Geschichte/Shinto Mittelalter/Yuiitsu shinto myobo yoshu: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Die Seite wurde neu angelegt: „{{styles}} {{titel| ''Jinnō shōtō-ki''}} Das {{glossar:yuiitsushintoumyoubouyoushuu}} == Autor und Zeitumstände == {{glossar: yoshidakanetomo}} (134…“)
 
Zeile 1: Zeile 1:
 
{{styles}}
 
{{styles}}
{{titel| ''Jinnō shōtō-ki''}}  
+
{{titel| ''Yuitsu shintō myōbō yōshū''}}  
  
Das {{glossar:yuiitsushintoumyoubouyoushuu}}
+
Das {{glossar:yuiitsushintoumyoubouyoushuu}} (kurz ''Myōbō yōshū'') ist ebenso kompliziert wie sein Titel, der sich in etwa als „Name und Gesetz des Einen und Einzigen Shinto“ übersetzen lässt. In einer Studie dieses Werks habe ich dies darauf zurück geführt, dass der Text selbst wie ein esoterisches Ritual organisiert ist und gar nicht auf Anhieb verstanden, sondern erst nach langem Üben Schicht für Schicht erarbeitet werden möchte.
 +
 
 +
Er enthält jedoch namentlich am Beginn und am Ende einige keineswegs schwer verständliche ideologische Passagen, die sich als Vorläufer der nationalistischen Shinto-Ideologien der Moderne lesen lassen. Überhaupt stellt er einen der ersten Texte dar, die den Begriff {{glossar:shintou}} im modernen Verständnis als Religion geprägt haben. Er ist eine Art Manifest einer im japanischen Mittelalter entstandenen religiösen Schule, die sich selbstbewusst den Namen {{glossar:yuiitsushintou}}, also der „Eine und Einzige Shinto“, gab, heute jedoch zumeist als {{glossar:yoshidashintou}} bezeichnet wird. Der Yoshida Shinto war vor allem in der ersten Hälfte der Edo-Zeit äußerst einflussreich.
  
 
== Autor und Zeitumstände ==
 
== Autor und Zeitumstände ==
  
  {{glossar: yoshidakanetomo}} (1343–1415)
+
Der Begründer des Yoshida Shinto {{glossar: yoshidakanetomo}} (1435–1511) war das Oberhaupt einer führenden höfischen Priesterfamilie, die sich u.a. der Überlieferung der {{glossar:kiki}}-Mythen verschrieben hatte. Ende des 15. Jahrhunderts standen die Yoshida jedoch vor der Problem, dass ihre Familienbibliothek wie so viele andere Gebäude und Artefakte des kaiserlichen Hofes Opfer des {{glossar:ounin}}-Krieges geworden waren. Damit war ein Großteil ihres kulturellen Kapitals vernichtet. In dieser Situation erfand Kanetomo seine Familientradition gleichsam neu und erweiterte sie dabei beträchtlich. Er schrieb das Myōbō yōshū daher auch nicht in seinem eigenen Namen, sondern legte es einem Vorfahren aus dem zehnten Jahrhundert, Urabe Kanenobu, in den Mund. Dieser Etikettenschwindel wurde erst in der Edo-Zeit aufgedeckt.
  
