Ennin: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Ennin-Statue.jpg|300x300px|miniatur|rechts|Bronzestatue Ennins in Iwafune-machi, Präfektur Tochigi]]  
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Ennin 円仁 war ein buddhistischer Mönch der [[Tendai|Tendai-Schule 天台宗]] und lebte am Beginn der Heian-Zeit 平安時代 (794–1185). Er entstammte der Familie der Mibu 壬生, einer Adelsfamilie der Kantō-Region, die sich auf Toyoki Irihiko no Mikoto 豊城入彦命, den ersten Sohn des semi-mythologischen Herrschers [[Sujin Tennō|Sujin-Tennō]] 崇神天皇 zurückführte.<ref>vgl. Saeki 1989, S. 5</ref> Ennin stammte also aus den höchsten Kreisen des Provinzadels.
  
Ennin 円仁 war ein buddhistischer Mönch der Tendai-Schule und lebte in der frühen Heian-Zeit (794–970).  Sein weltlicher Familienname war Mibu 壬生 (bzw. Mibu uji 壬生氏). Es heißt, dass sein Vorfahr Toyoki Irihiko no Mikoto 豊城入彦命, der erste Sohn Sujin-Tennōs 崇神天皇, war (vgl. Saeki 1989:5).
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== Ausbildung ==
  
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Als Ennin neun Jahre alt war, ermutigte ihn seine Mutter im Tempel Daiji-ji 大慈寺 (in der heutigen Provinz Tochigi 栃木市) unter dem Mönch Kōchi 広智  zu studieren.<ref>Saeki 1989, S. 16–17</ref> Dieser wiederum pflegte enge Beziehungen zu [[Saichō]] 最澄 (767–822), dem Begründer der [[Tendai]]-Schule.
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Im Alter von fünfzehn Jahren, im Jahr 808, begleitete Ennin seinen Lehrer auf einem Besuch im Tendai-Haupttempel Enryaku-ji 延暦寺 und wurde Saichō vorgestellt.  Dieser machte ihn darauf kurzerhand zu seinem eigenen Schüler.<ref>Saeki 1989, S. 33</ref>
  
== Ennins Werdegang bis zur Ordinierung ==
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814, mit 20, bestand Ennin die nötigen staatlichen Examen, trat im Jahr darauf die Mönchsschaft (''shukke'' 出家) an und wurde schließlich 816 im Tōdaiji 東大寺 in Nara zum vollwertigen Mönch geweiht (zur damaligen Zeit konnte diese Weihe noch nicht von der Tendai-Schule selbst vorgenommen werden). Im Jahr darauf begleitete er Saichō auf einer Missionstour durch diverse Provinzen und suchte dabei auch seine Heimat wieder auf.
Ennin entstammt einer hochintellektuellen, kulturellen und nicht armen Familie. Deswegen hatte er auch Zugang zu Bildung. Vieles lernte er allerdings von seinem älteren Bruder.
 
  
Als Ennin neun Jahre alt war ermutigte ihn seine Mutter im Daiji-Tempel unter dem Mönch Kōchi zu lernen (vgl. Saeki 1989:16f.).  
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== Chinareise ==
Der Daiji-Tempel pflegte enge Beziehungen zur Tendai-Schule.  
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Mit 15 Jahren, im dritten Jahr der Daidō-Ära 大同 (808), stieg Ennin auf den Berg Hie 比叡山. Es wird gesagt, dass er Kōchi dorthin begleitete, dort erstmals auf [[Saichō]] 最澄, den Tendai-Abt und Begründer der japanischen Tendai-Lehre, traf und geradewegs sein Schüler wurde (vgl. Saeki 1989:33).
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| bild= <!-- z.B. kami.jpg -->Reich der T'ang Dynastie 848 n. Chr..png
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== Die 17. Japanische Gesandtschaft ==
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[[Datei:Reich der T'ang Dynastie 848 n. Chr..png|300x300px|miniatur|rechts|Reich der Táng Dynastie 848 n. Chr.]]
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| bild= <!-- z.B. kami.jpg -->Reiseroute bunt.jpeg
Im zweiten Jahr der Jōwa-Ära 承和 (835), wurde Ennin als sogenannter Shōyakusō 請益僧 für die 17. Japanische Gesandtschaft in das China der Táng-Dynastie gewählt (vgl. Saeki 1989:55). Dies war die letzte Gesandtschaft ins Táng-Reich und auch bis ins 19. Jahrhundert die letzte, die vom kaiserlichen japanischen Hof ins Ausland geschickt wurde (vgl. Reischauer 1963:48).
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| text= <!-- Kurzbeschreibung  -->Reiseroute Ennins; zusätzlich eingezeichnet: Berg Wutai und Berg Tiantai
 
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Im Jahr 838 n. Chr. brach Ennin auf zu einer neuneinhalb Jahre dauernden Reise in das mächtige Táng-Reich in China, um dort neue buddhistische Texte und weitere Aufklärungen über seinen Glauben zu suchen. Am 13. Tag des sechsten Monats des Jahres 838 begann Ennin auf dem Schiff mit seinen Aufzeichnungen. Ab diesem Zeitpunkt hielt er seine Beobachtungen in mehreren Schriftrollen fest, in denen er als einer der ersten nicht-chinesischen Autoren die chinesische Gesellschaft beschrieb, aber auch andere Details wie beispielsweise den Kaufpreis von diversen Nahrungsmitteln. Weiters hielt er Formulare und Briefe von chinesischen Beamten fest, aber auch Schriftstücke, die er selbst verfasst hat  (vgl. Reischauer 1963:48, 153).
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Am 21. Tag des siebten Monats ging Ennin und Ensai, ein Mönchsstudent, in Yang-chou an Land. Dort verfassten sie eine Bittschrift an den sie begleitenden japanischen Großgesandten, in der sie ihn baten, eine Erlaubnis zu erwirken, dass sie zum Berg Tiāntāi, dem Gründungsort ihrer Glaubensrichtung, reisen dürften. Der zuständige Bezirkskommandeur stellte sich jedoch quer und veranlasste eine Absage.
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835 (Jōwa 2) wurde Ennin als sogenannter ''shōyakusō'' 請益僧 für die siebzehnte japanische Gesandtschaft in das China der Tang-Dynastie (618–907) gewählt. Dies war die letzte japanische Gesandtschaft ins Tang-Reich und sollte bis  ins neunzehnte Jahrhundert auch die letzte vom japanischen Hof entsandte Mission ins Ausland bleiben.<ref>Saeki 1989, S. 55; Reischauer 1963, S. 48</ref> Einer der Gründe dafür lag im allgemeinen Niedergang der Tang-Dynastie, welcher ab 845 von anti-buddhistischen Ausschreitungen und Verfolgungen begleitet war. In Japan hingegen blieb das Verhältnis zwischen  Buddhismus und Staatsmacht weitgehend ungetrübt.
Wiederholt versuchten Ennin und der japanische Großgesandte eine Erlaubnis für die Pilgerfahrt zu erwirken.
 
