' auf Flexibilität eingestellt ist, hat sie unter dem permanenten Wandel einer kapitalistischen Konsumgesellschaft weit weniger zu leiden, als etwa das Christentum im Westen. Es gibt darüber hinaus dennoch Anzeichen, dass  „ernsthafte“ Religionsausübung, die mit Opferbereitschaft und Leiden verbunden ist, auch in Japan eine Tradition hat, die heute allerdings stark in den Hintergrund gerückt ist (s. {{showTitel| Essays/Opfer}}).
  
''Genze riyaku'' hat in der japanischen Religion eine lange Tradition, wird aber auch durch sehr un·mittel·bare gesell·schaft·liche Voraus·setzungen unter·stützt: In Japan gibt es keine Kirchen·steuer und kaum staatliche Un·ter·stü·tzung von Religion (Ausnahme: Steuer·enthebung). Religiöse Institutionen sind ähnlich wie kom·mer·ziel·le Unter·nehmen auf direkte, frei·willige Zuwendungen angewiesen. Es gibt zweierlei Dienst·leistungen, aus denen religiöse Institutionen Einnahmen lukrieren: a) Große Zeremonien, die aus Anlass wichtiger Schicksals·abschnitte vollzogen werden (Hochzeit, Geschäfts·gründung, Hausbau, Begräbnis). Hierbei entscheidet oft die traditionelle Zu·gehörig·keit der Familie, welche religiöse Institution die Zeremonie vollzieht. b) Kleine religiöse Handlungen als spirituelle Rück·versicher·ungen, die dem alltäglichen Leben zugute kommen sollen. Sie wirken zwar oft spielerisch, werden aber doch von vielen ernst genommen. Lokale Traditionen und Legenden spielen eine wichtige Rolle für die Glaub·haftig·keit glücks·bringender Effekte, doch werden beständig neue Legenden und Traditionen geschaffen. Es ist ein offener Markt, der nur von einem immer dünner wer·den·den religiösen Vor·ver·ständ·nis der All·gemein·heit reguliert wird und immer mehr nach Innovationen verlangt.
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Die Religiosität, die sich in ''genze riyaku ''wider·spiegelt, wirkt auf christlich geprägte Europäer oft irritierend oder zumindest ober·flächlich. Sie schließt aber spirituelle Tiefe keines·wegs aus, wenn sie diese auch nicht unbedingt erfordert. Zugleich gerät sie mit modernem Konsum·verhalten nicht in Wider·spruch. Daher sieht man in Japan viel mehr ange·wand·te Religion im Alltagsleben als in Europa. Da die japanische Religion durch den traditionell hohen Stellen·wert von ''genze riyaku'' auf Flexibilität eingestellt ist, hat sie unter dem permanenten Wandel einer kapitalistischen Konsum·gesellschaft weit weniger zu leiden, als etwa das Christentum im Westen.
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{{Literatur:Reader_Tanabe_1998|Ein sehr empfehlenswertes Buch, das genau diesen Aspekt japanischer Religiosität thematisiert und viele weitere Beispiele für ''genze riyaku'' enthält.}}
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{{Literatur:Pye_Triplett_2007|Neben Einzelstudien zur Bedeutung von Glücksbringern im Alltag enthält dieses Buch auch Beispiele aus den sog. Neuen Religionen Japans. }}
 
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* [http://tencoo.fc2web.com/jinja/digmenu.html#COLE Digital Photo Gallery Shintō Shrines & Temples], Hatada Isao (jap., tlw. en.)<br/>Bilder von Tempeln und Schreinen mit Schwerpunkt auf der religiösen Alltagskultur. Siehe insbesondere "Charms" und "Votive pictures".
 
* [http://tencoo.fc2web.com/jinja/digmenu.html#COLE Digital Photo Gallery Shintō Shrines & Temples], Hatada Isao (jap., tlw. en.)<br/>Bilder von Tempeln und Schreinen mit Schwerpunkt auf der religiösen Alltagskultur. Siehe insbesondere "Charms" und "Votive pictures".
 
