Mythen/Jenseits/Totenreich: Unterschied zwischen den Versionen
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Das buddhistische Totenreich ist wie gesagt eine Art Fegefeuer, in dem der endgültige Ort der Wiedergeburt noch nicht fixiert ist. Während die Totenseele das Totenreich durchwandert, haben die Hinterbliebenen die Möglichkeit und in gewisser Weise sogar die religiöse Pflicht, die Entscheidung des karmischen Gerichts durch Riten und Opfergaben zu beeinflussen. | Das buddhistische Totenreich ist wie gesagt eine Art Fegefeuer, in dem der endgültige Ort der Wiedergeburt noch nicht fixiert ist. Während die Totenseele das Totenreich durchwandert, haben die Hinterbliebenen die Möglichkeit und in gewisser Weise sogar die religiöse Pflicht, die Entscheidung des karmischen Gerichts durch Riten und Opfergaben zu beeinflussen. | ||
− | Es ist also kein Zufall, dass die Vorstellung der Zehn Könige eng an das [[Alltag: Totenriten|Ritualwesen für die Toten]] gekoppelt | + | Es ist also kein Zufall, dass die Vorstellung der Zehn Könige eng an das [[Alltag: Totenriten|Ritualwesen für die Toten]] gekoppelt ist. Die Rituale im Diesseits finden nämlich immer dann statt, wenn die Verstorbenen im Jenseits vor einen neuen Richter traten. Dies geschieht zunächst alle sieben Tage nach dem Ableben, bis sieben mal sieben Tage herum sind.<!-- |
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Diese sieben mal sieben Tage finden sich schon in Indien. Eine indische Erklärung besagt, dass sich den Wesen im Totenreich nur alle sieben Tage die Chance bietet, in eine neue irdische Existenz zu schlüpfen. Man kann also theoretisch auch schon nach den ersten sieben Tagen wiedergeboren werden (Teiser 2003, S. 24). Auch in heutigen buddhistischen Totenriten wird diese Folge von Totengedenken noch berücksichtigt. Insbesondere die Periode von sieben mal sieben Tagen gilt als die eigentliche buddhistische Trauerzeit. | Diese sieben mal sieben Tage finden sich schon in Indien. Eine indische Erklärung besagt, dass sich den Wesen im Totenreich nur alle sieben Tage die Chance bietet, in eine neue irdische Existenz zu schlüpfen. Man kann also theoretisch auch schon nach den ersten sieben Tagen wiedergeboren werden (Teiser 2003, S. 24). Auch in heutigen buddhistischen Totenriten wird diese Folge von Totengedenken noch berücksichtigt. Insbesondere die Periode von sieben mal sieben Tagen gilt als die eigentliche buddhistische Trauerzeit. | ||
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Dann verlangsamt sich der Rhythmus und man tritt nur noch einmal nach hundert Tagen und dann nach einem Jahr vor einen neuen Richter. Im dritten Jahr nach dem Tod absolviert man das letzte Gericht und wird danach in ein neues Leben (in einem der Sechs Wege der Wiedergeburt, {{glossar:rokudou}}) entlassen.<!-- | Dann verlangsamt sich der Rhythmus und man tritt nur noch einmal nach hundert Tagen und dann nach einem Jahr vor einen neuen Richter. Im dritten Jahr nach dem Tod absolviert man das letzte Gericht und wird danach in ein neues Leben (in einem der Sechs Wege der Wiedergeburt, {{glossar:rokudou}}) entlassen.<!-- | ||
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− | Die letzten drei Feiern — zum hundertsten Tag, zum ersten und zum zweiten Jahrestag des Ablebens — scheinen auf vorbuddhistische chinesische Bräuche zurück zu gehen: Ein | + | Die letzten drei Feiern — zum hundertsten Tag, zum ersten und zum zweiten Jahrestag des Ablebens — scheinen auf vorbuddhistische chinesische Bräuche zurück zu gehen: Ein Hinweis auf die Überblendung von vorbuddhistisch-chinesischen und indischen Bräuchen im Kult der Zehn Könige. (Vgl. Teiser, S. 25–26.) |
