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− | Es gibt sehr viele Geschichten, in denen jemand als Rind wiedergeboren wird um für Sünden des vorhergehenden Lebens Buße zu tun. | + | Es gibt sehr viele Geschichten, in denen jemand als Rind wiedergeboren wird um für Sünden des vorhergehenden Lebens (meist für Diebstahl im weitesten Sinn) Buße zu tun. |
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− | Die zeitliche Einordnung der Geschichte stützt sich auf die Erwähnung der [[Yamato|Provinz Yamato]], die zur Kofun- bzw. Yamato-Zeit (ca. 300-710) bestand, sowie des [[Soekami|Bezirks Soekami]], der als einer der Bezirke Yamatos bekannt ist [http://ja.wikipedia.org/wiki/%E6%B7%BB%E4%B8%8A%E9%83%A1]. | + | Die zeitliche Einordnung der Geschichte stützt sich auf die Erwähnung der [[Yamato|Provinz Yamato]], die zur Kofun- bzw. Yamato-Zeit (ca. 300-710) bestand, sowie des [[Soekami|Bezirks Soekami]], der als einer der Bezirke Yamatos bekannt ist [http://ja.wikipedia.org/wiki/%E6%B7%BB%E4%B8%8A%E9%83%A1]. |
− | Die Übersetzung des "12. Monates" mit "Dezember" ist in diesem Fall nicht einfach möglich, da vor der Einführung des Gregorianischen Kalenders 1873 in Japan das System des Lunisolarkalenders verwendet wurde, nach welchem es 12 Monate mit 29 oder 30 Tagen gab. Um die so entstehenden Differenzen zum Solarkalender auszugleichen, wurde in unregelmäßigen Abständen zusätzliche Monate eingefügt, weshalb es sein kann dass sich Monate im Lunisolarkalender bis zu 30 Tage von denen im Solarkalender unterscheiden [http://de.wikipedia.org/wiki/Japanische_Zeitrechnung#Jahreseinteilung]. | + | |
+ | Die Übersetzung des "12. Monates" mit "Dezember" ist in diesem Fall nicht einfach möglich, da vor der Einführung des Gregorianischen Kalenders 1873 in Japan das System des Lunisolarkalenders verwendet wurde, nach welchem es 12 Monate mit 29 oder 30 Tagen gab. Um die so entstehenden Differenzen zum Solarkalender auszugleichen, wurde in unregelmäßigen Abständen zusätzliche Monate eingefügt, weshalb es sein kann dass sich Monate im Lunisolarkalender bis zu 30 Tage von denen im Solarkalender unterscheiden [http://de.wikipedia.org/wiki/Japanische_Zeitrechnung#Jahreseinteilung]. | ||
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Die Erwähnung der "Stunde des Affen" steht in Bezug mit den chinesischen Tierkreiszeichen, mit Hilfe derer die [[Zeiteinteilung|traditionelle Zeiteinteilung]] in Ostasien getroffen wurde. Die Stunde des Affen bezeichnet in diesem Fall den Zeitraum zwischen 15 und 17 Uhr, weswegen wohl Nakamura als Übersetzung 16 Uhr gewählt hat (S. 121). | Die Erwähnung der "Stunde des Affen" steht in Bezug mit den chinesischen Tierkreiszeichen, mit Hilfe derer die [[Zeiteinteilung|traditionelle Zeiteinteilung]] in Ostasien getroffen wurde. Die Stunde des Affen bezeichnet in diesem Fall den Zeitraum zwischen 15 und 17 Uhr, weswegen wohl Nakamura als Übersetzung 16 Uhr gewählt hat (S. 121). | ||
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Die Existenz von Fürst Kura no Iegimi ist historisch nicht belegt, da er außer in dieser Geschichte nirgendwo Erwähnung findet (Izumoji S. 23, Anm. 11). | Die Existenz von Fürst Kura no Iegimi ist historisch nicht belegt, da er außer in dieser Geschichte nirgendwo Erwähnung findet (Izumoji S. 23, Anm. 11). | ||
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− | + | Das Motiv der Wiedergeburt als Rind, um für Sünden im früheren Leben Buße zu tun, ist sehr häufig, was sich anhand der zahlreichen ähnlichen Geschichten zeigt. Vor allem das Vergehen des Diebstahls scheint mit der Gestalt eines Rindes gesühnt zu werden. S. dazu auch [[Tiere]]. Das Motiv des bestohlenen Kindes, in dessen Haushalt der Vater Dienst tun muss, findet sich fast identisch auch in [[II-15]], allerdings wird der verstorbene Vater durch die verstorbene Mutter ersetzt. | |
