Geschichte/Saicho: Unterschied zwischen den Versionen

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{{fl|S}}{{glossar:saichou|aichō}} (767–822) ist der Begründer des japanischen {{glossar:tendaishuu|Tendai}} Bud·dhis·mus. In Japan klingt sein post·humer Ehren·titel {{glossar:dengyoudaishi}} („Großer Meister der Über·liefe·rung der Lehre“) vielen ver·trauter. Er stammt aus der Provinz {{g|ouminokuni|Ōmi}} (heute Shiga-ken) un·weit dem heutigen Kyōto. Im Zentrum dieser Provinz liegt der riesige {{g|biwako|Biwa-See}}, der vom Kyōtoer Becken durch den mächtigen {{glossar:hieizan|Berg Hiei}} und seine Aus·läufer ge·trennt ist. Dieser Berg, der in späteren Jahr·hun·derten auch als natürlicher Schutz·wall der Haupt·stadt gegen Angriffe aus dem Osten diente, sollte für Saichō eine Art Schicksals·berg werden.
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S{{g|saichou|aichō}} (767–822) ist der Begründer des japanischen {{g|tendaishuu|Tendai}} Buddhismus. In Japan klingt sein posthumer Ehrentitel {{g|dengyoudaishi}} („Großer Meister der Überlieferung der Lehre“) vielen vertrauter. Er stammt aus der Provinz {{g|ouminokuni|Ōmi}} (heute Shiga-ken) unweit dem heutigen Kyōto. Im Zentrum dieser Provinz liegt der riesige {{g|biwako|Biwa-See}}, der vom Kyōtoer Becken durch den mächtigen {{g|hieizan|Berg Hiei}} und seine Ausläufer getrennt ist. Dieser Berg, der in späteren Jahrhunderten auch als natürlicher Schutzwall der Hauptstadt gegen Angriffe aus dem Osten diente, sollte für Saichō eine Art Schicksalsberg werden.  
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Mit zwölf Jahren trat Saichō in den Mönchs·stand ein, mit neun·zehn (785) erhielt er im {{glossar:toudaiji}} die voll·ständige Mönchs·weihe. Schon bald da·nach zog er sich in die Ein·sam·keit von Berg Hiei zurück und wid·mete sich dort u.a. dem Studium von Schriften der chi·ne·sischen {{glossar:tiantai}} Schule, die das Lotos-Sutra in den Mittel·punkt ihrer Lehre stellt.
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Mit zwölf Jahren trat Saichō in den Mönchsstand ein, mit neunzehn (785) erhielt er im {{g|toudaiji}} die vollständige Mönchsweihe. Schon bald danach zog er sich in die Einsamkeit von Berg Hiei zurück und widmete sich dort u.a. dem Studium von Schriften der chinesischen {{g|tiantai}} Schule, die das Lotos-Sutra in den Mittelpunkt ihrer Lehre stellt.  
  
Ob·wohl Saichōs Rückzug zum Teil auch als Protest gegen das bud·dhis·tische Establishment in {{glossar:nara}} verstanden werden kann (oder vielleicht gerade deshalb), er·rang er die Auf·merk·sam·keit des Reform-Kaisers {{glossar:kanmutennou|Kanmu}} (r. 781–806) und wurde sogar in die Ein·weihungs·riten der neuen Haupt·stadt {{glossar:heian}} mit·ein·be·zogen. 802 erhielt er die Ge·legen·heit, sein Wissen über die weit·hin un·be·kannte Lehre des Tiantai Bud·dhis·mus vor den ehr·wür·digsten Mönchen der Nara-Tempel vor·zu·tragen. 804 hatte er be·reits einen hohen Mönchs·rang inne, als er mit einer Gesandt·schaft in das China der {{Glossar:Tang}} Dy·nastie ge·schickt wurde, um sein Wissen zu ver·tiefen. Er studierte am Kloster·berg Tiantai, der der Schule ihren Namen gab. Als er im Jahr 805 wieder nach Japan zurück·kehrte, brachte er u.a. 450 Bände bud·dhis·tischer Schriften mit. Ferner besaß er die Be·rech·tigung, die Tiantai Lehre offiziell in Japan zu ver·treten, da er als Nach·folger des Tiantai Be·grün·ders {{glossar:zhiyi}} (538–597) initiiert worden war.
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Obwohl Saichōs Rückzug zum Teil auch als Protest gegen das buddhistische Establishment in {{g|nara}} verstanden werden kann (oder vielleicht gerade deshalb), errang er die Aufmerksamkeit des Reform-Kaisers {{g|kanmutennou|Kanmu}} (r. 781–806) und wurde sogar in die Einweihungsriten der neuen Hauptstadt {{g|heian}} miteinbezogen. 802 erhielt er die Gelegenheit, sein Wissen über die weithin unbekannte Lehre des Tiantai Buddhismus vor den ehrwürdigsten Mönchen der Nara-Tempel vorzutragen. 804 hatte er bereits einen hohen Mönchsrang inne, als er mit einer Gesandtschaft in das China der {{g|Tang}} Dynastie geschickt wurde, um sein Wissen zu vertiefen. Er studierte am Klosterberg {{g|Tiantaishan| Tiantai}}, der der Schule ihren Namen gab. Als er im Jahr 805 wieder nach Japan zurückkehrte, brachte er u.a. 450 Bände buddhistischer Schriften mit. Ferner besaß er die Berechtigung, die Tiantai Lehre offiziell in Japan zu vertreten, da er als Nachfolger des Tiantai Begründers {{g|zhiyi}} (538–597) initiiert worden war.
  
