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| Aus dieser Grund·hal·tung entstand auch seine ge·schichts·philo·sophi·sche Position, nach der das Toku·gawa Haus sich stets als Vasall des Tennō Hauses zu ver·stehen hat. Dieser Grund·haltung ist auch die Große Geschich·te Japans und in der Folge die gesam·te Mito Schule ver·pflichtet.<!-- | | Aus dieser Grund·hal·tung entstand auch seine ge·schichts·philo·sophi·sche Position, nach der das Toku·gawa Haus sich stets als Vasall des Tennō Hauses zu ver·stehen hat. Dieser Grund·haltung ist auch die Große Geschich·te Japans und in der Folge die gesam·te Mito Schule ver·pflichtet.<!-- |
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− | Dass Mitsukuni die Interessen der Tokugawa offenbar hinter die Interessen des Tennō stellt, wird häufig damit begründet, dass seine Familie innerhalb der drei Tokugawa Zweighäuser das kleinste Daimyat und auch rangmäßig die niedrigste Stellung inne hatte. Statt in Machtpolitik versuchte man sich daher in Mito in Sachen Moral zu profilieren. | + | Dass Mitsukuni die Interessen der Tokugawa offenbar hinter die Interes·sen des Tennō stellt, wird häufig damit begrün·det, dass seine Familie inner·halb der drei Toku·gawa Zweig·häuser das kleinste Dai·myat und auch rang·mäßig die nied·rigste Stellung inne hatte. Statt in Macht·politik ver·suchte man sich daher in Mito in Sachen Moral zu profi·lieren. |
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| === Trennung von Tempeln und Schreinen === | | === Trennung von Tempeln und Schreinen === |
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− | Mitsukunis Kombination von chinesischer Gelehrsamkeit und Betonung der geschichtlichen Größe des Tennō-Hauses machte ihn zu einem typischen Vertreter des [[Geschichte:Neo-Konfuzianismus|shinto-konfuzianischen Synkretismus]], wie er für viele Intellektuelle der frühen Edo-Zeit charakteristisch war. Diese Präferenz, gepaart mit einer starken Skepsis gegenüber dem Buddhismus, wirkte sich auch auf Mitsukunis religions·politische Maßnahmen als Daimyō aus. Während andernorts die buddhistischen Tempel in das sogenannte {{glossar:teraukeseido|''terauke''}}-System eingespannt wurden, übertrug Mitsukuni diese Aufgabe in Mito den Schreinen. Er verfolgte dabei das Prinzip „ein Dorf, ein Schrein“, was teilweise zu Neuerrichtungen, teilweise zu Schließungen von Schreinen führte.<!-- | + | Mitsukunis Kombination von chinesischer Gelehrsamkeit und Betonung der ge·schicht·lichen Größe des Tennō-Hauses machte ihn zu einem typischen Vertreter des [[Geschichte:Neo-Konfuzianismus|shinto-kon·fuziani·schen Syn·kretis·mus]], wie er für viele Intel·lektu·elle der frühen Edo-Zeit charak·teris·tisch war. Diese Präfe·renz, gepaart mit einer starken Skepsis gegen·über dem Buddhis·mus, wirkte sich auch auf Mitsu·kunis religions·politi·sche Maß·nahmen als Daimyō aus. Während andern·orts die bud·dhisti·schen Tempel in das soge·nannte {{glossar:teraukeseido|''terauke''}}-System ein·gespannt wurden, über·trug Mitsukuni diese Auf·gabe in Mito den Schreinen. Er ver·folgte dabei das Prinzip „ein Dorf, ein Schrein“, was teil·weise zu Neuer·richtun·gen, teil·weise zu Schließungen von Schrei·nen führte.<!-- |
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− | Insbesondere gegenüber {{glossar:hachiman}} Schreinen verhielt sich Mitsukuni kritisch. Noch nach seinem Rücktritt als Daimyō veranlasste er, dass von den 66 Hachiman Schreinen in Mito 15 abgerissen und 43 anderen Gottheiten geweiht wurden ([http://ja.wikipedia.org/wiki/%E5%BE%B3%E5%B7%9D%E5%85%89%E5%9C%80 Wikipedia (ja)]).