− | Die Tatsache, dass das Rind direkt in der Sprache der Menschen spricht, - also so, dass der Mönch es sofort versteht - ist | + | |
+ | Die Tatsache, dass das Rind direkt in der Sprache der Menschen spricht, - also so, dass der Mönch es sofort versteht - ist eher ungewöhnlich. Es ist zwar, wie z.B. auch im ''Konjaku monogatari'', nicht selten, dass Tiere mit Menschen kommunizieren, jedoch finden diese Gespräche üblicherweise in Träumen statt, wo das Übernatürliche keiner Erklärung bedarf. | ||
Zwar war es gemäß dem buddhistischen Glauben so, dass in der Urzeit Menschen und Tiere dieselbe Sprache sprachen, doch zu der Zeit als die Geschichte spielt befand man sich bereits in einer Zeit, wo dies nicht mehr der Fall war. Diese Tatsache lässt die Leser der Geschichte an dem Wahrheitsgehalt zweifeln und bringt die Überlegung auf, ob der Mönch die Begegnung mit dem Rind nur geträumt und dies später falsch niedergeschrieben hat, weswegen es zu der nun falschen und unmöglichen Darstellung kam (Izumoji S. 24, Anm. 18; Bohner S. 79,Anm. a 2). | Zwar war es gemäß dem buddhistischen Glauben so, dass in der Urzeit Menschen und Tiere dieselbe Sprache sprachen, doch zu der Zeit als die Geschichte spielt befand man sich bereits in einer Zeit, wo dies nicht mehr der Fall war. Diese Tatsache lässt die Leser der Geschichte an dem Wahrheitsgehalt zweifeln und bringt die Überlegung auf, ob der Mönch die Begegnung mit dem Rind nur geträumt und dies später falsch niedergeschrieben hat, weswegen es zu der nun falschen und unmöglichen Darstellung kam (Izumoji S. 24, Anm. 18; Bohner S. 79,Anm. a 2). | ||
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Ob die Opfergaben, die der Hausherr darbrachte dem Mönch oder den Drei Schätzen (= Grundprinzipien des Buddhismus: Buddha, Dharma und Sangha) dargebracht wurden, geht aus der Geschichte nicht eindeutig hervor. Es könnte sein, dass er sie dem Mönch gegeben hat, jedoch ist auch möglich dass er auf Grund seines Glaubens den höheren Mächten ein Opfer dargebracht hat. Laut Nakamura (S. 121, Anm. 7) bezeichnet ''shinjin'' das Ritual das in Sanskrit als ''pūjā'' bekannt ist, bei dem man sich direkt an die Götter wendet und ihnen Opfergaben darbringt[http://de.wikipedia.org/wiki/Puja]. | Ob die Opfergaben, die der Hausherr darbrachte dem Mönch oder den Drei Schätzen (= Grundprinzipien des Buddhismus: Buddha, Dharma und Sangha) dargebracht wurden, geht aus der Geschichte nicht eindeutig hervor. Es könnte sein, dass er sie dem Mönch gegeben hat, jedoch ist auch möglich dass er auf Grund seines Glaubens den höheren Mächten ein Opfer dargebracht hat. Laut Nakamura (S. 121, Anm. 7) bezeichnet ''shinjin'' das Ritual das in Sanskrit als ''pūjā'' bekannt ist, bei dem man sich direkt an die Götter wendet und ihnen Opfergaben darbringt[http://de.wikipedia.org/wiki/Puja]. | ||
Demzufolge ist es naheliegender, dass er den Drei Schätzen die Opfergaben dargebracht hat. | Demzufolge ist es naheliegender, dass er den Drei Schätzen die Opfergaben dargebracht hat. | ||
===Karma und Verdienste=== | ===Karma und Verdienste=== | ||
− | Eine große Rolle in der Geschichte spielen sowohl das Karma als auch die Verdienste, die es beeinflussen. Der Vater hat durch das unerlaubte Entwenden der Reisbündel sein Karma verschlechtert, weshalb er im nächsten Leben als Rind geboren wurde. Dadurch, dass er den Mönch vom Diebstahl der Decke abgehalten hat, mehrten sich (vermutlich) seine Verdienste, wodurch es anschließend möglich war durch die Vergebung der Familie die Sünden des vorhergegangenen Lebens zu büßen und das Karma zu verbessern. Dadurch wiederrum verbesserte sich das Karma des Sohnes, da dieser durch das Mitgefühl und Verständnis, das er seinem Vater entgegengebracht und womit er diesen schließlich erlöst hat, seine eigenen Verdienste gemehrt