Bauten/Bekannte Schreine/Nikko: Unterschied zwischen den Versionen

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== Das Yōmei-mon und die Furcht vor der Perfektion==
 
== Das Yōmei-mon und die Furcht vor der Perfektion==
  
Das Tor zum zentralen Teil der Anlage, das {{glossar:youmeimon}}Yōmei-mon, durfte früher nur von hochrangigen Mitgliedern des Adels durchschritten werden. Doch selbst wenn man als gewöhnlicher Sterblicher nur bis hier her gelangte, bot das Tor mit seinen zahllosen Schnitzereien Anlass, einen ganzen Tag lang selbstvergessen in Betrachtung seines überschwänglichen Dekors vor ihm zu verweilen — so jedenfalls die Begründung für einen seiner Beinamen: Higurashi-mon („Den-ganzen-Tag-lang-Tor“). Die Grundform dieses Tores erinnert stark an buddhistische [[Bauten:Tempel/Tempeltore|Tempeltore]], doch die Details weichen teilweise von der buddhistischen Standardikonographie ab.  
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Das Tor zum zentralen Teil der Anlage, das {{glossar:youmeimon}}, durfte früher nur von hoch·ran·gigen Mit·glie·dern des Adels durch·schrit·ten werden. Doch selbst wenn man als gewöhn·licher Sterb·licher nur bis hier her ge·langte, bot das Tor mit seinen zahl·losen Schnit·ze·reien Anlass, einen ganzen Tag lang selbst·ver·ges·sen in Be·trach·tung seines über·schwäng·lichen Dekors vor ihm zu verweilen — so jedenfalls die Begründung für einen seiner Bei·na·men: Higurashi-mon („Den-ganzen-Tag-lang-Tor“). Die Grund·form dieses Tores erinnert stark an buddhis·tische [[Bauten:Tempel/Tempeltore|Tempeltore]], doch die Details weichen teil·weise von der buddhis·tischen Stan·dardiko·nographie ab.  
  
 
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Zunächst fallen zahlreiche legendäre Tiere ins Auge: [[Drachen]], Löwen (oder vielleicht eher {{glossar:komainu}}-artige Mischungen von Löwe und Hund), Kirin (Drachenpferde, die in China allgegenwärtig sind, in Japan aber nur durch das gleichnamige Bier zu allgemeiner Bekanntheit gelangt sind) und Elefanten (oder genauer: Baku, die sowohl Rüssel als auch Klauen besitzen und als Beschützer vor bösen Träumen gelten). Diesen Tieren wird allgemein eine Schutzfunktion vor bösen Geistern zugesprochen, sie finden sich in leicht abgewandelter Form auch in China und dürften teilweise aus dem Buddhismus stammen. Daneben fallen am Yōmei-mon allerdings auch menschliche Figuren ins Auge, die einem eher weltlichen, konfuzianischen Kontext entnommen sind. Neben Konfuzius im Kreise seiner Schüler sind z.B. die vier eleganten Vergnügungen des Gelehrten ({{glossar:kinkishoga}}) dargestellt: Lautenspiel (Koto), Brettspiel (Go), Kalligraphie und Malerei. Diese ausgeprägt konfuzianische Motivwahl ist eines der neuartigen Elemente aus der Entstehungszeit des Yōmei-mon, die man auf älteren religiösen Gebäuden nicht findet. Zu dieser eher weltlichen Orientierung passt es auch, dass die üblichen Torwächter buddhistischer Tempel ({{glossar:niou}}), durch realistische Darstellungen von japanischen Bogenschützen ersetzt sind.
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Zunächst fallen zahlreiche legendäre Tiere ins Auge: [[Drachen]], Löwen (oder viel·leicht eher {{glossar:komainu}}-artige Mischun·gen von Löwe und Hund), Kirin (Drachen·pferde, die in China all·ge·gen·wärtig sind, in Japan aber nur durch das gleich·namige Bier zu allge·mei·ner Be·kannt·heit gelangt sind) und Ele·fanten (oder genauer: Baku, die sowohl Rüssel als auch Klauen besit·zen und als Beschüt·zer vor bösen Träumen gelten). Diesen Tieren wird allge·mein eine Schutz·funk·tion vor bösen Geistern zuge·spro·chen, sie finden sich in leicht abge·wan·del·ter Form auch in China und dürften teil·weise aus dem Buddhis·mus stam·men. Daneben fallen am Yōmei-mon aller·dings auch mensch·liche Figu·ren ins Auge, die einem eher welt·lichen, kon·fu·zianischen Kon·text entnom·men sind. Neben Kon·fuzius im Kreise seiner Schü·ler sind z.B. die vier ele·ganten Vergnü·gun·gen des Ge·lehr·ten ({{glossar:kinkishoga}}) dar·gestellt: Lauten·spiel (Koto), Brett·spiel (Go), Kalli·graphie und Male·rei. Diese aus·geprägt kon·fu·zia·nische Motiv·wahl ist eines der neuar·tigen Ele·mente aus der Entste·hungs·zeit des Yōmei-mon, die man auf älte·ren religiö·sen Ge·bäu·den nicht findet. Zu dieser eher welt·lichen Orien·tie·rung passt es auch, dass die übli·chen Tor·wäch·ter buddhis·tischer Tempel ({{glossar:niou}}), durch realis·tische Darstel·lungen von japa·nischen Bogen·schüt·zen ersetzt sind.
 