| + | Ins·beson·dere gegen·über {{glossar:hachiman}} Schreinen verhielt sich Mitsukuni kritisch. Noch nach seinem Rück·tritt als Daimyō ver·an·lasste er, dass von den 66 Hachi·man Schreinen in Mito 15 abge·rissen und 43 ande·ren Gott·heiten geweiht wurden ([http://ja.wikipedia.org/wiki/%E5%BE%B3%E5%B7%9D%E5%85%89%E5%9C%80 Wikipedia (ja)]). |
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− | Vor allem aber reduzierte er die Zahl buddhistischer Tempel drastisch. Eine Zählung im Jahr 1663 ergab 2.377 Tempel, von denen er 1.098, also 46%, zusammenlegen oder gar abreißen ließ. Außerdem schuf er konfessionsfreie Friedhöfe. Mit diesen Maßnahmen, die nach seinem Tod teilweise wieder rückgängig gemacht wurden, wurde Mitsukuni zu einem Wegbereiter des [[Geschichte:Staatsshinto|Staatsshinto]] der {{glossar:meiji}}-Zeit. | + | Vor allem aber redu·zierte er die Zahl buddhis·tischer Tempel dras·tisch. Eine Zäh·lung im Jahr 1663 ergab 2.377 Tempel, von denen er 1.098, also 46%, zusam·men·legen oder gar abreißen ließ. Außer·dem schuf er konfes·sions·freie Friedhöfe. Mit diesen Maß·nahmen, die nach seinem Tod teilweise wieder rück·gängig gemacht wurden, wurde Mitsu·kuni zu einem Weg·bereiter des [[Geschichte:Staatsshinto|Staatsshinto]] der {{glossar:meiji}}-Zeit. |
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| === Mitsukunis Geschichtsprojekt === | | === Mitsukunis Geschichtsprojekt === |
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− | Mitsukuni begann die Arbeiten an der Großen Geschichte Japans 1657, wirkte aber wohl mehr als Organisator denn als Autor daran mit. 1690 gab er sein Amt als Daimyō an seinen Neffen und Adoptivsohn weiter und widmete sich ab da nur noch seinem Geschichtsprojekt. Er konnte nicht nur Gelehrte aus Kyoto, sondern auch chinesische Exilanten als Mitarbeiter gewinnen. Außerdem schickte er Forscher durchs ganze Land, um historische Quellen zu sammeln. Insgesamt sollen 130 Gelehrte an der Abfassung des Werks beschäftigt gewesen sein. Es wu rde ein eigenes Amt geschaffen, an dem zu Lebzeiten Mitsukunis dreißig bis vierzig Personen permanent beschäftigt waren und das eine substanziellen Anteil der Daimyats-Finanzen verschlang.<ref>Nakai 1984, S. 73.</ref> | + | Mitsukuni begann die Arbeiten an der Großen Geschichte Japans 1657, wirkte aber wohl mehr als Organi·sator denn als Autor daran mit. 1690 gab er sein Amt als Daimyō an seinen Neffen und Adop·tiv·sohn weiter und widmete sich ab da nur noch seinem Ge·schichts·projekt. Er konnte nicht nur Gelehrte aus Kyoto, sondern auch chinesi·sche Exilan·ten als Mit·arbei·ter gewin·nen. Außerdem schickte er Forscher durchs ganze Land, um histo·rische Quellen zu sammeln. Ins·gesamt sollen 130 Gelehrte an der Abfas·sung des Werks beschäf·tigt gewesen sein. Es wurde ein eigenes Amt geschaf·fen, an dem zu Leb·zeiten Mitsu·kunis dreißig bis vierzig Personen perma·nent beschäf·tigt waren und das eine sub·stanziel·len Anteil der Daimyats-Finan·zen ver·schlang.<ref>Nakai 1984, S. 73.</ref> |
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− | Ein Großteil der Arbeiten zu „Annalen“ und „Biographien“ wurde zu Mitsukunis Lebzeiten realisiert, nach seinem Ableben kam das Projekt für lange Zeit allerdings nur schleppend voran. Die meisten „Essays“ und „Tabellen“ wurden erst in der Meiji Zeit unter Anleitung des Historikers Kurita Hiroshi (1835–1899) angefertigt. Deren inhaltliche Grundkonzeption war jedoch bereits unter Mitsukuni festgelegt worden. Das Werk wurde in der Edo-Zeit mehrfach gedruckt, das Gesamtwerk erschien schließlich 1906. | + | Ein Großteil der Arbeiten zu „Annalen“ und „Biographien“ wurde zu Mitsukunis Leb·zeiten reali·siert, nach seinem Ableben kam das Projekt für lange Zeit aller·dings nur schlep·pend voran. Die meis·ten „Essays“ und „Tabellen“ wurden erst in der Meiji Zeit unter Anlei·tung des Histori·kers Kurita Hiroshi (1835–1899) ange·fertigt. Deren inhalt·liche Grund·konzep·tion war jedoch bereits unter Mitsu·kuni festge·legt worden. Das Werk wurde in der Edo-Zeit mehr·fach gedruckt, das Gesamt·werk erschien schließ·lich 1906. |
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| == ''Dai Nihon-shi'' == | | == ''Dai Nihon-shi'' == |
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− | Das Werk besteht aus 397 Bänden, die in vier Hauptbereiche unterteilt sind: | + | Das Werk besteht aus 397 Bänden, die in vier Haupt·be·reiche unter·teilt sind: |
| # Haupt-Annalen (''honki'' 本紀), 73 Bände | | # Haupt-Annalen (''honki'' 本紀), 73 Bände |
| # Biographien (''retsuden'' 列伝), 170 Bände | | # Biographien (''retsuden'' 列伝), 170 Bände |
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| # Tabellen (''hyō'' 表), 28 Bände | | # Tabellen (''hyō'' 表), 28 Bände |
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− | Die Annalen sind strikt chronologisch abgefasst, streng auf den jeweiligen Tennō fokussiert und enthalten die wichtigsten Eckdaten seiner Regierungsperiode. | + | Die Annalen sind strikt chronologisch abgefasst, streng auf den jewei·ligen Tennō fokus·siert und enthal·ten die wich·tigs·ten Eck·daten seiner Regie·rungs·periode. |
− | Die Biographien gehen auf kaiserliche Gemahlinnen, Minister, sowie Personen außerhalb des kaiserlichen Hofes genauer ein. | + | Die Bio·graphien gehen auf kaiser·liche Gemah·linnen, Minister, sowie Personen außer·halb des kaiser·lichen Hofes genauer ein. |