All dies führte zur Grün·dung eines eigenen Klosters, das zum Zen·trum der neuen Tendai-Lehre wurde. Sein Haupt·tempel er·hielt den Namen {{glossar:enryakuji}} und lag auf Berg Hiei, wo Saichō einst als junger Mönch asketischen Übungen nach·ge·gangen war. Berg Hiei wurde also für die japa·nische Tendai-Schule das, was für ihren chi·ne·sischen Mutter·orden Berg Tiantai war.
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All dies führte zur Gründung eines eigenen Klosters, das zum Zentrum der neuen Tendai-Lehre wurde. Sein Haupttempel erhielt den Namen {{g|enryakuji}} und lag auf Berg Hiei, wo Saichō einst als junger Mönch asketischen Übungen nachgegangen war. Berg Hiei wurde also für die japanische Tendai-Schule das, was für ihren chinesischen Mutterorden Berg Tiantai war.
  
Um seinen Kloster·tempel un·beein·flusst von anderen Schulen und Tempeln führen zu können, trachtete Saichō sein ganzes Leben nach der Be·rechtigung eigene Mönchs·weihen vor·zu·nehmen. Dieses Recht wurde in der Nara und Heian-Zeit vom Tennō verliehen. Es war einem Tempel daher nur mit Ge·neh·migung des Tennō ge·stattet, offizielle Mönchs·weihen vor·zu·nehmen, un·ab·hängig davon welchen Rang, bzw. welche bud·dhis·tischen Weihen die Äbte des Tempels inne hatten. Zu Saichōs Zeiten hatten nur die Tempel in Nara dieses Privileg, was ihnen natür·lich Kon·trolle über die Weihungen ermöglichte.
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Um seinen Klostertempel unbeeinflusst von anderen Schulen und Tempeln führen zu können, trachtete Saichō sein ganzes Leben nach der Berechtigung eigene Mönchsweihen vorzunehmen. Dieses Recht wurde in der Nara und Heian-Zeit vom Tennō verliehen. Es war einem Tempel daher nur mit Genehmigung des Tennō gestattet, offizielle Mönchsweihen vorzunehmen, unabhängig davon welchen Rang, bzw. welche buddhistischen Weihen die Äbte des Tempels inne hatten. Zu Saichōs Zeiten hatten nur die Tempel in Nara dieses Privileg, was ihnen natürlich Kontrolle über die Weihungen ermöglichte.
  
Sowohl Kaiser Kanmu als auch sein Nach·folger, {{glossar:sagatennou}}, scheinen Sym·pa·thie für Saichōs Pläne ge·habt zu haben, doch da diese letzt·lich das Ziel hatten, die Tendai-Sekte von jeg·licher Kontrolle von außen (religiös wie staatlich) zu be·freien, war dies kein ein·facher Schritt. Die Nara-Mönche taten ein Übriges, um Saichōs insti·tutio·nelle Un·ab·hängig·keit zu ver·hindern. Erst Saichōs Tod scheint Saga um·ge·stimmt zu haben. 822, eine Woche nach Saichōs Ableben erhielt die Tendai-shū das Recht, eine so·ge·nannte „Ordinations·plattform“ ({{glossar:kaidan2}}) zu er·richten und sich damit als eigen·ständige, insti·tutionell unab·hängige Richtung des japa·nischen Bud·dhis·mus zu eta·blieren.
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Sowohl Kaiser Kanmu als auch sein Nachfolger, {{g|sagatennou}}, scheinen Sympathie für Saichōs Pläne gehabt zu haben, doch da diese letztlich das Ziel hatten, die Tendai-Sekte von jeglicher Kontrolle von außen (religiös wie staatlich) zu befreien, war dies kein einfacher Schritt. Die Nara-Mönche taten ein Übriges, um Saichōs institutionelle Unabhängigkeit zu verhindern. Erst Saichōs Tod scheint Saga umgestimmt zu haben. 822, eine Woche nach Saichōs Ableben erhielt die Tendai-shū das Recht, eine sogenannte „Ordinationsplattform“ ({{g|kaidan2}}) zu errichten und sich damit als eigenständige, institutionell unabhängige Richtung des japanischen Buddhismus zu etablieren. Inhaltlich wichen Saichōs Mönchsgebote allerdings stark von den orthodoxen Mönchsregeln ab, die in Form des {{s|vinaya}} einen essentiellen Teil des buddhistischen Kanons darstellen. Dass die ''vinaya''-Gebote in Japan heute — im Vergleich zu anderen buddhistischen Ländern — vergleichsweise lax gehandhabt werden, wird häufig auf Saichōs Mönchsgebote zurückgeführt.<ref> Yoshida 2003, S. 17.</ref>
  