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Abgesehen von diesen bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten figurativen Motiven, an denen die berühmtesten Bildhauer ihrer Zeit mitarbeiteten, enthält das Yōmei-mon noch eine weitere Besonderheit, die nur Eingeweihten ins Auge fällt: es handelt sich um eine der zwölf weiß bemalten Trägersäulen, die mit der gleichen ornamentalen Struktur (einem stilisierten Affengesicht) wie alle anderen Säulen verziert ist, aber um 180 Grad verdreht; die Säule ist also quasi auf den Kopf gestellt. Dies ist nicht etwa ein Versehen, sondern verdankt sich einem besonderen Tabu, von dem man schon in den mittelalterlichen „Aufzeichnungen aus Mußestunden“ (''Tsurezuregusa'', Abschnitt 82) erfährt: Dort heißt es, dass ein allzu perfektes Ebenmaß Unglück brächte. Und genau aus diesem Grund habe man in den kaiserlichen Palästen stets darauf geachtet, auf jeden Fall ein Detail unvollendet zu lassen. Der umgedrehte Pfeiler des Yōmei-mon ist also gemäß dieser Vorstellung ein — zweifellos perfekt ausgearbeitetes —  Anti-Perfektionselement. Im übrigen scheinen umgedreht aufgestellte Baumstämme auch im Volksglauben der Geisterabwehr gedient zu haben. Die besondere Säule des Yōmei-mon trägt daher auch die Bezeichnung „umgedrehte Dämonenabwehr-Säule“ ({{glossar:mayokenosakabashira}}).
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Abgesehen von diesen bis ins kleinste Detail aus·gear·bei·teten figu·rati·ven Moti·ven, an denen die be·rühm·tes·ten Bild·hauer ihrer Zeit mitar·bei·teten, enthält das Yōmei-mon noch eine wei·tere Be·son·der·heit, die nur Ein·ge·weih·ten ins Auge fällt: es han·delt sich um eine der zwölf weiß be·mal·ten Trä·ger·säu·len, die mit der glei·chen orna·men·talen Struk·tur (einem stili·sierten Affen·ge·sicht) wie alle ande·ren Säu·len ver·ziert ist, aber um 180 Grad verdreht; die Säule ist also quasi auf den Kopf gestellt. Dies ist nicht etwa ein Ver·se·hen, son·dern ver·dankt sich einem be·son·deren Tabu, von dem man schon in den mit·telal·ter·lichen „Auf·zeich·nun·gen aus Muße·stun·den“ (''Tsure·zure·gusa'', Abschnitt 82) erfährt: Dort heißt es, dass ein allzu per·fek·tes Eben·maß Unglück brächte. Und genau aus diesem Grund habe man in den kai·ser·lichen Paläs·ten stets darauf geach·tet, auf jeden Fall ein Detail unvoll·endet zu lassen. Der umgedrehte Pfeiler des Yōmei-mon ist also gemäß dieser Vor·stel·lung ein — zwei·fel·los per·fekt aus·gear·bei·tetes —  Anti-Per·fek·tions·ele·ment. Im übrigen schei·nen umge·dreht auf·gestellte Baum·stämme auch im Volks·glau·ben der Geister·ab·wehr gedient zu haben. Die be·son·dere Säule des Yōmei-mon trägt daher auch die Be·zeich·nung „umge·drehte Dämo·nen·abwehr-Säule“ ({{glossar:mayokenosakabashira}}).
 