− | Die Essays widmen sich der Geschichte von religiösen Institutionen, Rechtswesen, diplomatischen Beziehungen, etc. | + | Die Essays widmen sich der Ge·schichte von religi·ösen Insti·tutio·nen, Rechts·wesen, diplo·ma·tischen Bezie·hungen, etc. |
− | Die Tabellen enthalten Listen von verschiedenen Amtsträgern. | + | Die Tabel·len enthal·ten Listen von ver·schie·denen Amts·trägern. |
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− | Dieser Aufbau ist dem {{glossar:Shiji}} von {{glossar:Simaqian}}, einem chinesischen Historiker der Han-Zeit, nachempfunden.<!-- | + | Dieser Aufbau ist dem {{glossar:Shiji}} von {{glossar:Simaqian}}, einem chinesi·schen Histo·riker der Han-Zeit, nach·emp·fun·den.<!-- |
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− | Sima Qian wird gerne mit dem griechischen Geschichtsschreiber Herodot verglichen. Sein Hauptwerk, das ''Shiji'', wird auch als erstes Geschichtswerk Chinas bezeichnet. Das Werk prägte einen eigenen Stil von Geschichtswerken, dem auch die ''Dai Nihon-shi'' folgt. Schon Sima Qian entwickelte die Rubrik „Biographien“, die er mit der Geschichte von Boyi und Shiqi, Mitsukunis Idolen, beginnen ließ. | + | Sima Qian wird gerne mit dem griechi·schen Geschichts·schreiber Herodot ver·glichen. Sein Haupt·werk, das ''Shiji'', wird auch als erstes Ge·schichts·werk Chinas bezeich·net. Das Werk prägte einen eigenen Stil von Ge·schichts·werken, dem auch die ''Dai Nihon-shi'' folgt. Schon Sima Qian ent·wickelte die Rubrik „Bio·graphien“, die er mit der Ge·schichte von Boyi und Shiqi, Mitsukunis Idolen, beginnen ließ. |
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− | Was das ''Shiji'' für China war, sollte die ''Dai Nihon-shi'' für Japan werden. Folgerichtig lautete der ursprüngliche Titel des Werks auch „Das ''Shiji'' unserer Dynastie“ (''Honchō shiki''). | + | Was das ''Shiji'' für China war, sollte die ''Dai Nihon-shi'' für Japan werden. Folge·richtig lautete der ur·sprüng·liche Titel des Werks auch „Das ''Shiji'' unserer Dynastie“ (''Honchō shiki''). |
− | Der Berichtzeitraum der ''Dai Nihon-shi'' umfasst die Regierungszeiten aller Tennō, angefangen von {{glossar:jinmutennou}} bis ins Jahr 1392. In diesem Jahr endete das Schisma zwischen Nord- und Südhof, das seit 1335 bestanden hatte. | + | Der Berichts·zeit·raum der ''Dai Nihon-shi'' umfasst die Regie·rungs·zeiten aller Tennō, ange·fangen von {{glossar:jinmutennou}} bis ins Jahr 1392. In diesem Jahr endete das Schisma zwischen Nord- und Südhof, das seit 1335 bestan·den hatte. |
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− | Abgesehen von seiner detaillierten Berichterstattung listet das Werk auch minutiös alle verwendeten Quellen auf. Diese historiographische Sorgfalt macht es auch heute noch als Nachschlagewerk attraktiv. | + | Abgesehen von seiner detaillierten Bericht·erstat·tung listet das Werk auch minutiös alle ver·wende·ten Quellen auf. Diese historio·graphi·sche Sorgfalt macht es auch heute noch als Nach·schlage·werk attraktiv. |
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| === Dynastische Fragen === | | === Dynastische Fragen === |
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| Die japanische Geschichtsschreibung wurde in drei entscheidenden Punkten von Mitsukunis ''Dai Nihon-shi'' geprägt: | | Die japanische Geschichtsschreibung wurde in drei entscheidenden Punkten von Mitsukunis ''Dai Nihon-shi'' geprägt: |
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− | # Die (aus heutiger Sicht) semi-mythologische {{glossar:jinguukougou}} wurde als Regentin und nicht als Tennō qualifiziert (obwohl sie das Land sechzig Jahre lang regiert haben soll). | + | # Die (aus heutiger Sicht) semi-mythologische {{glossar:jinguukougou}} wurde als Regen·tin und nicht als Tennō quali·fiziert (obwohl sie das Land sechzig Jahre lang regiert haben soll). |
− | # Der Sohn des {{glossar:tenjitennou}}, Prinz Ōtomo (648–672), wurde als Tennō angesehen, obwohl die Quellen diesbezüglich sehr vage sind. Damit wurde indirekt die gewaltsame Machtübernahme {{glossar:Tenmutennou}}s kritisiert. | + | # Der Sohn des {{glossar:tenjitennou}}, Prinz Ōtomo (648–672), wurde als Tennō ange·sehen, obwohl die Quellen diesbe·züglich sehr vage sind. Damit wurde indirekt die gewalt·same Macht·über·nahme {{glossar:Tenmutennou}}s kritisiert. |
− | # Hinsichtlich des Schismas der Tennō-Dynastie im vierzehnten Jahrhundert wurde die Südliche Linie, die auf {{glossar:Godaigo|Godaigo Tennō}} zurückgeht, als die legitime Erbfolge anerkannt. Dies bedeutete eine indirekte Kritik am Ashikaga Shōgunat (1336–1573), das ja gegen den Willen Go-Daigos zur Macht kam und daher einen Gegenkaiser nominierte. Die Ashikaga wurden denn auch als „Verräter“ bezeichnet.<!-- | + | # Hinsichtlich des Schismas der Tennō-Dynastie im vierzehnten Jahrhundert wurde die Süd·liche Linie, die auf {{glossar:Godaigo|Godaigo Tennō}} zurück·geht, als die legi·time Erb·folge aner·kannt. Dies bedeu·tete eine indi·rekte Kritik am Ashi·kaga Shōgunat (1336–1573), das ja gegen den Willen Go-Daigos zur Macht kam und daher einen Gegen·kaiser nomi·nierte. Die Ashikaga wurden denn auch als „Verräter“ bezeichnet.<!-- |