 
==Neuerungen des Tendai Buddhismus==
 
==Neuerungen des Tendai Buddhismus==
  
Saichōs Schwie·rig·keiten grün·deten in seiner fun·damen·talen Opposition gegen·über den meisten Lehr·mei·nungen der Nara-Schulen. In seiner be·rühmten Debatte mit dem Mönch {{glossar:Tokuichi}}, einem Ver·treter der alt·ein·ge·sessenen {{glossar:hossoushuu|Hossō}} Schule, kamen diese Unter·schiede deutlich zum Aus·druck: Während für die tradi·tio·nellen Mönche die {{skt:buddha|Buddhaschaft}} (Erleuchtung) nur wenigen be·stimmt war, vertrat Saichō die Auf·fassung, dass allen Lebe·wesen das Potenzial der Buddha·werdung inne·wohne. Saichō berief sich dabei auf das ''Lotos-Sutra'' (jap. {{glossar:hokekyou}}, skt. {{skt:Saddharmapundarikasutra}}), einen im gesamten Bud·dhis·mus eminent be·deut·samen Text, der be·sonders für die Tendai-Schule die zentrale und un·mittel·bare Lehr·meinung des Buddha re·prä·sen·tierte. Tokuichi leugnete die Be·deu·tung des ''Lotos-Sutra'' zwar nicht völlig, er·blickte darin aber einen „vor·läufigen Text“, bzw. ein „ge·schicktes Mittel“ ({{glossar:houben}}, skt. {{skt:upaya}}) des Buddha. Das be·deutet, dass der Text in seinen Augen die wahre An·sicht des Buddha nur ver·schlüsselt, bzw. indirekt mit·teilt. Ein solches Mittel ist nach Auf·fassung des {{skt:Mahayana}} Bud·dhis·mus ge·recht·fertigt, da die un·ver·blümte Lehre des Buddha für Laien zu unver·ständlich wäre. Von dieser Grund·an·nahme aus·gehend unter·scheiden sich die einzelnen Schulen vor allem darin, welche Sutren sie als „vor·läufig“ (jap. {{glossar:gon}}) und welche sie als „wahr“ oder „wirklich“ (jap. {{glossar:jitsu}}) erachten.
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Saichōs Schwierigkeiten gründeten in seiner fundamentalen Opposition gegenüber den meisten Lehrmeinungen der Nara-Schulen. In seiner berühmten Debatte mit dem Mönch {{g|Tokuichi}}, einem Vertreter der alteingesessenen {{g|hossoushuu|Hossō}} Schule, kamen diese Unterschiede deutlich zum Ausdruck: Während für die traditionellen Mönche die {{s|buddha|Buddhaschaft}} (Erleuchtung) nur wenigen bestimmt war, vertrat Saichō die Auffassung, dass allen Lebewesen das Potenzial der Buddhawerdung innewohne. Saichō berief sich dabei auf das ''Lotos-Sutra'' (jap. {{g|hokekyou}}, skt. {{s|Saddharmapundarikasutra}}), einen im gesamten Buddhismus eminent bedeutsamen Text, der besonders für die Tendai-Schule die zentrale und unmittelbare Lehrmeinung des Buddha repräsentierte. Tokuichi leugnete die Bedeutung des ''Lotos-Sutra'' zwar nicht völlig, erblickte darin aber einen „vorläufigen Text“, bzw. ein „geschicktes Mittel“ ({{g|houben}}, skt. {{s|upaya}}) des Buddha. Das bedeutet, dass der Text in seinen Augen die wahre Ansicht des Buddha nur verschlüsselt bzw. indirekt mitteilt. Ein solches Mittel ist nach Auffassung des {{s|Mahayana}} Buddhismus gerechtfertigt, da die unverblümte Lehre des Buddha für Laien zu unverständlich wäre. Von dieser Grundannahme ausgehend unterscheiden sich die einzelnen Schulen vor allem darin, welche Sutren sie als „vorläufig“ (jap. {{g|gon}}) und welche sie als „wahr“ oder „wirklich“ (jap. {{g|jitsu}}) erachten.
  
Wie anhand der Diskussion zwischen Saichō und Tokuichi zu er·kennen ist, war die Unter·scheidung in „vorläufig“ und „wirklich“ ein ge·läufiges Argument in inner-bud·dhis·tischen Aus·einander·setzungen. Es wurde aber gerade von der TendaiLehre in be·son·derem Maße ver·wendet und aus·gebaut. {{g|Zhiyi}}, der chine·sische Be·gründer der Lehre, er·richtete nämlich inner·halb der bud·dhis·tischen Schriften eine hierarchische Ein·teilung von kanonischen Schriften, indem er sie in fünf Stufen klassi·fizierte. Diese Stufen ent·sprachen seiner Meinung nach dem di·dak·tischen Kon·zept des Buddha, der seine Schüler Stufe für Stufe von der „vor·läufigen“ zur „ab·soluten“ Erkenntnis her·an·führte. Das ''Lotos-Sutra'' nahm in dieser Hierarchie die höchste Stufe ein, die meisten an·de·ren Sutren galten hin·gegen als mehr oder weniger „vorläufig“.
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Wie anhand der Diskussion zwischen Saichō und Tokuitsu zu erkennen ist, war die Unterscheidung in „vorläufig“ und „wirklich“ ein geläufiges Argument in inner-buddhistischen Auseinandersetzungen. Es wurde aber gerade von der Tendai-Lehre in besonderem Maße verwendet und ausgebaut. {{g|Zhiyi}}, der chinesische Begründer der Lehre, errichtete nämlich innerhalb der buddhistischen Schriften eine hierarchische Einteilung von kanonischen Schriften, indem er sie in fünf Stufen klassifizierte. Diese Stufen entsprachen seiner Meinung nach dem didaktischen Konzept des Buddha, der seine Schüler Stufe für Stufe von der „vorläufigen“ zur „absoluten“ Erkenntnis heranführte. Das ''Lotos-Sutra'' nahm in dieser Hierarchie die höchste Stufe ein, die meisten anderen Sutren galten hingegen als mehr oder weniger „vorläufig“.
  
