Geschichte/Kukai: Unterschied zwischen den Versionen

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Kūkai war offensichtlich eine Art Universal·genie, denn er be·ein·druckte seine Zeit·genos·sen auch auf zahl·reichen künst·le·rischen Gebieten. Das führte dazu, dass ihm die Legen·de später die Ur·heber·schaft zahl·rei·cher kultu·reller Er·run·gen·schaften Japans zu·schrieb. So gilt er als Vater der japani·schen Silben·schrift (''kana''), der Kalligraphie, als her·vor·ragen·der Dichter, Maler und Bild·hauer. Auch wenn nicht alle Legen·den zu·treffen sollten, bleibt sein Rang inner·halb der japani·schen Reli·gions·ge·schichte un·be·stritten. Wie eine 1999 veröf·fent·lichte Studie von Abe Ryuichi her·vor·hebt, liegt Kūkais über·ra·gende Bedeu·tung darin, dass er mit dem Ritual·wesen des esote·rischen Bud·dhis·mus ein neues Aus·drucks·medium im ja·pa·nischen Bud·dhis·mus etablierte, das für Jahr·hunderte, be·sonders aber im sog. ja·pa·nischen Mittel·alter (12.-16. Jh.), eine zentrale Form japani·scher Reli·giö·sität dar·stellte. Während die Tendai-Schule heute vor allem für ihre Neue·rungen auf dem Gebiet der bud·dhis·tischen Er·kenntnis·lehre bekannt ist, wird der Shingon Bud·dhis·mus zu·nehmend als jene Richtung wahr·genommen, die für Jahr·hunderte auf dem Gebiet des Ritus den Ton angab und damit his·to·risch ebenso bedeu·tungs·voll war.
 
Kūkai war offensichtlich eine Art Universal·genie, denn er be·ein·druckte seine Zeit·genos·sen auch auf zahl·reichen künst·le·rischen Gebieten. Das führte dazu, dass ihm die Legen·de später die Ur·heber·schaft zahl·rei·cher kultu·reller Er·run·gen·schaften Japans zu·schrieb. So gilt er als Vater der japani·schen Silben·schrift (''kana''), der Kalligraphie, als her·vor·ragen·der Dichter, Maler und Bild·hauer. Auch wenn nicht alle Legen·den zu·treffen sollten, bleibt sein Rang inner·halb der japani·schen Reli·gions·ge·schichte un·be·stritten. Wie eine 1999 veröf·fent·lichte Studie von Abe Ryuichi her·vor·hebt, liegt Kūkais über·ra·gende Bedeu·tung darin, dass er mit dem Ritual·wesen des esote·rischen Bud·dhis·mus ein neues Aus·drucks·medium im ja·pa·nischen Bud·dhis·mus etablierte, das für Jahr·hunderte, be·sonders aber im sog. ja·pa·nischen Mittel·alter (12.-16. Jh.), eine zentrale Form japani·scher Reli·giö·sität dar·stellte. Während die Tendai-Schule heute vor allem für ihre Neue·rungen auf dem Gebiet der bud·dhis·tischen Er·kenntnis·lehre bekannt ist, wird der Shingon Bud·dhis·mus zu·nehmend als jene Richtung wahr·genommen, die für Jahr·hunderte auf dem Gebiet des Ritus den Ton angab und damit his·to·risch ebenso bedeu·tungs·voll war.
  
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Version vom 16. Juli 2020, 16:36 Uhr

Kūkai und der Shingon Buddhismus

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Kūkai [Kūkai (jap.) 空海 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi] (774–835) ist der vielleicht populärste Mönch des japa·nischen Bud·dhis·mus. Er ist der Begründer der Shingon-Schule [Shingon-shū (jap.) 真言宗 Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan] und damit der be·kann·teste Ver·treter des soge·nann·ten eso·terischen Bud·dhis·mus in Japan. Der esote·rische Bud·dhis·mus ist u.a. durch die An·wen·dung magi·scher Riten ge·kenn·zeich·net und war vor allem im Mittel·alter (also einige hundert Jahre nach Kūkai) äußerst ein·fluss·reich. Kūkai war jedoch schon zu Leb·zeiten sehr geachtet und erhielt nach seinem Tod den post·humen Ehren·titel Kōbō Daishi [Kōbō Daishi (jap.) 弘法大師 Ehrentitel von Kūkai] („Meister der Ver·brei·tung des Gesetzes“), unter dem er noch heute in Japan be·kannt ist.