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− | Die Brisanz des Schismas unter Go-Daigo und {{glossar:Ashikagatakauji}} liegt auch darin begründet, dass die Tokugawa sich auf Nitta Yoshisada, den wichtigsten Feldherrn Go-Daigos, zurückführten. Aus Sicht der Mito-Schule wird dieser Umstand dahin gehend ausgebaut, dass die Tokugawa die loyale Position gegenüber dem legitimen Herrscher, die Nitta vertrat, quasi von diesem geerbt hätten (Nakai 1984, S. 84–85). Realpolitisch orientierte sich das Tokugawa Shōgunat aber sehr wohl am Beispiel der Ashikaga. | + | Die Brisanz des Schismas unter Go-Daigo und {{glossar:Ashikagatakauji}} liegt auch darin be·gründet, dass die Tokugawa sich auf Nitta Yoshisada, den wich·tigs·ten Feld·herrn Go-Daigos, zurück·führ·ten. Aus Sicht der Mito-Schule wird dieser Umstand dahin gehend aus·gebaut, dass die Toku·gawa die loyale Position gegen·über dem legi·timen Herr·scher, die Nitta vertrat, quasi von diesem geerbt hätten (Nakai 1984, S. 84–85). Real·poli·tisch orien·tierte sich das Tokugawa Shōgunat aber sehr wohl am Beispiel der Ashikaga. |
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− | Angesichts der Tatsache, dass die ''Dai Nihon-shi'' mit dem Ende des Schimas auch ihren Bericht beschließt, war dieser Punkt wohl eines der wichtigsten Anliegen des Werkes. | + | Angesichts der Tatsache, dass die ''Dai Nihon-shi'' mit dem Ende des Schimas auch ihren Bericht beschließt, war dieser Punkt wohl eines der wich·tigsten Anliegen des Werkes. |
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− | Diese Urteile in dynastischen Fragen wurden schließlich in der Meiji Zeit zur offiziellen japanischen Geschichtsschreibung erklärt. Auch die heute gebräuchlichen Listen der Tennō richten sich danach. | + | Diese Urteile in dynastischen Fragen wurden schließlich in der Meiji Zeit zur offi·ziellen japani·schen Geschichts·schrei·bung erklärt. Auch die heute ge·bräuch·lichen Listen der Tennō richten sich danach. |
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| === Shōgun und Tennō === | | === Shōgun und Tennō === |
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− | Durch die Hierarchie zwischen „Annalen“ und „Biographien“ bezog die Mito Schule zu gewissen geschichtlichen Personen und Ereignissen sehr subtil Stellung, indem sie sie einfach entweder hier oder dort einordnete. Auch durch die Wahl bestimmter Vokabel wurden Werturteile gefällt, ohne diese explizit ausformulieren zu müssen. Im Fall von dynastischen Kämpfen führte die als legitim erachtete Fraktion beispielsweise „Bestrafungen“ durch, während ihre Gegner „rebellierten“. | + | Durch die Hierarchie zwischen „Annalen“ und „Biographien“ bezog die Mito Schule zu gewis·sen geschicht·lichen Personen und Er·eignis·sen sehr subtil Stellung, indem sie sie einfach entweder hier oder dort ein·ordnete. Auch durch die Wahl bestimm·ter Vokabel wurden Wert·urteile gefällt, ohne diese ex·plizit aus·formu·lieren zu müssen. Im Fall von dynas·tischen Kämpfen führte die als legitim erachtete Fraktion bei·spiels·weise „Bestra·fungen“ durch, während ihre Gegner „rebel·lierten“. |
− | Eine ähnliche Vorgangsweise lässt sich natürlich schon in den {{glossar:kiki}} finden und ist auch für geschichtsphilosophische Werke wie das {{glossar:jinnoushoutouki}} charakteristisch. Auch dort werden nur wenige explizite Werturteile abgegeben, aber allein die Tennō-zentrierte narrative Struktur stellt den kaiserlichen Hof ({{glossar:honchō}}) als Fokus der japanischen Geschichte dar.<!-- | + | Eine ähnliche Vor·gangs·weise lässt sich natür·lich schon in den {{glossar:kiki}} finden und ist auch für geschichts·philo·sophische Werke wie das {{glossar:jinnoushoutouki}} charak·teris·tisch. Auch dort werden nur wenige expli·zite Wertur·teile abge·geben, aber allein die Tennō-zen·trierte narrative Struktur stellt den kaiserlichen Hof ({{glossar:honchō}}) als Fokus der japani·schen Ge·schichte dar.<!-- |
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− | Dem chinesischen Vorbild folgend wären auch explizite Bewertungen vergangener Dynastien zu erwarten gewesen. Nach konfuzianischer Auffassung bestand der Wert von Geschichtsschreibung ja genau darin, Vorbilder und abschreckende Beispiele für die Gegenwart zu finden und diese auch entsprechend zu benennen. In der Tat wurden derartige Werturteile (''ronsan'') auch für die ''Dai Nihon-shi'' verfasst, allerdings erst kurz nach Mitsukunis Tod offiziell in den Text aufgenommen. Als diese Wertungen Ende der Edo-Zeit als zu Tokugawa-freundlich empfunden wurden, entfernte man sie wieder mit dem Hinweis, dass sie Mitsukunis Intentionen nicht entsprochen hätten (Nakai 1984, S. 76 und 85). | + | Dem chinesischen Vorbild folgend wären auch explizite Be·wertun·gen ver·gangener Dynas·tien zu erwar·ten gewesen. Nach kon·fuzia·nischer Auf·fassung bestand der Wert von Geschichts·schrei·bung ja genau darin, Vor·bilder und ab·schrecken·de Bei·spiele für die Gegen·wart zu finden und diese auch ent·spre·chend zu benen·nen. In der Tat wurden derar·tige Wert·urteile (''ronsan'') auch für die ''Dai Nihon-shi'' verfasst, aller·dings erst kurz nach Mitsukunis Tod offiziell in den Text auf·genom·men. Als diese Wer·tungen Ende der Edo-Zeit als zu Tokugawa-freundlich emp·funden wurden, entfernte man sie wieder mit dem Hinweis, dass sie Mitsukunis Inten·tionen nicht entspro·chen hätten (Nakai 1984, S. 76 und 85). |
