Schlangen im Konjaku monogatari
Themengruppe | Geister (inkl. Tiere und Monster) |
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Name | Schlangen im Konjaku monogatari 今昔物語集 |
Schlangen sind ein wiederkehrendes Motiv, das in verschiedensten Legenden, Mythologien und Religionen seinen Platz findet. Im westlichen Raum würde man zum Beispiel an die Schlange des Sündenfall Adams und Evas denken. In Japan ist Yamata no Orochi 八岐大蛇, der von der Gottheit Susanoo 須佐之男 getötet wurde, ein prominentes Beispiel. Heutzutage wird Orochi zwar eher als ein Drachen beschrieben, jedoch bedeutet der Name nicht nur achtköpfige, achtschwänzige Schlange, sondern sind japanische, bzw. chinesische Drachen im Allgemeinen schlangenartig. Wie in einigen der hier präsentierten Erzählungen, verschwimmt ab und zu die Grenze zwischen Schlangen und Drachen. Es gibt nicht nur Dämonen, Gottheiten, usw., die von Natur aus Schlangengestalt haben, sondern es gibt auch Menschen, die die Form einer Schlange annehmen können und umgekehrt. Einerseits kann dies durch Wiedergeburt zur Schlange auf Grund von Sünden, wie Wut und Hass, geschehen. Andererseits kann es sich auch um ein von Natur aus gegebenes Charakteristikum handeln, was mitfühlenden Schlangen erlaubt, sich in Menschen zu verwandeln. In diesem Fall ist meist unklar, ob es sich wirklich um einfache Schlangen handelt oder doch um Geister oder Dämonen. Mitfühlende und sprechende Tiere sind in japanischen Legenden jedenfalls häufig anzutreffen.
In diesem Artikel werden Erzählungen aus dem Konjaku monogatari-shū 今昔物語集 und dem damit eng verwandten Uji shūi monogatari 宇治拾遺物語 betrachtet. Zunächst werden diese Erzählungen zusammengefasst, dann analysiert.
Wiedergeburt als Schlange
Menschen, die während ihres Lebens Sünden begehen und denen es somit unmöglich ist, das Reine Land zu erreichen, werden oft als bestimmte, mit ihren Vergehen in Verbindung stehende Wesen wiedergeboren. Wiedergeburt als Schlange steht z.B. mit Groll, Hass oder Eifersucht in Verbindung. In einer Erzählung wird etwa gesagt, dass eine Frau, die eifersüchtig war, weil sie erfahren hatte, dass ihr Mann sie betrogen hatte, in ihrem nächsten Leben bestimmt als Schlange wiedergeboren wird [1]. In diesem Artikel werden zwei Beispiele aus Konjaku monogatari-shū präsentiert, in denen Frauen als Schlange wiedergeboren wurden, und ein Beispiel aus dem Uji shūi monogatari 宇治拾遺物語, in dem es ein Mönch ist, der als Schlange wiedergeboren wurde.
1. Ein Mönch des Dojoji-Tempels in der Provinz Kii rettet zwei Schlangen, indem er das Lotus-Sutra kopiert
Diese Erzählung ist vielleicht eine der bekanntesten im Zusammenhang mit Schlangen in der setsuwa 説話- Literatur, wahrscheinlich besonders dank eines Noh-Stücks, das auf dieser Erzählung basiert. Zwei pilgernde Mönche übernachten bei einer jungen Witwe. Diese wird von „sexual passion“ (Kōriyama et al. 2015:55) für den jüngeren, gut aussehenden Mönch ergriffen, kommt zu ihm während der Nacht. Er weist sie zurück. Am Ende schafft es anscheinend die Frau jedoch ihn zu überreden, auf seiner Rückreise bei ihr zu bleiben. Als die Frau erfährt, dass er sein Versprechen nicht gehalten hat, „she returned to her house and confined herself in her bedroom. After a period of silence, she died. When her attendants discovered this, they grieved and as they cried, suddenly, a snake, some thirty feet long, crept out from the bedroom“ (Kōriyama et al. 2015:56). Während die Schlange Schrecken verbreitet, bekommen die zwei Mönche die Nachricht, dass diese Schlange sie verfolge und sie begreifen sofort, dass es sich um die Frau handelt. Die Mönche erreichen einen Temple und der junge Mönch wird unter einer Glocke versteckt. Der folgende Abschnitt schildert was dann genau mit ihm passiert [2].