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*[http://www.nikko-japan.com/ Nikko Japan], Detaillierter Reiseführer durch die Anlage von Nikkō (jap.).
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*[http://www.nikko-japan.com/ Nikko Japan], Detail·lierter Reiseführer durch die Anlage von Nikkō (jap.).
 
*[http://www.digital-images.net/Gallery/Scenic/Japan/Nikko/nikko.html Nikko], Ron Reszniks Foto-Rundgang durch Nikkō
 
*[http://www.digital-images.net/Gallery/Scenic/Japan/Nikko/nikko.html Nikko], Ron Reszniks Foto-Rundgang durch Nikkō
 
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Version vom 27. Dezember 2010, 17:55 Uhr

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Tōshōgū Schrein, Nikkō

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Das Schreinareal von

Nikkō 日光 (jap.)

Tempel-Schreinanlage im Norden der Kantō-Ebene, Präf. Tochigi; beherbergt u.a. den Tōshō-gū Schrein

Schrein, Tempel

Der Begriff „Nikkō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Nikkō; s.a. Geo-Glossar

im Norden der Kantō-Region wurde schon in der Heian-Zeit (8.–10. Jh.) als heiliger Ort verehrt. Zu landes·weiter Bedeutung stieg der Ort aller·dings erst auf, als das Mausoleum des ersten Tokugawa Shoguns, der

Tōshō-gū 東照宮 (jap.)

Tōshō Schrein, Mausoleum des Tokugawa Ieyasu in Nikkō, Präf. Tochigi

Schrein

Der Begriff „Tōshō-gū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage von Tōshō-gū; s.a. Geo-Glossar

(Palast des Er·leuchters des Ostens), hierher verlegt wurde. In un·mittel·barer Nach·bar·schaft entstand übrigens auch ein Tempel, der dem Tendai Bud·dhis·mus zugehörige

Rinnō-ji 輪王寺 (jap.)

buddh. Tempel in der rel. Anlage von Nikkō

Tempel

Der Begriff „Rinnō-ji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Geographische Lage

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Geographische Lage von Rinnō-ji; s.a. Geo-Glossar

, der bis zur Meiji-Zeit die Schrein·an·gelegen·heiten über·wachte. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, in der Schrein·architektur zahlreiche bud·dhis·tische Elemente wie eine fünf·stöckige Pagode, Tore mit bud·dhis·tischen Wächter·gott·heiten und anderes mehr zu finden.

Bauliche Merkmale

Streng genommen beherbergt die Anlage zwei unter·schied·liche An·dachts·stätten für den ver·storbenen Shogun

Tokugawa Ieyasu 徳川家康 (jap.)

1543–1616; Begründer des Tokugawa Shogunats; Reichseiniger

Der Begriff „Tokugawa Ieyasu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Zum einen den Haupt·schrein, in dem Ieyasu als Kami unter dem Namen
Tōshō Daigongen 東照大権現 (jap.)

wtl. „Große göttl. Manifestation, die den Osten erleuchtet“; Götternamen des Tokugawa Ieyasu

Der Begriff „Tōshō Daigongen“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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  • Hoto ieyasu nikko.jpg
(„Gottheit, die den Osten erleuchtet“) verehrt wird, zum anderen das Grab·mal des Ieyasu, das der Form nach bud·dhis·tisch ist und dem An·denken seiner bud·dhis·tischen Toten·seele dient. Darüber hinaus ist die Anlage voll von chinesischen, oder genauer konfuzianischen Motiven. Der Tōshō-gū ist somit ein anschauliches Beispiel für das Ineinandergreifen religiöser Richtungen in Japan, wobei in diesem Fall zur üblichen Verbindung einheimischer und buddhistischer Gottheiten noch die als Heilige verehrten Weisen aus der chinesischen Mythologie hinzukommen.
nikko
Die wichtigsten Schrein·gebäude auf einem Plan der Anlage aus dem Jahr 1800,
der im Wesent·lichen der heutigen Anlage entspricht.
Quelle: Japanese Historical Maps

Architektonisch zählt der Tōsho-gū zu den repräsentativsten Beispielen einer besonders ornament·reichen, „barock·haften“ Schrein·architektur, die auch als Gongen-Stil (

gongen-zukuri 権現造 (jap.)

