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Das Buch ''Die Weltanfänge in der japanischen Mythologie'' erschien in der „Internationale Schriftenreihe für soziale und politische Wissenschaften“ als zweiter Band der Ethnologischen Reihe und wird als ein Erfolg auf einem schwierigen Gebiet gesehen, da der Autor einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der Vorstellungen der japanischen Urreligion geliefert hatte. Im Mittelpunkt seiner Studie steht das Götterpaar [[Izanagi und Izanami]], das im japanischen Weltentstehungsmythos die Hauptrolle spielt und deren kulturhistorische Stellung festgestellt werden soll. Numazawas primäre Quellen sind das ''[[Kojiki]]'', ''[[Nihon shoki]]'', ''[[Kogo shūi]]'', ''[[Fudoki]]'', ''Man'yōshū'', u.a.
 
Das Buch ''Die Weltanfänge in der japanischen Mythologie'' erschien in der „Internationale Schriftenreihe für soziale und politische Wissenschaften“ als zweiter Band der Ethnologischen Reihe und wird als ein Erfolg auf einem schwierigen Gebiet gesehen, da der Autor einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der Vorstellungen der japanischen Urreligion geliefert hatte. Im Mittelpunkt seiner Studie steht das Götterpaar [[Izanagi und Izanami]], das im japanischen Weltentstehungsmythos die Hauptrolle spielt und deren kulturhistorische Stellung festgestellt werden soll. Numazawas primäre Quellen sind das ''[[Kojiki]]'', ''[[Nihon shoki]]'', ''[[Kogo shūi]]'', ''[[Fudoki]]'', ''Man'yōshū'', u.a.
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Numazawa beschreibt die Weltanfänge der japanischen Mythologie sehr detailreich und ausführlich, wobei er immer wieder Ansichten und Interpretationen verschiedener Autoren mit einbezieht. Außerdem liefert er zahlreiche Erklärungen zu Namen, Symbolen u.v.m., welche im Izanagi-Izanami-Mythos verwendet werden, wodurch er sehr viele Hintergrundinformationen zu einer bestimmten Handlung oder einem bestimmten Symbol gibt, welche sehr interessant sind. Trotz dieser Fülle an Informationen kommt man nicht durcheinander, denn Numazawa wiederholt die wichtigsten Punkte in einem Kapitel noch einmal. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Numazawa eine sehr ausführliche Studie auf einem schwierigen Gebiet durchgeführt und verständlich niedergeschrieben hat.
 
Numazawa beschreibt die Weltanfänge der japanischen Mythologie sehr detailreich und ausführlich, wobei er immer wieder Ansichten und Interpretationen verschiedener Autoren mit einbezieht. Außerdem liefert er zahlreiche Erklärungen zu Namen, Symbolen u.v.m., welche im Izanagi-Izanami-Mythos verwendet werden, wodurch er sehr viele Hintergrundinformationen zu einer bestimmten Handlung oder einem bestimmten Symbol gibt, welche sehr interessant sind. Trotz dieser Fülle an Informationen kommt man nicht durcheinander, denn Numazawa wiederholt die wichtigsten Punkte in einem Kapitel noch einmal. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Numazawa eine sehr ausführliche Studie auf einem schwierigen Gebiet durchgeführt und verständlich niedergeschrieben hat.
  
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Numazawa war ein Schüler von Pater Wilhelm Schmidt. Das Werk (ursprünglich seine Dissertation) basiert auf Schmidts Kulturkreislehre, die seit der Nachkriegszeit als überholt gilt. Numazawas Ausführungen sollten daher nicht als letzer Stand der Forschung gewertet werden, eher als ein origineller Versuch, die japanischen Weltentstehungsmythen im Sinne eines nicht mehr zeitgemäßen ethnologischen Welterklärungsmodells zu deuten. [[Benutzer:Bescheid|Bernhard Scheid]] ([[Benutzer Diskussion:Bescheid|Diskussion]]) 13:24, 4. Dez. 2023 (CET)
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Aktuelle Version vom 4. Dezember 2023, 13:24 Uhr

Das Buch Die Weltanfänge in der japanischen Mythologie erschien in der „Internationale Schriftenreihe für soziale und politische Wissenschaften“ als zweiter Band der Ethnologischen Reihe und wird als ein Erfolg auf einem schwierigen Gebiet gesehen, da der Autor einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der Vorstellungen der japanischen Urreligion geliefert hatte. Im Mittelpunkt seiner Studie steht das Götterpaar Izanagi und Izanami, das im japanischen Weltentstehungsmythos die Hauptrolle spielt und deren kulturhistorische Stellung festgestellt werden soll. Numazawas primäre Quellen sind das Kojiki, Nihon shoki, Kogo shūi, Fudoki, Man'yōshū, u.a.