Biographie Kūkais

Kukai2.jpg
1 Kōbō Daishi Kūkai
Portrait Kūkais in der für ihn typischen Pose, mit Gebetskette juzu und einem fünfzackigen vajra. Der erhöhte Sitz zeichnet ihn als Klosterabt aus. Das Portrait wurde im Auftrag von Ex-Kaiser Go-Uda (1267–1324, r. 1274–1287) angefertigt, der auch den Text, eine Lobpreisung Kūkais, in einem für Kūkai typischen kalligraphischen Stil verfasste.
Kamakura-Zeit, 1313. Tōji no mikkyōzuzō 東寺の密教図像 (Ausstellungskatalog). Kyoto: Hōzōkan 1999, S. 18, Abb. 1.

Kūkai wuchs in einer adeligen Familie in Shikoku auf und studierte zu·nächst kon·fuzianische Klassiker, um sich auf eine Karriere als Hof·beamter vor·zu·bereiten. Wie er aber schon in seinem Früh·werk Sangō shiiki [Sangō shiiki (jap.) 三教指帰 „Essenz der Drei Lehren“ [= Buddhismus, Konfuzianismus und Daoismus!]; frühe Schrift von → Kūkai (791)] („Essenz der Drei Lehren“, 791) er·kennen lässt, zog ihn der Bud·dhis·mus in seinen Bann und er ver·brachte einige Jahre als wan·dern·der Asket, bevor er schließ·lich 804 im relativ vor·ge·rückten Alter von ein·und·dreißig Jahren offiziell dem Mönchs·stand beitrat. Bedenkt man, dass er im gleichen Jahr an einer kaiser·lichen Ge·sandt·schaft nach China teil·nahm, und dass er mit Kaiser Kanmu [Kanmu Tennō (jap.) 桓武天皇 737–806; 50. japanischer Tennō; (r. 781–806); verantwortlich für Verlegung der Hauptstadt nach Heian (Kyōto)] vor allem durch gemein·sames Inte·resse an der Dicht·kunst freund·schaft·lich ver·bunden war, so lässt er sich gut als genialer Quer·ein·steiger und Auto·didakt vor·stellen, der mö·gli·cher·weise nur deshalb eine formale Mönchs·weihe vollzog, um an der Reise nach China teilnehmen zu können. Er fuhr übrigens mit der gleichen Ge·sandt·schaft wie Saichō [Saichō (jap.) 最澄 767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi], wenn auch in einem anderen Schiff. Diese Reisen waren zur damaligen Zeit ein waghalsiges Unternehmen. Erschwerend kam dazu, dass man aus politischen Gründen nicht den indirekten Weg über das koreanischen Festland wählte, sondern direkt das chinesische Reich ansteuerte. Von den vier Schiffen, die in Japan aufgebrochen waren, er·reichten nur zwei das Fest·land — die Schiffe Kūkais und Saichōs. Fromme Biographen führten das später darauf zurück, dass beide Mönche vor der Abreise inständig zu den ein·heimischen(!) kami [kami (jap.) Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō] beteten, damit die Über·fahrt gelänge. Die beiden Schiffe lan·deten jedenfalls, von Winden versprengt, in verschiedenen chinesischen Provinzen und ihre Insassen schlugen sich auf eigene Faust in China durch. Dem Schiff Kūkais kam dabei zugute, dass dieser über außergewöhnlich gute Kenn·tnisse des Chinesischen in Wort und Schrift verfügte und auf Grund dessen eine privilegierte Behandlung erfuhr.

Vorlage:Sidebox3 Bald nach seiner Ankunft in der Haupt·stadt Chang-an traf Kūkai mit dem berühmten Meister Huiguo [Huiguo (chin.) 惠果 746–806; ältere Schreibung Hui-kuo; chin. Lehrer Kūkais] zusammen und wurde von ihm in den eso·te·rischen Bud·dhis·mus ein·ge·weiht. In einem auto·bio·graphi·schen Bericht Kūkais erscheint dieses Treffen schick·sals·haft vorbestimmt. Huiguo erkannte demnach in Kūkai einen Auserwählten und machte ihn umgehend zu seinem Nach·folger. Da Huiguo 806 starb, blieb Kūkai kaum ein Jahr, um mit dem Meister ver·traut zu werden, was die an sich schon außer·gewöhn·liche Beru·fung noch mysteriöser macht.