Architekturstil des Tōshō-gū in Nikkō, abgeleitet von Tōshō Daigongen, dem vergöttlichten Tokugawa Ieyasu; der Stil findet sich allerdings auch bei vielen anderen bedeutenden Schreinen der Edo-Zeit

Architektur

Der Begriff „gongen-zukuri“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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) bezeichnet wird. Der Götter·titel

gongen 権現 (jap.)

wtl. „vorläufige Erscheinung“ (vgl. gon); buddh. Titel für kami

Der Begriff „gongen“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Zao gongen.jpg

bedeutet wtl. „verwandelte Erscheinung“. Die Be·zeich·nung stammt aus dem Bud·dhis·mus und impliziert, dass der betreffende Kami eigentlich ein Buddha ist (s. honji suijaku Konzeption). Spricht man allerdings vom Gongen-Stil, bezieht sich „Gongen“ allein auf Tokugawa Ieyasu, der volks·tümlich auch als „

Gongen-sama 権現様 (jap.)

volkstüml. Bezeichnung für den 1. Tokugawa Shōgun, Ieyasu, der als Tōshō Dai-Gongen vergöttlicht wurde

Der Begriff „Gongen-sama“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

“ bezeichnet wurde. Der Architektur-Stil bezieht seinen Namen also von Ieyasus Mausoleum in Nikkō, obwohl auch andere, ältere Schreine in diesem Stil errichtet wurden.

In ihrer heutigen Form entstand die Anlage erst 20 Jahre nach Ieyasus Tod, 1634–1635 unter seinem Enkel

Tokugawa Iemitsu 徳川家光 (jap.)

3. Tokugawa Shōgun (1604–1651), r. 1623–1651

Der Begriff „Tokugawa Iemitsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Ryugu nikko.jpg
  • Nikko plan.jpg

, der sich ebenfalls am gleichen Ort ein Mausoleum (

Taiyū-in 大猷院 (jap.)

Mausoleum des 3. Tokugawa Shōguns, Iemitsu, err. 1652–53

Architektur

Der Begriff „Taiyū-in“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Nikko plan.jpg

) errichten ließ.

nikko
Der Aufstieg zum Yōmei-mon, dem Eingang zur inneren Anlage, auf einem Druck von Yoshida Tōshi, 1940
Bild: Online Archive of California [2010/8]

Das Yōmei-mon und die Furcht vor der Perfektion

Das Tor zum zentralen Teil der Anlage, das

Yōmei-mon 陽明門 (jap.)

„Tor der Sonnenklarheit“; ursprünglich Name des östlichen Tores im Kaiserpalast von Kyōto, später auch in Nikkō errichtet

Schrein, Architektur

Der Begriff „Yōmei-mon“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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  • Gospieler yomeimon.jpg
  • Yomeimon vorne.jpg
  • Yomeimon suijin.jpg
  • Drachen nikko.jpg

, durfte früher nur von hoch·ran·gigen Mit·glie·dern des Adels durch·schrit·ten werden. Doch selbst wenn man als gewöhn·licher Sterb·licher nur bis hier her ge·langte, bot das Tor mit seinen zahl·losen Schnit·ze·reien Anlass, einen ganzen Tag lang selbst·ver·ges·sen in Be·trach·tung seines über·schwäng·lichen Dekors vor ihm zu verweilen — so jedenfalls die Begründung für einen seiner Bei·na·men: Higurashi-mon („Den-ganzen-Tag-lang-Tor“). Die Grund·form dieses Tores erinnert stark an buddhis·tische Tempeltore, doch die Details weichen teil·weise von der buddhis·tischen Stan·dardiko·nographie ab.

Okuninushi hokusai.jpg
Ōkuninushi heilt den Hasen von Inaba, dem Meeresungeheuer (wani) das Fell abgezogen haben. Hokusai interpretiert Ōkuninushi als Daikoku und die wani als Krokodile.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.

Das Yōmei-mon, das bekannteste und am reichsten dekorierte Bauwerk in der Anlage in Nikkō (vordere Ansicht). Die Architektur folgt buddhistischen Vorbildern (sanmon), aber anstelle der buddhistischen Wächtergottheiten (niō) sind zwei naturalistische Bogenschützen (suijin) zu sehen; einer jung, einer alt.
Edo-Zeit, 1636. Matsui Fumio/TOKYO VIEWS, flickr 2010.