 
==Aufstieg des Tendai Buddhismus==
 
==Aufstieg des Tendai Buddhismus==
  
Saichōs Betonung des ''Lotos-Sutra'' und der poten·tiellen Er·leuch·tung aller Lebe·wesen setzten sich im Laufe der Heian-Zeit ganz all·ge·mein gegenüber der Position der alten Nara-Schulen durch. Darüber hin·aus fungierte die Tendai-Schule aber auch als Reservoir für alle mög·lichen anderen Neuerungen des japa·nischen Bud·dhis·mus und be·gnügte sich nicht, wie ihre chi·ne·sische Vor·gängerin, mit der alleinigen Kon·zentra·tion auf das ''Lotos-Sutra''. Zum einen etablierte sich inner·halb des Tendai Bud·dhis·mus ein eso·terischer Zweig, der das Ritual·system des eso·te·rischen Bud·dhis·mus inner·halb der Tendai-Klöster zur An·wen·dung brachte und damit in Kon·kurrenz zur auf·strebenden {{g|shingonshuu|Shingon-Schule}} trat. Da·neben gab es unter Saichōs Nach·folgern auch viele Ver·treter des {{Glossar:Amida}}-Glaubens, der sich noch nicht als eigene Rich·tung in Japan etabliert hatte.
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Saichōs Betonung des ''Lotos-Sutra'' und der potentiellen Erleuchtung aller Lebewesen setzten sich im Laufe der Heian-Zeit ganz allgemein gegenüber der Position der alten Nara-Schulen durch. Darüber hinaus fungierte die Tendai-Schule aber auch als Reservoir für alle möglichen anderen Neuerungen des japanischen Buddhismus und begnügte sich nicht, wie ihre chinesische Vorgängerin, mit der alleinigen Konzentration auf das ''Lotos-Sutra''. Zum einen etablierte sich innerhalb des Tendai Buddhismus ein esoterischer Zweig, der das Ritualsystem des esoterischen Buddhismus innerhalb der Tendai-Klöster zur Anwendung brachte und damit in Konkurrenz zur aufstrebenden {{g|shingonshuu|Shingon-Schule}} trat. Daneben gab es unter Saichōs Nachfolgern auch viele Vertreter des {{g|Amida}}-Glaubens, der somit zunächst ein Anhängsel des Tendai-Buddhismus war, bevor er sich im 12 Jh. als eigene Richtung etablierte.
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Auch wenn Saichō selbst noch nicht Zeuge seines Erfolgs wurde, gelang es seinen Nach·folgern, das Haupt·kloster auf Berg Hiei zu einem der wichtigsten Zentren des japanischen Bud·dhis·mus auszu·bauen und sowohl im welt·lichen als auch im geist·lichen Bereich als eine Macht von landes·weiter Be·deutung aufzu·treten. Damit ver·bun·den war nicht nur Autorität im geist·lich-spirituellen Sinne. Berg Hiei wurde nach und nach zu einem der größten Land·besitzer in der Umgebung der Haupt·stadt und unter·hielt zur Ver·tei·di·gung seiner welt·lichen Inte·ressen auch eine statt·liche Armee von Mönchs·soldaten. Der Kloster·berg geriet vor allem mit dem {{glossar:koufukuji}} in Nara immer wieder in militärische Konflikte. Der Kōfuku-ji, der ebenfalls Län·dereien und Armeen besaß, re·prä·sentierte dabei die Interessen des alt·ein·ge·sessenen Nara-Bud·dhis·mus, der bis in die {{glossar:kamakura}}-Zeit ein er·bitterter Gegner von Saichōs Schule blieb. Aber auch inner·halb des Tendai Bud·dhis·mus selbst kam es bereits in der Heian-Zeit zu Spal·tungen, die häufig Anlass zu mili·tärischen Aus·einander·setzungen zwischen einzelnen Tempeln gaben. Diese Tendenz ver·stärkte sich in den all·ge·meinen politischen Unruhen der Kamakura-Zeit weiter.
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Der Klosterberg geriet vor allem mit dem {{g|koufukuji}} in Nara immer wieder in militärische Konflikte. Der Kōfuku-ji, der ebenfalls Ländereien und Armeen besaß, repräsentierte dabei die Interessen des alteingesessenen Nara-Buddhismus, der bis in die {{g|kamakura}}-Zeit ein erbitterter Gegner von Saichōs Schule blieb. Aber auch innerhalb des Tendai Buddhismus selbst kam es bereits in der Heian-Zeit zu Spaltungen, die häufig Anlass zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Tempeln gaben. Diese Tendenz verstärkte sich in den allgemeinen politischen Unruhen der Kamakura-Zeit weiter.
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Aktuelle Version vom 9. Januar 2023, 14:34 Uhr