Als die anderen Mönche die Glocke heben, ist Asche das einzige, das von dem jungen Mönch überbleibt. Einige Zeit später erscheint dem alten Mönch, mit dem der junge Mönch gepilgert war, eine Schlange im Traum und erzählt ihm, er wurde gezwungen, der Gemahl der Schlangen-Frau zu werden. Um beide zu retten und zu erlösen, schreibt er einen Teil des Lotus Sutra ab. Als Moral dieser Erzählung wird nicht nur die Wichtigkeit des Lotus Sutra hervorgebracht, sondern auch die Kraft eines „wicked woman’s heart“ (Kōriyama et al. 2015:58) und dass man sich deswegen von Frauen fern halten sollte.
2. Über die Schlange unter den Trittsteinen
Ein ähnliches Thema, der Tod einer von Wut zerrissenen Frau, gefolgt von der Wiedergeburt als Schlange und anschließend Erlösung durch Lotus Sutra, findet sich auch im Uji shūi monogatari, das mehrere Erzählungen mit dem Konjaku monogatari-shū gemeinsam hat (vielleicht auch diese, jedoch war sie nicht in den verwendeten Übersetzungen enthalten). In dieser Erzählung bemerkt eine alte Frau, wie eine junge Frau von einer Schlange verfolgt wird. Neugierig und besorgt folgt die alte Frau den beiden. Sie beobachtet, wie die junge Frau in einen Tempel geht, um zu beten, stets gefolgt von der Schlange. Die Schlange folgt der Frau bis zu ihrem Zuhause. Während der Nacht verschwindet sie. Am Morgen berichtet die junge Frau, wie sie geträumt hat, dass eine Frau ihr im Traum erschienen ist und sich bei ihr bedankt hat. Diese Frau war die Schlange, die während ihres menschlichen Lebens voller Groll und Eifersucht war und deswegen als Schlange wiedergeboren ist. Die Schlange war unter einen Stein einer Brücke gekrochen und kam nicht mehr raus, bis die junge Frau den Stein unabsichtlich verschoben hat. Als die junge Frau dann im Tempel den Lotus Sutra aufgesagt hat, wurde die Schlange erlöst [3].
3. Biwa no Otodo kopiert das Lotus-Sutra und rettet einen Meister der Lehre
In beiden der vorherigen Erzählungen war der Grund für die Wiedergeburt als Schlange Sünden, bzw. Groll und Wut, die die Frauen begangen hatten. In diesem Beispiel jedoch, ist der Grund belangloser. Ein Mönch entscheidet sich, Geld beiseite zu legen, um es nach seinem Tod seinen Novizen zu überlassen. Jedoch ist er zum Ende seines Lebens dermaßen krank, dass er vergisst, den Mönchen zu sagen, wo er das Vermächtnis verborgen hatte. Deswegen wird er als Schlange wiedergeboren und nur erlöst, als er einem anderen Mönch (Biwa no Otodo) im Traum erscheint, ihm sagt, wo das Geld ist und der Mönch für ihn das Lotus Sutra abschreibt [4].
Fühlende Schlangen und Dämonen
4. Unjo, ein Sutra-singender Mönch, entkommt dem Angriff einer Schlange, indem er das Lotus-Sutra rezitiert
Ein Mönch namens Unjo trifft auf eine Höhle und entscheidet sich, dort die Nacht zu verbringen. Die Umgebung wird nach und nach furchteinflößender und später bemerkt der Mönch eine riesige Schlange, die sich ihm nähert. Um im Reinen Land wiedergeboren zu werden, sagt der Mönch das Lotus Sutra auf, was dazu führt, dass die Schlange plötzlich verschwindet. Es beginnt zu regnen und nach einer Weile, als es aufgehört hat, erscheint ein Mann, der dem Mönch folgendes sagt:
Der Mann, wahrscheinlich ein dämonischer Gott, verschwindet. In diesem Fall handelt es sich am Ende nicht um eine Erlösung, da die Schlange ein Dämon war, sondern um eine Rückkehr zum Guten [5].