Das Werk ist in drei Abschnitte unterteilt, die sich mit dem chinesischen Einfluss auf die japanischen Mythen der Weltanfänge, mit der Darlegung des Izanagi-Izanami-Mythos und mit der ethnologischen Deutung dieses als Mythos der Trennung von Himmel und Erde beschäftigen. Bei meiner Rezension beschränke ich mich auf Teile des zweiten Abschnitts.

Die Darlegung des Izanagi-Izanami-Mythos

Einführung

Um den Sinn des Izanagi-Izanami-Mythos in den einzelnen Teilen und als Ganzes richtig zu verstehen, muss man sich zunächst mit den Annalen auseinandersetzen, die laut Numazawa aus Volksüberlieferungen stammen oder abstrakte Spekulationen darstellen. Die Annalen des Götterzeitalters beinhalten drei Hauptideen:

  1. Beide Gottheiten haben das Land Ohoyashima und die Sonnengöttin Amaterasu als Regentin erzeugt.
  2. Susanoo wurde wegen Untaten gegen die Sonnengöttin aus dem Himmel verjagt und gelangte schließlich in die Unterwelt.
  3. Der Landesgott Ohonamuchi tritt sein Land an den Enkel Amaterasus ab, wodurch der Ursprung der kaiserlichen Dynastie erklärt wird.

Amaterasu wird somit als Sonnengöttin und Ahnengottheit der kaiserlichen Familie gesehen, die ihre Herrschaft dadurch legitimieren. Der Abfassungszweck hat hier einen politischen Ursprung (S. 99-103).

Herkunft von Izanagi und Izanami

Chaotischer Ursprung

Der uranfängliche Zustand wird als „jungen Erde“, die keine bestimmte Form aufweist und auf dem Meer umher schwimmt, beschrieben. Inmitten dieses Gebildes sprießt ein Schilf-Schößling hervor, der sich in Götter verwandelt, die alle verschiedene Stadien der Gestaltung der Welt repräsentieren. Dies stellt den Ursprung der Welt dar, der zugleich auch als Ursprung des Menschen selbst gesehen wird. Auch Izanagi und Izanami erschienen und gelten als Urpaar. Die Primärquellen variieren ein wenig, sind sich jedoch einig, dass die Namensgebung der Götter auf Begriffen, die verdoppelt wurden, um so Paare zu erhalten, basieren, die später dann als weiblich und männlich identifiziert wurden (S. 104-115).