  
Als das Ende des Aufenthaltes der Gesandtschaft näher kam, erreichte die beiden eine weitere Absage, diesmal mit der Begründung, dass die Zeit dafür nicht mehr ausreiche.
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Im Jahr 838 brach Ennin nach China auf, um dort insgesamt neuneinhalb Jahre zu verbleiben. Der primäre Zweck der Reise, der sich auch im Titel seines Reisetagebuchs niederschlug, war die „Suche nach dem Dharma“, konkret die Sammlung bislang unbekannter buddhistischer Texte, um das buddhistische Wissen in Japan zu vertiefen, sowie die Schulung bei Mönchen der chinesischen Tiantai (Tendai) Tradition. Das Ziel seiner Reise war daher auch das Zentrum der Schule, Berg Tiantai in der südchinesischen Provinz Zhejiang. Die Mission selbst wurde von einem weltlichen Gesandten geleitet, der politische Aufgaben hatte, den Mönchen in seinem Gefolge aber wohlgesonnen war.
Nur Ensai erhielt die Erlaubnis, da er Student war, für fünf Jahre in China zu bleiben. Für diese Zeit wurde er von der japanischen Regierung mit finanziellen Mitteln unterstützt, wie es auch die Voraussetzung der chinesischen Regierung war (vgl. Reischauer 1963:76–82, vgl. Saeki 1989:82ff., 101).
 
  
Der japanische Großgesandte sorgte dafür, dass Ensai und seine beiden Diener alsbald zum Berg Tiāntāi abreisen durften. Ennin gab Ensai die Liste von Fragen, die er über die Lehre beantwortet haben wollte (vgl. Reischauer 1963:85).
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=== Bürokratische Hürden ===
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Am dreizehnten Tag des sechsten Monats im Jahr 838 begann Ennin auf dem Schiff mit seinen umfangreichen Aufzeichnungen. Sein Reisetagebuch, das ''Nittō guhō junreikōki'' 入唐求法巡禮行記 (Bericht einer Pilgerreise ins Tangreich, auf der Suche nach dem Dharma), gilt als der erste Bericht eines nicht-chinesischen Autors über die chinesische Gesellschaft überhaupt und ist daher auch außerhalb der Religionsgeschichte von unschätzbarem Wert. U.a. beschrieb Ennin auch  Details wie beispielsweise die Kaufpreise von diversen Nahrungsmitteln, oder hielt Formulare und Briefe von chinesischen Beamten fest.<ref>Reischauer 1963, S. 48, 153</ref>
  
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Nach mehrwöchiger Schiffsreise erreichte die Mission in Yángzhōu (nördlich des Yangtse-Deltas) chinesisches Land. Dort versuchten Ennin und sein Mitbruder Ensai 円載 (?–877) mithilfe des japanischen Großgesandten eine offizielle Erlaubnis zu erwirken, nach Berg Tiantai weiter zu reisen. Der zuständige Bezirkskommandeur verweigerte jedoch, trotz wiederholter Gesuche Ennins und des japanischen Großgesandten, die entsprechende Erlaubnis.
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Als das Ende des Aufenthaltes der Gesandtschaft näher kam, hieß es schließlich, dass die Zeit für eine Pilgerreise Ennins nicht mehr ausreiche, während
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Ensai, der den Status eines Mönchsstudenten hatte, für fünf Jahre in China bleiben durfte und daher die Pilgerfahrt antreten sollte. Für diese Zeit sollte er — in Übereinstimmung mit den damaligen diplomatischen Gepflogenheiten — von der japanischen Regierung mit finanziellen Mitteln unterstützt werden.<ref>Reischauer 1963, S. 76–82; Saeki 1989, S. 82ff., 101</ref>
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Ennin trennte sich daher von Ensai, gab ihm jedoch eine detaillierte Liste von Fragen an den Klosterberg Tiantai mit.
  
 
=== Pilgerreise auf eigene Faust ===
 
=== Pilgerreise auf eigene Faust ===
  
Der japanische Großgesandte war Ennin äußerst wohlbesonnen und gab ihm die Erlaubnis, inoffiziell in China zu verbleiben. Hierfür wurde er vom japanischen Großgesandten sogar finanziell unterstützt. Also blieb Ennin in China und konnte so klammheimlich zum Berg Tiāntāi und auch zum Berg Wǔtái (Godai) 五台山 reisen (vgl. Saeki 1989:103, 105, 116, 133, 153).
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[[Datei:Reiseroute bunt.jpeg|300x300px|miniatur|rechts|Reiseroute Ennins; zusätzlich eingezeichnet: Berg Wǔtái und Berg Tiāntāi ]]
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Ennin selbst entschied sich mit stillschweigender Duldung des japanischen Gesandten, auf illegalem Wege seine Pilgerreise anzutreten, wurde allerdings von chinesischen Offizieren aufgegriffen und musste schließlich mit seiner Gesandtschaft den Rückweg antreten. Das Schiff geriet jedoch in Seenot und wurde abermals an die chinesische Halbinsel Shandong zurückgetrieben. Hier befanden sich zu dieser Zeit Niederlassungen von koreanischen Emigranten, die sogar ein eigenes Kloster auf Berg Chi 赤山 unterhielten. Ennin nützte die Gelegenheit, um sich dort mit drei Begleitern niederzulassen, während der Rest der Gesandtschaft die Heimreise antrat.
  