5. Eine Frau aus der Provinz Yamashiro wird durch die Gnade von Kannon vor der Gefahr durch eine Schlange bewahrt
Eine junge, warmherzige Frau, die Kannon ergeben ist und eine Rolle des Lotus Sutra gelernt hat, rettet eines Tages einen Krebs. Ihr Vater rettet hingegen einen Frosch vor einer giftigen Schlange, indem er der Schlange verspricht, ihr seine Tochter als Braut zu geben. Er erzählt dies voller Reue seiner Tochter. Die Schlange kommt zu deren Haus, jedoch hat sie die Gestalt eines Adligen fünften Ranges angenommen. Trotz seiner Erscheinung bittet die Familie den Schlangen-Mann in drei Tagen zurückzukehren. Die Frau versteckt sich in einem Schuppen und als der Mann dies erfährt, nimmt er wütend wieder die Gestalt der Schlange an und versucht, in den Schuppen einzudringen. Die Frau betet Kannon an und wird von Krebsen gerettet, die die Schlange töten [6].[7]
6. Das Grab aus Essstäbchen
Eines Nachts wird die junge Tochter eines Kaisers von einem Adligen besucht, der sie bittet, ihn zu heiraten. Er besucht sie jede Nacht, bis sie es ihrem Vater, dem Kaiser erzählt. Dieser meint, es könne sich nur um einen Gott handeln. Die Prinzessin und der mysteriöse Mann lieben sich zwar, jedoch will die Prinzessin wissen, wer er wirklich ist. Er sagt ihr, wo sie seine Identität herausfinden kann, im Gegenzug für das Versprechen, sich nicht zu erschrecken. Die Prinzessin folgte seinen Anweisungen und fand in einem kleinen Fläschchen Öl eine winzige Schlange. Sie erschreckt sich. Als der Mann während der Nacht zurückkommt, sagt er ihr, er könne sie nicht mehr sehen. Sie versucht ihn aufzuhalten und er sticht sie mit einem Essstäbchen in ihre Geschlechtsteile, woraufhin sie stirbt.
Diese Erzählung stammt ursprünglich aus dem Nihon shoki 日本書紀, wo der Mann als Ohomononushi no Kami identifiziert wird (und somit kein Zweifel besteht, wie es im Konjaku monogatari-shū der Fall ist). Ein weiterer Unterschied ist, dass die zwei Figuren verheiratet waren und dass der Gott am Ende sie einfach verlässt und sich auf den Berg Mimoro begibt. Daraufhin nimmt sich die Prinzessin selber das Leben, indem sie sich mit einem Stäbchen ersticht [8].
Kannon
7. Ein Mann aus der Provinz Michinoku, der Falkenküken fängt, wird von Kannon gerettet
Ein Mann, der Falkenküken fängt und verkauft, wird von einem Dorfbewohner ausgetrickst und bei einer Klippe gelassen. Der Mann sieht dies als Bestrafung für seine Taten und betet zu Kannon, ihn zum Reinen Land zuzulassen, da er immer ergeben gewesen ist. Während er betet, taucht eine große, furchteinflößende giftige Schlange aus dem Meer auf und kriecht auf den Mann zu. Als er sein Schwert in den Kopf der Schlange sticht, kriecht die Schlange bis auf den Gipfel der Klippe, noch während der Mann das Schwert festhält, und verschwindet. Gerettet, glaubt der Mann, er wurde von Kannon in Schlangengestalt gerettet [9].