Saichō und der Tendai Buddhismus

Saichō [Saichō (jap.) 最澄 767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi] (767–822) ist der Begründer des japanischen Tendai [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai] Buddhismus. In Japan klingt sein posthumer Ehrentitel Dengyō Daishi [Dengyō Daishi (jap.) 伝教大師 Posthumer Ehrentitel des Mönchs Saichō] („Großer Meister der Überlieferung der Lehre“) vielen vertrauter. Er stammt aus der Provinz Ōmi [Ōmi no kuni (jap.) 近江国 Alte Provinz Japans rund um den Biwa-See, heutige Präfektur Shiga 滋賀県; auch unter dem Namen Gōshū 江州 bekannt] (heute Shiga-ken) unweit dem heutigen Kyōto. Im Zentrum dieser Provinz liegt der riesige Biwa-See [Biwa-ko (jap.) 琵琶湖 Biwa-See; größter Süßwassersee Japans mit 3174 km², in der Präfektur Shiga gelegen; sein Name rührt der Legende nach von seiner Form her, die einer biwa — einer japanischen Laute — gleicht], der vom Kyōtoer Becken durch den mächtigen Berg Hiei [Hiei-zan (jap.) 比叡山 Klosterberg Hiei bei Kyōto, traditionelles Zentrum des Tendai Buddhismus] und seine Ausläufer getrennt ist. Dieser Berg, der in späteren Jahrhunderten auch als natürlicher Schutzwall der Hauptstadt gegen Angriffe aus dem Osten diente, sollte für Saichō eine Art Schicksalsberg werden.

Biographie

Saicho ichijoji.jpg
1 Dengyō Daishi Saichō
Saichō, der Begründer der japanischen Tendai-Schule des Buddhismus, mit Mönchskapuze (mōsu). Eines von zehn Bildern aus der Serie „Portraits von Tendai-Patriarchen“ (Tendai kōsōzō 天台高僧像) des Tempels Ichijō-ji, die als Ganzes zu den japanischen Nationalschätzen zählt. Die Serie enthält auch Portraits von indischen Mönchen wie Nagarjuna und interessanterweise den Prinzen Shōtoku Taishi. Unter den japanischen Tendai-Mönchen sind nur Saichō und sein Schüler Ennin (793–864) vertreten.
Heian-Zeit, 11. Jh. Saichō to Tendai no kokuhō, 2006, Abb. 5-5.

Mit zwölf Jahren trat Saichō in den Mönchsstand ein, mit neunzehn (785) erhielt er im Tōdaiji [Tōdaiji (jap.) 東大寺 Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel] die vollständige Mönchsweihe. Schon bald danach zog er sich in die Einsamkeit von Berg Hiei zurück und widmete sich dort u.a. dem Studium von Schriften der chinesischen Tiantai [Tiantai (chin.) 天台 chin. Vorläufer des Tendai Buddhismus; urspr. Name eines chin. Klosterbergs (Tiantai-shan)] Schule, die das Lotos-Sutra in den Mittelpunkt ihrer Lehre stellt.

Obwohl Saichōs Rückzug zum Teil auch als Protest gegen das buddhistische Establishment in Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō] verstanden werden kann (oder vielleicht gerade deshalb), errang er die Aufmerksamkeit des Reform-Kaisers Kanmu [Kanmu Tennō (jap.) 桓武天皇 737–806; 50. japanischer Tennō; (r. 781–806); verantwortlich für Verlegung der Hauptstadt nach Heian (Kyōto)] (r. 781–806) und wurde sogar in die Einweihungsriten der neuen Hauptstadt Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)] miteinbezogen. 802 erhielt er die Gelegenheit, sein Wissen über die weithin unbekannte Lehre des Tiantai Buddhismus vor den ehrwürdigsten Mönchen der Nara-Tempel vorzutragen. 804 hatte er bereits einen hohen Mönchsrang inne, als er mit einer Gesandtschaft in das China der Tang [Tang (chin.) chin. Herrschaftsdynastie, 618–907] Dynastie geschickt wurde, um sein Wissen zu vertiefen. Er studierte am Klosterberg Tiantai [Tiantai-shan (chin.) 天台山 Berg Tiantai; Zentrum des chin. Tiantai Buddhismus, aus dem der japanische Tendai Buddhismus hervorging], der der Schule ihren Namen gab. Als er im Jahr 805 wieder nach Japan zurückkehrte, brachte er u.a. 450 Bände buddhistischer Schriften mit. Ferner besaß er die Berechtigung, die Tiantai Lehre offiziell in Japan zu vertreten, da er als Nachfolger des Tiantai Begründers Zhiyi [Zhiyi (chin.) 智顗 538–597; chin. Mönch und Gründer des chinesischen Tiantai Buddhismus; ältere Schreibung: Chih-i] (538–597) initiiert worden war.

Hie mandara.jpg
2 Berg Hiei
Das Motiv dieses Bildes ist der Berg Hachiōji, ein Teil des Hiei-Massivs. Hiei ist der zentrale Klosterberg des Tendai Buddhismus. Es ist vielleicht kein Zufall, dass der dargestellte Berg einem Affen ähnelt, denn auch die Schutzgottheit des Berges, Sannō, wird gelegentlich als Affe dargestellt. Diese Schutzgottheit besitzt einen Schrein am Fuße des Berges, der hier detailreich dargestellt ist. Seine Einzelgottheiten (die kollektiv die Gottheit Sannō bilden) sind in der oberen Bildleiste abgebildet (s. Detailabbildung). Die Schreinanlage ist als shintoistischer Wächter des buddhistischen Klosters konzipiert.
Muromachi-Zeit, datiert 1447. Nara National Museum.

All dies führte zur Gründung eines eigenen Klosters, das zum Zentrum der neuen Tendai-Lehre wurde. Sein Haupttempel erhielt den Namen Enryaku-ji [Enryaku-ji (jap.) 延暦寺 Haupttempel des Hiei Klosterbergs] und lag auf Berg Hiei, wo Saichō einst als junger Mönch asketischen Übungen nachgegangen war. Berg Hiei wurde also für die japanische Tendai-Schule das, was für ihren chinesischen Mutterorden Berg Tiantai war.