Ennin erkannte schon längst die Schwierigkeiten, die die chinesische Bürokratie mit sich brachte und entschied, auf illegalem Wege seine Pilgerreise anzutreten. Vom japanischen Großgesandten wurde er sogar unterstützt, auch finanziell. Aber auch dieses Vorhaben gestaltete sich alles andere als einfach. Bereits beim ersten Versuch wurden er und seine drei Begleiter von chinesischen Offizieren aufgegriffen. Ennin war bereits auf einem der abreisenden Schiffe der Gesandtschaft. Er hat es nur der damaligen Unwissenheit der Japaner ein Schiff zu steuern, korrekt zu Navigieren und auch der Fehlenden meteorologischen Kenntnis zu verdanken, dass er noch Zeit für weitere Fluchtversuche hatte. Als sein Schiff abermals an die Küste zurückgetrieben wurde (an der Ankerbucht am Fuße des Berges Chi’ih), ging er und seine Begleiter auf dem nahegelegenen Berg Ch’ih in ein Kloster. Eigentlich wollte er sich dort verstecken, blieb aber natürlich nicht unentdeckt und musste sich wieder mit der chinesischen Bürokratie auseinandersetzen. Das Oberhaupt es Klosters verbürgte sich Ennin und seinen Begleitern und teilte den Zuständigen der Unterpräfektur schriftlich mit, dass sie sich im Kloster aufhalten, um der Hitze zu entgehen. Im Herbst lautete dann die weitere Stellungnahme, dass sie sich im Kloster aufhalten, um der Kälte zu entgehen. Zwei Mönche berichteten Ennin in dem Kloster vom Berg Wǔtái, von den dortigen gelehrten Mönchen, den heiligen Wundern in jener Gegend und den Einzelheiten über den Weg dorthin. Aufgrund dessen beschloss Ennin, nicht mehr zum Berg Tiāntāi reisen zu wollen, sondern eben zum Berg Wǔtái (siehe Bild „Reiseroute Ennins“)  (vgl. Reischauer 1963:86–95, 103–106).
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Das Oberhaupt des Klosters verbürgte sich für Ennin und seine Begleiter und erwirkte schließlich bei den örtlichen Behörden eine Aufenthaltsgenehmigung. Ennin wiederum erfuhr von örtlichen Mönchen, dass der Klosterberg Wutai 五台山 in Nordchina (Nordosten der Provinz Shanxi) dem Berg Tiantai in vieler Hinsicht überlegen wäre und änderte daraufhin sein Reiseziel entsprechend.<ref>Saeki 1989, S. 103, 105, 116, 133, 153; Reischauer 1963, S. 86–95, 103–106</ref>
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Schließlich fand er im koreanischen Konsul Chang Yǒng einen Unterstützer seiner Pläne und konnte seine Pilgerfahrt endlich doch auf legalem Wege ausführen.<ref>Reischauer 1963, S. 107–108</ref> 840, mit 47 Jahren, erreichte er schließlich den Wutai, wo er ein halbes Jahr blieb. Es folgte ein Besuch der Hauptstadt Changan, wo er den größten Teil seiner Zeit in China verbrachte.  
  
Ennin verdankte vor allem dem koreanischen Konsul Chang Yǒng seinen legalen verbleib im Táng-Reich (vgl. Reischauer 1963:107f.).
+
Auf seiner Reise fertigte Ennin Kopien von Tiāntāi-Texten an, die es in Japan noch nicht gab. Darüber hinaus ließ er sich von verschiedenen Meistern im [[Esoterischer Buddhismus|esoterischen Buddhismus]] (''mikkyō'' 密教) unterweisen und studierte das Ritualwesen und die Ikonographie von Taizōkai 胎蔵界曼陀羅- und Kongōkai-Mandala 金剛界曼陀羅. Schließlich lernte er Sanskrit, um die originalen Schriften des Māhāyana Buddhismus zu studieren, und stieß dabei sogar auf einen indischen Mönch, der ihm die korrekte Aussprache des Sanskrit beibrachte.<ref>Reischauer 1963, S. 176–178</ref>
  
Auf seiner Reise fertigte Ennin Kopien jener Tiāntāi-Texte an, die es in Japan noch nicht gab. Darüber hinaus lernte er Sanskrit, um die alten buddhistischen Schriften des Mahayana zu verstehen. Er lernte auch die theologischen und okkultischen Details der Tradierungen des Kongōkai- und des Taizōkai-Mandalas, auf denen die buddhistische Philosophie und Kosmologie schematisch dargestellt wird. Hierfür hatte er insgesamt vier Lehrer. Zuerst studierte er das Taizōkai-Mandala beim ersten Lehrer, dann das Kongōkai-Mandala beim zweiten und dritten Lehrer, beim vierten Lehrer verinnerlichte Ennin seine Sanskritkenntnisse. Als weiteren fünften Lehrer kann man einen Inder bezeichnen, der ihm die korrekte Aussprache des Sanskrit beibrachte (vgl. Reischauer 1963:176–178).
+
In der zweiten Hälfte seines Aufenthalts wurde Ennin Zeuge der anti-buddhistischen Maßnahmen unter Kaiser Wuzong (814–846), der sich dem Daoismus verschrieben hatte. Ennins Tagebuch enthält dazu die detailliertesten Aufzeichnungen, die uns heute zur Verfügung stehen. Die ungünstigen Verhältnisse  führten auch zum Wunsch nach baldiger Rückreise, die sich aber alles andere als einfach gestaltete. Zwischenzeitlich fand er wieder bei koreanischen Emigranten aus [[Silla]] Unterschlupf. Mit koreanischer Hilfe gelang es schließlich auch, ein Handelsschiff für Ennins Rückreise zu organisieren.
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Die letzte Notiz seiner Pilgerreise verfasste Ennin am vierzehnten Tag des zwölften Monats im Jahre 847, kurz nach seiner Ankunft in Kyūshū 九州, von wo er sich schließlich zurück zum Berg Hiei 比叡山 begab. Hier wurde er sowohl von seinen Mitmönchen als auch von adeligen Unterstützern freudig empfangen.
  