* [http://darumadollmuseum.blogspot.com/ Daruma-Museum], Gabriele Greve<br/>Wissenswertes, Unterhaltsames und Kurioses sowie zahlreiche weiterführende Links zu Daruma &Co.
 
* [http://darumadollmuseum.blogspot.com/ Daruma-Museum], Gabriele Greve<br/>Wissenswertes, Unterhaltsames und Kurioses sowie zahlreiche weiterführende Links zu Daruma &Co.
* [http://www.asahi-net.or.jp/%7EEB3Y-KKTK/omikuji/omikuji.html  Cyber Shrine], Kikutake Yuji<br/>Hier bietet ''[http://www.kiku.com/electric_samurai/index.html Electric Samurai]'' ''mikuji''-Lose auch online in englischer Übersetzung an.
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* [https://www.morethantokyo.com/omatsu-daigongen-cat-temple/ Omatsu Daigongen — The Amazing Cat Temple of Shikoku] (Diane Tincher)
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Aktuelle Version vom 21. Juni 2024, 15:36 Uhr

Glücksbringer und diesseitiges Wohlergehen

Jeder populäre Tempel oder Schrein bietet innerhalb des Schreinareals unzählige kleine Gegenstände zum Verkauf an, deren Zweck dem ausländischen Besucher lange rätselhaft bleibt. Es sind allesamt glücksbringende Gegenstände, die aber unterschiedlichen Zwecken dienen und verschiedene Behandlungen erfahren. Neben Opfergaben, die meist vor Ort dargebracht werden (z.B. Räucherstäbchen oder Holz und Rindenstücke für Feuerrituale), kann man auch Amulette oder Talismane erwerben, die man bei sich behält. Jeder berühmte Ort hat seine speziell gestalteten Glücksbringer, bestimmte Grundformen wiederholen sich jedoch.

Miko kasuga.jpg
1 Glücksverkauf
Schreinpriesterinnen beim Verkauf von Glücksbringern (o-mikuji) am Kasuga Taisha.
Brian Mcmorrow, 2004.

Talismane

Die häufigsten Glücksbringer sind kleine Gegenstände, die man zur Abwehr von Unheil oder zur Erreichung bestimmter Wünsche bei sich trägt oder zu Hause aufstellt. Außerdem kann man an fast jeder größeren Verehrungsstätte Glücksorakel erwerben. Derartige Objekte sind zwar bereits für ein paar hundert Yen zu haben, verlieren ihre Wirkkraft aber nach spätestens einem Jahr, sodass man immer wieder neue kaufen muss. Sie werden sowohl in Schreinen als auch in Tempeln angeboten und sind somit an keine konfessionellen Grenzen gebunden.

O-fuda

O-fuda [o-fuda (jap.) お札 Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;] (oder shinsatsu [shinsatsu (jap.) 神札 Amulett oder Talisman aus Papier; formelle Bezeichnung für o-fuda]), wtl. „[göttliche] Zettel“, sind Papierstreifen oder kleine Holztäfelchen mit einer Inschrift. Die Inschrift ist üblicherweise der Name einer Gottheit, deren Wirkkraft ofuda verkörpern. Sie sind dazu bestimmt, an fixen Orten aufgestellt oder angebracht zu werden. Oft findet man sie an einem Hausaltar oder Hausschrein, wo sie die verehrte Gottheit eines Schreins oder ein für einen Tempel wichtiges sutra [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)] repräsentieren. O-fuda können aber auch wie kleine Plakate irgendwo aufgeklebt werden. Passionierte Pilger führen oft solche frommen Aufkleber mit sich, um sie an den erreichten Pilgerstätten anzubringen.

O-mamori

Omamori.jpg
3 O-mamori
Traditionelle Glücksbringer (o-mamori).
Bildquelle: unbekannt.