Um seinen Klostertempel unbeeinflusst von anderen Schulen und Tempeln führen zu können, trachtete Saichō sein ganzes Leben nach der Berechtigung eigene Mönchsweihen vorzunehmen. Dieses Recht wurde in der Nara und Heian-Zeit vom Tennō verliehen. Es war einem Tempel daher nur mit Genehmigung des Tennō gestattet, offizielle Mönchsweihen vorzunehmen, unabhängig davon welchen Rang, bzw. welche buddhistischen Weihen die Äbte des Tempels inne hatten. Zu Saichōs Zeiten hatten nur die Tempel in Nara dieses Privileg, was ihnen natürlich Kontrolle über die Weihungen ermöglichte.

Sowohl Kaiser Kanmu als auch sein Nachfolger, Saga Tennō [Saga Tennō (jap.) 嵯峨天皇 786–842; 52. japanischer Kaiser; (r. 809–823)], scheinen Sympathie für Saichōs Pläne gehabt zu haben, doch da diese letztlich das Ziel hatten, die Tendai-Sekte von jeglicher Kontrolle von außen (religiös wie staatlich) zu befreien, war dies kein einfacher Schritt. Die Nara-Mönche taten ein Übriges, um Saichōs institutionelle Unabhängigkeit zu verhindern. Erst Saichōs Tod scheint Saga umgestimmt zu haben. 822, eine Woche nach Saichōs Ableben erhielt die Tendai-shū das Recht, eine sogenannte „Ordinationsplattform“ (kaidan [kaidan (jap.) 戒壇 Ordinationsplattform (für Mönchsweihen)]) zu errichten und sich damit als eigenständige, institutionell unabhängige Richtung des japanischen Buddhismus zu etablieren. Inhaltlich wichen Saichōs Mönchsgebote allerdings stark von den orthodoxen Mönchsregeln ab, die in Form des Vinaya [Vinaya (skt.) विनय „Disziplin“, die monastischen Ordensregeln (jap. Ritsu 律)] einen essentiellen Teil des buddhistischen Kanons darstellen. Dass die vinaya-Gebote in Japan heute — im Vergleich zu anderen buddhistischen Ländern — vergleichsweise lax gehandhabt werden, wird häufig auf Saichōs Mönchsgebote zurückgeführt.1

Neuerungen des Tendai Buddhismus

Saichōs Schwierigkeiten gründeten in seiner fundamentalen Opposition gegenüber den meisten Lehrmeinungen der Nara-Schulen. In seiner berühmten Debatte mit dem Mönch Tokuitsu [Tokuitsu (jap.) 徳一 760?–835?; buddhistischer Mönch der Hossō-Schule], einem Vertreter der alteingesessenen Hossō [Hossō-shū (jap.) 法相宗 Schulrichtung des frühen jap. Buddhismus, eine der Sechs Nara-Schulen] Schule, kamen diese Unterschiede deutlich zum Ausdruck: Während für die traditionellen Mönche die Buddhaschaft [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] (Erleuchtung) nur wenigen bestimmt war, vertrat Saichō die Auffassung, dass allen Lebewesen das Potenzial der Buddhawerdung innewohne. Saichō berief sich dabei auf das Lotos-Sutra (jap. Hoke-kyō [Hoke-kyō (jap.) 法華経 Lotos Sutra; skt. Saddharma pundarika sutra; jap. auch Hokkekyō oder Myōhō renge kyō; zählt zu den einflussreichsten Texten des Mahayana-Buddhismus, älteste Fassungen dürften im ersten Jh. v.u.Z. entstanden sein.], skt. Saddharma pundarika sutra [Saddharma puṇḍarīka sūtra (skt.) सद्धर्मपुण्डरीकसूत्र „Sutra vom weißen Lotos des wunderbaren Dharma“, Lotos Sutra (jap. Myōhō renge kyō 妙法蓮華経 oder Hoke-kyō 法華経)]), einen im gesamten Buddhismus eminent bedeutsamen Text, der besonders für die Tendai-Schule die zentrale und unmittelbare Lehrmeinung des Buddha repräsentierte. Tokuichi leugnete die Bedeutung des Lotos-Sutra zwar nicht völlig, erblickte darin aber einen „vorläufigen Text“, bzw. ein „geschicktes Mittel“ (hōben [hōben (jap.) 方便 geschicktes Mittel; skt. upāya], skt. upaya [upāya (skt.) उपाय „[geschicktes] Mittel“ (jap. hōben 方便)]) des Buddha. Das bedeutet, dass der Text in seinen Augen die wahre Ansicht des Buddha nur verschlüsselt bzw. indirekt mitteilt. Ein solches Mittel ist nach Auffassung des Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)] Buddhismus gerechtfertigt, da die unverblümte Lehre des Buddha für Laien zu unverständlich wäre. Von dieser Grundannahme ausgehend unterscheiden sich die einzelnen Schulen vor allem darin, welche Sutren sie als „vorläufig“ (jap. gon [gon (jap.) vorläufig, provisorisch (im Ggs. zu jitsu, „wirklich“)]) und welche sie als „wahr“ oder „wirklich“ (jap. jitsu [jitsu (jap.) wirklich (im Ggs. zu gon, „vorläufig“)]) erachten.