Ennins verfasste die letzte Notiz seiner Pilgerreise am 14. Tag des zwölften Monats im Jahre 847, noch vor seiner Rückkehr in Japan. Noch im selben Jahr kehrte er nach Japan zurück und wurde von seinen Mönchen auf dem Berg Hie freudig empfangen (vgl. Saeki 1989:219ff.; vgl. Reischauer 1963, 297).
+
== Lebensabend in Japan ==
  
=== Zurück in Japan ===
+
Ein Jahr nach seiner Rückkehr nach Japan ließ Ennin eine neuartige Halle auf dem Berg Hiei 比叡山 errichten. Diese Halle diente einer neunzigtägigen Meditation zur Verehrung [[Amida|Amidas]], in der man seine Gedanken auf Amida 阿弥陀仏 konzentrierte, den Namen Amidas anrief und dessen Statue rituell umschritt. Ennin stärkte damit den Glauben an die Wiedergeburt in Amidas reinem Land, der sich unter Hōnen 法然 aus dem Tendai-Buddhismus abspalten sollte. Zugleich etablierte er den esoterischen Zweig der Tendai-Schule (''taimitsu'' 台密), indem er für die entsprechenden Schriften einen eigenen Tempel, den Sōjiin 総持院, errichten ließ. Für diesen Bau konnte er [[Montoku Tennō|Kaiser Montoku 文徳天皇]] als Sponsor gewinnen.<ref>McMullin 1984, S. 86</ref>
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Weiters wurde er zum Abt des Enryaku-Tempels 延暦寺 und schließlich im Jahr 854 zum dritten ''Tendai zasu'' 天台座主, dem obersten Abt des Tendai Buddhismus, ernannt.<ref>Wachtmann 2006, S. 105–106; Saeki 1989, S. 219ff</ref>
  
Ein Jahr nach seiner Rückkehr nach Japan, erbaute er eine Halle auf dem [https://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Bauten/Bekannte_Tempel#_enryakuji Berg Hiei] 比叡山 hiei zan, dem Klosterberg der Tendai-Schule im Nordosten Kyōtos. Diese Halle diente zu einer neunzigtägigen Meditation zur Verehrung [[Amida|Amidas]] 阿弥, in der man seine Gedanken auf Amida konzentrierte, den Namen Amidas anrief und dessen Statue rituell umschritt. Ennin wollte dadurch Kraft und Tiefe seiner Konzentration fördern und die Wiedergeburt im Reinen Land erlangen. Weiters wurde er zum Abt des Enryaku-Tempels ernannt.
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Im Jahre 864 erkrankte Ennin an Gelbfieber und erlag dieser Krankheit. [[Seiwa Tennō|Seiwa-Tennō]] 清和天皇 (850–880) war sehr bestürzt über Ennins Tod und bekundete seine Trauer in einer schriftlichen Meldung. Posthum wurde Ennin vom Kaiserhof den Ehrentitel Jikaku Daishi 慈覚大師 verliehen.<ref>Saeki 1989, S. 254, 256–257, 263</ref>
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Vor seinem Tod verfasste Ennin ein Testament mit dreizehn Bitten. Eine dieser Bitten beinhaltete den Wunsch, keine prunkvolle Begräbnisstätte zu bekommen. Er wollte nur eine einfache Beisetzung und als einziges sichtbares Merkmal soll auf seinem Grab ein Baum gepflanzt werden. Er schrieb weiters, dass es in höchstem Maße beschämend für ihn wäre, würde ihm ein Ahnentempel errichtet werden. Ennins Wunsch nach einer einfachen Beisetzung kamen seine Mönche natürlich nach.  
  
== Ennins letzter Wille ==
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Dennoch war es ein persönlicher Schüler Ennins, An'e 安慧 (795–868), der sein Nachfolger als ''Tendai zasu'' wurde. Nach dessen baldigem Tod übernahm jedoch Enchin 円珍 (814–891), ein Mönch, der sich ebenfalls durch einen langen Chinaaufenthalt großes Prestige erworben hatte, die Führung des Klosterbergs. Enchin gehörte nicht zum engen Schülerkreis Ennins und etablierte ein neues Tendai-Zentrum im Tempel Onjō-ji 園城寺 (auch Miidera 三井寺), der unweit von Berg Hiei an den Ufern des Biwa-Sees liegt. Enchin legte damit den Grundstein einer immer heftiger ausgetragenen Rivalität die sich schließlich im Schisma der sogenannten „Bergfraktion“ (Sanmon 山門), also der Mönche in der Nachfolge Ennins auf Berg Hiei, und der Tempelfraktion (Jimon 寺門) in der Nachfolge Enchins im Tempel Onjō-ji Ausdruck verleihen sollte.  
Vor seinem Tod verfasste Ennin ein Testament mit 13 Bitten. Eine dieser Bitten beinhaltete den Wunsch, keine prunkvolle Begräbnisstätte zu bekommen. Er wollte nur eine einfache Beisetzung und als einziges sichtbares Merkmal soll auf seinem Grab ein Baum gepflanzt werden. Er schrieb weiters, dass es in höchsten Maße beschämend für ihn wäre, würde ihm ein Ahnentempel errichtet werden. Im Jahre 864 verstarb Ennin. Seinem Wunsch auf eine einfache Beisetzung kamen ihm seine Mönche natürlich nach (vgl. Saeki 1989:256f.). Postum bekam er seinen Ehrentitel Jikaku Daishi verliehen.
 
  
 +
Abgesehen von seinem starken Einfluss auf die theologische und fraktionelle Ausrichtung der Tendai-Schule blieb Ennin auch als Erbauer zahlreicher Tempel im kollektiven Gedächtnis. Besonders viele Tempel in Ennins Heimat, der Kantō-Region, sowie in Nordjapan führen sich auf Ennin als Gründer zurück. 
  
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{{verweise
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| themen= <!-- Liste interner Links mit verwandten Themen -->
  
== Literatur ==
+
| literatur= <!-- verwendete Literatur -->
 
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'''Primärliteratur'''
=== Primärliteratur ===
+
* {{Literatur:Ennin 1984}}
*Ennin 円仁 (1984) 10: Nittō guhō junrei gyōki. 1. 入唐求法巡礼行記. Übers. Kiroku Adachi 足立喜六; Mitarb. Ryōdō Shioiri 塩入良道. Tōkyō: Heibonsha.
+
* {{Literatur:Ennin 1985}}
*Ennin 円仁 (1985): Nittō guhō junrei gyōki. 2. 入唐求法巡礼行記. Übers. Kiroku Adachi 足立喜六; Mitarb. Ryōdō Shioiri 塩入良道. Tōkyō: Heibonsha.
+
'''Weiterführende Literatur'''
 