Himmlischer Ursprung

Nachdem sich alle Götter entwickelt hatten, erteilten die Himmelsgottheiten, deren Zahl Uneinigkeit bei den Forschern hervorrief, man sich letzten Endes jedoch auf die Zahl drei einigte (Ame no Minakanushi – wtl. „Herr der hehren Mitte des Himmels“, Takamimusubi – wtl. „Hoher hehrer Erzeuger“ und Kamimusubi – wtl. „Göttlicher hehrer Erzeuger“), dem Urpaar den Befehl, das umhertreibende Land zu befestigen und zu vollenden. Numazawa nimmt an, dass der Befehl von Takamimusubi ausging, obwohl der Gott in keinem Mythos eine große Rolle spielt und ihm auch kein Tempel geweiht wurde. Dem Himmelsgott werden jedoch bestimmte Rollen zugeschrieben: Er ist ebenfalls ein (1) Ahnengott der kaiserlichen Familie, da Amaterasus Sohn, Takamimusubis Tochter heiratete und Ninigi no mikoto zeugt, welcher später vom Himmel herabstieg und die kaiserliche Dynastie gründete, weshalb der Himmelsgott auch als „Kaiserlicher Urahn“ bezeichnet wird, der der Vergrößerung der kaiserlichen Macht und der Sonnengöttin als sakrales Wesen diente. Desweiteren wird er auch als (2) befehlender Himmelsgott angesehen, da er dem Erdherrscher Ohonamuchi befahl zurückzutreten und ihm seine Tochter als Frau und mit ihr achtzig Myriaden Götter sandte, die seinen Enkel nach seiner Ankunft auf der Erde beschützen sollten. Aufgrund dieser Verhandlungen hat der Himmelsgott auch die Rolle eines (3) Politikers, da er, um den Landesgott zu gewinnen, sehr diplomatisch war. Der Himmelsgott tut alles zu Gunsten seines Enkels und seiner Nachkommen. Somit existierten zu Beginn zwei verschiedene Überlieferungen der Abstammung, wobei sich in späterer Folge aufgrund politischer Tendenzen, die Überlieferung von Amaterasu durchsetzte. Auch der Befehlsmythos scheint politischen Ursprungs zu sein, welche die kaiserliche Stammespolitik stützen sollte. Izanagi und Izanami erhalten einen Juwelen-Speer, der den Willen und die Autorität der Himmelsgottheiten als sichtbares Insigne symbolisieren soll (S. 115-151).

Auf der schwebenden Brücke des Himmels

Götterpaar auf der Schwebenden Brücke des Himmels

Nachdem Izanagi und Izanami nun den Befehl und den Juwelen-Speer erhalten haben, machen sie sich auf den Weg zur Erde und passieren dabei die Himmelsbrücke, welche die Erde mit dem Himmel verbindet und im Götterzeitalter zum herab- und hinaufsteigen verwendet wurde (S. 151-156).

Die Insel Onogoro

Als Izanagi und Izanami nun auf der schwebenden Brücke des Himmels standen und mit dem Juwelen-Speer im Wasser, das als Urmeer angesehen wird, umher rührten und ihn anschließend wieder herauf zogen, entstand aus den herabfallenden Tropfen die Insel Onogoro. Der Speer wird oft als Penis gedeutet, dem die Kraft einer Erzeugergottheit zugesagt wird, und die Tropfen als Samen, die dann zur Zeugung des Landes führten und gleichzeitig das Urbild des Ehepaares erschuf. Man nimmt an, dass der Speer ebenfalls als Symbol der politischen Macht angesehen werden kann (S. 156-163).

Izanagi und Izanami als Ur-Ehepaar

Hochzeitszeremonie

Nachdem sie nun die Insel Onogoro vollendet hatten, stiegen sie auf die Erde herab, welche nun als Wohnort und Brautlager diente. Die Gottheiten errichteten einen himmlischen Pfeiler und eine Halle, welche eine eheliche Hochzeitshütte symbolisierte und im alten Japan sehr verbreitet war. Daraufhin erfolgt die Hochzeitszeremonie, bei welcher beide Gottheiten in verschiedenen Richtungen, um den Himmelspfeiler gingen. Dieser Brauch weist Verbindungen zu Indien auf und war in alter Zeit ein wichtiger zeremonieller Akt bei der Schließung einer Ehe (S. 164-175).

Eheschließung

Als sie nun um den Pfeiler schritten und sich trafen, sprach Izanami: „Oh schöner, lieblicher Jüngling“, woraufhin Izanagi mit „Oh schöne, liebliche Jungfrau“ antwortete. Diese Liebeserklärung gleicht einer festen Formel, die kurz ist und das wesentliche ausdrücken soll. Im Wechseln dieser Worte sieht man den Ursprung der Ehe. Außerdem nimmt man an, dass die Namensgebung von der Liebeserklärung, bei der sich die Götter zur gegenseitigen ehelichen Vereinigung auffordern, beeinflusst wurde, denn Izanagi bedeutet „einladender Herr“ und Izanami „einladendes Weib“ (S. 175-177).