Wie anhand der Diskussion zwischen Saichō und Tokuitsu zu erkennen ist, war die Unterscheidung in „vorläufig“ und „wirklich“ ein geläufiges Argument in inner-buddhistischen Auseinandersetzungen. Es wurde aber gerade von der Tendai-Lehre in besonderem Maße verwendet und ausgebaut. Zhiyi [Zhiyi (chin.) 智顗 538–597; chin. Mönch und Gründer des chinesischen Tiantai Buddhismus; ältere Schreibung: Chih-i], der chinesische Begründer der Lehre, errichtete nämlich innerhalb der buddhistischen Schriften eine hierarchische Einteilung von kanonischen Schriften, indem er sie in fünf Stufen klassifizierte. Diese Stufen entsprachen seiner Meinung nach dem didaktischen Konzept des Buddha, der seine Schüler Stufe für Stufe von der „vorläufigen“ zur „absoluten“ Erkenntnis heranführte. Das Lotos-Sutra nahm in dieser Hierarchie die höchste Stufe ein, die meisten anderen Sutren galten hingegen als mehr oder weniger „vorläufig“.

Aufstieg des Tendai Buddhismus

Saichōs Betonung des Lotos-Sutra und der potentiellen Erleuchtung aller Lebewesen setzten sich im Laufe der Heian-Zeit ganz allgemein gegenüber der Position der alten Nara-Schulen durch. Darüber hinaus fungierte die Tendai-Schule aber auch als Reservoir für alle möglichen anderen Neuerungen des japanischen Buddhismus und begnügte sich nicht, wie ihre chinesische Vorgängerin, mit der alleinigen Konzentration auf das Lotos-Sutra. Zum einen etablierte sich innerhalb des Tendai Buddhismus ein esoterischer Zweig, der das Ritualsystem des esoterischen Buddhismus innerhalb der Tendai-Klöster zur Anwendung brachte und damit in Konkurrenz zur aufstrebenden Shingon-Schule [Shingon-shū (jap.) 真言宗 Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan] trat. Daneben gab es unter Saichōs Nachfolgern auch viele Vertreter des Amida [Amida (jap.) 阿弥陀 Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)]-Glaubens, der somit zunächst ein Anhängsel des Tendai-Buddhismus war, bevor er sich im 12 Jh. als eigene Richtung etablierte.

Auch wenn Saichō selbst noch nicht Zeuge seines Erfolgs wurde, gelang es seinen Nachfolgern, das Hauptkloster auf Berg Hiei zu einem der wichtigsten Zentren des japanischen Buddhismus auszubauen und als eine Macht von landesweiter Bedeutung aufzutreten. Damit verbunden war nicht nur Autorität im geistlich-spirituellen Sinne. Berg Hiei wurde nach und nach zu einem der größten Landbesitzer in der Umgebung der Hauptstadt und unterhielt zur Verteidigung seiner weltlichen Interessen eine stattliche Armee von Mönchssoldaten (sōhei [sōhei (jap.) 僧兵 Kriegermönch, Mönchssoldat]). Die Militarisierung des Buddhismus wird häufig dem pragmatischen Tendai-Abt Ryōgen [Ryōgen (jap.) 良源 912–985; 18. Abt (zasu) der Tendai-Schule; unter Namen wie Jie Daishi, Ganzan Daishi, Tsuno Daishi oder Mame Daishi auch als Schutzheiliger populär] zugeschrieben, dessen Person und Legende viel über Glanz und Elend des Buddhismus in der mittleren Heian-Zeit verrät (mehr dazu...).

Der Klosterberg geriet vor allem mit dem Kōfuku-ji [Kōfuku-ji (jap.) 興福寺 Tempel des Hossō-Buddhismus; einer der Sieben Großen Tempel von Nara] in Nara immer wieder in militärische Konflikte. Der Kōfuku-ji, der ebenfalls Ländereien und Armeen besaß, repräsentierte dabei die Interessen des alteingesessenen Nara-Buddhismus, der bis in die Kamakura [Kamakura (jap.) 鎌倉 Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)]-Zeit ein erbitterter Gegner von Saichōs Schule blieb. Aber auch innerhalb des Tendai Buddhismus selbst kam es bereits in der Heian-Zeit zu Spaltungen, die häufig Anlass zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Tempeln gaben. Diese Tendenz verstärkte sich in den allgemeinen politischen Unruhen der Kamakura-Zeit weiter.

Verweise

Fußnoten

  1. Yoshida 2003, S. 17.

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Paul Groner, Saicho: The Establishment of the Japanese Tendai School. Berkeley: Berkeley Buddhist Studies, 1984.
Paul Groner, Ryōgen and Mount Hiei: Japanese Tendai in the Tenth Century. Honolulu: University of Hawaii Press, 2002.
George Tanabe, Willa Jane Tanabe (Hg.), The Lotus Sutra in Japanese Culture. Honolulu: University of Hawaii Press, 1989.
Yoshida Kazuhiko, „Revisioning Religion in Ancient Japan“. Japanese Journal of Religious Studies 30/1–2 (2003), 1–26. (Online.)