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− | + | Wie das ''Sutra der Zehn Könige'' mehrfach betont, kann man das Urteil der Richter vom Diesseits aus mindestens zwei Jahre lang beeinflussen. Ja, man kann sogar für das eigene Seelenheil Vorsorge treffen, indem man bereits zu Lebzeiten in eigener Sache rituelle Opfer an die Zehn Könige richtet. Kurz gesagt: Je mehr rituellen Aufwand man betreibt, umso besser sieht es im nächsten Leben aus. Negativ formuliert könnte man auch sagen, dass die Richterkönige mit dem diesseitigen Klerus paktieren und sich durch Wohltaten, die man diesem erweist, indirekt bestechen lassen. | |
Fairerweise muss einschränkend dazu gesagt werden, dass das ''Sutra der Zehn Könige'' und ähnliche Schriften in keiner buddhistischen Schule kanonischen Status erlangten. Das heißt, dass die diversen Sutren der Zehn Könige nie in eine {{skt:tripitaka}}-Sammlung aufgenommen wurden, also nicht unbedingt als authentische Worte Buddhas galten. Zweifellos waren sich zumindest gebildete Buddhisten bewusst, dass das chinesische Gepräge der jenseitigen Gerichtshöfe der indischen Herkunft von Buddhas Lehren widersprach. | Fairerweise muss einschränkend dazu gesagt werden, dass das ''Sutra der Zehn Könige'' und ähnliche Schriften in keiner buddhistischen Schule kanonischen Status erlangten. Das heißt, dass die diversen Sutren der Zehn Könige nie in eine {{skt:tripitaka}}-Sammlung aufgenommen wurden, also nicht unbedingt als authentische Worte Buddhas galten. Zweifellos waren sich zumindest gebildete Buddhisten bewusst, dass das chinesische Gepräge der jenseitigen Gerichtshöfe der indischen Herkunft von Buddhas Lehren widersprach. |
Version vom 25. August 2014, 21:58 Uhr
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Wenn ein Mensch stirbt, folgt laut gängigen buddhistischen Vorstellungen eine bestimmte Zeit, in der Lohn und Strafe seiner irdischen Existenz nach den Gesetzen des
„Tat“, auch „konsequente Folge“; moralische Bilanz der gesetzten Handlungen (jap. gō 業)
Der Begriff „Karma“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
festgestellt werden. Diese Übergangsperiode, die u.a. als das „mittlere Dunkel“ (
wtl. mittlere Dunkelheit; Totenwelt; Übergangsperiode zwischen zwei Phasen der Wiedergeburt; im engeren Sinne: sieben mal sieben Tage nach dem Tod
Der Begriff „chūin“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) bezeichnet wird, entscheidet über Ort und Form der zukünftigen Wiedergeburt.
Sie bildet also das eigentliche Totenreich und wird in den meisten buddhistischen Richtungen mit besonderer ritueller Aufmerksamkeit bedacht. Im chinesischen Buddhismus entstand zudem die Vorstellung von einer Art Karma-Gerichtshof. Er wurde von zehn Richterkönigen (
Die Zehn Könige oder Richter der Totenwelt
Der Begriff „Jūō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) beherrscht, die das Totenreich regierten und – zu mindestens in den Anfängen dieser Konzeption – ihrerseits entweder von Buddha
„Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)
Der Begriff „Shakyamuni“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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oder von Bodhisattva
wtl. Schatzhaus/Mutterleib der Erde; skr. Kṣitigarbha; populäre Bodhisattva Figur
Der Begriff „Jizō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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angeführt wurden.
Tang Zeit, 10. Jh. The British Museum.
Die Vorstellung von den Zehn Königen wurde vor allem durch einen in vielen Ver·sionen über·lieferten Text ver·breitet, der land·läufig als Sutra der Zehn Könige (jap.