Das Vorrecht des Mannes

Beim Umschreiten des Himmelspfeilers ging Izanagi links herum und Izanami rechts herum. Die linke Seite galt im alten Japan als die vornehmere Seite, da die Sonne im Osten (links) auf- und im Westen (rechts) unterging. Beim ersten Umschreiten ergriff Izanami zuerst das Wort und ergreift wie selbstverständlich die Initiative, woraufhin sich die Götter vereinigen und den Sohn Hiruko und die Insel Aha zeugen. Beide Kinder jedoch sind ungeeignete Kinder und so lassen sie Hiruko in einem Boot davon schwimmen. Als das Götterpaar in den Himmel hinaufsteigt, um von dem missglückten Versuch der Zeugung zu berichten, weisen die Götter sie auf die richtige Stellung des Mannes hin. So muss nach Anschauung des Volkes der Mann zuerst sprechen und die Frau auffordern, da die Handlungen Izanamis als unpassend und fremd angesehen wurden. Deshalb ereilte die Frau auch das Unglück der Missgeburt. Man nimmt an, dass es sich auch beim Vorrecht des Mannes um einen Tendenzmythos handelt, da früher die Frau die gleiche Stellung wie der Mann inne hatte, wie man deutlich am Beispiel der Sonnengöttin und den Götterpaaren sieht. Durch politische Absichten und Überlegungen jedoch, welche sich die Religion zu Hilfe nahmen, fand eine Verschiebung zu Gunsten des Mannes statt, der nun Oberhaupt der Familie war und mehr Rechte als die Frau besaß (S. 177-186).

Izanagi und Izanami als Urelternpaar

Die Hiruko-Mythe – Misslungene Erstgeburt

Wie bereits erwähnt, wird Hiruko als misslungene Erstgeburt bezeichnet, da er selbst mit drei Jahren noch nicht auf eigenen Beinen stehen konnte. Weil er so schwächlich wie ein knochenloser Blutegel ist, findet man oft die Bezeichnung „Blutegel-Kind“. Als Grund für seine Schwäche wird das unpassende Verhalten der Frau, bei der Eheschließung angegeben. Da die Eltern keine Freude an dem Kind haben, setzen sie es in ein Boot und lassen es davon schwimmen. Dies weist nicht nur Verbindungen zu einigen Überlieferungen des Westens – wie zum Beispiel Moses – auf, sondern deutet auch auf eine alte Sitte in Japan hin, schwächliche Kinder auszusetzen. Auch die Zeugung der ersten Insel misslang, woraufhin sie diese „Ahaji no shima“ (die „nicht zufriedenstellende Insel“) nannten. Hier wird deutlich, dass das Motiv der anfänglichen Unvollkommenheit des Geschaffenen verwendet wird, wobei aber durch mehrfaches Wiederholen des Prozesses das gewünschte Ergebnis eintreten soll. Numazawa nimmt auch eine Analyse der ethnologischen Stellung des Hiruko-Mythos vor und zeigt auf, dass Hiruko ein Kind des Mutterrechtes ist, welches aber durch das Vaterrecht überlagert wurde, welches dem kaiserlichen Stamm vorausging (S. 187-200).

Die Zeugung der Länder

Wie bereits erwähnt, nimmt man an, dass von den beiden Ureltern nur das japanische Inselreich, welches vom japanischen Volk bewohnt und von der kaiserlichen Dynastie regiert wird, gezeugt wurde. Alle fremden Länder sind aus dem Mythos ausgeschlossen. Dadurch sind Izanagi und Izanami die Eltern des japanischen Landes (S. 201-203).

Die Zeugung der Götter

Nachdem sie nun das Land gezeugt hatten, erzeugten sie Flüsse, Berge und die Götter. Jedem Gott wurde eine Aufgabe anvertraut und so wachten sie über das Land. Besonders bekannt sind die Sonnengöttin Amaterasu und der Sturmgott Susanoo, da Susanoo, der oft Schaden anrichtete und Unruhen im Himmel stiftete, in die Unterwelt geschickt wurde und diese anschließend beherrschte. Dies zählte zu seinen Aufgabenbereichen, wie Amaterasu über die Gefilde des Himmels herrschte und der Mondgott über die Nacht.