Zurück in Japan arrangierte sich Kūkai nach an·fäng·lichen Schwierig·keiten rascher mit den orthodoxen Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō]-Schulen als Saichō. Sein end·gül·tiger Durch·bruch fällt in das Jahr 816, in dem er ein eigenes Kloster auf Berg Kōya [Kōya-san (jap.) 高野山 Klosterberg südl. von Nara; sprituelles Zentrum des Shingon Buddhismus] gründen durfte, das zum Zentrum von Kūkais neuer Shingon-Schule werden sollte, ähn·lich wie sich Berg Hiei [Hiei-zan (jap.) 比叡山 Klosterberg Hiei bei Kyōto, traditionelles Zentrum des Tendai Buddhismus] als Zentrum von Saichōs Tendai Buddhismus etablierte. 816 ist zu·gleich das Jahr, in dem sich die Wege der vor·erst freund·schaft·lich verbun·denen Reformer Saichō und Kūkai trennten. Aus partner·schaft·licher Kooperation wurde Rivalität, die offen·bar durch offizielle Be·günsti·gungen einmal des einen, einmal des anderen immer erbitterter wurde.

Als mit dem Tod Saichōs 822 der Tendai-Schule [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai] eine eigene Ordi·nations·platt·form zu·ge·standen wurde und sie somit als auto·nome Mönchs·ge·mein·schaft an·er·kannt wurden, erhielt schließlich auch Kūkai die Berechtigung, eigene Weihe·zere·monien für Mönche durch·zu·führen. Im Gegen·satz zu Saichō sah er darin aber mehr eine Ergänzung als einen Ersatz des be·stehenden Ordi·nations·systems. Kūkai setzte sich auch nicht, wie Saichō, von der be·stehenden Mönchs·hierarchie ab, sondern machte inner·halb des „Establishments“ Karriere: 827, mit 54 Jahren wurde er Leiter des sōgō [sōgō (jap.) 僧綱 Behörde für buddhistische Angelegenheiten (Altertum)], der Behörde für klerikale An·ge·legen·heiten, die damals die staatliche Kontrolle über sämtliche Klöster ausübte. Kūkai hielt somit das mäch·tigste politische Amt inner·halb des bud·dhis·tischen Klerus inne.

Shingon und esoterischer Buddhismus

Als Begründer der Shingon-Schule gilt Kūkai zu·gleich als Initiator des eso·teri·schen Bud·dhis·mus in Japan, der manch·mal als dritte Haupt·richtung neben Mahayana [Mahāyāna (skt.) महायान „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)] und Theravada [Theravāda (pali) थेरवाद „Schule der Ordensälteren“, buddhistische Richtung (hier in Pali angegeben; skt: Sthaviravada) (jap. jōzabu bukkyō 上座部仏教)] ein·ge·stuft wird (s. Einführung). Ähn·lich wie Saichō vertritt Kūkai die Auffassung, dass man noch in diesem Leben die Buddhaschaft [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] erlangen könne, aller·dings zieht er andere Mittel zur Er·lan·gung dieser Buddha·schaft in Betracht. Er betont das Ritual bzw. eine sozusagen aktionis·tische Vor·gangs·weise, die ver·schiedene rituelle Techniken kom·bi·niert. Diese Techniken können nur un·mittel·bar von Meister an Schüler weiter·ge·geben werden und müssen vor dem Gebrauch durch Un·ein·ge·weihte ge·schützt werden. Insofern spricht man von „geheimer“ oder eben „esoterischer“ Tradierung. Im Japanischen (und Chinesischen) heißt „esoterischer Bud·dhis·mus“ im übrigen schlicht mikkyō [mikkyō (jap.) 密教 esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten] (chin. mijiao [mijiao (chin.) 密教 esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō)]) — „geheime Lehre“.