 
== Inhalt ==
 
== Inhalt ==
 +
 +
Das ''Myōbō yōshū'' ist nach einem Frage-Antwort Schema (''mondo'') abgefasst. Jede Frage bezieht sich auf die vorhergehende Antwort. Die erste Frage lautet: „Wie lässt sich der Begriff ,Shinto‘ unterteilen?“ Das ganze Werk ist folglich – zumindest in formaler Hinsicht – eine Erklärung von „Shinto“. Dabei wird deutlich, dass der Begriff sehr verschiedene Bedeutungen haben kann. Er kann, wie heute üblich, als Schulrichtung verstanden werden (neben dem Yuiitsu [oder Genpon-sōgen] Shinto gibt es auch den Ryōbu-shūgō und den Sujaku-engi Shinto).<ref>Scheid 2001, S. 301ff.</ref> ''Shintō'' kann aber auch eine göttliche Kraft sein („''shintō'' der Drei Uranfänge“)<ref>Scheid 2001, S. 325.</ref> oder einfach eine zeremonielle Handlung („Die unzähligen Regierungsangelegenheiten an unserem Hof, sie alle sind ''shintō''.“)<ref>Scheid 2001, S. 348.</ref>
 +
 +
In der sogenannten „Baumtheorie“ wird Shinto schließlich als japanische Entsprechung  von Buddhismus und Konfuzianismus bzw. als deren Grundlage definiert:
 +
{{zitat| text=
 +
Unser Land Japan bringt den Samen hervor, in China zeigen sich Zweige und Blätter, in Indien öffnen sich Blüten und Früchte. Deshalb ist der Buddhismus die Blume und Blüte, der Konfuzianismus die Zweige und Blätter, der Shinto aber Wurzel und Stamm aller Dharmas. Die [ersten] beiden Lehren sind nichts anderes als Varianten des Shinto. Zweige und Blätter, Blüten und Früchte verweisen auf Wurzel und Stamm. Und wie die Blüten fallen und zu den Wurzeln zurückkehren, so kam auch der Buddhismus zurück in den Osten. Dieses zeigt, dass unser Land Wurzel und Stamm der Drei Länder ist.<ref>Kanetomo legt dieses Zitat dem antiken Prinzregenten {{glossar:shoutokutaishi}} in den Mund. Vgl. Scheid 2001, S. 243 und 350.</ref>
 +
}}
 +
Hier zeigen sich ähnliche Probleme und Gedankengänge, wie sie etwa auch im {{glossar:jinnoushoutouki}} anklingen: Wie lassen sich die verschiedenen Nationalmythen auf einen Nenner bringen? Wie lässt sich, analog zu den Mythen, eine Vorrangstellung Japans gegenüber China und Indien rechtfertigen, ohne deren kulturelle Errungenschaften und Einflüsse ganz zu negieren? Wie lässt sich all dies insbesondere aus der Geschichte ableiten?
 +
 +
Obwohl die Baummetapher selbst schon in anderen Varianten vor Kanetomo existierte, war die Verwendung von „Shinto“ als repräsentative Lehre Japans neu. Das konfrontierte Kanetomo mit dem Problem, dass es diese Lehre – im Gegensatz zu Buddhismus und Konfuzianismus – nicht in kodifizierter Form gab. Eine direkte Antwort auf dieses Problem bleibt das ''Myōbō yōshū'' zwar schuldig, doch deuten sich zwei Argumentationsstrategien an. Einerseits bedarf es keiner kodifizierten Lehre, da Shinto so ursprünglich und gottgegeben ist, dass jeder Versuch der Kodifizierung ein Sakrileg darstellt. Andererseits gibt es diese kodifizierte Lehre sehr wohl, allerdings in geheimer Form, die nur den Yoshida Priestern zugänglich ist.
 +
 +
Die vorgeblich esoterische Form der eigenen Shinto-Lehre konnte natürlich leicht zur Rechtfertigung unbeweisbarer, und bislang unbekannter  Behauptungen genützt werden. Unter anderem begründete Kanetomo damit auch die Umkehr der damals üblichen Rollenverteilung von ''kami'' und Buddhas in „Urform und Spur“ ({{glossar:honjisuijaku}}):
 +
 +
{{zitat| text=
 +
Die offene Lehre macht Buddha zur Urform.
 +
Diese Vereinfachung dient der Bekehrung.
 +
Die geheime Lehre stellt jedoch die ''kami'' an den Anfang.
 +
Auf ihrer tiefsten Stufe birgt sie die absolute Wahrheit.<ref>Scheid 2001, S. 245 und 354.</ref>
 +
}}
  
 
== Rezeption durch die Nachwelt ==
 
== Rezeption durch die Nachwelt ==

Version vom 6. Oktober 2014, 16:08 Uhr

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Geschichte/Shinto_Mittelalter/Yuiitsu_shinto_myobo_yoshu.

Yuitsu shintō myōbō yōshū

Das

Yuiitsu shintō myōbō yōshū 唯一神道名法要集 (jap.)

„Grundzüge von Namen und Gesetz des Einen und Einzigen Shintō“, Traktat von Yoshida Kanetomo, spätes 15. Jh.