Auch in diesem Kapitel wird die Beziehung Amaterasus zum Kaiserhaus betont. Diese ist sakral, autoritativ und rein politischer Tendenz. Man nimmt an, dass es sich hierbei um eine Mischung eines totemistischen Sonnenkultes und eines mutterrechtlichen Ahnenkultes handelte. Der Kaiser ist als Repräsentant des Willens Amaterasus auf der Erde und hat somit das Recht, über alle anderen Stämme zu herrschen. In Verbindung mit diesem Ahnenkult steht der Naturkult. Ursprünglich waren die Götter meist religiöse Gegenstände im Volksglauben, die die Menschen verehrt und um Schutz gebeten haben. Diese Elemente – und damit auch der Begriff „kami“ – wurden dann in den Ahnenkult, der politischen Ursprungs war, aufgenommen. Dieser Naturkult zeigt sich in vielen verschiedenen Bereichen. Ein Beispiel ist die Sonne, welche auch heute noch verehrt wird und gleichzeitig das Symbol Amaterasus darstellt (S. 204-235).

Izanagi als Himmelsvater und Izanami als Erdmutter

In diesem Kapitel versucht Numazawa den Himmelsvater-Charakter des Izanagi und den Erdmutter-Charakter der Izanami nachzuweisen.

Izanami als Erdmutter

Das letzte Kind des Urelternpaares ist der Feuergott, bei dessen Geburt sich Izanami verbrennt und so erkrankt. Während sie nun im Sterben liegt, schenkt sie noch einigen Kindern das Leben, welche aus ihrem Erbrochenem, ihren Exkrementen und ihrem Urin entstehen.

Kinder Izanamis

Die Kinder die dabei entstehen sind die Metallgottheit, welche als Gottheit des Bergwerks angesehen wird, die Erdgöttin, welche die fruchtbare Erde und die Töpferei verwaltet, die Wassergöttin, welche das Wasser verwaltet und die Nahrungsgöttin, welche die Göttin des Getreides und der Kleider darstellt. Desweiteren entsteht ein Kürbis, welcher in den alten Zeiten zum Wasserschöpfen verwendet wurde und man deshalb annimmt, dass er zur Beruhigung des Feuergottes dienen sollte. Alle Kinder Izanamis sind von agrarisch-erdhaftem Charakter und deshalb glaubt man, dass Izanami eigentlich eine Erdgottheit und zugleich eine Vegetationsgöttin repräsentiert (S. 236-251).

Die Unterwelt

Neben der Rolle der Erdmutter, wird Izanami auch als Toten- und Unterweltsgöttin angesehen, da sie in Folge der Geburt des Feuergottes stirbt und in die Unterwelt geht. Daher nimmt man an, dass die Unterwelt der letzte Wohnort Izanamis nach Erfüllung ihrer Aufgaben darstellt. Izanagi steigt in die Unterwelt hinab, um seine Schwester und Ehefrau wieder zurückzuholen, doch er missachtet eine Regel Izanamis, wonach er sie nicht ansehen darf, und muss aus der Unterwelt fliehen. Die Unterwelt ist laut Ansicht der Japaner das Land Yomi, welches unter der Erde liegt und wo kein Licht ist und somit eine Welt der Finsternis und der Toten darstellt. Desweiteren ist es schmutzig und voller Sünde, sodass man sich, sobald man damit in Berührung kommt, reinigen muss. Nachdem Izanagi entkommen ist, versperrt er den Eingang zur Unterwelt mit einem großen Felsen – so trennt er das Reich der Lebenden vom Reich der Toten – und spricht eine Ehescheidungsformel. Das Versperren mit einem Stein, wird oft mit den früheren Gräbern – genauer gesagt mit Megalithgräbern – in Japan in Verbindung gebracht, da Grabkammern errichtet wurden, die mit großen Steinen bzw. Steinplatten verschlossen wurden. Daraufhin schwört Izanami ihrem Bruder, dass sie jeden Tag 1000 Menschen umbringen wird, woraufhin sie von der ehemaligen Erzeugerin der Welt und Menschheit in die Rolle der Vernichterin der Menschheit und Unterweltsgottheit schlüpft. Daraufhin schwört Izanagi, dass er jeden Tag 1500 Menschen erschaffen wird und der Kreislauf von Leben und Tod setzt ein (S. 252-267).