Vor Kūkai be·stan·den bud·dhis·tische Riten in Japan vor allem aus Rezi·ta·tionen von (nicht nur für Laien meist un·ver·ständ·lichen) Sutrentexten [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)]. Kūkai kritisierte diese Praxis. Er verglich das rituelle Rezitieren von Sutren mit der Situation eines Kranken, dem der Arzt ledig·lich ein medizi·nisches Buch vor·liest. Zu einer prak·tischen Hei·lung könne es jedoch nur kommen, wenn die in den Sutren be·schriebenen Wahr·heiten in Form von Gebets·formeln (skt. mantra [mantra (skt.) मन्त्र Gebetsformel (jap. shingon 真言)]), Handzeichen (skt. mudra [mudrā (skt.) मुद्रा „Siegel“, Gebetsgeste (jap. inzō 印相)]) und visualisierten Bildern (mandala [maṇḍala (skt.) मण्डल „Kreis“, schematische Darstellung der kosmischen Ordnung (jap. mandara 曼荼羅)]), rituell an·ge·wandt werden. Das Ritual erhält im eso·terischen Bud·dhis·mus dem·nach den Stellen·wert eines Medika·ments, dessen An·wen·dung erst die „Genesung“ nach sich zieht. Die ver·schiedenen Sparten von rituellen Heils·praktiken — Formeln, Gesten und Bilder — werden im esoterischen Bud·dhis·mus übrigens auch „Ge·heim·nisse des Mundes“, „Geheimnisse des Geistes“ und „Geheimnisse des Körpers“, zusammen die „Drei Geheimnisse“ (sanmitsu [sanmitsu (jap.) 三密 Drei Geheimnisse (des esoterischen Buddhismus)]) genannt. Die Be·deu·tung von magisch-rituellen Elementen spiegelt sich auch im Namen, den Kūkais Schule schließ·lich annahm: shingon [shingon (jap.) 真言 wtl. „Wahres Wort“, skt. Mantra (Gebetsformel); namensgebend für den Shingon Buddhismus], wtl. „wahres Wort“ ist eine mögliche Über·setzung des Sanskrit·wortes mantra, Gebetsformel.

Grob ge·sprochen liegt die Betonung bei mikkyō eher auf dem Ritual·wesen als auf Sutren·aus·legung oder Dogmatik. In den Riten des mikkyō sind wiederum die strengen, furcht·ein·flößenden Gestalten von besonderer Be·deutung. Auch das Feuer spielt im esoteri·schen Ritual eine wichtige Rolle. In diesem Zu·sammen·hang gelangte u.a. die Figur des „Unbeweglichen Mantra-Königs“ Fudō Myōō [Fudō Myōō (jap.) 不動明王 prominentester japanischer myōō (Mantra-König), wtl. „der Unbewegliche“] (Acala [Acala (skt.) अचल „Unbeweglich“, Beinamen des in Japan wichtigsten Mantra-Königs (jap. Fudō 不動)] vidyaraja [vidyārāja (skt.) विद्याराज „Mantra-König, Weisheits-König“, Kategorie zornvoller Schutzgottheiten im Buddhismus (jap. myōō 明王)]) in Japan zu besonderer Bedeu·tung.

Vajra kongobuji.jpg
2
Vajra unterscheidet man nach der Anzahl der Zinken. Es gibt einzinkige (tokkosho), dreizinkige (sankosho) und fünfzackige (gokosho). Die hier abgebildeten Vajras gehören zu den Schätzen des Tempelbergs Kōya-san und zählen zu den ältesten Exemplaren in Japan.
Heian-Zeit, 12. Jh. Kūkai mandara: Kōbō Daishi to Kōya-san (Katalog), Reihōkan 2006, S. 54-55, Abb. 17.
Vajra (kongōsho) mit 5, 3 und 1 Zinken

Ein wichtiges Instru·ment des esoterischen Bud·dhis·mus ist der vajra [vajra (skt.) वज्र „Donnerkeil“, Ritualinstrument und Symbol des tantristischen/esoterischen Buddhismus (jap. kongō 金剛)] (kongō [kongō (jap.) 金剛 skt. Vajra; „Diamant“, magische Waffe, Donnerkeil]), eine magische Waffe, die gegen unheilvolle Einflüsse eingesetzt werden kann. Kūkai selbst wird meist mit einem drei·zackigen Vajra dargestellt (s. oben), die Wächter·ge·stalten an den Eingängen bud·dhis·tischer Tempel (niō [niō (jap.) 仁王 Wächterfigur, Torwächter]) halten hin·ge·gen ein·zackige Vajras in der Hand. Diesem rituellen Instrument ver·dankt der esoterische Bud·dhis·mus auch den Bei·namen Vajrayana [Vajrayāna (skt.) वज्रयन „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)], Vajra Fahrzeug, übrigens eine Wort·schöpfung Kūkais, die später rück·wirkend auch auf indische, tibetische und chinesische esoterische Schulen angewandt wurde.