) bekannt ist. Die Urform des Textes entstand in der chine·sischen Tang Zeit, wahr·schein·lich im 8. oder 9. Jahrhundert. Die ältesten Kopien des Textes und der begleitenden Abbildungen finden sich in
Oasenstadt an der Seidenstraße zwischen dem Tarim-Becken und China; zumeist von China, aber zeitweise auch von Tibet beherrschtes Handelszentrum; buddhistisches Zentrum mit ausgedehnten Höhlentempeln
Der Begriff „Dunhuang“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
, also im Nordwesten Chinas, wo über die Seidenstraße auch der Buddhismus in China Eingang fand.1
In Japan wurde die Toten·welt schließlich in Werken wie dem
Der Begriff „Ōjō yōshū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(985) oder dem Jizō jūō-kyō (um 1200?) weiter aus·differen·ziert.
Furcht und Terror
Vorlage:W504 Die Zehn Könige herrschten je·weils über einen eige·nen Gerichts·hof und wurden be·reits auf den frühes·ten Dar·stel·lungen in chine·sischen Amts·roben dar·ge·stellt. Ihnen zur Seite standen Kerker·ge·hilfen, die als Misch·wesen von Mensch und Tier er·schie·nen und jeder·zeit zu sadis·tischen Foltern auf·gelegt waren. Das karmische Gericht wurde mit der Zeit mit immer grausameren Schrecken ausgestattet. Die Seelen der Ver·stor·be·nen, um nicht zu sagen „die armen Sünder“, schienen vor diesem Gericht beinahe chancen·los. Ihre Behand·lung unter·schied sich nur gering·fügig von den Qualen der Hölle, wo sie mit größter Wahr·schein·lich·keit landen würden. Betrachtet man insbesondere die Darstellungen aus späterer Zeit, so ist von Nirvana, Barm·herzig·keit und Er·ret·tung aller Lebe·wesen keine Rede mehr. Mit barocker Lust an schaurigen Details schildern buddhistische Künstler das Totengericht als einen Ort, wo es nur noch darum geht, dem schlimms·ten Terror zu ent·kommen. Nicht die Hoffnung auf ein Ende des Leids, sondern die Furcht vor schlimmen Strafen soll die Gläubigen motivieren, die buddhistischen Gebote zu befolgen.
Die Jenseits·vor·stel·lungen des tradi·tionel·len sino-japani·schen Buddhis·mus scheinen daher ebenso angst·besetzt zu sein wie christ·liche Höllen·darstel·lungen. Barm·herzig·keit ist ledig·lich von Bodhi·sattva
wtl. Schatzhaus/Mutterleib der Erde; skr. Kṣitigarbha; populäre Bodhisattva Figur
Der Begriff „Jizō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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zu erhof·fen, der ursprünglich als eine Art Vor·gesetz·ter, mehr und mehr aber auch als ein Gegen·spieler der Zehn Könige (nach dem good cop – bad cop Prinzip) in Er·schei·nung tritt. Die Popu·lari·tät Jizōs in China und Japan ist also eng mit der Furcht vor den Zehn Königen ver·bunden.
Topographie des Totenreichs
China, 10. Jh. Intenational Dunhuang Project, (British Library).
Das Sutra der Zehn Könige2 gibt nicht nur über die in der Totenwelt verbrachte Zeit Auskunft, sondern enthält auch bestimmte räumliche Vorstellungen über das „mittlere Dunkel“. Der Hof des ersten Königs dient einer Art Sammlung der Toten in der Art eines Gefangenen·transports. Von dort werden die Delinquenten durch den Fluss Nai getrieben, wobei gehörnte Dämonen die Menge im Zaum halten. Nur einige Privilegierte (Verstorbene mit gutem Karma) dürfen eine Brücke verwenden. Danach erreichen sie den „König des ersten Flusses“. Im Hof des vierten Königs gibt es eine Karma-Waage, die gute und schlechte Taten gegen einander abwiegt. Vor dem fünften König, Enma, werden Delinquenten, die ihre Taten abstreiten, mit einem Spiegel konfrontiert, der ihre Sünden zeigt. Am Hof des Siebenten Königs wird besonderes Augenmerk auf die Spenden der Hinterbliebenen gelegt. Nach hundert Tagen, am Hof des achten Königes werden die Toten noch einmal ausgepeitscht. Nach einem Jahr wird überprüft, ob die Hinterbliebenen nicht vielleicht eine Sutrenkopie oder ein Bildwerk gestiftet haben. Am Hof des zehnten Königs, dem „König, der das Rad der Geburten dreht“ (nach drei Jahren oder im dritten Jahr) entscheidet sich schließlich endgültig, wo die Wiedergeburt stattfinden soll.