Zunächst fallen zahlreiche legendäre Tiere ins Auge: Drachen, Löwen (oder viel·leicht eher

komainu 狛犬 (jap.)

wtl. „Korea-Hund“, auch „Löwenhund“; Wächterfigur vor religiösen Gebäuden

Tier, Bild

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-artige Mischun·gen von Löwe und Hund), Kirin (Drachen·pferde, die in China all·ge·gen·wärtig sind, in Japan aber nur durch das gleich·namige Bier zu allge·mei·ner Be·kannt·heit gelangt sind) und Ele·fanten (oder genauer: Baku, die sowohl Rüssel als auch Klauen besit·zen und als Beschüt·zer vor bösen Träumen gelten). Diesen Tieren wird allge·mein eine Schutz·funk·tion vor bösen Geistern zuge·spro·chen, sie finden sich in leicht abge·wan·del·ter Form auch in China und dürften teil·weise aus dem Buddhis·mus stam·men. Daneben fallen am Yōmei-mon aller·dings auch mensch·liche Figu·ren ins Auge, die einem eher welt·lichen, kon·fu·zianischen Kon·text entnom·men sind. Neben Kon·fuzius im Kreise seiner Schü·ler sind z.B. die vier ele·ganten Vergnü·gun·gen des Ge·lehr·ten (

kinkishoga 琴棋書画 (jap.)

die Vier Eleganten Zerstreuungen des klassischen chinesischen Gelehrten: Laute, Brettspiel (Go), Kalligraphie, Malerei.

Ritus

Der Begriff „kinkishoga“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) dar·gestellt: Lauten·spiel (Koto), Brett·spiel (Go), Kalli·graphie und Male·rei. Diese aus·geprägt kon·fu·zia·nische Motiv·wahl ist eines der neuar·tigen Ele·mente aus der Entste·hungs·zeit des Yōmei-mon, die man auf älte·ren religiö·sen Ge·bäu·den nicht findet. Zu dieser eher welt·lichen Orien·tie·rung passt es auch, dass die übli·chen Tor·wäch·ter buddhis·tischer Tempel (

niō 仁王 (jap.)

Wächterfigur, Torwächter

Der Begriff „niō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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), durch realis·tische Darstel·lungen von japa·nischen Bogen·schüt·zen ersetzt sind. Vorlage:Galerie2

Abgesehen von diesen bis ins kleinste Detail aus·gear·bei·teten figu·rati·ven Moti·ven, an denen die be·rühm·tes·ten Bild·hauer ihrer Zeit mitar·bei·teten, enthält das Yōmei-mon noch eine wei·tere Be·son·der·heit, die nur Ein·ge·weih·ten ins Auge fällt: es han·delt sich um eine der zwölf weiß be·mal·ten Trä·ger·säu·len, die mit der glei·chen orna·men·talen Struk·tur (einem stili·sierten Affen·ge·sicht) wie alle ande·ren Säu·len ver·ziert ist, aber um 180 Grad verdreht; die Säule ist also quasi auf den Kopf gestellt. Dies ist nicht etwa ein Ver·se·hen, son·dern ver·dankt sich einem be·son·deren Tabu, von dem man schon in den mit·telal·ter·lichen „Auf·zeich·nun·gen aus Muße·stun·den“ (Tsure·zure·gusa, Abschnitt 82) erfährt: Dort heißt es, dass ein allzu per·fek·tes Eben·maß Unglück brächte. Und genau aus diesem Grund habe man in den kai·ser·lichen Paläs·ten stets darauf geach·tet, auf jeden Fall ein Detail unvoll·endet zu lassen. Der umgedrehte Pfeiler des Yōmei-mon ist also gemäß dieser Vor·stel·lung ein — zwei·fel·los per·fekt aus·gear·bei·tetes — Anti-Per·fek·tions·ele·ment. Im übrigen schei·nen umge·dreht auf·gestellte Baum·stämme auch im Volks·glau·ben der Geister·ab·wehr gedient zu haben. Die be·son·dere Säule des Yōmei-mon trägt daher auch die Be·zeich·nung „umge·drehte Dämo·nen·abwehr-Säule“ (

mayoke no sakabashira 魔除けの逆柱 (jap.)

„umgedrehte Dämonenabwehr-Säule“ des Yōmei-mon im Tōshō-gū Schrein, Nikkō

Schrein

Der Begriff „mayoke no sakabashira“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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).