Altar kyoogokuji knm.jpg
3 Shingon Mönch vor Shingon Altar mit eso·terischen Ritual·gegen·ständen.


Kūkais geschichtliches Wirken

Der esoterische Bud·dhis·mus erlebte zu Zeiten Kūkais in China gerade eine letzte Blüte, während er in Japan noch weit·gehend un·be·kannt war. Kūkai war aber nicht der einzige, der sich für mikkyō interessierte und die ent·sprechenden Techniken in Japan be·kannt machte. Auch Saichō brachte esoterische Riten und Schriften nach Japan. Kūkai und Saichō arbeiteten zu·nächst ge·mein·sam an deren Ver·brei·tung, indem sie sich wechsel·seitig in Rituale ein·weihten, die sie in China kennen ge·lernt hatten. Saichōs Stärke lag aber offenbar in dem Bereich, der später all·ge·mein als kengyō (offene Lehre oder „exoterischer Buddhismus“) bezeichnet wurde.

Saichō und Kūkai empfanden beide Bereiche, mikkyō [mikkyō (jap.) 密教 esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten] und kengyō [kengyō (jap.) 顕教 „offene Lehren“ im Ggs. zu mikkyō, „geheime Lehren“], als kom·plementär, auch wenn jeder wahr·schein·lich den seinen als wichtiger er·achtete. Im historischen Rückblick gilt Shingon als der Haupt·ver·treter des ja·pa·nischen eso·terischen Bud·dhis·mus. Unter den Nach·folgern Saichōs eta·blierte sich aber auch ein Zweig der Tendai-Schule, der eine eigene esoterische Tradition pflegte. Dieser sog. taimitsu [taimitsu (jap.) 台密 esoterischer Zweig der Tendai-Schule] Zweig über·flügelte zeit·weise sogar den esoterischen Bud·dhis·mus der Shingon-Schule (tōmitsu [tōmitsu (jap.) 東密 esoterischer Zweig der Shingon-Schule]). Den·noch sind be·stimmte Eigen·heiten des ja·pa·nischen eso·teri·schen Bud·dhis·mus, wie z.B. die be·sondere Betonung der beiden Mandalas Taizōkai [Taizōkai (jap.) 胎蔵界 Mutterschoß-Welt; Welt der sichtbaren Dinge des Dainichi Nyorai; s.a. Kongōkai] und Kongōkai [Kongōkai (jap.) 金剛界 Vajra-Welt, Diamant-Welt; Welt der absoluten Erkenntnis des Dainichi Nyorai; s.a. Taizōkai] mit Dainichi Nyorai [Dainichi Nyorai (jap.) 大日如来 Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“] im Zentrum, auf Kūkai zurück zu führen.

Kobodaishi kind.jpg
4 Kūkai als frühkindliches Genie
Kūkai als frühkindliches Genie, betend auf einer Lotusblume. Ähnlich wie um Prinz Shōtoku ranken sich auch um Kūkai zahlreiche Legenden, die von seinen erstaunlichen frühen Begabungen erzählen. Die vorliegende Abbildung stützt sich auf einen Auszug aus Kūkais angebliches Testament (Goyuigo), der einer anderen Version des Bildes als Textteil eingeschrieben ist:
Long ago, when I was living in my parents' home, sometime between the age of five or six, I always had visions of myself in my dreams seated on an eight-petaled lotus conversing with the buddhas. However, I didn't tell anyone, not even my parents, much less anyone else. [...]
(Nach Guth 1987, S. 2.)
Muromachi-Zeit. Bildquelle: Kōbō Daishi Kūkai and the Sacred Treasures of Mount Kōya, 2003, Abb. 2.