Izanagi als Himmelsvater

Nachdem Izanagi nun aus der Unterwelt zurückgekehrt ist und diese verschlossen hat, erzeugt er selbst Kinder. Durch die Beziehung dieser Kinder und deren besondere Eigenschaften kann der Himmelsvater-Charakter Izanagis festgestellt werden. Desweiteren deutet auch die Rückkehr Izanagis in den Himmel nach Erfüllung seiner Aufgaben darauf hin, dass es sich bei ihm um einen Gott des Himmels handelt. Denn nach Jenseitsanschauungen der Japaner sollten alle Himmelsgottheiten und deren Nachkommen im Himmel bleiben und zurückkehren, wenn sie auf die Erde herabgestiegen sind.

Kinder Izanagis

Der Atem Izanagis wird zum Windgott und seine Tränen, welche er aufgrund des Verlustes seiner geliebten Izanami vergießt, werden zur Gottheit Nakisawa-me. Da er den Feuergott als Verursacher seines Leides ansieht, zieht er sein Schwert und hackt seinen eigenen Sohn in Stücke, woraufhin weitere Götter entstehen. Als sich Izanagi etwas beruhigt hat, beginnt er damit seinen Körper vom Schmutz der Unterwelt zu reinigen. Dabei entstehen aus den hingeworfenen Göttern und bei der Reinigung des Körpers verschiedene Götter. Als er sein linkes Auge wäscht, entsteht die Sonnengöttin Amaterasu. Beim Waschen des rechten Auges entsteht der Mondgott Tsukiyomi und als er sich die Nase reinigt, erzeugt er den Gott Susanoo. Das Entstehen aus den Augen könnte auf der Vorstellung mancher Völker beruhen, dass eine Verbindung zwischen Sonne und Mond mit den Augen besteht. Es wird angenommen, dass es sich hierbei um den ursprünglichen Entstehungsmythos der „Drei erlauchten Kinder“ handelt und sie erst in späterer Folge, aufgrund von politischen Tendenzen, in die Entstehungsmythe durch das Urpaar Izanagi und Izanami eingebracht wurde (S. 267-281).

Herrschaft der Kinder

Nach der Zeugung weist Izanagi den Drei erlauchten Kindern ihre Herrschaftsgefilde zu. Amaterasu soll die Gefilden des Himmels beherrschen, Tsukiyomi die Gefilden der Nacht und Susanoo, der als Gott des Sturmes auf Land und Meer beschreiben wird, soll über das Meer herrschen. Da er aber immerzu weint und heult und so das frühzeitige Sterben der Natur und der Menschen verursacht – also Unglück über das Land und Volk bringt – jagt ihn sein Vater aus dem Land. Bevor Susanoo geht, steigt er in den Himmel hinauf, um sich von seine Schwester zu verabschieden. Im Himmel angekommen, begeht er einige Untaten, welche zum Streit mit der Sonnengöttin und im weiteren Verlauf auch zum Verschwinden der Sonne führen. Daraufhin wird er bestraft und in die Unterwelt verbannt (S. 282-285).

Kommentar

Numazawa beschreibt die Weltanfänge der japanischen Mythologie sehr detailreich und ausführlich, wobei er immer wieder Ansichten und Interpretationen verschiedener Autoren mit einbezieht. Außerdem liefert er zahlreiche Erklärungen zu Namen, Symbolen u.v.m., welche im Izanagi-Izanami-Mythos verwendet werden, wodurch er sehr viele Hintergrundinformationen zu einer bestimmten Handlung oder einem bestimmten Symbol gibt, welche sehr interessant sind. Trotz dieser Fülle an Informationen kommt man nicht durcheinander, denn Numazawa wiederholt die wichtigsten Punkte in einem Kapitel noch einmal. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Numazawa eine sehr ausführliche Studie auf einem schwierigen Gebiet durchgeführt und verständlich niedergeschrieben hat.

Anmerkung des Herausgebers

Numazawa war ein Schüler von Pater Wilhelm Schmidt. Das Werk (ursprünglich seine Dissertation) basiert auf Schmidts Kulturkreislehre, die seit der Nachkriegszeit als überholt gilt. Numazawas Ausführungen sollten daher nicht als letzer Stand der Forschung gewertet werden, eher als ein origineller Versuch, die japanischen Weltentstehungsmythen im Sinne eines nicht mehr zeitgemäßen ethnologischen Welterklärungsmodells zu deuten. Bernhard Scheid (Diskussion) 13:24, 4. Dez. 2023 (CET)