O-mamori [o-mamori (jap.) お守り Talisman, schutzbringender Gegenstand] sind die populärsten Glücksbringer in Tempeln und Schreinen. Mamori bedeutet wörtlich „Beschützer“ oder eben „Talisman“ (das „o-“ ist hier eine honorative Vorsilbe). Meist handelt es sich um kleine Beutelchen aus Seide mit einer Aufschrift, die ihren Zweck (Gesundheit, Erfolg in Beruf oder Studium, Schutz im Straßenverkehr, etc. oder allg. „Schutz“) beschreibt. Im Inneren des Beutels befindet sich ein ofuda, zumeist aus Holz, das man jedoch nicht herausnehmen darf. O-mamori sind daher transportable o-fuda, dazu gedacht, ständig mitgeführt zu werden.

O-mikuji

O-mikuji [o-mikuji (jap.) 御籤/おみくじ Glückslos, Glücksorakel; auch mikuji] sind eine Kombination von Opfergabe und Orakel. Es sind Lose mit einer Weissagung, die einem Gutes oder weniger Gutes vorhersagt. Sie werden typischerweise in Schreinen verkauft, fallweise aber auch in buddhistischen Tempeln. Die Lose werden nach dem Kauf meist an Bäumen innerhalb des religiösen Areals aufgehängt: Bei positiven Vorhersagen um sicher zu gehen, dass sie sich auch erfüllen, bei negativen, damit sie sich mit Hilfe der kami [kami (jap.) Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō] nicht erfüllen. Rund um berühmte Schreine sind die Bäume oft ganz weiß von den vielen Zetteln, die die Besucher dort angebunden haben.

Engimono

Daruma auge.jpg

Engimono [engimono (jap.) 縁起物 Glücksbringer] sind Figuren von Tieren oder Menschen, die irgend eine glücksbringende Bedeutung haben. Am besten erwirbt man sie in einem Tempel oder Schrein, sie werden aber auch in Souvenirläden und anderen Geschäften verkauft. Sie können als Ziergegenstände an jedem beliebigen Platz aufgestellt werden.

Daruma-Puppe

Ein charakteristisches Beispiel für engimono sind die sogenannten daruma [daruma (jap.) だるま Glücksbringer aus Pappmaché, der dem Zen-Patriarchen Daruma (skt. Bodhidharma) nachempfunden ist]-Puppen. Sie stellen in stilisierter Form den indischen Mönch Bodhidharma [Bodhidharma (skt.) बोधिधर्म legendärer buddh. Mönch aus Indien, in China aktiv; gilt als Begründer des Chan (Zen) Buddhismus (jap. Daruma 達磨 oder Bodaidaruma 菩提達磨)] (jap. Daruma [Daruma (jap.) 達磨 Spitzname des Mönchs Bodhidharma; Bezeichnung der daruma-Puppe als Glücksbringer]) dar. Er soll in Meditation erstarrt sein, daher werden Arme und Beine weggelassen. Beim Kauf sind beide Augen weiß. Man malt dann dem daruma selbst ein Auge, während man sich auf einen Wunsch konzentriert, oder man lässt das Auge — gegen weiteres Geld — von einem Mönch aufmalen. Geht der Wunsch in Erfüllung, bekommt der daruma ein zweites Auge. Zu bestimmten Anlässen, beispielsweise zu Neujahr, veranstalten manche Tempel sogenannte daruma-Märkte (daruma ichi [daruma ichi (jap.) 達磨市 spezielle Tempel-Märkte, die daruma-Figuren zum Kauf anbieten]). Dabei werden alle alten darumas in einem großen Feuer verbrannt und neue verkauft. (Näheres zu Daruma unter „Bodhidharma: Der erste Patriarch des Zen“.)

Daruma takayama.jpg
4
daruma-Puppe.
Bildquelle: unbekannt.
Daruma und hokora.jpg
5
Eine etwas verwitterte daruma-Figur neben einem Miniaturschrein (hokora). Die Figur hat nur ein Auge bemalt, was bedeutet, dass der an sie gerichtete Wunsch noch nicht in Erfüllung gegangen ist.
El-Branden Brazil, flickr 2007 (mit freundlicher Genehmigung).
Daruma-Puppen als religiöse Opfergaben
Darumaichi.jpg
6 Daruma-Markt
Daruma-Puppen mit noch unbemalten Augen als Glücksbringer.
Craig Howitt, flickr 2005.
Daruma3.jpg
7 Daruma-Neujahrskarte
Neujahrskarte mit Daruma-Motiv.
Werk von David Bull. 1999. David Bull.