Kūkai war offensichtlich eine Art Universal·genie, denn er be·ein·druckte seine Zeit·genos·sen auch auf zahl·reichen künst·le·rischen Gebieten. Das führte dazu, dass ihm die Legen·de später die Ur·heber·schaft zahl·rei·cher kultu·reller Er·run·gen·schaften Japans zu·schrieb. So gilt er als Vater der japani·schen Silben·schrift (kana), der Kalligraphie, als her·vor·ragen·der Dichter, Maler und Bild·hauer. Auch wenn nicht alle Legen·den zu·treffen sollten, bleibt sein Rang inner·halb der japani·schen Reli·gions·ge·schichte un·be·stritten. Wie eine 1999 veröf·fent·lichte Studie von Abe Ryuichi her·vor·hebt, liegt Kūkais über·ra·gende Bedeu·tung darin, dass er mit dem Ritual·wesen des esote·rischen Bud·dhis·mus ein neues Aus·drucks·medium im ja·pa·nischen Bud·dhis·mus etablierte, das für Jahr·hunderte, be·sonders aber im sog. ja·pa·nischen Mittel·alter (12.-16. Jh.), eine zentrale Form japani·scher Reli·giö·sität dar·stellte. Während die Tendai-Schule heute vor allem für ihre Neue·rungen auf dem Gebiet der bud·dhis·tischen Er·kenntnis·lehre bekannt ist, wird der Shingon Bud·dhis·mus zu·nehmend als jene Richtung wahr·genommen, die für Jahr·hunderte auf dem Gebiet des Ritus den Ton angab und damit his·to·risch ebenso bedeu·tungs·voll war.

Verweise

Verwandte Themen

Internetquellen

Siehe auch Internetquellen


Letzte Überprüfung der Linkadressen: Sept. 2016

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Ryuichi Abe, The Weaving of Mantra: Kūkai and the Construction of Esoteric Buddhist Discourse. New York: Columbia University Press, 1999.

