Alltag/Totenriten/Sogiya: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 30. Juli 2020, 20:31 Uhr
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Totenriten/Sogiya.
Die vorliegende Seite enthält eine Analyse des Web·auftritts einer japanischen Be·stat·tungs·firma (sōgiya [sōgiya (jap.) 葬儀屋 Bestatter, Bestattungsfirma]) namens Sekise aus dem Jahr 2005, die sich in Form einer virtuellen „Be·stattungs-Plaza“ (Osōshiki-Puraza) präsentierte. Da die Seite in dieser Form nicht mehr existiert, ist die Analyse als Momentaufnahme aus den Nullerjahren zu werten. Das damals entworfene Logo der Bestattungs Plaza spiegelt allerdings Vorstellungen wider, die sicher längerfristig in Japan wirksam sind.
Oshōshiki-Plaza.
Das Logo ähnelt in seiner Komplexität den Jenseits·darstel·lungen auf tra·di·tio·nellen japanischen Mandalas und gibt zugleich ein ungefähres Bild von der Über·lagerung vielfältiger Jenseits·bilder in der modernen japanischen Vorstellungswelt. Was als erstes auffällt, sind Figuren im Stil der „Niedlich-Kultur“ (kawaii bunka), die das Geschäft mit dem Tod als fröhlich-harmloses Frei·zeit·ver·gnügen erscheinen lassen. Zugleich wird auf den ersten Blick deutlich, dass der Jen·seits-Frei·zeit·park eine sehr inter·nationale, multi·kul·turelle Angelegenheit ist.
Jedes Gebäude steht für eine bestimmte Funktion oder Dienstleistung der Firma. Die Gebäudeskizzen sind mit Links ausgestattet, die zu den entsprechenden Unterseiten der Website führen.
Detailansichten
Der Mittelteil des Bildes enthält ein Schild mit der Aufschrift Osōshiki Puraza [Osōshiki Puraza (jap.) お葬式プラザ wtl. Begräbnis-Plaza; Webauftritt einer japanischen Bestattungsfirma]. Darunter ein Spring·brun·nen (Jungbrunnen-Motiv?), umgeben von Figuren aus ver·schie·denen Epochen und Ländern. Neben einem japa·nischen Samurai und einer Geisha, sowie einem euro·päischen Ritter und einem Prinzen sind auch eine verschleierte Muslimin, Tiere und ein Wesen aus der Zukunft zu sehen. Die Ver·mi·schung von Zeiten und Kul·turen erweckt im vor·lie·genden Kontext Asso·zia·tio·nen mit bud·dhis·tischen Vor·stel·lungen der Wie·der·geburt in unter·schied·lichen Exis·tenzen, ein Trans·for·ma·tions·vor·gang, der hier als bunter Jahr·markts·zauber präsentiert wird. |
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Das Gebäude links oben trägt den Namen Pācharu-sōgi-kan, Gebäude für ein·zelne (partial) Be·gräbnis·ab·schnitte. Der Bildteil ist mit einem Link unterlegt, welcher zu einer generellen, sehr brauch·baren Erklärung führt, was bei einem Be·gräbnis im Regel·fall alles zu tun ist. Der griechi·sche Tempel·stil und der Zylinder des Ge·bäud·ein·habers scheinen die Serio·sität dieses Ab·schnitts zu unter·streichen. Dieser Teil der Web·site findet sich auch in ver·kürzter englischer Übersetzung. |
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Das Sōgi-shikitari-kan, ebenfalls klassisch-antik, enthält weitere vertiefende Infor·ma·tionen zu japa·nischen Be·gräbnis·bräuchen, z.B. hinsichtlich Kleidung, Geld·spenden, etc. Das abgebil·dete Braut·paar hat hier im Grunde nichts verloren. |