Im Unterschied zur bedrohlichen Beschreibung der Jenseitsreise, vermittelt die Rahmenhandlung des Sutras eine etwas andere Nuance. Hier tritt Enma stellvertretend für das gesamte karmische Gericht auf und leistet gegenüber Buddha Shakyamuni verschiedene Schwüre. Aus diesen wird klar, dass es besonders auf die rituelle Aktivität der Hinterbliebenen ankommt und dass zumindest die schlimmsten Formen der Wiedergeburt vermieden werden können, wenn die Hinterbliebenen nur alle Totenriten richtig vollziehen und Spenden an buddhistische Institutionen richten. Umgekehrt wird angedeutet, dass die schlimmsten Vergehen nicht Vatermord oder ähnliches sind, sondern Aneignung von Tempelgut.
In den frühesten Illustrationen, die dem Sutra beigefügt sind, erscheint die Hölle als schwarz ummauertes, deutlich abgegrenztes Gefängnis. Erst später weitet sie sich zu einer scheinbar grenzenlosen, unwirtlichen Landschaft aus. Zweifellos war sie stets ein Ort unter der Erde, da es sich wörtlich um einen „Erdkerker“ (
wtl. „[unter]irdischer Kerker“, buddhistische Hölle
Der Begriff „jigoku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) handelt. Auch der Name Jizō bedeutet wörtlich „Erdbunker“ – ein Hinweis auf die lange Verbindung dieses Budhisattvas mit dem unterirdischen Reich der Toten.
Unter den Königen ist neben Enma-ō, der im Sutra der Zehn Könige als Repräsentant der ganzen Gruppe auftritt und daher auch als Einzelfigur verehrt wurde (s. Enma), vor allem Taizan-ō, der König des Taishan (siebenter Hof) hervorzuheben. Der Berg Taishan existiert tatsächlich in China und gilt als wichtigster der fünf heiligen Berge des Daoismus. Er ist u.a. Sitz einer Gottheit, die die Totenwelt beherrscht. Die beiden Figuren Enma und Taizan-ō sind somit ein klarer Hinweis auf die Überblendung von chinesischen und indischen Jenseits·vorstel·lungen in der Ausge·staltung des karmischen Gerichts.
In Japan kam schließlich noch die „Alte, die [den Toten] die Kleider auszieht“ (
wtl. die Alte, die die Kleider wegnimmt; Dämonin des Totenreichs
Der Begriff „Datsueba“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) hinzu. Sie bestimmte die Schuld der Toten, indem sie ihre Kleider abwog, und vermittelte ihnen dabei bereits einen Vorgeschmack auf die kommenden Torturen.
Totengericht und Totenriten
Das buddhistische Totenreich ist wie gesagt eine Art Fegefeuer, in dem der endgültige Ort der Wiedergeburt noch nicht fixiert ist. Während die Totenseele das Totenreich durchwandert, haben die Hinterbliebenen die Möglichkeit und in gewisser Weise sogar die religiöse Pflicht, die Entscheidung des karmischen Gerichts durch Riten und Opfergaben zu beeinflussen.