Winke-Katze

Ein ähnliches Objekt, das vor allem den Erfolg von Geschäftslokalen fördern soll, ist die „Winkende Katze“ (maneki neko [maneki neko (jap.) 招き猫 winkende Katze, Winkekatze; Glücksbringer, besonders für geschäftlichen Erfolg]), die man häufig in den Auslagen von Geschäften und Restaurants sehen kann. Die maneki neko hält typischerweise eine alte Goldmünze in der Pfote, auf der der unwahrscheinlich hohe Betrag senman ryō [senman ryō (jap.) 千万両 „10 Millionen ryō“; Goldmünzen der maneki neko] (10 Millionen ryō [ryō (jap.) vormoderne Währungseinheit; bestand in der Edo-Zeit aus ovalen Goldmünzen von ca. 17 Gramm]) verzeichnet ist. Die Figur lässt sich schon auf Holzschnitten aus der späten Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit nachweisen.

Manekineko.jpg
8 Maneki neko
Skulptur einer maneki neko, wie man sie vielleicht aus diversen Restaurants kennt.
Nemo's Great Uncle, flickr 2011.
Marushime no neko.jpg
9 Winke-Katze, Edo-Zeit
Verkauf von maneki neko (damals marushime no neko) auf einem Jahrmarkt in Edo. Älteste bekannte Abbildung einer Winke-Katze (1852). Die Katzenfiguren aus dieser Zeit hatten den Kopf seitwärts gewendet.
Werk von Utagawa Hiroshige. Edo-Zeit. Ota Memorial Museum of Art, (Twitter).
Manekineko schrein.jpg
10 Manekineko Schrein, Shikoku
Schrein in Shikoku mit einer überwältigenden Anzahl von Winke-Katzen (maneki neko).
MAGphoto, 2008.

Das obige Bild stammt aus einem Schrein in Shikoku, der aus einer Legende um eine tragische Heldin und ihre Katze entstanden ist.1 Die Figur der maneki neko ist wahrscheinlich nicht dort entstanden, der Schrein bedient sich aber der Figur und verbindet sie mit der eigenen Gründungslegende.

Katzen zählen zu denjenigen Tieren, denen magische, mitunter auch gefährliche Kräfte und Fähigkeiten nachgesagt werden. Ähnliche Eigenschaften besitzen auch Füchse (kitsune [kitsune (jap.) Fuchs; Botentier der Gottheit Inari]), tanuki [tanuki (jap.) Tanuki; Marderhund], Schlangen (hebi [hebi (jap.) Schlange]) und andere Tiere, die ebenfalls als engimono in Tempeln, Schreinen und Souvenirläden zu erwerben sind. Siehe dazu auch „Verwandlungskünstler (Tiergötter und Götterboten, Teil 2)“ (Kap. Mythen).

Diesseitiges Wohlergehen (genze riyaku)

Der Zweck all dieser kleinen Opfergaben und Talismane ist stets an einen bestimmten Wunsch an die Gottheit bzw. an bestimmte, mit der Gottheit assoziierte glücksbringende Effekte gebunden. Die meisten großen Schreine und Tempel spezialisieren sich auf bestimmte Lebensbereiche, in denen sie und ihre Glücksbringer besonders effektiv sind: Manche bringen Reichtum, manche Gesundheit, manche Erfolg in der Liebe und viele helfen bei Prüfungen. Darüber hinaus sorgt der Glaube an „Unglücksjahre“ (yakudoshi [yakudoshi (jap.) 厄年 Unglücksjahr, kritisches Alter; laut Tradition bei Männern das 25., 42. und 61. Jahr, bei Frauen das 19., 33. und 37. Jahr]), die jedem Menschen in bestimmten Jahren seines Lebens bevorstehen, für einen ständigen Bedarf an Glücksbringern. Fast immer geht es dabei um ein diesseitsbezogenes Ziel, um individuelles Glück (bzw. Abwehr von Unglück) in diesem Leben. Japanische Religion im Allgemeinen und Shintō im Besonderen widmet sich dem weltlichen Glück der Gläubigen in mannigfacher Weise. Der japanische Fachausdruck dafür ist genze riyaku [genze riyaku (jap.) 現世利益 (religiöse) Belohnung in diesem Leben] („Gewinn oder Belohnung [für religiöse Handlungen] in dieser Welt/diesem Leben“).