und sein Karma verbessert hat. | + | Eine große Rolle in der Geschichte spielen sowohl das Karma als auch die Verdienste, die es beeinflussen. Der Vater hat durch das unerlaubte Entwenden der Reisbündel sein Karma verschlechtert, weshalb er im nächsten Leben als Rind geboren wurde. Dadurch, dass er den Mönch vom Diebstahl der Decke abgehalten hat, mehrten sich (vermutlich) seine Verdienste, wodurch es anschließend möglich war durch die Vergebung der Familie die Sünden des vorhergegangenen Lebens zu büßen und das Karma zu verbessern. Dadurch wiederrum verbesserte sich das Karma des Sohnes, da dieser durch das Mitgefühl und Verständnis, das er seinem Vater entgegengebracht und womit er diesen schließlich erlöst hat, seine eigenen Verdienste gemehrt und sein Karma verbessert hat. |
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Verdienste werden ohne direktes Zutun an Hand von guten, rechten Taten vergeben und werden dann - ähnlich wie Geld auf einem Bankkonto - angesammelt und vermehrt. Im Diesseits bestimmt man also durch sein Handeln seinen "Kontostand" und damit das Budget, mit dem man ins nächste Leben geht (Har Dayal: ''The Bodhisattva doctrine in Buddhist Sanskrit literature'', S. 188-189). | Verdienste werden ohne direktes Zutun an Hand von guten, rechten Taten vergeben und werden dann - ähnlich wie Geld auf einem Bankkonto - angesammelt und vermehrt. Im Diesseits bestimmt man also durch sein Handeln seinen "Kontostand" und damit das Budget, mit dem man ins nächste Leben geht (Har Dayal: ''The Bodhisattva doctrine in Buddhist Sanskrit literature'', S. 188-189). | ||
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Version vom 19. Februar 2011, 15:29 Uhr
In einem Weiler der Bergdörfer (yamamura no naka sato 山村中里) im Bezirk Soekami (soekami-gun 添上郡) in der Provinz Yamato (yamato no kuni 大和国) lebte einst ein Fürst den man den Herrn des Hauses Kura[1] nannte. Anlässlich des 12. Monats[2] wollte er gemäß den Mahāyāna-Schriften[3] für seine früheren Sünden Buße tun. Er trug einem Diener auf: "Bitte einen Mönch (zenji 禅師) her." Der Diener fragte: "Von welchem Tempel soll ich einen Meister herbitten?" Er antwortete: "Wähle keinen Tempel aus, wenn du zufällig einen [Meister] triffst, bitte ihn dich zu begleiten." Der Diener leistete dem Wunsch [seines Herren] Folge, bat einen Wandermönch[4] ihn zu begleiten und kehrte mit ihm in das Haus [des Fürsten] zurück. Der Hausherr brachte [dem Mönch] gläubigen Herzens[5] Geschenke dar[6].
Am Abend waren die Anbetung und die Rezitation der Schriften[7] bereits beendet. Als der Mönch sich ausruhen wollte, stellte ihm der Hausherr[8] eine Decke zur Verfügung, um sich zuzudecken. Tief in seinem Herzen dachte der Mönch: "Es ist besser diese Decke zu nehmen und zu gehen, als morgen einen Gegenstand [als Bezahlung] zu bekommen." In dem Moment hörte er eine Stimme, die sagte: "Stiehl die Decke nicht!" Der Mönch erschrak sehr und zweifelte [daran, dass er das gehört hatte], er sah sich um und schlich durch das Anwesen, auf der Suche nach einem Menschen, jedoch fand er nur ein Rind, das unter dem Lagergebäude[9] des Hauses stand. Der Mönch ging zu dem Rind und das sagte: "Ich bin der Vater vom Vorstand dieses Hauses. In meinem früheren Leben habe ich von meinem Sohn, ohne es ihm zu sagen, 10 Bündel Reis genommen, um sie jemandem zu geben[10]. Aus diesem Grund habe ich nun den Körper eines Rindes erhalten und muss meine frühere Schuld sühnen. Du, der du ins Kloster eingetreten bist, wie kannst du einfach so diese Bettdecke stehlen [wollen]? Als Zeichen, dass ich die Wahrheit spreche, soll man für mich einen Sitz (za 坐) herrichten. Ich werde mich darauf niederlassen (iru 居). Dann sollte man wissen, dass ich der Vater [des Hausherren] bin." Daraufhin war der Mönch sehr beschämt, ging zu seinem Schlafplatz zurück und blieb dort.