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− | Mitsukuni folgte damit einer Logik, die wahrscheinlich schon Tokugawa Ieyasu vertreten hatte. Indem der Shōgun sich als Untertan des Tennō darstellte, konnte er von seinen potentiellen Rivalen eine ähnliche Unterordnung verlangen. | + | Mitsukuni folgte damit einer Logik, die wahr·schein·lich schon Tokugawa Ieyasu vertreten hatte. Indem der Shōgun sich als Untertan des Tennō darstellte, konnte er von seinen poten·tiellen Rivalen eine ähnliche Unter·ord·nung verlangen. |
− | Es galt nicht, den Tennō zu ersetzen, sondern lediglich, den Tennō zu kontrollieren. Damit konnte z.B. das höfische Rangsystem übernommen werden, das selbst unter den Samurai der Edo-Zeit Geltung hatte (bzw. von den Tokugawa neu belebt wurde). | + | Es galt nicht, den Tennō zu ersetzen, sondern lediglich, den Tennō zu kon·trol·lieren. Damit konnte z.B. das höfische Rang·system übernom·men werden, das selbst unter den Samurai der Edo-Zeit Geltung hatte (bzw. von den Tokugawa neu belebt wurde). |
− | Dass der Tennō und einige traditionelle höfische Familien dabei einen höheren Rang inne hatten als der Shōgun selbst, war nicht von Belang, solange der kaiserliche Hof finanziell und politisch vom Shōgun abhängig war. Dadurch konnte der Shōgun indirekt die Hofränge der anderen Kriegerdynastien bestimmen und so eine gesellschaftliche Rangordnung sicher stellen, die scheinbar von einer höheren Autorität stammte als ihm selbst. | + | Dass der Tennō und einige tradi·tionelle höfische Familien dabei einen höheren Rang inne hatten als der Shōgun selbst, war nicht von Belang, solange der kaiser·liche Hof finanziell und politisch vom Shōgun ab·hängig war. Dadurch konnte der Shōgun indirekt die Hof·ränge der anderen Krieger·dynas·tien bestim·men und so eine gesell·schaf·tliche Rang·ordnung sicher stellen, die scheinbar von einer höheren Auto·rität stammte als ihm selbst. |
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Tokugawa Mitsukunis Große Geschichte Japans
Die Große Geschichte Japans (
Dai Nihon-shi 大日本史
(jap.)
Gesamtdarstellung der japanischen Geschichte bis 1392 in 397 Bänden, verfasst zw. 1657 und 1906
Der Begriff „Dai Nihon-shi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
) ist ein Mammutwerk, dessen Abfas·sung sich von Mitte des sieb·zehn·ten Jahr·hun·derts bis ins Jahr 1906, also etwa über 250 Jahre hin er·streckte. Das Projekt stand unter der Schirm·herr·schaft der
Territorialfürst, Titel des Kriegeradels
Der Begriff „Daimyō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Date,
Date Masamune,
Fukuba Bisei,
han,
Hoshina Masayuki,
Kamei Koremi,
Kyōgoku Takatsugu,
Matsudaira Naomasa,
Mōri-shi,
Ōmura Sumitada,
Ōtomo Sōrin,
Sakai Tadakatsu,
san meikun,
Shimazu-shi,
Tokugawa Mitsukuni,
Tōdō Takatora
Bilder
von Mito und brachte eine eigene Aka·demie und eine eigene Denk·schule, die soge·nannte Mito Schule (
Mito-Schule; konfuzianisch und Tennō-loyalistisch ausgerichtete Gelehrtentradition der Edo-Zeit mit Zentrum in Mito (heute Teil von Ibaraki-ken, nw. von Tōkyō)
Der Begriff „Mito-gaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
), hervor. Viele Gene·ratio·nen von vor·wie·gend kon·fuzia·nisch ge·schulten Histori·kern waren an seinem Ent·stehen be·teiligt.
Tokugawa Mitsukuni
Die Dainihon-shi wurde von
Tokugawa Mitsukuni 徳川光圀
(jap.)
1628–1701; Daimyō von Mito, konfuzianischer Gelehrter und Historiker
Der Begriff „Tokugawa Mitsukuni“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
ins Leben geru·fen und ent·schei·dend ge·prägt. Mitsu·kuni war ein Enkel
Tokugawa Ieyasu 徳川家康
(jap.)
1543–1616; Begründer des Tokugawa Shogunats; Reichseiniger
Der Begriff „Tokugawa Ieyasu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
gongen-zukuri,
Hai kirishitan bun,
Kobayakawa Hideaki,
Konchi-in Sūden,
Kunō-zan,
Nagashino gassen,
san'eiketsu,
Sekigahara,
Sengoku Jidai,
Tokugawa Yoshinao,
Tōshō Daigongen,
Tōshō-gū,
tozama daimyō,
Yūki Hideyasu
Bilder
s und führte eine von drei Neben·linien der Toku·gawa, aus der bei Bedarf ein Nach·folger für das Amt des
Shōgun; Titel der Militärherrscher aus dem Kriegeradel (bushi, Samurai)
Der Begriff „Shōgun“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
s rekru·tiert werden konnte. Mitsu·kuni folgte seinem Vater trotz der Exis·tenz eines älte·ren Bruders als Daimyō nach, was ihm offen·bar schon in jungen Jahren Gewis·sens·bisse verur·sachte. Umso mehr ver·suchte er, sich für die über·geord·neten Interes·sen des Landes bzw. des Tennō ein·zu·setzen. In der chine·sischen Geschich·te fand er Vor·bilder für die von ihm an·ge·strebte Loya·lität. Ganz beson·ders bewun·derte er die Brüder Boyi und Shuqi, die sich lieber zu Tode hun·ger·ten als gegen die Prin·zipien der Vasal·len·treue und der Primo·genitur zu ver·stoßen.1
Aus dieser Grund·hal·tung entstand auch seine ge·schichts·philo·sophi·sche Position, nach der das Toku·gawa Haus sich stets als Vasall des Tennō Hauses zu ver·stehen hat. Dieser Grund·haltung ist auch die Große Geschich·te Japans und in der Folge die gesam·te Mito Schule ver·pflichtet.2
Trennung von Tempeln und Schreinen
Mitsukunis Kombination von chinesischer Gelehrsamkeit und Betonung der ge·schicht·lichen Größe des Tennō-Hauses machte ihn zu einem typischen Vertreter des shinto-kon·fuziani·schen Syn·kretis·mus, wie er für viele Intel·lektu·elle der frühen Edo-Zeit charak·teris·tisch war. Diese Präfe·renz, gepaart mit einer starken Skepsis gegen·über dem Buddhis·mus, wirkte sich auch auf Mitsu·kunis religions·politi·sche Maß·nahmen als Daimyō aus. Während andern·orts die bud·dhisti·schen Tempel in das soge·nannte
terauke seido 寺請制度
(jap.)