Es ist also kein Zufall, dass die Vorstellung der Zehn Könige eng an das Ritualwesen für die Toten gekoppelt ist. Die Rituale im Diesseits finden nämlich immer dann statt, wenn die Verstorbenen im Jenseits vor einen neuen Richter traten. Dies geschieht zunächst alle sieben Tage nach dem Ableben, bis sieben mal sieben Tage herum sind.3
Dann verlangsamt sich der Rhythmus und man tritt nur noch einmal nach hundert Tagen und dann nach einem Jahr vor einen neuen Richter. Im dritten Jahr nach dem Tod absolviert man das letzte Gericht und wird danach in ein neues Leben (in einem der Sechs Wege der Wiedergeburt,
wtl. die Sechs Wege = Bereiche der Wiedergeburt
Der Begriff „rokudō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) entlassen.4 Wie das Sutra der Zehn Könige mehrfach betont, kann man das Urteil der Richter vom Diesseits aus mindestens zwei Jahre lang beeinflussen. Ja, man kann sogar für das eigene Seelenheil Vorsorge treffen, indem man bereits zu Lebzeiten in eigener Sache rituelle Opfer an die Zehn Könige richtet. Kurz gesagt: Je mehr rituellen Aufwand man betreibt, umso besser sieht es im nächsten Leben aus. Negativ formuliert könnte man auch sagen, dass die Richterkönige mit dem diesseitigen Klerus paktieren und sich durch Wohltaten, die man diesem erweist, indirekt bestechen lassen.
Fairerweise muss einschränkend dazu gesagt werden, dass das Sutra der Zehn Könige und ähnliche Schriften in keiner buddhistischen Schule kanonischen Status erlangten. Das heißt, dass die diversen Sutren der Zehn Könige nie in eine
„Drei Körbe“, kanonische Schriften des Buddhismus (jap. Sanzō 三蔵)
Der Begriff „Tripitaka“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
-Sammlung aufgenommen wurden, also nicht unbedingt als authentische Worte Buddhas galten. Zweifellos waren sich zumindest gebildete Buddhisten bewusst, dass das chinesische Gepräge der jenseitigen Gerichtshöfe der indischen Herkunft von Buddhas Lehren widersprach.
Das hinderte die meisten buddhistischen Schulen jedoch nicht, den Kult der Zehn Könige bzw. des Richterkönigs Enma tatkräftig zu verbreiten. Lediglich die
Shin-Buddhismus, bzw. Jōdo Shin-Buddhismus; wtl. „Wahre Schule des Reinen Landes“
Der Begriff „Jōdo Shinshū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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war stets der Meinung, dass man das Nachleben seiner Ahnen nicht beeinflussen könne und lehnte schon aus diesem Grund den Glauben an die Zehn Könige kategorisch ab.
Dreizehn Buddhas
Muromachi-Zeit, 1553. Itoshiki monotachi, (Blog) 2006.
In der japanischen
Stadtteil in Kyōto; Sitz des Ashikaga Shōgunats 1336–1573 (= Muromachi-Zeit)
Der Begriff „Muromachi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Zeit fügte man den chine·si·schen Grund·mustern schließ·lich noch wei·tere Toten·ge·denk·feiern hinzu, näm·lich den sieben·ten Gedenk·tag (sechs Jahre nach dem Tod), den drei·zehnten Gedenk·tag und den drei·und·dreißigs·ten Gedenk·tag. Dies ergab die Not·wendig·keit, drei weitere Gerichts·höfe im Toten·reich zu kon·struie·ren, sodass sich ein Set von Drei·zehn Königen ergab. Diese Könige erhiel·ten über·dies jeweils eine ent·spre·chende Urform, also einen
Der Begriff „honji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Buddha, woraus sich wiederum ein Set von Dreizehn Buddhas ergab, das eben·falls rituell ver·ehrt werden konnte. Dar·stel·lungen dieser Dreizehn Buddhas sind noch heute ver·einzelt auf Fried·höfen zu finden.
Der dreiunddreißigste Todestag wird zwar meist nicht mehr mit dem gleichen Aufwand ge·feiert, wie die frü·he·ren Todes·gedenk·tage, in vielen japani·schen Haus·halten wird er jedoch zum Anlass genom·men, die Toten·täfel·chen (
Ahnentäfelchen
Der Begriff „ihai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) der ent·sprechen·den Ahnen aus dem Haus·altar zu ent·fernen (da die Verstor·benen ja spä·testens jetzt eine neue Exis·tenz·form gefun·den haben).
Verweise
Verwandte Themen
Fußnoten
- ↑ Teiser, The Scripture on the Ten Kings, S. 9. Chinesische Vorläufer lassen sich bis in das Jahr 664 zurück verfolgen (idid., S. 48).