Am nächsten Morgen, als das Abhalten des Rituals bereits beendet war, sagte [d]er [Mönch]: "Lassen Sie alle, die nicht zur Familie gehören, sich entfernen." Anschließend versammelte er die Familie und erzählte detailliert die Vorkommnisse der Nacht (saki no koto 先の事). Daraufhin ging der Hausherr mit schwerem Herzen zu dem Rind, breitet Stroh vor ihm aus und sagte: "Wenn du tatsächlich mein Vater bist, dann nimm darauf Platz." Das Rind beugte die Knie und legte sich auf den Sitz. Alle Verwandten riefen, weinten und schluchzten laut, und sagten: "Du bist tatsächlich [unser] Vater!" Bald erhoben sie sich [wieder], verbeugten sich, zollten ihm Respekt und sagten: "Das, was du den engsten Angehörigen unserer Familie einmal angetan hast, diese Sünde sei dir jetzt vergeben." Als das Rind das hörte, weinte es und atmete schwer. Am selben Tag, zur Stunde des Affen[11], starb es (inochi owaru 命終).
Später schenkte [d]er [Hausherr] dem Meister die Decke, mit der er zugedeckt war, und [andere] Kostbarkeiten (takara mono 財物). Dadurch mehrten sich zum Wohle seines Vaters die Verdienste[12] [des Hausherren und verbesserten sein Karma].
[Wie] sollte man da nicht an das Prinzip der karmischen Wirkung (inga no kotowari 因果の理) glauben?
- ↑ 椋家長公; kachō 家長/iegimi 家君 wörtl. Familienoberhaupt/Hausvorstand; iegimi ist auch ein häufiger Familienname, auf Grund des weiteren Kontext ist jedoch anzunehmen, dass hier einfach der Hausherr der Kura gemeint ist; die Person ist historisch nicht bekannt und findet außer in dieser Geschichte keine Erwähnung
- ↑ shihasu 十二月; in mehreren alten Schriften (z.B. 政事要略 Seijiyōrya, 類聚国史 Ruijūkokushi) wird erwähnt, dass es üblich war im 12. Monat für seine Sünden Buße zu tun
- ↑ hōkō-kyō 方広経, eventuell Daitsū hōkō sange metsuzai shōgon jōbutsu-kyō 大通方広懺悔滅罪荘厳成仏経
- ↑ 路行く一の僧; michiyuku 路行く wörtl. auf der Straße unterwegs sein; 僧 hōshi Mönch
- ↑ shinjin 信心 Zuversicht, vertrauen; bedeutet auch an die "Drei Schätze" (= Grundprinzipien des Buddhismus: Buddha, Dharma und Sangha) zu glauben
- ↑ kuyō 供養 Opfergaben darbringen; Übersetzung des Sanskrit-Begriffes pūjā, bezeichnet ein Ritual bei dem den Drei Schätzen Nahrung, Kleidung, Weihrauch, Blumen, Kerzen, usw. dargebracht werden; bezeichnet hier eher die Geschenke die man als Gläubiger dem Mönch macht
- ↑ reikyō 禮經; rei = Anbetung, Verehrung; kyō = Rezitation von Schriften
- ↑ danshu 檀主, dieselbe Bedeutung wie danotsu 檀越: Patron des Rituals, jemand der Opfergaben darbringt
- ↑ kura no moto 倉下 wörtl. Gebiet unter dem Lagergebäude; falls das Lagergebäude mit Stelzen erhöht war, sodass zwischen Grund und Gebäudeboden ein Rind hätte Platz finden können, könnte es tatsächlich dort gestanden haben
- ↑ Eventuell handelt es sich hierbei um Steuerabgaben in Form von Reis gemäß der Feldsteuer des Ritsuryō-Systems
- ↑ saru no toki 申時 wörtl. Stunde des Affen; zw. 15 und 17 Uhr
- ↑ kudoku 功德, Sanskrit punya skandha; im buddhistischen Sinn Verdienste als Ergebnis tugendhaften Wandels oder guter Werke; die Zunahme der Verdienste erfolgt automatisch in Folge von guten Taten
Hintergrund
- Zeit: Yamato-Zeit/Kofun-Zeit (300-710 n. Chr.), 12. Monat
- Ort: Weiler der Bergdörfer, Bezirk Soekami, Provinz Yamato (heutige Präfektur Nara)
- Personen: Fürst Kura no Iegimi, ein Diener, der Vater des Fürsten in Gestalt eines Rindes, ein buddhistischer Mönch, die Verwandten des Fürsten
Ursache und Wirkung
Der Vater hat seinen Sohn bestohlen und wird dafür bestraft, indem er im nächsten Leben als Rind wiedergeboren wird. Durch seine gute Tat erhält er Vergebung und wird dadurch erlöst.