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Saicho ichijoji.jpg
    Saichō, der Begründer der japanischen Tendai-Schule des Buddhismus, mit Mönchskapuze (mōsu). Eines von zehn Bildern aus der Serie „Portraits von Tendai-Patriarchen“ (Tendai kōsōzō 天台高僧像) des Tempels Ichijō-ji, die als Ganzes zu den japanischen Nationalschätzen zählt. Die Serie enthält auch Portraits von indischen Mönchen wie Nagarjuna und interessanterweise den Prinzen Shōtoku Taishi. Unter den japanischen Tendai-Mönchen sind nur Saichō und sein Schüler Ennin (793–864) vertreten.
    Heian-Zeit, 11. Jh. Saichō to Tendai no kokuhō, 2006, Abb. 5-5.
  1. ^ 
    Hie mandara.jpg
    Das Motiv dieses Bildes ist der Berg Hachiōji, ein Teil des Hiei-Massivs. Hiei ist der zentrale Klosterberg des Tendai Buddhismus. Es ist vielleicht kein Zufall, dass der dargestellte Berg einem Affen ähnelt, denn auch die Schutzgottheit des Berges, Sannō, wird gelegentlich als Affe dargestellt. Diese Schutzgottheit besitzt einen Schrein am Fuße des Berges, der hier detailreich dargestellt ist. Seine Einzelgottheiten (die kollektiv die Gottheit Sannō bilden) sind in der oberen Bildleiste abgebildet (s. Detailabbildung). Die Schreinanlage ist als shintoistischer Wächter des buddhistischen Klosters konzipiert.
    Muromachi-Zeit, datiert 1447. Nara National Museum.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amida 阿弥陀 ^ Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)
  • Biwa-ko 琵琶湖 ^ Biwa-See; größter Süßwassersee Japans mit 3174 km², in der Präfektur Shiga gelegen; sein Name rührt der Legende nach von seiner Form her, die einer biwa — einer japanischen Laute — gleicht
  • Buddha (skt.) बुद्ध ^ „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)
  • Dengyō Daishi 伝教大師 ^ Posthumer Ehrentitel des Mönchs Saichō
  • Enryaku-ji 延暦寺 ^ Haupttempel des Hiei Klosterbergs
  • gon^ vorläufig, provisorisch (im Ggs. zu jitsu, „wirklich“)
  • Heian 平安 ^ auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
  • Hiei-zan 比叡山 ^ Klosterberg Hiei bei Kyōto, traditionelles Zentrum des Tendai Buddhismus
  • Hoke-kyō 法華経 ^ Lotos Sutra; skt. Saddharma pundarika sutra; jap. auch Hokkekyō oder Myōhō renge kyō; zählt zu den einflussreichsten Texten des Mahayana-Buddhismus, älteste Fassungen dürften im ersten Jh. v.u.Z. entstanden sein.
  • Hossō-shū 法相宗 ^ Schulrichtung des frühen jap. Buddhismus, eine der Sechs Nara-Schulen
  • hōben 方便 ^ geschicktes Mittel; skt. upāya
  • jitsu^ wirklich (im Ggs. zu gon, „vorläufig“)
  • kaidan 戒壇 ^ Ordinationsplattform (für Mönchsweihen)
  • Kamakura 鎌倉 ^ Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)
  • Kanmu Tennō 桓武天皇 ^ 737–806; 50. japanischer Tennō; (r. 781–806); verantwortlich für Verlegung der Hauptstadt nach Heian (Kyōto)
  • Kōfuku-ji 興福寺 ^ Tempel des Hossō-Buddhismus; einer der Sieben Großen Tempel von Nara
  • Mahāyāna (skt.) महायान ^ „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)
  • Nara 奈良 ^ Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō
  • Ōmi no kuni 近江国 ^ Alte Provinz Japans rund um den Biwa-See, heutige Präfektur Shiga 滋賀県; auch unter dem Namen Gōshū 江州 bekannt
  • Ryōgen 良源 ^ 912–985; 18. Abt (zasu) der Tendai-Schule; unter Namen wie Jie Daishi, Ganzan Daishi, Tsuno Daishi oder Mame Daishi auch als Schutzheiliger populär
  • Saddharma puṇḍarīka sūtra (skt.) सद्धर्मपुण्डरीकसूत्र ^ „Sutra vom weißen Lotos des wunderbaren Dharma“, Lotos Sutra (jap. Myōhō renge kyō 妙法蓮華経 oder Hoke-kyō 法華経)
  • Saga Tennō 嵯峨天皇 ^ 786–842; 52. japanischer Kaiser; (r. 809–823)
  • Saichō 最澄 ^ 767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi
  • Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
  • sōhei 僧兵 ^ Kriegermönch, Mönchssoldat
  • Tang (chin.) 唐 ^ chin. Herrschaftsdynastie, 618–907
  • Tendai-shū 天台宗 ^ Tendai-Schule, chin. Tiantai
  • Tiantai (chin.) 天台 ^ chin. Vorläufer des Tendai Buddhismus; urspr. Name eines chin. Klosterbergs (Tiantai-shan)
  • Tiantai-shan (chin.) 天台山 ^ Berg Tiantai; Zentrum des chin. Tiantai Buddhismus, aus dem der japanische Tendai Buddhismus hervorging
  • Tokuitsu 徳一 ^ 760?–835?; buddhistischer Mönch der Hossō-Schule
  • Tōdaiji 東大寺 ^ Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel
  • upāya (skt.) उपाय ^ „[geschicktes] Mittel“ (jap. hōben 方便)
  • Vinaya (skt.) विनय ^ „Disziplin“, die monastischen Ordensregeln (jap. Ritsu 律)
  • Zhiyi (chin.) 智顗 ^ 538–597; chin. Mönch und Gründer des chinesischen Tiantai Buddhismus; ältere Schreibung: Chih-i