- ↑ Für eine englische Übersetzung aus dem Chinesischen s. Teiser 2003, S. 197–219.
- ↑ Diese sieben mal sieben Tage finden sich schon in Indien. Eine indische Erklärung besagt, dass sich den Wesen im Totenreich nur alle sieben Tage die Chance bietet, in eine neue irdische Existenz zu schlüpfen. Man kann also theoretisch auch schon nach den ersten sieben Tagen wiedergeboren werden (Teiser 2003, S. 24). Auch in heutigen buddhistischen Totenriten wird diese Folge von Totengedenken noch berücksichtigt. Insbesondere die Periode von sieben mal sieben Tagen gilt als die eigentliche buddhistische Trauerzeit.
- ↑ Die letzten drei Feiern — zum hundertsten Tag, zum ersten und zum zweiten Jahrestag des Ablebens — scheinen auf vorbuddhistische chinesische Bräuche zurück zu gehen: Ein Hinweis auf die Überblendung von vorbuddhistisch-chinesischen und indischen Bräuchen im Kult der Zehn Könige. (Vgl. Teiser, S. 25–26.)
Literatur
Bilder
- ^ Jizō und die Zehn Könige (Jūō). Deckblatt einer illustrierten Ausgabe des Sutras der Zehn Könige. Aus Höhle 17 der sogenannten „Tausend Buddha Höhlen“.
Tang Zeit, 10. Jh. The British Museum. - ^ Jizō inmitten der Gruppe der Zehn Richter/Könige (Jūō) der Unterwelt.
Heian-Zeit. Bildquelle: Prismo, 2010 (bildbearbeitet).
- ^ Hier wird der Gerichtshof im buddhistischen Jenseits in vielen Einzelheiten gemäß dem Tang-zeitlichen Sutra der Zehn Könige (Jūō-kyō) dargestellt. Hier die Szene vor dem Zweiten König. Die Totenseelen werden durch einen Fluss getrieben. Sie tragen hölzerne Joche, werden also als Delinquenten gemäß der vormodernen chinesischen Rechtspraxis dargestellt.
China, 10. Jh. Intenational Dunhuang Project, (British Library). - ^ Die dreizehn Buddhas gelten als Urformen von dreizehn Königen, die über die Totenseelen richten. Grabmonumente wie dieses finden sich auf Friedhöfen häufig neben Darstellungen der Sechs Jizō, die ebenfalls einen besonderen Bezug zum Jenseits haben.
Muromachi-Zeit, 1553. Itoshiki monotachi, (Blog) 2006.
Glossar
- Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व ^ „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)
- Godō Tenrin-ō 五道転輪王 ^ „König, der das Rad der Fünf Wege dreht“; letzter der Zehn Könige der Totenwelt (Jūō)
- Jizō jūō-kyō 地蔵十王経 ^ „Das Sutra von Jizō und den Zehn Königen“, um 1200?
- Jōdo Shinshū 浄土真宗 ^ Shin-Buddhismus, bzw. Jōdo Shin-Buddhismus; wtl. „Wahre Schule des Reinen Landes“
- Kawanabe Kyōsai 河鍋暁斎 ^ 1831–1889; Künstler und Karikaturist Ende Edo-, Anfang Meiji-Zeit
- Kṣitigarbha (skt.) क्षितिगर्भ ^ „Schatzhaus/Mutterleib der Erde“, populärer Bodhisattva (jap. Jizō 地蔵)
- Nihon ryōiki 日本霊異記 ^ „Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)
- Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि ^ „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)
- Tsongkhapa (tibet.) ཙོང་ཁ་པ་བློ་བཟང་གྲགས་པ་ ^ 1357–1419; tibetischer Mönchsgelehrter, Begründer der Gelug-Schule, der heute dominanten Richtung des tibetischen Buddhismus
- xiezhi guan (chin.) 獬豸冠 ^ Amtskappe des obersten Gerichtsbeamten im alten China; wtl. „Einhorn-Kappe“, abgeleitet vom Symboltier der chinesischen Justiz, dem Einhorn xiezhi