+
* {{Literatur:Beck 1971}}
=== Sekundärliteratur ===
+
* {{Literatur:Chen 1999}}
*Beck, Hanno. (1971): Große Reisende. Entdecker und Erforscher unserer Welt. München.
+
* {{Literatur:Groner 2000}}
*Chen, Jinhua (1999): Making and remaking history: a study of Tiantai sectarian historiography. Tōkyō: Internat. Inst. for Buddhist Studies.
+
* {{Literatur:Huang Z 2015}}
*Groner, Paul (2000): Saichō: the establishment of the Japanese Tendai School. Honolulu: Univ. of Hawaii Press.
+
* {{Literatur:Kanno 2010}}
*Huang, Zhihai (2015): Sukhavati kennenlernen: das Amitabha-Buddha Sutra. Amitābha-sūtra. Übers. Liya Fette, Liya. Oldenburg i.O.: Desina.
+
* {{Literatur:Kiuchi 1980}}
*Kanno, Hiroshi (2010) 10: Hokekyō nyūmon. 法華経入門. Tōkyō : Iwanami Shoten.
+
* {{Literatur:Kiyota 1978}}
*Kiuchi, Gyoo (1980): „Ennin’s Ideas on Buddhist Disciplinary Practices”. In: Journal of Indian and Buddhist Studies (Indogaku Bukkyogaku Kenkyu), Vol 28 (2). 745–750.
+
* {{Literatur:Kumārajīva 2009}}
*Kiyota, Minoru (Hrsg.) (1978): Mahāyāna Buddhist meditation : theory and practice. Honolulu: Univ. Press of Hawaii.
+
* {{Literatur:Michimoto 2012}}
*Kumārajīva (2009): Lotos-Sutra: das große Erleuchtungsbuch des Buddhismus. Saddharmapundarīka-sūtra. Übers. Margareta von Borsig. Freiburg, Wien u. a.: Herder.
+
* {{Literatur:Palmer J 2009}}
*Michimoto, Tesshin 道元徹心 (Hrsg.) (2012): Tendai: Hiei ni hibiku Hotoke no koe. 天台: 比叡に響く仏の声. Kyōto: Jishōsha Shuppan
+
* {{Literatur:Petzold 1982}}
*Palmer, Jesse D. (2009): Searching for the law: Ennin’s Journal as a key to the Heian appropriation of Tang culture. Ann Arbor, MI.: ProQuest.
+
* {{Literatur:Payne 2004}}
*Petzold, Bruno; Hammitzsch, Horst (Hrsg.) (1982): Die Quintessenz der T'ien-t'ai-(Tendai-)Lehre: eine komparative Untersuchung. Wiesbaden : Harrassowitz.
+
* {{Literatur:Reischauer 1955}}
*Payne, Richard K. (2004): Approaching the land of bliss: religious praxis in the cult of Amitābha. Honolulu: Univ. of Hawai'i
+
* {{Literatur:Reischauer 1955b}}
*Reischauer, Edwin. O. (1955): Ennin’s travels in T’ang China. New York: Ronald Press.
+
* {{Literatur:Reischauer 1963}}
*Reischauer, Edwin. O. (1955): Ennin’s diary: the record of a pilgrimage to China in search of the law. Ru tang qiu fa xun li xing ji. New York: Ronald Press.
+
* {{Literatur:Saeki A 1989}}
*Reischauer, Edwin. O. (1963): Die Reisen des Mönchs Ennin: neun Jahre im China der neunten Jahrhunderts. Übers. Annelotte Piper. Stuttgart: Kohlhammer.
+
* {{Literatur:Saso 1990}}
*Saeki, Arikiyo 佐伯有清 (1989): Ennin 円仁. Tōkyō: Nihon Rekishi Gakkai.
+
* {{Literatur:Suzuki B 1990}}
*Saso, Michael (1990): Tantric art and meditation: the Tendai tradition. Honolulu: Tendai Educational Foundation.
+
* {{Literatur:Swanson 1989}}
*Suzuki, Beatrice L. (1990): Mahayana Buddhism. London u.a.: Allen & Unwin.
+
* {{Literatur:Wachtmann 2006}}
*Swanson, Paul L. (1989): Foundations of T'ien-T'ai philosophy: the flowering of the two truths theory in Chinese Buddhism. Berkeley, CA: Asian Humanities Press.
+
* {{Literatur:Ziporyn 2000}}
*Wachtmann, Hans G. (2006): Skulptur im alten Japan. Von den Anfängen bis zum 13. Jahrhundert. München.
+
| links= <!-- Liste externer Links -->
*Ziporyn, Brook A. (2000): Evil and/or/as the good: omnicentrism, intersubjectivity and value paradox in Tiantai Buddhist thought. Cambridge, MA u. a.: Harvard Univ. Press.
+
*„[https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Bauten/Bekannte_Tempel#_enryakuji Berg Hie]“, {{Link:Religion in Japan}}
 +
*[https://thangka.de/Inhalt-e.htm ''Dharmapala Thangka Centre''] (seit 1997)
 +
**„[http://www.thangka.de/Gallery-3/Cosmos/9-7/diamond-0.htm Kongōkai-Mandala]“
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**„[http://www.thangka.de/Gallery-3/Cosmos/9-6/garbhadatu-0.htm Taizōkai-Mandala]“
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| update= 2021/09/05<!-- Datum der Linkliste -->
 +
| ref= 1 <!-- oder 1, wenn <ref> verwendet wird -->
 +
| abb= 1<!-- oder 1, wenn {{abb}} verwendet wird -->
 +
}}

Aktuelle Version vom 22. März 2022, 20:57 Uhr

Seiten-Infobox
Themengruppe Personen (Einzelpersonen, Familien, Gruppen)
Name Ennin 円仁
Lebenszeit geb. 794 in Shimotsuke 下野 (Präfektur Tochigi 栃木市), gest. 864 in Kyōto 京都 (Heian-Zeit 平安時代)
Sonstige Namen Jikaku Daishi Ennin 慈覚大師円仁
Funktion, Amt Mönch
Bemerkung buddhistischer Mönch der Tendai-Schule
Diese Seite entstand im Kontext des Seminars Kamigraphie:Biographien.

Ennin 円仁 war ein buddhistischer Mönch der Tendai-Schule 天台宗 und lebte am Beginn der Heian-Zeit 平安時代 (794–1185). Er entstammte der Familie der Mibu 壬生, einer Adelsfamilie der Kantō-Region, die sich auf Toyoki Irihiko no Mikoto 豊城入彦命, den ersten Sohn des semi-mythologischen Herrschers Sujin-Tennō 崇神天皇 zurückführte.[1] Ennin stammte also aus den höchsten Kreisen des Provinzadels.