Genze riyaku hat in der japanischen Religion eine lange Tradition, wird aber auch durch sehr unmittelbare gesellschaftliche Voraussetzungen unterstützt: In Japan gibt es keine Kirchensteuer und kaum staatliche Unterstützung von Religion (Ausnahme: Steuerenthebung). Religiöse Institutionen sind ähnlich wie kommerzielle Unternehmen auf direkte, freiwillige Zuwendungen angewiesen. Es gibt zweierlei Dienstleistungen, aus denen religiöse Institutionen Einnahmen lukrieren: a) Große Zeremonien, die aus Anlass wichtiger Schicksalsabschnitte vollzogen werden (Hochzeit, Geschäftsgründung, Hausbau, Begräbnis). Hierbei entscheidet oft die traditionelle Zugehörigkeit der Familie, welche religiöse Institution die Zeremonie vollzieht. b) Kleine religiöse Handlungen als spirituelle Rückversicherungen, die dem alltäglichen Leben zugute kommen sollen. Sie wirken zwar oft spielerisch, werden aber doch von vielen ernst genommen. Lokale Traditionen und Legenden spielen eine wichtige Rolle für die Glaubhaftigkeit glücksbringender Effekte, doch werden beständig neue Legenden und Traditionen geschaffen. Es ist ein offener Markt, der nur von einem immer dünner werdenden religiösen Vorverständnis der Allgemeinheit reguliert wird und immer mehr nach Innovationen verlangt.

Die Religiosität, die sich in genze riyaku widerspiegelt, wirkt auf christlich geprägte Europäer oft irritierend oder zumindest oberflächlich. Sie schließt aber spirituelle Tiefe keineswegs aus, wenn sie diese auch nicht unbedingt erfordert. Zugleich gerät sie mit modernem Konsumverhalten nicht in Widerspruch. Daher sieht man in Japan viel mehr angewandte Religion im Alltagsleben als in Europa. Da die japanische Religion durch den traditionell hohen Stellenwert von genze riyaku auf Flexibilität eingestellt ist, hat sie unter dem permanenten Wandel einer kapitalistischen Konsumgesellschaft weit weniger zu leiden, als etwa das Christentum im Westen. Es gibt darüber hinaus dennoch Anzeichen, dass „ernsthafte“ Religionsausübung, die mit Opferbereitschaft und Leiden verbunden ist, auch in Japan eine Tradition hat, die heute allerdings stark in den Hintergrund gerückt ist (s. Religiöse Gewalt in Japan: Blutopfer, Selbstopfer, Menschenopfer).