Drachenkönige
Obwohl es viele Erzählungen gibt (besonders in dem indischen Abschnitt), die Drachenkönige 龍王 (Nāgarāja oder ryūō) behandeln, werden diese kaum beschrieben und erscheinen selten explizit als Schlangen, wie in der Erzählung 8 (und zum Teil in der Erzählung 9). Diese Drachenkönige stammen ursprünglich aus Indien und werden halb menschlich und halb schlangenartig dargestellt. Sie sind semi-himmlische Gottheiten, die menschliche Gestalt annehmen können, jedoch in einigen Fällen auch ehemalige Menschen. In einigen Erzählungen weisen die Drachenkönigen das Attribut des Wassers nach. Obwohl Schlangen nicht immer direkt in den Erzählungen, in denen sich Drachenkönige befinden, vorkommen, kann man sich vorstellen, dass auch diese in das Thema dieses Artikels passen. In diesen drei Beispielen werden Schlangen auf jeden Fall erwähnt.
8. Ein Kannon-Gläubiger geht zum Palast des Drachen und kehrt reich zurück
Ein junger, armer Mann trifft auf einen Mann, der eine kleine Schlange mit sich trägt. Er fragt ihn, für was er die Schlange braucht und der Mann antwortet, dass er das Fett von kleinen Schlangen benötigt. Nach einigen Verhandlungen, gibt der junge Mann ihm seinen Kimono im Tausch für die Schlange, da es eine Sünde ist, lebende Wesen zu töten. Er bringt die kleine Schlange zurück zu einem Teich. Kurz darauf trifft er ein hübsches junges Mädchen, das sich bei ihm bedankt, ihr Leben gerettet zu haben. Dem Mann wird klar, dass das Mädchen die Schlange gewesen sein muss. Sie führt ihn zurück zum Teich und dann zu einem prunkvollen Schloss, wo der Mann die Familie des Schlangen-Mädchens trifft. Er wird herzlich willkommen geheißen und zu einem Bankett eingeladen. Anschließend stellt sich heraus, dass es sich um die Familie des Drachenkönigs handelt und aus Dankbarkeit geben sie dem Mann einen unerschöpflichen Goldklumpen [10].[11]
9. Wie ein indischer Mann durch die Kultivierung eines bösen Drachens durch einen Priester dieser Gefahr entkommen konnte
Ein Schiffer trifft auf einen Drachenkönig, der versucht, sein Boot zu versenken. Als er ihn fragt, wieso, antwortet der Drachenkönig, er war ein Mensch und der Mönch, der sich auf dem Boot befindet, hatte ihn nicht davon abgehalten, Sünden zu begehen. Deswegen wurde er „reduced to the status of a snake“ (Dykstra 1986:109). Als der Drachenkönig anschließend dem Sutra des Mönches zuhört, wird er erlöst. Obwohl er Drachenkönig genannt wird, wird in der Erzählung sein Zustand stets als der einer Schlange definiert [12].
10. Wie ein Shaka-Mann der Schwiegersohn eines Drachenkönigs wurde
Ein Inder, verbannt aus seinem Land, wandert herum und legt sich zur Erholung neben einen Teich. In der Nähe befindet sich die Tochter eines Drachenkönigs, die entscheidet, sie möchte diesen Menschen zum Mann nehmen und nimmt eine menschliche Gestalt an. Als er erwacht freunden sich die zwei an und er wird zum Schloss des Drachenkönigs eingeladen. Er sieht viele Schlangen herumkriechen, weswegen er ablehnt, König des Landes zu werden. Dank der Hilfe des Drachenkönigs gelingt es dem Mann, der König Indiens zu werden und er nimmt die Tochter als Frau an. Sie bleibt meistens in ihrer Menschengestalt, jedoch während sie schläft oder Geschlechtsverkehr hat „nine heads with flieckering red tongues appeared from her head“ (Dykstra 1986:21), woraufhin der König die Schlangenköpfe abtrennt [13].
