III-38b

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Hier kommen die Übersetzungen ab der Seite 190 zweite Zeile bis S.193 vierte Zeile rein. Der Fokus liegt auf Kyokais ersten Traum.


Wie es dazu kam, dass gute und schlechte Omen sich zeigten und das entsprechende Glück oder Unglück herbeiführten (Teil B)
SNKBT 30: 190-, Bohner 1934: , Nakamura 1997:

Seite 191:

Daraufhin wurde Kyōkai 景戒 von Scham ergriffen (弾指) [1] und sprach:“ Jemand der gute Taten großen Ranges (上品) und gute Taten niederen Ranges (下品) vollbringt, der bekommt einen Körper von solcher Größe. Ich habe früher nicht einmal Verdienst durch das Vollbringen von Taten niederen Ranges erbracht. Daher habe ich einen Körper mit nur fünf shaku[2] (etwa 1,5 Meter) Länge erhalten. „Wie erbärmlich!“. Dies sagte er beschämt und war erfüllt von Kummer und Reue. Als die ihn umgebenden Leute dies hörten, sagten sie: „Ja, du hast recht“. Daraufhin gab Kyōkai ein halbes shō[3] (etwa 0,6 Liter) von dem polierten Reis, den er kochen wollte dem Bettler. Der Bettler empfing den Reis mit einem Segensspruch (呪願) [4], gab Kyōkai eine Schriftrolle und richtete das Wort an ihn: „Schreibe dieses Buch ab. Es ist ein hervorragendes Schriftstück, um die Menschen zu belehren.“ Als Kyōkai das Buch betrachtete, sah er, dass es, wie [der Bettler] sagte, ein [wahrhaft] vortreffliches Buch war, das shokyō yōshū 諸教要集 (Sammlung von allen wichtigen Lehren). Doch da wurde Kyōkai [wieder] betrübt, weil er kein Papier hatte. Hierauf zog der bettelnde Novize 沙弥[5] bereits benutztes Papier hervor, und überreichte sie Kyōkai indem er sprach: „Schreibe hierauf. Ich werde mich zu anderen Orten begeben, Essen erbetteln und dann wieder hierher zurückkehren." Daraufhin legte er Papier und das Schriftstück hin und ging fort. Da fragte Kyōkai: „Dieser Novize bettelt für gewöhnlich nicht um Speisen. Warum macht er es nun?“ Man antwortete ihm: „Er hat viele Kinder und nichts, womit er sie versorgen könnte. Daher geht er betteln um sie zu ernähren.

Die Bedeutung dieses Traums ist [mir] nicht klar. Aber ich glaube, dass er ein göttliches Zeichen (聖) war. Der Novize war eine Inkarnation Kannons. Wie ähneln sie sich? Jemand der noch nicht alle Gebote (具戒) erfüllt, wird Novize genannt. Dies gilt auch für Kannon. Obgleich sie das Erwachen bereits vollendet hat, unterstützt sie die Lebewesen und verbleibt daher in der irdischen Welt. Das Betteln um Nahrung zeigt die 33 Inkarnationen des Fumon 普門[6]. Ein [7] und sieben shaku durch Taten hohen Ranges sind das Ergebnis der unzähligen Tugenden des reinen Landes 浄土.


Seite 192:

Ein ist die Zahl der Erleuchtung (果) [8], weil sie vollkommen ist. Sieben shaku ist die Zahl der Ursache (因) [9], weil sie unvollkommen ist. „Die zehn des niederen Ranges“ sind das Ergebnis des Leids der Menschen und des Himmels (人天有漏之苦果也) [10]. „Ein reuiges Herz haben (心を発し), jemanden meiden (弾指して) [11], voll Scham und Betrübnis sein (恥ぢ愁ふ)“, [bezeichnet] die ursprüngliche Saat. Fügt man Weisheit und Tugend hinzu (加行), werden vorherige Vergehen (前罪) getilgt (滅) und folglich gute Taten erworben. „Reue“ bedeutet, sich das Haar abzurasieren und eine kesa 袈裟[12] zu tragen. 「弾指す」(jemanden meiden) meint das Sühnen von Schuld (罪を滅) [13] und das Erwerben von Verdienst (福) [14]. „Was meinen [circa] nur über fünf shaku großer Körper betrifft“, so bezeichnen die fünf shaku Ursache und Wirkung der fünf Welten (五趣[15]因果). „Rest (余)“ bedeutet unbestimmtes Wesen (不定姓) [16]; mit dem Herzen wendet es sich Großem zu. Weder shaku noch sind eine bestimmte Zahl. [Daher] noch dazu ist es die Ursache der fünf Wege (五道). „Den weißen/polierten Reis dem Bettelnden darbringen“ bedeutet: (vormals) etwas geloben (昔願を発して), Buddha(statuen) (仏) fertigen, das große Fahrzeug (大乗 [17]) erneut abschreiben und gedankenvoll gute Ursache (善き因) üben, um den großen weißen Ochsenkarren (大白牛車) zu erlangen. „Der Bettler nahm es mit einem jugan 咒願 [18] entgegen“, bedeutet, dass Kannon Fürbitte erwidert. „Das Schriftstück überreichen“ [besagt], durch eine neue Saat (新薫種子) die Einsicht in die Leerheit des Menschen (人空) zu üben. „Das 本垢 übergeben“ bedeutet: obwohl die ursprünglich guten Samen in der vergangenen Zeit lange bedeckt und ihre Form nicht sichtbar war, [sie] durch Erfüllen des guten Gesetzes (善法) folgend wieder erlangt werden sollen. „Ich will an einen anderen Ort um Nahrung betteln und wieder zurückkehren“ [zeigt], dass Kannons unbegrenztes (無緣 [19]) Mitgefühl (大悲) das Universum erfüllt [20] (法界に馳せて) und alle Lebewesen rettet und dass Kyōkais 景戒 [Für]Bitte durch Glück (福徳) [21] und Weisheit gewährt wird [22]. „Der Mensch bittet nicht immer um Nahrung“ bedeutet, dass Kyōkai, als er das Gelübde noch nicht abgelegt hatte (願を発さぬ時), nichts empfand.