Luck.jpg
11 Stofffärbeschablone mit glücksbringenden Motiven
Auf dieser Färbeschablone aus dem 19. Jahrhundert, die zum Drucken von Stoffmustern diente, sind diverse Motive versammelt, die alle mit populären religiösen Festen bzw. allgemein mit Glücksbringern zu tun haben. Von links oben nach rechts unten sind dies:
  1. hagoita, assoziiert mit dem dem Neujahrsfest (1.1.)
  2. männliche und weibliche Papierfigur, assoziiert mit dem Puppenfest (3.3.)
  3. Trommel und Trommelschlägel, assoziiert mit dem Ahnenfest O-bon
  4. Sardine und Stechpalme zur Dämonenabwehr, assoziiert mit setsubun
  5. mikoshi, ein tragbarer Schrein, wie er bei diversen Schreinfesten (matsuri) zum Einsatz kommt
  6. Schwert und Schwertscheide, wahrscheinlich assoziiert mit dem Knabenfest (5.5.)
  7. Opfertischchen (sanbō) mit Reisklößen und Schilf, assoziiert mit dem Fest der Mondschau (tsukimi, 15.8.)
  8. geschmückter Bambus, assoziiert mit Tanabata (7.7.)
  9. Trommel mit Hahn, altes chinesisches Friedenssymbol: die Kriegstrommel ist so lange nicht benützt, dass Vögel darauf ungestört ihre Nester bauen; häufiges Objekt bei Schreinumzügen
  10. Brasse (tai), Attribut des Glücksgottes Ebisu
  11. shimenawa, das heilige Strohseil des Shintō
  12. Holzbottich und Holzstößeln für mochitsuki, Stampfen von gedämpftem Klebreis in Vorbereitung für das Neujahrsfest;
  13. Otafuku, eine volkstümliche Glücksbringerin, und kumade („Bärentatze“), ein glücksbringender Bambusrechen
  14. Banner(?)
  15. Löwenmaske, assoziiert mit Löwentänzen (shishimai) zu Neujahr

Edo-Zeit, 19. Jh. MAK, Museum für Angewandte Kunst, Wien.

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Jul. 2020

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Ian Reader, George J. Tanabe, Jr, Practically Religious: Wordly Benefits and the Common Religion of Japan. Honolulu: University of Hawaii Press, 1998.
Michael Pye, Katja Triplett (Hg.), Streben nach Glück: Schicksalsdeutung und Lebensgestaltung in japanischen Religionen. Berlin: Lit, 2007.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Miko kasuga.jpg
    Schreinpriesterinnen beim Verkauf von Glücksbringern (o-mikuji) am Kasuga Taisha.
    Brian Mcmorrow, 2004.
  2. ^ 
    Fuda.jpg
    Talisman (o-fuda) des Mitsumine Schreins.
    Encyclopedia of Shinto, Kokugakuin University.
  3. ^ 
    Omamori.jpg
    Traditionelle Glücksbringer (o-mamori).
    Bildquelle: unbekannt.
  4. ^ 
    Daruma takayama.jpg
    daruma-Puppe.
    Bildquelle: unbekannt.
  5. ^ 
    Daruma und hokora.jpg
    Eine etwas verwitterte daruma-Figur neben einem Miniaturschrein (hokora). Die Figur hat nur ein Auge bemalt, was bedeutet, dass der an sie gerichtete Wunsch noch nicht in Erfüllung gegangen ist.
    El-Branden Brazil, flickr 2007 (mit freundlicher Genehmigung).
  6. ^ 
    Darumaichi.jpg
    Daruma-Puppen mit noch unbemalten Augen als Glücksbringer.
    Craig Howitt, flickr 2005.
  1. ^ 
    Daruma3.jpg
    Neujahrskarte mit Daruma-Motiv.
    Werk von David Bull. 1999. David Bull.
  2. ^ 
    Manekineko.jpg
    Skulptur einer maneki neko, wie man sie vielleicht aus diversen Restaurants kennt.
    Nemo's Great Uncle, flickr 2011.
  3. ^ 
    Marushime no neko.jpg
    Verkauf von maneki neko (damals marushime no neko) auf einem Jahrmarkt in Edo. Älteste bekannte Abbildung einer Winke-Katze (1852). Die Katzenfiguren aus dieser Zeit hatten den Kopf seitwärts gewendet.
    Werk von Utagawa Hiroshige. Edo-Zeit. Ota Memorial Museum of Art, (Twitter).
  4. ^ 
    Manekineko schrein.jpg
    Schrein in Shikoku mit einer überwältigenden Anzahl von Winke-Katzen (maneki neko).
    MAGphoto, 2008.
  5. ^ 
    Luck.jpg
    Auf dieser Färbeschablone aus dem 19. Jahrhundert, die zum Drucken von Stoffmustern diente, sind diverse Motive versammelt, die alle mit populären religiösen Festen bzw. allgemein mit Glücksbringern zu tun haben. Von links oben nach rechts unten sind dies:
    1. hagoita, assoziiert mit dem dem Neujahrsfest (1.1.)
    2. männliche und weibliche Papierfigur, assoziiert mit dem Puppenfest (3.3.)
    3. Trommel und Trommelschlägel, assoziiert mit dem Ahnenfest O-bon
    4. Sardine und Stechpalme zur Dämonenabwehr, assoziiert mit setsubun
    5. mikoshi, ein tragbarer Schrein, wie er bei diversen Schreinfesten (matsuri) zum Einsatz kommt
    6. Schwert und Schwertscheide, wahrscheinlich assoziiert mit dem Knabenfest (5.5.)
    7. Opfertischchen (sanbō) mit Reisklößen und Schilf, assoziiert mit dem Fest der Mondschau (tsukimi, 15.8.)
    8. geschmückter Bambus, assoziiert mit Tanabata (7.7.)
    9. Trommel mit Hahn, altes chinesisches Friedenssymbol: die Kriegstrommel ist so lange nicht benützt, dass Vögel darauf ungestört ihre Nester bauen; häufiges Objekt bei Schreinumzügen
    10. Brasse (tai), Attribut des Glücksgottes Ebisu
    11. shimenawa, das heilige Strohseil des Shintō
    12. Holzbottich und Holzstößeln für mochitsuki, Stampfen von gedämpftem Klebreis in Vorbereitung für das Neujahrsfest;
    13. Otafuku, eine volkstümliche Glücksbringerin, und kumade („Bärentatze“), ein glücksbringender Bambusrechen
    14. Banner(?)
    15. Löwenmaske, assoziiert mit Löwentänzen (shishimai) zu Neujahr