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Kukai2.jpg
    Portrait Kūkais in der für ihn typischen Pose, mit Gebetskette juzu und einem fünfzackigen vajra. Der erhöhte Sitz zeichnet ihn als Klosterabt aus. Das Portrait wurde im Auftrag von Ex-Kaiser Go-Uda (1267–1324, r. 1274–1287) angefertigt, der auch den Text, eine Lobpreisung Kūkais, in einem für Kūkai typischen kalligraphischen Stil verfasste.
    Kamakura-Zeit, 1313. Tōji no mikkyōzuzō 東寺の密教図像 (Ausstellungskatalog). Kyoto: Hōzōkan 1999, S. 18, Abb. 1.
  2. ^ 
    Vajra kongobuji.jpg
    Vajra unterscheidet man nach der Anzahl der Zinken. Es gibt einzinkige (tokkosho), dreizinkige (sankosho) und fünfzackige (gokosho). Die hier abgebildeten Vajras gehören zu den Schätzen des Tempelbergs Kōya-san und zählen zu den ältesten Exemplaren in Japan.
    Heian-Zeit, 12. Jh. Kūkai mandara: Kōbō Daishi to Kōya-san (Katalog), Reihōkan 2006, S. 54-55, Abb. 17.
  1. ^ Altar kyoogokuji knm.jpg 
  2. ^ 
    Kobodaishi kind.jpg
    Kūkai als frühkindliches Genie, betend auf einer Lotusblume. Ähnlich wie um Prinz Shōtoku ranken sich auch um Kūkai zahlreiche Legenden, die von seinen erstaunlichen frühen Begabungen erzählen. Die vorliegende Abbildung stützt sich auf einen Auszug aus Kūkais angebliches Testament (Goyuigo), der einer anderen Version des Bildes als Textteil eingeschrieben ist:
    Long ago, when I was living in my parents' home, sometime between the age of five or six, I always had visions of myself in my dreams seated on an eight-petaled lotus conversing with the buddhas. However, I didn't tell anyone, not even my parents, much less anyone else. [...]
    (Nach Guth 1987, S. 2.)
    Muromachi-Zeit. Bildquelle: Kōbō Daishi Kūkai and the Sacred Treasures of Mount Kōya, 2003, Abb. 2.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Acala (skt.) अचल ^ „Unbeweglich“, Beinamen des in Japan wichtigsten Mantra-Königs (jap. Fudō 不動)
  • amagoi 雨乞い ^ Regenmachen durch rituelles Gebet und Zauber; Regenbitte; s.a. shōu, kiu
  • Buddha (skt.) बुद्ध ^ „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)
  • Dainichi Nyorai 大日如来 ^ Buddha Vairocana, der „kosmische Buddha“; wtl. „Großes Licht“ oder „Große Sonne“
  • Fudō Myōō 不動明王 ^ prominentester japanischer myōō (Mantra-König), wtl. „der Unbewegliche“
  • Hiei-zan 比叡山 ^ Klosterberg Hiei bei Kyōto, traditionelles Zentrum des Tendai Buddhismus
  • Huiguo (chin.) 惠果 ^ 746–806; ältere Schreibung Hui-kuo; chin. Lehrer Kūkais
  • kami^ Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
  • kana ^ 2 japanische Silbenalphabete: hiragana (ひらがな) und katakana (カタカナ); bestehend aus 46 Zeichen
  • Kanmu Tennō 桓武天皇 ^ 737–806; 50. japanischer Tennō; (r. 781–806); verantwortlich für Verlegung der Hauptstadt nach Heian (Kyōto)
  • kengyō 顕教 ^ „offene Lehren“ im Ggs. zu mikkyō, „geheime Lehren“
  • kongō 金剛 ^ skt. Vajra; „Diamant“, magische Waffe, Donnerkeil
  • Kongōkai mandara 金剛界曼陀羅 ^ Vajra-Welt-Mandala, Diamant-Welt-Mandala; Mandala des Buddha Dainichi in seiner „Vajra-Welt“ (Kongōkai)
  • Kōbō Daishi 弘法大師 ^ Ehrentitel von Kūkai
  • Kōya-san 高野山 ^ Klosterberg südl. von Nara; sprituelles Zentrum des Shingon Buddhismus
  • Kūkai 空海 ^ 774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi
  • Mahāyāna (skt.) महायान ^ „Großes Fahrzeug“, buddhistische Richtung (jap. daijō bukkyō 大乗)
  • maṇḍala (skt.) मण्डल ^ „Kreis“, schematische Darstellung der kosmischen Ordnung (jap. mandara 曼荼羅)
  • mantra (skt.) मन्त्र ^ Gebetsformel (jap. shingon 真言)
  • mijiao (chin.) 密教 ^ esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō)
  • mikkyō 密教 ^ esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten
  • mudrā (skt.) मुद्रा ^ „Siegel“, Gebetsgeste (jap. inzō 印相)
  • Nara 奈良 ^ Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō
  • niō 仁王 ^ Wächterfigur, Torwächter
  • Saichō 最澄 ^ 767–822; Gründer des Tendai-Buddhismus; auch bekannt als Dengyō Daishi
  • Sangō shiiki 三教指帰 ^ „Essenz der Drei Lehren“ [= Buddhismus, Konfuzianismus und Daoismus!]; frühe Schrift von → Kūkai (791)
  • sanmitsu 三密 ^ Drei Geheimnisse (des esoterischen Buddhismus)
  • shingon 真言 ^ wtl. „Wahres Wort“, skt. Mantra (Gebetsformel); namensgebend für den Shingon Buddhismus
  • Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
  • sōgō 僧綱 ^ Behörde für buddhistische Angelegenheiten (Altertum)
  • sūtra (skt.) सूत्र ^ „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)
  • taimitsu 台密 ^ esoterischer Zweig der Tendai-Schule
  • Taizōkai mandara 胎蔵界曼陀羅 ^ Mutterschoß-Welt-Mandala; Mandala des Buddha Dainichi in seiner „Mutterschoß-Welt“ (Taizōkai)
  • Tendai-shū 天台宗 ^ Tendai-Schule, chin. Tiantai
  • Theravāda (pali) थेरवाद ^ „Schule der Ordensälteren“, buddhistische Richtung (hier in Pali angegeben; skt: Sthaviravada) (jap. jōzabu bukkyō 上座部仏教)
  • tōmitsu 東密 ^ esoterischer Zweig der Shingon-Schule
  • vajra (skt.) वज्र ^ „Donnerkeil“, Ritualinstrument und Symbol des tantristischen/esoterischen Buddhismus (jap. kongō 金剛)
  • Vajrayāna (skt.) वज्रयन ^ „Vajra-Fahrzeug“, Tantrismus, esoterischer Buddhismus (jap. mikkyō 密教 oder Kongō-jō 金剛乗)
  • vidyārāja (skt.) विद्याराज ^ „Mantra-König, Weisheits-König“, Kategorie zornvoller Schutzgottheiten im Buddhismus (jap. myōō 明王)