  1. Izumoji gibt zu diesen Kanji die Lesung tsumahajiki an, welche im modernen Japanisch Abscheu oder Widerwillen bedeutet.
  2. shaku 尺: japanischer Fuß; ca. 0,303 m
  3. shō 升: Hohlmaß von ca. 1,8 l
  4. Lesung bei Izumoji: shuguwan.
  5. shami, ein Mönch zwischen dem 7. und 20. Lebensjahr.
  6. In diesem Werk werden die Inkarnationen Kannons erklärt
  7. 丈: Längeneinheit von ca. 3,03 m; 1 = 10 shaku
  8. Bohner übersetzt hier 果 mit „Frucht“
  9. B übersetzt hier 因 mit „Keim“
  10. B „Buddha-(Werdungs)-Same“
  11. N übersetzt hier mit „being stricken with/showing remorse“; B mit „mit dem Finger schnellen“.
  12. Stola eines buddhistischen Priesters von skt. kasāya
  13. 滅罪: „das Sühnen von Schuld, das Läutern von Sünde, das Reinigen von unheilsamem Karma durch das Schuldbekenntnis 懺悔, Sutren-Rezitation 読経, das Geben von Almosen 布施, Askese 勤行“
  14. wtl. „Segen, Wohlstand, Glück“ scheint mir hier nicht passend zu sein
  15. goshū 五趣 = 五道
  16. 不定性 „in der Entwicklung begriffene Natur“
  17. Laut I ist hier das Lotos-sutra 妙法蓮華経 gemeint (Izumoji 1996: 193, Fußnote 8).
  18. Ein kurzes Gebet
  19. muen, 無緣, bedeutet laut I: "Barmherzigkeit eines Buddha/Bodhisattva" (Izumoji 1996: 194, Fußnote 10).
  20. wtl. verbreitet sich im Universum
  21. 福徳: wtl. Glück und Vermögen, das man aufgrund guter Taten in seinem früheren Leben erlangt.
  22. 我れ他処に往き食を乞ひて還来らむ」とは、「他処に往き食を乞ふ」は、観音の無縁の大悲、法界に馳せて、有情を救ふなり。「還来らむ」は、景戒願ふ所を畢らば、福徳と智恵とを得しめむとなり。– wtl. „Ich will an einen anderen Ort gehen, um Nahrung betteln und wieder zurückkehren“ – „Ich will an einem anderen Ort um Nahrung betteln“ [zeigt], dass Kannons unbegrenztes (無緣) Mitgefühl (大悲) das Universum erfüllt (法界に馳せて) und alle Lebewesen rettet. „Zurückkehren“ bedeutet, dass, wenn Kyōkai 景戒 eine Bitte beendet hat, diese mit Glück (福徳) und Weisheit gewährt wird.


Hintergrund

  • Zeit:
  • Ort:
  • Personen: Kyōkai 景戒, bettelnder Novize 沙弥 als Inkarnation Kannons 観音

Ursache und Wirkung

Anmerkungen

Bohner übersetzt inguwa, 因果, mit „Keim und Frucht“. Da das Einzelkanji 果 aber auch „Erleuchtung bedeutet“, bzw. 因果 „Ursache und Wirkung“ finde ich eine der beiden Übersetzungen passender als Bohners.

