Ikonographie/Waechtergoetter/Wind und Donner: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 4. August 2020, 08:42 Uhr
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Wind- und Donnergott (Fūjin [Fūjin (jap.) 風神 Windgott; auch Fū-ten; kann sowohl buddhistisch als auch shintōistisch verehrt werden] und Raijin [Raijin (jap.) 雷神 Donnergott; auch Rai-ten]) finden sich in der ja·panischen Kunst häufig als Paar. Man er·kennt sie im All·ge·meinen daran, dass der Wind·gott einen schlauch·artigen Sack um die Schultern trägt, in dem er die Winde auf·be·wahrt, während der Donner·gott von einem Kranz flie·gender Trommeln umgeben ist, auf denen er bei Bedarf sein Konzert veranstaltet. Oft gibt es im Aus·druck der beiden Figuren einen ähnlichen Gegen·satz, wie bei den Tor·wächtern (niō [niō (jap.) 仁王 Wächterfigur, Torwächter]): Der eine auf·brausend und aggressiv (Donner), der andere zurück·haltend und be·dächtig (Wind).
Wind und Donnergott zählen u.a. zum Gefolge des Tausend·armigen Kannon [Kannon (jap.) 観音 auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt]. Die viel·leicht schönsten Skulpturen sind daher auch im Kannon-Heiligtum Sanjūsangen-dō [Sanjūsangen-dō (jap.) 三十三間堂 33 Klafter Halle; Kannon-Tempelhalle in Kyōto; offizieller buddhistischer Tempelname: Rengeō-in] in Kyōto zu finden. Diese Figuren aus der Kamakura [Kamakura (jap.) 鎌倉 Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)]-Zeit scheinen zum Aus·gangs·punkt der meisten späteren Dar·stel·lungen geworden zu sein. Windgott und Donnergott bewachen u.a. auch das Tor des Kannon-Tempels Sensō-ji [Sensō-ji (jap.) 浅草寺 bekannter Tempel in Tōkyō; auch: Asakusa-dera] in Asakusa, Tōkyō.
Die ikono·graphi·schen Details, z.B. die drei- bzw. vierfingrigen Hände und Füße, bleiben auf fast allen Ab·bildungen gleich. Auch haben Wind·gott und Donner·gott oft ähnliche Hörner wie die ja·panischen oni [oni (jap.) 鬼 Dämon, „Teufel“; in sino-japanischer Aussprache (ki) ein allgemeiner Ausdruck für Geister] (Dämonen), sie sind also ei·gent·lich be·droh·liche Figuren. Es gibt auch Dar·stel·lungen von Rachegeistern in Form eines Donner·gottes. Dies mag mit dem Donner in den alten Mythen zu·sammen·hängen, wo er z.B. unter dem Namen Takemikazuchi [Takemikazuchi (jap.) 建御雷 Mythologischer Schwertgott (wtl. Gewittergott); Ahnengottheit der Fujiwara; u.a. in den Schreinen Kashima und Kasuga verehrt] als furchteinflößende, gefähr·liche Gott·heit auftritt. Alles in allem sind Wind und Donner aber nicht so mächtig, wie man es aufgrund der Natur·gewalten, die sie re·prä·sen·tieren, erwarten würde. Viel·leicht liegt das am Einfluss des Bud·dhismus, der es mit sich brachte, dass der eigent·liche Kompetenz·bereich der beiden Götter, das Wetter, anderen Wesen wie etwa den Drachen zu·gewiesen wurde. Gebete um Regen oder den Schutz davor scheint man daher kaum an Fūjin [Fūjin (jap.) 風神 Windgott; auch Fū-ten; kann sowohl buddhistisch als auch shintōistisch verehrt werden] und Raijin [Raijin (jap.) 雷神 Donnergott; auch Rai-ten] ge·richtet zu haben. Mit der Zeit er·hielten die beiden Gestalten hingegen eine humoris·tische Note, z.B. auf den be·rühmten Wand·schirmen aus der frühen Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit:
Werk von Ogata Kōrin (1658–1716). Edo-Zeit, 17. Jh. Wikimedia Commons.
Werk von Tawaraya Sōtatsu. Frühe Edo-Zeit, 17. Jh. Kyōto National Museum.
Werk von Tawaraya Sōtatsu (Werkstatt) (ca. 1600-1640). Frühe Edo-Zeit. Cleveland Museum of Art.
Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Edo-Zeit. Museum of Fine Art, Boston.
Werk von Utagawa Kuniyoshi (1797–1861). Edo-Zeit. Museum of Fine Art, Boston.
Werk von Kawanabe Kyōsai. Meiji-Zeit, 1892. Harvard Library.
Werk von Kawanabe Kyōsai (1831–1889). Meiji-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
Werk von Kawanabe Kyōsai (1831–1889). Meiji-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
Frühformen
Frühere Darstellungen und Erwähnungen zeigen, dass ins·bsondere der Donner·gott ehe·mals eine mäch·ti·gere Stel·lung inne hatte, als in den liebe·voll-komi·schen Dar·stel·lungen der Edo-Zeit. Er brachte es in Japan zwar nie zu einer ähnlich be·herr·schen·den Position wie Zeus, Jupiter oder Thor im euro·päi·schen Kon·text, aber es gibt Hin·weise, dass mäch·tige Lokal·gottheiten oder gefähr·liche Rache·götter ur·sprüng·lich als Donner·götter ge·dacht wurden: Die Le·genden·samm·lung Nihon ryōiki [Nihon ryōiki (jap.) 日本霊異記 „Wundersame Begebenheiten aus Japan“; buddhistische Legendensammlung von Kyōkai (Anfang 9. Jh.)] aus dem frühen neunten Jahr·hun·dert erzählt zum Bei·spiel von einem wackeren Helden, der einen Donner·gott zähmt, wäh·rend be·reits in der ältes·ten japa·ni·schen Chronik, dem Kojiki [Kojiki (jap.) 古事記 „Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)] (720), von rächen·den Donner·gott·heiten die Rede ist (Izanami [Izanami (jap.) 伊耶那美/伊奘冉 Göttermutter, Göttin der Unterwelt (mi hier weibliche Endung); Schwester und Frau des Izanagi] Edpisode). In der Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit offen·bart sich der rä·chende Aspekt der Don·ner·gott·hei·ten darin, dass „Zür·nende Geister“ (goryō [goryō (jap.) 御霊 „erhabener“ [Rache]Geist]) wie etwa Sugawara no Michizane [Sugawara no Michizane (jap.) 菅原道真 845–903, Heian-zeitl. Staatsmann und Gelehrter; posthum als Tenman Tenjin vergöttlicht, heute Gott der Gelehrsamkeit] in dieser Gestalt er·schei·nen, wenn sie Schaden über die un·dank·bare Nach·welt herab·rufen wollen. All diese Aspekte kommen in den spä·teren, bud·dhis·tisch ge·präg·ten Dar·stel·lungen von Donner und Wind nur noch ab·ge·mildert bzw. humo·ris·tisch gebro·chen zum Ausdruck.