System der buddhistischen Zertifikation der Rechtgläubigkeit
Der Begriff „terauke seido“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
-System ein·gespannt wurden, über·trug Mitsukuni diese Auf·gabe in Mito den Schreinen. Er ver·folgte dabei das Prinzip „ein Dorf, ein Schrein“, was teil·weise zu Neuer·richtun·gen, teil·weise zu Schließungen von Schrei·nen führte.3
Vor allem aber redu·zierte er die Zahl buddhis·tischer Tempel dras·tisch. Eine Zäh·lung im Jahr 1663 ergab 2.377 Tempel, von denen er 1.098, also 46%, zusam·men·legen oder gar abreißen ließ. Außer·dem schuf er konfes·sions·freie Friedhöfe. Mit diesen Maß·nahmen, die nach seinem Tod teilweise wieder rück·gängig gemacht wurden, wurde Mitsu·kuni zu einem Weg·bereiter des Staatsshinto der
posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt
Der Begriff „Meiji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
aka-e,
Ernest Fellonosa,
haibutsu kishaku,
Inoue Tetsujirō,
Kido Takayoshi,
Konpira-san,
Meiji Tennō,
sanjō no kyōsoku,
shinbutsu bunri,
Shōkon-sha,
taikyō,
taikyō senpu undō,
Taishō,
Tanzan Jinja,
wakon yōsai
Bilder
-Zeit.
Mitsukunis Geschichtsprojekt
Mitsukuni begann die Arbeiten an der Großen Geschichte Japans 1657, wirkte aber wohl mehr als Organi·sator denn als Autor daran mit. 1690 gab er sein Amt als Daimyō an seinen Neffen und Adop·tiv·sohn weiter und widmete sich ab da nur noch seinem Ge·schichts·projekt. Er konnte nicht nur Gelehrte aus Kyoto, sondern auch chinesi·sche Exilan·ten als Mit·arbei·ter gewin·nen. Außerdem schickte er Forscher durchs ganze Land, um histo·rische Quellen zu sammeln. Ins·gesamt sollen 130 Gelehrte an der Abfas·sung des Werks beschäf·tigt gewesen sein. Es wurde ein eigenes Amt geschaf·fen, an dem zu Leb·zeiten Mitsu·kunis dreißig bis vierzig Personen perma·nent beschäf·tigt waren und das eine sub·stanziel·len Anteil der Daimyats-Finan·zen ver·schlang.4
Ein Großteil der Arbeiten zu „Annalen“ und „Biographien“ wurde zu Mitsukunis Leb·zeiten reali·siert, nach seinem Ableben kam das Projekt für lange Zeit aller·dings nur schlep·pend voran. Die meis·ten „Essays“ und „Tabellen“ wurden erst in der Meiji Zeit unter Anlei·tung des Histori·kers Kurita Hiroshi (1835–1899) ange·fertigt. Deren inhalt·liche Grund·konzep·tion war jedoch bereits unter Mitsu·kuni festge·legt worden. Das Werk wurde in der Edo-Zeit mehr·fach gedruckt, das Gesamt·werk erschien schließ·lich 1906.
Dai Nihon-shi
Das Werk besteht aus 397 Bänden, die in vier Haupt·be·reiche unter·teilt sind:
- Haupt-Annalen (honki 本紀), 73 Bände
- Biographien (retsuden 列伝), 170 Bände
- Essays (shi 志), 126 Bände
- Tabellen (hyō 表), 28 Bände
Die Annalen sind strikt chronologisch abgefasst, streng auf den jewei·ligen Tennō fokus·siert und enthal·ten die wich·tigs·ten Eck·daten seiner Regie·rungs·periode.
Die Bio·graphien gehen auf kaiser·liche Gemah·linnen, Minister, sowie Personen außer·halb des kaiser·lichen Hofes genauer ein.
Die Essays widmen sich der Ge·schichte von religi·ösen Insti·tutio·nen, Rechts·wesen, diplo·ma·tischen Bezie·hungen, etc.
Die Tabel·len enthal·ten Listen von ver·schie·denen Amts·trägern.
Dieser Aufbau ist dem
universales Geschichtswerk von Sima Qian (begonnen von seinem Vater), vollendet ca. 109 v.u.Z.
Der Begriff „Shiji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
von
145?–86? v.u.Z.; Han-zeitlicher Historiker, Begründer der chinesischen Historiographie
Der Begriff „Sima Qian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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, einem chinesi·schen Histo·riker der Han-Zeit, nach·emp·fun·den.5
Was das Shiji für China war, sollte die Dai Nihon-shi für Japan werden. Folge·richtig lautete der ur·sprüng·liche Titel des Werks auch „Das Shiji unserer Dynastie“ (Honchō shiki).