Fazit
Die hier erfassten Beispiele sind nur ein Teil der Erzählungen aus Konjaku monogatari-shū, die sich mit Drachenkönigen oder Schlangen im weitesten Sinn beschäftigen. In einer Erzählung zum Beispiel, wurde ein Paar daran gehindert, Sake, der für die Götter bestimmt war, zu trinken, indem sie jedes Mal, wenn sie den Krug öffnen, Schlangen sehen [14]. In anderen Erzählungen werden Schlangen als zu umgehende Bedrohung dargestellt, in einigen Fällen hingegen als Menschenretter (s. Dykstra 1986:213–218), bzw. als Tiere die Dankbarkeit zeigen. Nicht nur die Rollen sind vielfältig, sondern auch ihr Aussehen: sie können weiß und so klein sein, dass sie in ein Fläschchen passen, aber auch furchteinflößend und so riesig, dass sie einen Schuppen umgeben können, mit Augen, die metallisch wirken oder blutunterlaufen sind. Die Beschreibungen sind ab und zu etwas wage, da das zu erwirkende Gefühl zentraler ist, somit ist es unklar, wie oft sie einer Schlange ähneln und wann einem Drachen.
Drachen werden auch auf vielfältige Weise gezeigt, zum Beispiel, indem in der gleichen Erzählung ein Drache vorkommt, der sich großzügig und freundlich gegenüber einen Priester zeigt, und ein Novize, der aus Wut zu einem boshaften Drachen wird [15]. Bei Betrachtung der verwendeten Übersetzungen (Dykstra 1986; Kōriyama et al. 2015) scheinen die Erzählungen, in denen Schlangen, bzw. Drachenkönige, positiv oder zumindest neutral dargestellt sind, in der Minderheit zu sein (wenn sie nicht eine zentrale Rolle haben), obwohl sie im Hinduismus eher positiv konnotiert wurden. Oft sind es Menschen, die wegen ihrer Sünden als Schlange wiedergeboren werden. Sogar in der Erzählung 10, in der sich die Familie des Drachenkönigs freundlich verhält, wird gesagt, dass sie diese schuppige Gestalt wegen ihrer vergangenen Sünden bekommen haben [16]. Im Konjaku monogatari-shū ist der Unterschied zwischen jemandem, der zum Drachenkönig wird und Menschen, die als Schlange wiedergeboren werden, der, dass Drachenkönige oft nicht erlöst werden: In den ersten drei Erzählungen (1–3) werden die Schlangen erlöst und sie erreichen das Reine Land. Die zwei weiblichen Schlangen (und der junge Mönch der ersten Erzählung) werden durch Gebete des Mönches in der ersten, und von einer frommen Frau in der zweiten, erlöst. Der ehemalige alte Mönch wird durch Abbüßung erlöst. Bei den Drachenkönigen jedoch sind es nicht Menschen, die sich für deren Erlösung einsetzten. Die Menschen geraten eher per Zufall in ihre Gunst und werden dadurch belohnt. Es sind normale Personen, das heißt, sie beten nicht mit der selben Hingabe wie beispielsweise ein Mönch. Dies bedeutet nicht, das das Glauben dieser Menschen nicht vorteilhaft für sie ist: Kannon rettet einen Mann, der sie angebetet hat, indem sie Schlangengestalt annimmt. Auch retten sie eine Frau vor einer Schlange, indem sie ein riesiger Krebs wird; und ein Mann wird reich, indem er die Tugendregel keine Leben zu nehmen befolgt.