    Edo-Zeit, 19. Jh. MAK, Museum für Angewandte Kunst, Wien.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Bodhidharma (skt.) बोधिधर्म ^ legendärer buddh. Mönch aus Indien, in China aktiv; gilt als Begründer des Chan (Zen) Buddhismus (jap. Daruma 達磨 oder Bodaidaruma 菩提達磨)
  • Daruma 達磨 ^ Spitzname des Mönchs Bodhidharma; Bezeichnung der daruma-Puppe als Glücksbringer
  • daruma だるま ^ Glücksbringer aus Pappmaché, der dem Zen-Patriarchen Daruma (skt. Bodhidharma) nachempfunden ist
  • daruma ichi 達磨市 ^ spezielle Tempel-Märkte, die daruma-Figuren zum Kauf anbieten
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • engimono 縁起物 ^ Glücksbringer
  • genze riyaku 現世利益 ^ (religiöse) Belohnung in diesem Leben
  • hebi^ Schlange
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • kitsune^ Fuchs; Botentier der Gottheit Inari
  • maneki neko 招き猫 ^ winkende Katze, Winkekatze; Glücksbringer, besonders für geschäftlichen Erfolg
  • o-fuda お札 ^ Amulett oder Talisman in Gestalt eines symbolischen Zeichens, meist aus Papier; auch shinsatsu; das Zeichen 札 kann auch „Geldschein“ bedeuten, wird dann aber sinojap. satsu ausgesprochen;
  • o-mamori お守り ^ Talisman, schutzbringender Gegenstand
  • o-mikuji 御籤/おみくじ ^ Glückslos, Glücksorakel; auch mikuji
  • ryō^ vormoderne Währungseinheit; bestand in der Edo-Zeit aus ovalen Goldmünzen von ca. 17 Gramm
  • senman ryō 千万両 ^ „10 Millionen ryō“; Goldmünzen der maneki neko
  • shinsatsu 神札 ^ Amulett oder Talisman aus Papier; formelle Bezeichnung für o-fuda
  • sūtra (skt.) सूत्र ^ „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)
  • tanuki^ Tanuki; Marderhund
  • yakudoshi 厄年 ^ Unglücksjahr, kritisches Alter; laut Tradition bei Männern das 25., 42. und 61. Jahr, bei Frauen das 19., 33. und 37. Jahr