種子 bedeutet wtl. „Saat/Samen“. N deutet darauf hin, dass, genauso wie Pflanzen aus Samen wachsen, Auswirkungen aus Ursachen entstehen. 本有種子 (B: „ursprünglicher Same“; N: „good cause“) ist ein von Geburt an vorhandener Same, der die Ursache (因) aller Phänomene/Ereignisse darstellt. 本有種子 ist das Gegenteil von 新薫種子 (B: „neu und frisch den Samen …“; N: „new seeds of good“), dem postnatal erworbenen Samen (Izumoji 1996: 193, Fußnote 2). Soll bedeuten: Alle Menschen verfügen nach Auffassung des Mahayana über eine Buddha-Natur, es liegt aber am Menschen selbst, die Buddha-Natur im Laufe des Lebens zu kultivieren, um die Erleuchtung zu erlangen.

加行 wird in Modernjapanisch ケギョウ ausgesprochen, bedeutet „ausüben, praktizieren, üben“ und bezeichnet ein vor der buddhistischen Priesterweihe durchgeführtes Studium/asketische Übung (Izumoji 1996: 193, Fußnote 2).

「五尺余」: Kyōkai wird die Bedeutung seiner Körpergröße von „ca. fünf shaku 五尺余“ klar: Er steht an einer Abzweigung, einerseits zum Weg „goshuinka 五趣因果“, der in die akushu 悪趣 (die „schlechten Bereiche der Wiedergeburt“: insbesondere die Hölle, Welt der Hungergeister und die Welt der Tiere) führt und andererseits zum Weg der Buddhawerdung „fujōsei 不定性“ (Izumoji 1996: 193, Fußnote 3).

goshū 五趣 ist gleichbedeutend mit godō 五道, den fünf Bereichen der Wiedergeburt : 1. Hölle 地獄; 2. gaki 餓鬼 (Hungergeister); 3. Tiere 畜生; 4. Menschen 人; 5. Himmel 天 (Izumoji 1996: 193, Fußnote 4). Allerdings wird goshū meist als rokudō bezeichnet – die sechs Wege der Wiedergeburt, je nachdem, ob man in den vergangenen Leben gutes oder schlechtes Karma angehäuft hat. Die Existenzformen sind hier: Götter, Menschen, ashura 修羅 (Kriegergeister), gaki, Tiere und Hölle.

„Einem Bettler weißen/polierten Reis darbringen“ bedeutet, dass sich ein Mensch mit unbestimmtem Wesen (不定姓) der Lehre Buddhas zuwendet (Izumoji 1996: 193, Fußnote 6).

Laut Bohner ist das große weiße Ochsengefährt, daibyaku gosha 大白牛車, das höchste der „drei Gefährten der Lehre“ 三乘教: das niedrigste ist das Schafgefährt, das mittlere das Hirschgefährt (Bohner 1934:79). Der große weiße Ochsenwagen stammt aus einer Parabel aus dem 譬喩-Kapitel des Lotos-Sutra 妙法蓮華経 (Izumoji 1996: 193, Fußnote 7): Einst lebte ein reicher Hausherr in einem großen Anwesen, das nur eine Tür besaß. Seine Kinder spielten im Haus, als plötzlich ein Feuer ausbrach. Um sie zu retten, rief er ihnen zu, er hätte Ochsen-, Ziegen- und einen Rehkarren für sie bereitgestellt. Als sie durch die List des Vaters wohlbehalten aus dem Haus traten, erklärte er ihnen, er habe nur Ochsenkarren, da es sich dabei um die größten Gefährte handle. Laut N gab diese Parabel in China den Anstoß zu einer Debatte: Die eine Seite vertrat die Auffassung, der Ochsenkarren sei bodhisattva yiina, der Ziegenkarren pratyekabuddha yiina und der Hirschkarren sriivaka yana. Das Haus selbst symbolisiere Karma und Samsara und Buddha benutze skillful means, um alle Lebewesen zu erretten. Der Ochsenkarren stelle den Mahayana-Buddhismus dar, den das Hoke-kyō lehrt. Die andere Seite meinte, der Ochsenkarren und der Mahayana-Buddhismus seien nicht dasselbe, und es gebe insgesamt vier verschiedene Fahrzeuge. Ochsen-, Ziegen- und Rehkarren seien skillful means und das vierte Fahrzeug die wahre Lehre Buddhas (Nakamura 1997: Fußnote 42).

人空 bedeutet wtl. „Leehrheit der Menschen“: Alles was ist, ist nach buddhistischer Auffassung leer, vergängich und leidvoll. Daher verfügen auch Menschen über keinen inneren Wesenskern, keine Seele (Izumoji 1996: 194, Fußnote 9).

Materialien


Artikel erstellt von Katja Gutenberger 12:26, 19. Nov. 2010 (CET).