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Im oberen Bildteil befindet sich ein besonders interes·santer Link zur Anoyo-Town, der „Jenseits-Stadt“. Im Schatten·riss zeichnen sich das Taj Mahal, die Sagrada Familia, eine Pyramide und eine japa·nische Pagode ab, umflort von Barock·engeln im Manga-Stil. Der Link führt tatsächlich zu Kurz·infor·ma·tionen über die Jenseits·vorstel·lungen unter·schied·licher Religionen, aber auch über „Near-Death“ Erfahrungen. |
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Im mittleren Bildteil befindet sich ein Link zum „Haus der Profis“ (Puro no kan). Es handelt sich um eine Liste mit Kontakt·adres·sen zu örtlichen Be·stat·tungs·unter·nehmen. Das Gebäude ähnelt dem Tōdaiji [Tōdaiji (jap.) 東大寺 Tempel des Großen Buddha von Nara; wtl. Großer Ost-Tempel], Japans größtem buddhistischen Tempel in Nara. |
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Auf gleicher Höhe rechts befindet sich ein „For·schungs·institut“ in futuris·tischer Aus·gestal·tung. Tat·säch·lich finden sich hier vermischte Berichte über Todes·fälle und Wissens·wertes von eher allge·meiner Natur. Auch histo·rische und ethno·logi·sche Beiträge sind enthalten. |
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Im Stil eines europäischen Mär·chen·schlos·ses mit engels·haft blonder Prinzes·sin, bestaunt von einem India·ner und einem Baseball-Spieler, der Verweis zu einer Adressen·liste von Organisa·tionen, die Men·schen in beson·de·ren Not·fällen unter·stützen. An erster Stelle steht hier ein Verein, der Waisen betreut, aber es findet sich auch eine „Gesell·schaft für Denk·mäler von Frauen“. |
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Im Stil des Big Ben in London schließlich der Verweis zum Moshimo-sōdan-sentā, dem Bera·tungs·zentrum für den „Fall des Falles“. Der pro·minen·teste Ab·schnitt dieses Teils der Web·site besteht aus eine FAQ-Liste, in der z.B. die Frage auftaucht: „Was soll ich tun, wenn ich das Be·gräbnis nur im Kreis der engsten Familie abhalten will?“ Eine andere Frage bezieht sich auf die Blumen im Fall einer christlichen Beer·digung. Die Antwort rät von Chrysan·themen ab, da diese das bud·dhis·tische Paradies ver·körpern, und rät zu einer bunten Auswahl. |
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In der unteren Bildmitte schließlich ein Link zur eigent·lichen Home·page von Sekise. In seiner Mischung aus Ver·nie·dlich·ung des Todes, hand·fester Infor·mation und spiri·tistischen Ein·sprenkseln dient das „Begräbnis·forum“ offensichtlich als Köder, um von einem Todes·fall Betroffene diskret auf den spe·ziellen Ge·schäfts·zweig der Firma auf·merk·sam zu machen. Dieser besteht in futuris·tischen Be·gräbnis·formen, die durchaus Ge·mein·sam·keiten mit den zahl·reichen Neuen Religionen Japans aufweisen. Bei·spiels·weise vertreibt die Firma Toten·täfelchen (ihai [ihai (jap.) 位牌 Ahnentäfelchen]), die die DNA des Ver·stor·benen enthalten. Auch wird Bestat·tung in freier Natur oder gar im Welt·all angeboten. |
Verweise
Bilder
- ^ Das Jenseits aus der Sicht eines japanischen Bestattungsunternehmens. Graphik mit Kurzinfos und Links zu den einzelnen Bereichen der Homepage.
Oshōshiki-Plaza.
Glossar
- kawaii bunka かわいい文科 ^ wtl. Niedlich-Kultur; Tendenz zur Verniedlichung in der japanischen Populärkultur (vgl. kawaii)
- Osōshiki Puraza お葬式プラザ ^ wtl. Begräbnis-Plaza; Webauftritt einer japanischen Bestattungsfirma