Der Berichts·zeit·raum der Dai Nihon-shi umfasst die Regie·rungs·zeiten aller Tennō, ange·fangen von
wtl. „göttlicher Krieger“; gemäß den japanischen Mythen der erste menschliche Herrscher (Tennō) Japans; eigentlicher Name: Kami Yamato Iware-hiko no Sumera Mikoto 神日本磐余彦天皇 (Nihon shoki)
Der Begriff „Jinmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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bis ins Jahr 1392. In diesem Jahr endete das Schisma zwischen Nord- und Südhof, das seit 1335 bestan·den hatte.
Abgesehen von seiner detaillierten Bericht·erstat·tung listet das Werk auch minutiös alle ver·wende·ten Quellen auf. Diese historio·graphi·sche Sorgfalt macht es auch heute noch als Nach·schlage·werk attraktiv.
Dynastische Fragen
Die japanische Geschichtsschreibung wurde in drei entscheidenden Punkten von Mitsukunis Dai Nihon-shi geprägt:
- Die (aus heutiger Sicht) semi-mythologische
mytholog. Herrscherin; Witwe des 14. Tennō, Chūai, und Mutter des Ōjin Tennō
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wurde als Regen·tin und nicht als Tennō quali·fiziert (obwohl sie das Land sechzig Jahre lang regiert haben soll).
- Der Sohn des
626–672; 38. Kaiser Japans; (r. 661–672); Eigenname: Naka-no-Ōe
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, Prinz Ōtomo (648–672), wurde als Tennō ange·sehen, obwohl die Quellen diesbe·züglich sehr vage sind. Damit wurde indirekt die gewalt·same Macht·über·nahme
631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
Der Begriff „Tenmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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s kritisiert.
- Hinsichtlich des Schismas der Tennō-Dynastie im vierzehnten Jahrhundert wurde die Süd·liche Linie, die auf
1288–1339 (r. 1318–1339); Tennō der späten Kamakura-Zeit, der versuchte, die pol. Autorität des Kaiserhofes wieder herzustellen.
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zurück·geht, als die legi·time Erb·folge aner·kannt. Dies bedeu·tete eine indi·rekte Kritik am Ashi·kaga Shōgunat (1336–1573), das ja gegen den Willen Go-Daigos zur Macht kam und daher einen Gegen·kaiser nomi·nierte. Die Ashikaga wurden denn auch als „Verräter“ bezeichnet.6
Angesichts der Tatsache, dass die Dai Nihon-shi mit dem Ende des Schimas auch ihren Bericht beschließt, war dieser Punkt wohl eines der wich·tigsten Anliegen des Werkes.
Diese Urteile in dynastischen Fragen wurden schließlich in der Meiji Zeit zur offi·ziellen japani·schen Geschichts·schrei·bung erklärt. Auch die heute ge·bräuch·lichen Listen der Tennō richten sich danach.
Shōgun und Tennō
Durch die Hierarchie zwischen „Annalen“ und „Biographien“ bezog die Mito Schule zu gewis·sen geschicht·lichen Personen und Er·eignis·sen sehr subtil Stellung, indem sie sie einfach entweder hier oder dort ein·ordnete. Auch durch die Wahl bestimm·ter Vokabel wurden Wert·urteile gefällt, ohne diese ex·plizit aus·formu·lieren zu müssen. Im Fall von dynas·tischen Kämpfen führte die als legitim erachtete Fraktion bei·spiels·weise „Bestra·fungen“ durch, während ihre Gegner „rebel·lierten“.
Eine ähnliche Vor·gangs·weise lässt sich natür·lich schon in den
Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)
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finden und ist auch für geschichts·philo·sophische Werke wie das
Jinnō shōtō-ki 神皇正統記
(jap.)
„Über die Wahre Abfolge der Göttlichen Herrscher“, Traktat von Kitabatake Chikafusa, 1339
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charak·teris·tisch. Auch dort werden nur wenige expli·zite Wertur·teile abge·geben, aber allein die Tennō-zen·trierte narrative Struktur stellt den kaiserlichen Hof (
wtl. unsere Dynastie; Eigenbezeichnung für Japan
Der Begriff „honchō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) als Fokus der japani·schen Ge·schichte dar.7
Mitsukuni folgte damit einer Logik, die wahr·schein·lich schon Tokugawa Ieyasu vertreten hatte. Indem der Shōgun sich als Untertan des Tennō darstellte, konnte er von seinen poten·tiellen Rivalen eine ähnliche Unter·ord·nung verlangen.
Es galt nicht, den Tennō zu ersetzen, sondern lediglich, den Tennō zu kon·trol·lieren. Damit konnte z.B. das höfische Rang·system übernom·men werden, das selbst unter den Samurai der Edo-Zeit Geltung hatte (bzw. von den Tokugawa neu belebt wurde).
Dass der Tennō und einige tradi·tionelle höfische Familien dabei einen höheren Rang inne hatten als der Shōgun selbst, war nicht von Belang, solange der kaiser·liche Hof finanziell und politisch vom Shōgun ab·hängig war. Dadurch konnte der Shōgun indirekt die Hof·ränge der anderen Krieger·dynas·tien bestim·men und so eine gesell·schaf·tliche Rang·ordnung sicher stellen, die scheinbar von einer höheren Auto·rität stammte als ihm selbst.