Man kann beobachten, dass in diesen Fällen die Vorteile eher den Menschen betreffen. Im Falle von Wiedergeburten und Gebeten können die Ergebnisse vielfältiger sein. Oft kommt es zu der Erlösung der Schlange, bzw. des ehemaligen Menschen, der Sünden begangen hat, dank eines gläubigen Menschen. In der Erzählung 4 gelingt es einem Mönchen sogar, einen Dämon zum Guten zu bringen (jedoch nicht zur Erlösung, weil er nie ein Menschen gewesen ist). Fromme Menschen können außerdem durch Gebete an z.B. Kannon sich das Leben retten (Erzählungen 5 und 7). In jeder dieser Erzählungen geht es also um eine Interaktion zwischen Schlange und Mensch, deren Ergebnis (Lebensrettung, Erlösung oder Reichtum) direkt durch Religion, bzw. Gebete und Tugendregeln, beeinflusst wird. Oft haben diese Erzählungen eben auch einen glücklichen Ausgang. Einzige Ausnahme unter den betrachteten Erzählungen ist Erzählung 6 „The grave of chopsticks“ (Kōriyama 2015:286–287). In dieser Erzählung ist trotz der geheimnisvollen Atmosphäre die Gefahr nicht allzu präsent. Jedoch endet diese Erzählung, indem die Prinzessin von dem Schlangen-Mann (wahrscheinlich ein Gott) erstochen wird. Diese Erzählung unterscheidet sich von den anderen nicht nur durch ein schlechtes Ende, sondern auch dadurch, dass religiöse Elemente, wie das Lotus Sutra, nicht erwähnt werden. Dies bedeutet, dass das Mädchen keine Möglichkeit hatte, sich zu retten, wahrscheinlich auch, vielleicht, weil sie sowohl ihr Versprechen, als auch die Tugendregel, kein sexuelles Fehlverhalten einzugehen, gebrochen hatte. Die Erzählung entstammt einem nicht-buddhistischen Kontext, und in der ursprünglichen Version aus dem Nihon shoki nimmt sich die Protagonistin aus Reue selbst das Leben. Abschließend wird also deutlich, dass die negative Darstellung von Schlangen im Konjaku monogatari-shū zwar überwiegt, dass positive Darstellungen aber keineswegs ausgeschlossen sind. Drachenkönige zum Beispiel verdanken ihren Schlangenleib vergangenen Sünden, doch bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass sie sich auch bösartig verhalten. Vielmehr ist der Kontext, in dem eine Schlange auf einen Menschen trifft, ausschlaggebend dafür, wie die Interaktion zwischen den zwei Arten verläuft.
Verweise
Verwandte Themen
Literatur
- Yoshiko Kurata Dykstra 1986Konjaku Tales: Indian Section Part 2. (Intercultural Research Institute monograph series 18.) Hirakata City, Osaka: Kansai University of Foreign Studies Publication 1986. (printed by: Sanseido Printing Co. Ltd..)
- Naoshi Kōriyama, Bruce Allen (Ü.) 2015Japanese tales from times past: Stories of fantasy and folklore from the Konjaku monogatari shu. Tokyo: Tuttle Publishing 2015.
- Douglas E. Mills 1970A collection of tales from Uji: A study and translation of Uji shūi monogatari. Cambridge: Cambridge University Press 1970.
Internetquellen
- „Dōjō-ji enki 道成寺縁起“, Hyogo Prefectural Museum of History 兵庫県立歴史博物館]
- „Zennyo ryūō 善女龍王図“, Ishikawa Nanao Art Museum 石川七尾美術館
Fußnoten
- ↑ Kōriyama et al. 2015:263–264
- ↑ Kōriyama et al. 2015:55–58
- ↑ Mills 1970:223–226
- ↑ Kōriyama et al. 2015:53–54
- ↑ Kōriyama et al. 2015:49–50
- ↑ Kōriyama et al. 2015:79–81
- ↑ Diese Geschichte beruht auf einer Vorlage aus dem Nihon ryōiki (9. Jh.). S. Nihon Ryo-Wiki
- ↑ Kōriyama et al. 2015:286–287
- ↑ Kōriyama et al. 2015:70–73
- ↑ Kōriyama et al. 2015:74–78
- ↑ Diese Geschichte kann auch als positive Variante des Urashima-Motivs gelesen werden.
- ↑ Dykstra 1986:108–110
- ↑ Dykstra 1986:16-21
- ↑ Kōriyama et al. 2015:117–119
- ↑ Dykstra 1986:10–12
- ↑ Dykstra 1986:19
Bilder
Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:
- ↑ Dojōji engi emaki Bild © Hyogo Prefectural Museum of History. (Letzter Zugriff: 2021/7/19)
- ↑ Bild einer frommen Drachenkönigin (Zennyo ryūō zu) Nihonga 日本画 (Seide) von Hasegawa Tōhaku 長谷川 信春 (1539-1610). Muromachi-Zeit, 16. Jh.; Nanao Art Museum; 16,3 x 35,5 cm
Bild © Ishikawa Nanao Art Museum. (Letzter Zugriff: 2021/8/16)