Anmerkungen
Ähnliche Geschichten
Es gibt sehr viele Geschichten, in denen jemand als Rind wiedergeboren wird um für Sünden des vorhergehenden Lebens (meist für Diebstahl im weitesten Sinn) Buße zu tun.
Zum Beispiel:
- Nihon ryōiki II-09, II-15
- Konjaku monogatari-shū XIV-37
- Hō'onjurin 法苑珠林 (3 Geschichten)
- Myōhōki (III, On Wang 王, Yü 瑜, etc.)
- Fusō ryakki (IV, Saimei)
Zeit
Die zeitliche Einordnung der Geschichte stützt sich auf die Erwähnung der Provinz Yamato, die zur Kofun- bzw. Yamato-Zeit (ca. 300-710) bestand, sowie des Bezirks Soekami, der als einer der Bezirke Yamatos bekannt ist [1].
Die Übersetzung des "12. Monates" mit "Dezember" ist in diesem Fall nicht einfach möglich, da vor der Einführung des Gregorianischen Kalenders 1873 in Japan das System des Lunisolarkalenders verwendet wurde, nach welchem es 12 Monate mit 29 oder 30 Tagen gab. Um die so entstehenden Differenzen zum Solarkalender auszugleichen, wurde in unregelmäßigen Abständen zusätzliche Monate eingefügt, weshalb es sein kann dass sich Monate im Lunisolarkalender bis zu 30 Tage von denen im Solarkalender unterscheiden [2].
Die Erwähnung der "Stunde des Affen" steht in Bezug mit den chinesischen Tierkreiszeichen, mit Hilfe derer die traditionelle Zeiteinteilung in Ostasien getroffen wurde. Die Stunde des Affen bezeichnet in diesem Fall den Zeitraum zwischen 15 und 17 Uhr, weswegen wohl Nakamura als Übersetzung 16 Uhr gewählt hat (S. 121).
Ort
Was den näheren Handlungsort betrifft ist zu sagen, dass Nakamura Yamamura als Eigenname unübersetzt lässt und Weiler als nähere Definition des Ortes innerhalb von Yamamura ansieht (S. 120). Wahrscheinlicher erscheint uns jedoch die direkte Übersetzung als Bergdorf/Bergdörfer, wie sie Bohner gewählt hat (S. 79), was für 山村の中里 eine Übersetzung als Weiler innerhalb der Bergdörfer nahelegt.
Hauptfigur
Auch der Name der Hauptfigur kann auf zwei Arten gedeutet werden: Nakamura übersetzt 椋家長公 mit Lord Kura no Iegimi, wobei sie anmerkt dass die Zeichen für iegimi auch als Familienoberhaupt gelesen werden können, sie aber die Lesung iegimi als häufigen Nachnamen dieser Zeit versteht (s. 120, Anm. 3). Die Existenz von Fürst Kura no Iegimi ist historisch nicht belegt, da er außer in dieser Geschichte nirgendwo Erwähnung findet (Izumoji S. 23, Anm. 11).