Ausbildung

Als Ennin neun Jahre alt war, ermutigte ihn seine Mutter im Tempel Daiji-ji 大慈寺 (in der heutigen Provinz Tochigi 栃木市) unter dem Mönch Kōchi 広智 zu studieren.[2] Dieser wiederum pflegte enge Beziehungen zu Saichō 最澄 (767–822), dem Begründer der Tendai-Schule. Im Alter von fünfzehn Jahren, im Jahr 808, begleitete Ennin seinen Lehrer auf einem Besuch im Tendai-Haupttempel Enryaku-ji 延暦寺 und wurde Saichō vorgestellt. Dieser machte ihn darauf kurzerhand zu seinem eigenen Schüler.[3]

814, mit 20, bestand Ennin die nötigen staatlichen Examen, trat im Jahr darauf die Mönchsschaft (shukke 出家) an und wurde schließlich 816 im Tōdaiji 東大寺 in Nara zum vollwertigen Mönch geweiht (zur damaligen Zeit konnte diese Weihe noch nicht von der Tendai-Schule selbst vorgenommen werden). Im Jahr darauf begleitete er Saichō auf einer Missionstour durch diverse Provinzen und suchte dabei auch seine Heimat wieder auf.

Chinareise

Reich der Táng Dynastie 848 n. Chr. [Abb. 2]
Reiseroute Ennins; zusätzlich eingezeichnet: Berg Wutai und Berg Tiantai [Abb. 3]

835 (Jōwa 2) wurde Ennin als sogenannter shōyakusō 請益僧 für die siebzehnte japanische Gesandtschaft in das China der Tang-Dynastie (618–907) gewählt. Dies war die letzte japanische Gesandtschaft ins Tang-Reich und sollte bis ins neunzehnte Jahrhundert auch die letzte vom japanischen Hof entsandte Mission ins Ausland bleiben.[4] Einer der Gründe dafür lag im allgemeinen Niedergang der Tang-Dynastie, welcher ab 845 von anti-buddhistischen Ausschreitungen und Verfolgungen begleitet war. In Japan hingegen blieb das Verhältnis zwischen Buddhismus und Staatsmacht weitgehend ungetrübt.

Im Jahr 838 brach Ennin nach China auf, um dort insgesamt neuneinhalb Jahre zu verbleiben. Der primäre Zweck der Reise, der sich auch im Titel seines Reisetagebuchs niederschlug, war die „Suche nach dem Dharma“, konkret die Sammlung bislang unbekannter buddhistischer Texte, um das buddhistische Wissen in Japan zu vertiefen, sowie die Schulung bei Mönchen der chinesischen Tiantai (Tendai) Tradition. Das Ziel seiner Reise war daher auch das Zentrum der Schule, Berg Tiantai in der südchinesischen Provinz Zhejiang. Die Mission selbst wurde von einem weltlichen Gesandten geleitet, der politische Aufgaben hatte, den Mönchen in seinem Gefolge aber wohlgesonnen war.

Bürokratische Hürden

Am dreizehnten Tag des sechsten Monats im Jahr 838 begann Ennin auf dem Schiff mit seinen umfangreichen Aufzeichnungen. Sein Reisetagebuch, das Nittō guhō junreikōki 入唐求法巡禮行記 (Bericht einer Pilgerreise ins Tangreich, auf der Suche nach dem Dharma), gilt als der erste Bericht eines nicht-chinesischen Autors über die chinesische Gesellschaft überhaupt und ist daher auch außerhalb der Religionsgeschichte von unschätzbarem Wert. U.a. beschrieb Ennin auch Details wie beispielsweise die Kaufpreise von diversen Nahrungsmitteln, oder hielt Formulare und Briefe von chinesischen Beamten fest.[5]

Nach mehrwöchiger Schiffsreise erreichte die Mission in Yángzhōu (nördlich des Yangtse-Deltas) chinesisches Land. Dort versuchten Ennin und sein Mitbruder Ensai 円載 (?–877) mithilfe des japanischen Großgesandten eine offizielle Erlaubnis zu erwirken, nach Berg Tiantai weiter zu reisen. Der zuständige Bezirkskommandeur verweigerte jedoch, trotz wiederholter Gesuche Ennins und des japanischen Großgesandten, die entsprechende Erlaubnis. Als das Ende des Aufenthaltes der Gesandtschaft näher kam, hieß es schließlich, dass die Zeit für eine Pilgerreise Ennins nicht mehr ausreiche, während Ensai, der den Status eines Mönchsstudenten hatte, für fünf Jahre in China bleiben durfte und daher die Pilgerfahrt antreten sollte. Für diese Zeit sollte er — in Übereinstimmung mit den damaligen diplomatischen Gepflogenheiten — von der japanischen Regierung mit finanziellen Mitteln unterstützt werden.[6] Ennin trennte sich daher von Ensai, gab ihm jedoch eine detaillierte Liste von Fragen an den Klosterberg Tiantai mit.

Pilgerreise auf eigene Faust

Jikaku Daishi Ennin [Abb. 4]

Ennin selbst entschied sich mit stillschweigender Duldung des japanischen Gesandten, auf illegalem Wege seine Pilgerreise anzutreten, wurde allerdings von chinesischen Offizieren aufgegriffen und musste schließlich mit seiner Gesandtschaft den Rückweg antreten. Das Schiff geriet jedoch in Seenot und wurde abermals an die chinesische Halbinsel Shandong zurückgetrieben. Hier befanden sich zu dieser Zeit Niederlassungen von koreanischen Emigranten, die sogar ein eigenes Kloster auf Berg Chi 赤山 unterhielten. Ennin nützte die Gelegenheit, um sich dort mit drei Begleitern niederzulassen, während der Rest der Gesandtschaft die Heimreise antrat.

Das Oberhaupt des Klosters verbürgte sich für Ennin und seine Begleiter und erwirkte schließlich bei den örtlichen Behörden eine Aufenthaltsgenehmigung. Ennin wiederum erfuhr von örtlichen Mönchen, dass der Klosterberg Wutai 五台山 in Nordchina (Nordosten der Provinz Shanxi) dem Berg Tiantai in vieler Hinsicht überlegen wäre und änderte daraufhin sein Reiseziel entsprechend.[7] Schließlich fand er im koreanischen Konsul Chang Yǒng einen Unterstützer seiner Pläne und konnte seine Pilgerfahrt endlich doch auf legalem Wege ausführen.[8] 840, mit 47 Jahren, erreichte er schließlich den Wutai, wo er ein halbes Jahr blieb. Es folgte ein Besuch der Hauptstadt Changan, wo er den größten Teil seiner Zeit in China verbrachte.