Verweise
Fußnoten
- ↑
Die Geschichte der Brüder Boyi und Shuqi spielt um 1000 v.u.Z. am Über·gang von der Shang zur Zhou Dynastie. Selbst von könig·lichem Geblüt, verzich·ten beide auf die Herr·schaft in ihrem Land, nachdem ihr Vater den jün·geren zu seinem Nach·folger erklärt hat, und dienen statt dessen dem König von Zhou. Als dieser die Shang Dynas·tie unter·wirft, ziehen sie sich in die Wälder zurück und hungern sich zu Tode, weil die Zhou die legi·time Thron·folge miss·achtet haben.
Noch in hohem Alter eiferte Mitsukuni dem Vorbild der Brüder nach, indem er seinen Alters·sitz Seizan-sō, „Villa der West·lichen Berge“ nannte. Dieser Name spielte auf die Berge an, in die Boyi und Shuqi sich schluss·end·lich zurück·zogen (Nakai 1984, S. 73–74).
- ↑
Dass Mitsukuni die Interessen der Tokugawa offenbar hinter die Interes·sen des Tennō stellt, wird häufig damit begrün·det, dass seine Familie inner·halb der drei Toku·gawa Zweig·häuser das kleinste Dai·myat und auch rang·mäßig die nied·rigste Stellung inne hatte. Statt in Macht·politik ver·suchte man sich daher in Mito in Sachen Moral zu profi·lieren.
- ↑
Ins·beson·dere gegen·über
Shintō-Gottheit, Ahnengottheit des Tennō und des Kriegeradels; auch „Yawata“ ausgesprochen
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Schreinen verhielt sich Mitsukuni kritisch. Noch nach seinem Rück·tritt als Daimyō ver·an·lasste er, dass von den 66 Hachi·man Schreinen in Mito 15 abge·rissen und 43 ande·ren Gott·heiten geweiht wurden (Wikipedia (ja)).
- ↑ Nakai 1984, S. 73.
- ↑
Sima Qian wird gerne mit dem griechi·schen Geschichts·schreiber Herodot ver·glichen. Sein Haupt·werk, das Shiji, wird auch als erstes Ge·schichts·werk Chinas bezeich·net. Das Werk prägte einen eigenen Stil von Ge·schichts·werken, dem auch die Dai Nihon-shi folgt. Schon Sima Qian ent·wickelte die Rubrik „Bio·graphien“, die er mit der Ge·schichte von Boyi und Shiqi, Mitsukunis Idolen, beginnen ließ.
- ↑
Die Brisanz des Schismas unter Go-Daigo und
Ashikaga Takauji 足利尊氏
(jap.)
1305–1358; Feldherr, Staatsmann; regierte als erster Ashikaga Shōgun 1338–1358; älterer Bruder von Ashikaga Tadayoshi
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liegt auch darin be·gründet, dass die Tokugawa sich auf Nitta Yoshisada, den wich·tigs·ten Feld·herrn Go-Daigos, zurück·führ·ten. Aus Sicht der Mito-Schule wird dieser Umstand dahin gehend aus·gebaut, dass die Toku·gawa die loyale Position gegen·über dem legi·timen Herr·scher, die Nitta vertrat, quasi von diesem geerbt hätten (Nakai 1984, S. 84–85). Real·poli·tisch orien·tierte sich das Tokugawa Shōgunat aber sehr wohl am Beispiel der Ashikaga.
- ↑
Dem chinesischen Vorbild folgend wären auch explizite Be·wertun·gen ver·gangener Dynas·tien zu erwar·ten gewesen. Nach kon·fuzia·nischer Auf·fassung bestand der Wert von Geschichts·schrei·bung ja genau darin, Vor·bilder und ab·schrecken·de Bei·spiele für die Gegen·wart zu finden und diese auch ent·spre·chend zu benen·nen. In der Tat wurden derar·tige Wert·urteile (ronsan) auch für die Dai Nihon-shi verfasst, aller·dings erst kurz nach Mitsukunis Tod offiziell in den Text auf·genom·men. Als diese Wer·tungen Ende der Edo-Zeit als zu Tokugawa-freundlich emp·funden wurden, entfernte man sie wieder mit dem Hinweis, dass sie Mitsukunis Inten·tionen nicht entspro·chen hätten (Nakai 1984, S. 76 und 85).
Literatur
Siehe auch Literaturliste
Kate Wildman Nakai, Tokugawa Confucian Historiography: The Hayashi, Early Mito School, and Arai Hakuseki. Princeton: Princeton University Press, 1984. [Paperback-Ausgabe 1997, University of Hawaii Press.]
Herschel Webb, „What Is the Dai Nihon Shi?“. The Journal of Asian Studies 19:2 (1960), 135–149.
Bilder
Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite
- ^ Schauspieler Satomi Kōtarō als Mito Kōmon, alias Tokugawa Mitsukuni (1628–1701), aufgenommen in einer Drehpause der beliebten Fernsehserie Mito Kōmon. Die über 40 Jahre (1969–2011) lang ausgestrahlte Serie schildert den ehemaligen Daimyō von Mito als mitfühlenden Landesvater, der ähnlich wie Zar Peter der Große inkognito durch die Lande zieht und die Nöte der Bevölkerung studiert und lindert.
Diese Figur beruht auf Legenden aus der Edo-Zeit, allerdings nur teilweise auf der tatsächlichen Biographie Mitsukunis. Dieser unternahm nur eine berühmte Reise nach Kamakura, über die er allerdings eine Art Reiseführer hinterließ.
Er schickte außerdem Gelehrte durch ganz Japan, die Dokumente für Mitsukunis monumentales Geschichtsprojekt sammeln sollten.
Der Beiname Mito Kōmon, unter dem Mitsukuni heute bekannter ist als unter seinem Eigennamen, kombiniert den Namen seines Herrschaftsgebiets, Mito, mit der Bezeichnung seines höfischen Ehrenrangs (Kōmon = Gon no Chūnagon, Stellvertretender Mittlerer Rat).
Wikimedia Commons, Frank Gualtieri, 2002.
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