Rind
Das Motiv der Wiedergeburt als Rind, um für Sünden im früheren Leben Buße zu tun, ist sehr häufig, was sich anhand der zahlreichen ähnlichen Geschichten zeigt. Vor allem das Vergehen des Diebstahls scheint mit der Gestalt eines Rindes gesühnt zu werden. S. dazu auch Tiere. Das Motiv des bestohlenen Kindes, in dessen Haushalt der Vater Dienst tun muss, findet sich fast identisch auch in II-15, allerdings wird der verstorbene Vater durch die verstorbene Mutter ersetzt.
Die Tatsache, dass das Rind direkt in der Sprache der Menschen spricht, - also so, dass der Mönch es sofort versteht - ist eher ungewöhnlich. Es ist zwar, wie z.B. auch im Konjaku monogatari, nicht selten, dass Tiere mit Menschen kommunizieren, jedoch finden diese Gespräche üblicherweise in Träumen statt, wo das Übernatürliche keiner Erklärung bedarf. Zwar war es gemäß dem buddhistischen Glauben so, dass in der Urzeit Menschen und Tiere dieselbe Sprache sprachen, doch zu der Zeit als die Geschichte spielt befand man sich bereits in einer Zeit, wo dies nicht mehr der Fall war. Diese Tatsache lässt die Leser der Geschichte an dem Wahrheitsgehalt zweifeln und bringt die Überlegung auf, ob der Mönch die Begegnung mit dem Rind nur geträumt und dies später falsch niedergeschrieben hat, weswegen es zu der nun falschen und unmöglichen Darstellung kam (Izumoji S. 24, Anm. 18; Bohner S. 79,Anm. a 2).
Opfergaben
Ob die Opfergaben, die der Hausherr darbrachte dem Mönch oder den Drei Schätzen (= Grundprinzipien des Buddhismus: Buddha, Dharma und Sangha) dargebracht wurden, geht aus der Geschichte nicht eindeutig hervor. Es könnte sein, dass er sie dem Mönch gegeben hat, jedoch ist auch möglich dass er auf Grund seines Glaubens den höheren Mächten ein Opfer dargebracht hat. Laut Nakamura (S. 121, Anm. 7) bezeichnet shinjin das Ritual das in Sanskrit als pūjā bekannt ist, bei dem man sich direkt an die Götter wendet und ihnen Opfergaben darbringt[3]. Demzufolge ist es naheliegender, dass er den Drei Schätzen die Opfergaben dargebracht hat.
Karma und Verdienste
Eine große Rolle in der Geschichte spielen sowohl das Karma als auch die Verdienste, die es beeinflussen. Der Vater hat durch das unerlaubte Entwenden der Reisbündel sein Karma verschlechtert, weshalb er im nächsten Leben als Rind geboren wurde. Dadurch, dass er den Mönch vom Diebstahl der Decke abgehalten hat, mehrten sich (vermutlich) seine Verdienste, wodurch es anschließend möglich war durch die Vergebung der Familie die Sünden des vorhergegangenen Lebens zu büßen und das Karma zu verbessern. Dadurch wiederrum verbesserte sich das Karma des Sohnes, da dieser durch das Mitgefühl und Verständnis, das er seinem Vater entgegengebracht und womit er diesen schließlich erlöst hat, seine eigenen Verdienste gemehrt und sein Karma verbessert hat.
Verdienste werden ohne direktes Zutun an Hand von guten, rechten Taten vergeben und werden dann - ähnlich wie Geld auf einem Bankkonto - angesammelt und vermehrt. Im Diesseits bestimmt man also durch sein Handeln seinen "Kontostand" und damit das Budget, mit dem man ins nächste Leben geht (Har Dayal: The Bodhisattva doctrine in Buddhist Sanskrit literature, S. 188-189).
Materialien
- Datei:Snkbt I-10.pdf — Originaltext in SNKBT 30
- Datei:Snkbt I-10k.pdf — SNKBT Kanbun
- Datei:Bohner I-10.pdf — Deutsche Übersetzung, Bohner 1934, Haupttext
- Datei:Bohner I-10A.pdf — Bohner 1934, Anmerkungen
- Datei:Nakamura I-10.pdf — Englische Übersetzung, Nakamura 1997
- Datei:Naumann I-10.pdf — Deutsche Übersetzung, Naumann 1973
- Auflistung der Texte