Auf seiner Reise fertigte Ennin Kopien von Tiāntāi-Texten an, die es in Japan noch nicht gab. Darüber hinaus ließ er sich von verschiedenen Meistern im esoterischen Buddhismus (mikkyō 密教) unterweisen und studierte das Ritualwesen und die Ikonographie von Taizōkai 胎蔵界曼陀羅- und Kongōkai-Mandala 金剛界曼陀羅. Schließlich lernte er Sanskrit, um die originalen Schriften des Māhāyana Buddhismus zu studieren, und stieß dabei sogar auf einen indischen Mönch, der ihm die korrekte Aussprache des Sanskrit beibrachte.[9]

In der zweiten Hälfte seines Aufenthalts wurde Ennin Zeuge der anti-buddhistischen Maßnahmen unter Kaiser Wuzong (814–846), der sich dem Daoismus verschrieben hatte. Ennins Tagebuch enthält dazu die detailliertesten Aufzeichnungen, die uns heute zur Verfügung stehen. Die ungünstigen Verhältnisse führten auch zum Wunsch nach baldiger Rückreise, die sich aber alles andere als einfach gestaltete. Zwischenzeitlich fand er wieder bei koreanischen Emigranten aus Silla Unterschlupf. Mit koreanischer Hilfe gelang es schließlich auch, ein Handelsschiff für Ennins Rückreise zu organisieren. Die letzte Notiz seiner Pilgerreise verfasste Ennin am vierzehnten Tag des zwölften Monats im Jahre 847, kurz nach seiner Ankunft in Kyūshū 九州, von wo er sich schließlich zurück zum Berg Hiei 比叡山 begab. Hier wurde er sowohl von seinen Mitmönchen als auch von adeligen Unterstützern freudig empfangen.

Lebensabend in Japan

Ein Jahr nach seiner Rückkehr nach Japan ließ Ennin eine neuartige Halle auf dem Berg Hiei 比叡山 errichten. Diese Halle diente einer neunzigtägigen Meditation zur Verehrung Amidas, in der man seine Gedanken auf Amida 阿弥陀仏 konzentrierte, den Namen Amidas anrief und dessen Statue rituell umschritt. Ennin stärkte damit den Glauben an die Wiedergeburt in Amidas reinem Land, der sich unter Hōnen 法然 aus dem Tendai-Buddhismus abspalten sollte. Zugleich etablierte er den esoterischen Zweig der Tendai-Schule (taimitsu 台密), indem er für die entsprechenden Schriften einen eigenen Tempel, den Sōjiin 総持院, errichten ließ. Für diesen Bau konnte er Kaiser Montoku 文徳天皇 als Sponsor gewinnen.[10] Weiters wurde er zum Abt des Enryaku-Tempels 延暦寺 und schließlich im Jahr 854 zum dritten Tendai zasu 天台座主, dem obersten Abt des Tendai Buddhismus, ernannt.[11]

Im Jahre 864 erkrankte Ennin an Gelbfieber und erlag dieser Krankheit. Seiwa-Tennō 清和天皇 (850–880) war sehr bestürzt über Ennins Tod und bekundete seine Trauer in einer schriftlichen Meldung. Posthum wurde Ennin vom Kaiserhof den Ehrentitel Jikaku Daishi 慈覚大師 verliehen.[12] Vor seinem Tod verfasste Ennin ein Testament mit dreizehn Bitten. Eine dieser Bitten beinhaltete den Wunsch, keine prunkvolle Begräbnisstätte zu bekommen. Er wollte nur eine einfache Beisetzung und als einziges sichtbares Merkmal soll auf seinem Grab ein Baum gepflanzt werden. Er schrieb weiters, dass es in höchstem Maße beschämend für ihn wäre, würde ihm ein Ahnentempel errichtet werden. Ennins Wunsch nach einer einfachen Beisetzung kamen seine Mönche natürlich nach.

Dennoch war es ein persönlicher Schüler Ennins, An'e 安慧 (795–868), der sein Nachfolger als Tendai zasu wurde. Nach dessen baldigem Tod übernahm jedoch Enchin 円珍 (814–891), ein Mönch, der sich ebenfalls durch einen langen Chinaaufenthalt großes Prestige erworben hatte, die Führung des Klosterbergs. Enchin gehörte nicht zum engen Schülerkreis Ennins und etablierte ein neues Tendai-Zentrum im Tempel Onjō-ji 園城寺 (auch Miidera 三井寺), der unweit von Berg Hiei an den Ufern des Biwa-Sees liegt. Enchin legte damit den Grundstein einer immer heftiger ausgetragenen Rivalität die sich schließlich im Schisma der sogenannten „Bergfraktion“ (Sanmon 山門), also der Mönche in der Nachfolge Ennins auf Berg Hiei, und der Tempelfraktion (Jimon 寺門) in der Nachfolge Enchins im Tempel Onjō-ji Ausdruck verleihen sollte.

Abgesehen von seinem starken Einfluss auf die theologische und fraktionelle Ausrichtung der Tendai-Schule blieb Ennin auch als Erbauer zahlreicher Tempel im kollektiven Gedächtnis. Besonders viele Tempel in Ennins Heimat, der Kantō-Region, sowie in Nordjapan führen sich auf Ennin als Gründer zurück.

Verweise

Literatur

Primärliteratur

  • Ennin, Kiroku Adachi 足立喜六; Mitarb. Ryōdō Shioiri 塩入良道 (Ü.) 1984
    Nittō guhō junrei gyōki: 1. 入唐求法巡礼行記. Tōkyō: Heibonsha 1984.
  • Ennin, Kiroku Adachi 足立喜六; Mitarb. Ryōdō Shioiri 塩入良道 (Ü.) 1985
    Nittō guhō junrei gyōki. Tōkyō: Heibonsha 1985.

Weiterführende Literatur

  • Hanno Beck 1971
    Große Reisende: Entdecker und Erforscher unserer Welt. München: Callwey 1971.
  • Jinhua Chen 1999
    Making and remaking history: A study of Tiantai sectarian historiography.. Tōkyō: International Institute for Buddhist Studies of the International College for Advanced Buddhist Studies 1999.
  • Paul Groner 2000
    Saichō and the establishment of the Japanese Tendai School: With a new preface. Honolulu: University of Hawai'i Press 2000. (Erste Auflage 1984.)
  • Zhihai Huang, Liya Fette (Ü.) 2015
    Sukhavati kennenlernen: das Amitabha-Buddha Sutra. Oldenburg i.O.: Desina Verlag 2015.
  • Hiroshi Kanno 2010
    Hokekyō nyūmon. Tōkyō: Iwanami Shoten 2010.
  • Gyō Kiuchi 1980
    „Ennin's Ideas on Buddhist Disciplinary Practices.“ Journal of Indian and Buddhist Studies (Indogaku Bukkyogaku Kenkyu), Vol 28 (2) (1980), S. 745-750.
  • Minoru Kiyota 1978
    Mahāyāna Buddhist Meditation: Theory and Practice. Honolulu: University of Hawai'i Press 1978.
  • Kumārajīva, Margareta von Borsig (Ü.) 2009
    Lotos-Sutra: Das Große Erleuchtungsbuch Des Buddhismus; Vollständige Übersetzung. Freiburg : Wien [u.a.]: Verl. Herder 2009.
  • Tesshin Michimoto 2012
    Tendai: Hiei ni hibiku Hotoke no koe. Kyōto: Jishōsha Shuppan 2012.
  • Jesse Dalton Palmer 2009
    Searching for the law: Ennin's journal as a key to the Heian appropriation of Tang culture. ProQuest Dissertations Publishing 2009. (Dissertation.)
  • Bruno Petzold, Horst Hammitzsch (Hg.) 1982
    Die Quintessenz der T'ien-t'ai-(Tendai-)Lehre: eine komparative Untersuchung. Wiesbaden: Harrassowitz 1982.
  • Richard Karl Payne 2004
    Approaching the land of bliss: Religious praxis in the cult of Amitābha. Honolulu: Univ. of Hawai'i Press 2004.
  • Edwin O. Reischauer 1955
    Ennin's diary.: The record of a pilgrimage to China in search of the law. New York: Ronald Press 1955.
  • Edwin O. Reischauer 1955b
    Ennin’s travels in T’ang China. New York: Ronald Press 1955b.
  • Edwin O. Reischauer 1955
    Die Reisen des Mönchs Ennin: Neun Jahre im China des neunten Jahrhunderts. Stuttgart: Kohlhammer 1955. (Übersetzt von Annelotte Piper (1963).)
  • Arikiyo Saeki 1989
    Ennin. Tōkyō: Nihon Rekishi Gakkai 1989.
  • Michael Saso 1990
    Tantric art and meditation: the Tendai tradition. Honolulu: Tendai Educational Foundation 1990.
  • Beatrice L. Suzuki 1990
    Mahayana Buddhism. London u.a.: Allen & Unwin 1990.
  • Paul L. Swanson 1989
    Foundations of T'ien-T'ai philosophy: the flowering of the two truths theory in Chinese Buddhism. Berkeley, CA: Asian Humanities Press 1989.
  • Hans Günter Wachtmann 2006
    Skulptur im alten Japan: von den Anfängen bis zum 13. Jahrhundert. München: Iudicium 2006.
  • Brook Ziporyn 2000
    Evil and/or/as the good: omnicentrism, intersubjectivity and value paradox in Tiantai Buddhist thought. Cambridge, Mass. [u.a.]: Harvard Univ. Press 2000.

Internetquellen

Letzte Überprüfung der Linkadressen: 2021/09/05

Fußnoten

  1. vgl. Saeki 1989, S. 5
  2. Saeki 1989, S. 16–17
  3. Saeki 1989, S. 33
  4. Saeki 1989, S. 55; Reischauer 1963, S. 48
  5. Reischauer 1963, S. 48, 153
  6. Reischauer 1963, S. 76–82; Saeki 1989, S. 82ff., 101
  7. Saeki 1989, S. 103, 105, 116, 133, 153; Reischauer 1963, S. 86–95, 103–106
  8. Reischauer 1963, S. 107–108
  9. Reischauer 1963, S. 176–178
  10. McMullin 1984, S. 86
  11. Wachtmann 2006, S. 105–106; Saeki 1989, S. 219ff
  12. Saeki 1989, S. 254, 256–257, 263

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:

  1. Ennin.jpg
    Ennin Hängerollbild (Seide, bemalt). Heian-Zeit, 11. jh., Jap. Nationalschatz; Hyōgo, Ichijō-ji; 178,8 x 75,8cm
    Bild © Saichō to Tendai no kokuhō 最澄と天台の国宝. (Ausstellungskatalog) Kyōto National Museum und Tōkyō National Museum, 2005–2006, S. 49, Abb. 6.
    Jikaku Daishi Ennin in meditativer Pose auf einem Abtstuhl. Das Bild ist Teil einer Serie von sechs (urspr. 10) Portraits von Tendai-Patriarchen. Die Patriarchen-Reihe beginnt mit Nagarjuna in Indien, setzt sich in China fort und endet mit Saichō und Ennin. In diesem Fall wurde außerdem Shōtoku Taishi hinzugezählt, obwohl dieser urspr. nichts mit der Tendai-Lehre zu tun hatte. Da er aber das im Tendai Buddhismus so wichtige Lotos-Sutra verehrt haben soll, wurde er manchmal rückwirkend in die Schule integriert.
  2. Reich der T'ang Dynastie 848 n. Chr..png
    Reich der T'ang Dynastie 848 n. Chr. Bild © 玖巧仔. (Letzter Zugriff: 2021/8/18)
  3. Reiseroute bunt.jpeg
    Reiseroute Ennins Bild © Reischauer 1963Das Original ist schwarz-weiß, die Reiserouten Ennins wurden von Benutzer Jun_Lév farblich gekennzeichnet
  4. Ennin.jpg
    Ennin Hängerollbild (Seide, bemalt). Heian-Zeit, 11. jh., Jap. Nationalschatz; Hyōgo, Ichijō-ji; 178,8 x 75,8cm
    Bild © Saichō to Tendai no kokuhō 最澄と天台の国宝. (Ausstellungskatalog) Kyōto National Museum und Tōkyō National Museum, 2005–2006, S. 49, Abb. 6.
    Jikaku Daishi Ennin in meditativer Pose auf einem Abtstuhl. Das Bild ist Teil einer Serie von sechs (urspr. 10) Portraits von Tendai-Patriarchen. Die Patriarchen-Reihe beginnt mit Nagarjuna in Indien, setzt sich in China fort und endet mit Saichō und Ennin. In diesem Fall wurde außerdem Shōtoku Taishi hinzugezählt, obwohl dieser urspr. nichts mit der Tendai-Lehre zu tun hatte. Da er aber das im Tendai Buddhismus so wichtige Lotos-Sutra verehrt haben soll, wurde er manchmal rückwirkend in die Schule integriert.