Text

Der Begriff „Yuiitsu shintō myōbō yōshū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Myobo yoshu.jpg
(kurz Myōbō yōshū) ist ebenso kompliziert wie sein Titel, der sich in etwa als „Name und Gesetz des Einen und Einzigen Shinto“ übersetzen lässt. In einer Studie dieses Werks habe ich dies darauf zurück geführt, dass der Text selbst wie ein esoterisches Ritual organisiert ist und gar nicht auf Anhieb verstanden, sondern erst nach langem Üben Schicht für Schicht erarbeitet werden möchte. 

Er enthält jedoch namentlich am Beginn und am Ende einige keineswegs schwer verständliche ideologische Passagen, die sich als Vorläufer der nationalistischen Shinto-Ideologien der Moderne lesen lassen. Überhaupt stellt er einen der ersten Texte dar, die den Begriff

Shintō 神道 (jap.)

Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami

Schulrichtung

Der Begriff „Shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

im modernen Verständnis als Religion geprägt haben. Er ist eine Art Manifest einer im japanischen Mittelalter entstandenen religiösen Schule, die sich selbstbewusst den Namen

Yuiitsu Shintō 唯一神道 (jap.)

mittelalt. Shintō-Richtung (= Yoshida Shintō)

Schulrichtung

Der Begriff „Yuiitsu Shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

, also der „Eine und Einzige Shinto“, gab, heute jedoch zumeist als

Yoshida Shintō 吉田神道 (jap.)

mittelalterl. Shintō-Richtung, begründet von Yoshida Kanetomo

Schulrichtung

Der Begriff „Yoshida Shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Taigenkyu.jpg
bezeichnet wird. Der Yoshida Shinto war vor allem in der ersten Hälfte der Edo-Zeit äußerst einflussreich.

Autor und Zeitumstände

Der Begründer des Yoshida Shinto

Yoshida Kanetomo 吉田兼倶 (jap.)

1435–1511; Shintō-Priester und Theologe; Begründer des Yoshida Shintō (auch Yuiitsu Shintō), Autor des Yuiitsu shintō myōbō yōshū

Der Begriff „Yoshida Kanetomo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Kanetomo.jpg

(1435–1511) war das Oberhaupt einer führenden höfischen Priesterfamilie, die sich u.a. der Überlieferung der

kiki 記紀 (jap.)

Sammelbezeichnung für KojiKI und Nihon shoKI (ki, Bericht, ist jeweils mit einem leicht abweichenden Zeichen geschrieben)

Text

Der Begriff „kiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

-Mythen verschrieben hatte. Ende des 15. Jahrhunderts standen die Yoshida jedoch vor der Problem, dass ihre Familienbibliothek wie so viele andere Gebäude und Artefakte des kaiserlichen Hofes Opfer des Glossar:Ounin-Krieges geworden waren. Damit war ein Großteil ihres kulturellen Kapitals vernichtet. In dieser Situation erfand Kanetomo seine Familientradition gleichsam neu und erweiterte sie dabei beträchtlich. Er schrieb das Myōbō yōshū daher auch nicht in seinem eigenen Namen, sondern legte es einem Vorfahren aus dem zehnten Jahrhundert, Urabe Kanenobu, in den Mund. Dieser Etikettenschwindel wurde erst in der Edo-Zeit aufgedeckt.

Inhalt

Das Myōbō yōshū ist nach einem Frage-Antwort Schema (mondo) abgefasst. Jede Frage bezieht sich auf die vorhergehende Antwort. Die erste Frage lautet: „Wie lässt sich der Begriff ,Shinto‘ unterteilen?“ Das ganze Werk ist folglich – zumindest in formaler Hinsicht – eine Erklärung von „Shinto“. Dabei wird deutlich, dass der Begriff sehr verschiedene Bedeutungen haben kann. Er kann, wie heute üblich, als Schulrichtung verstanden werden (neben dem Yuiitsu [oder Genpon-sōgen] Shinto gibt es auch den Ryōbu-shūgō und den Sujaku-engi Shinto).1 Shintō kann aber auch eine göttliche Kraft sein („shintō der Drei Uranfänge“)2 oder einfach eine zeremonielle Handlung („Die unzähligen Regierungsangelegenheiten an unserem Hof, sie alle sind shintō.“)3

In der sogenannten „Baumtheorie“ wird Shinto schließlich als japanische Entsprechung von Buddhismus und Konfuzianismus bzw. als deren Grundlage definiert:

Unser Land Japan bringt den Samen hervor, in China zeigen sich Zweige und Blätter, in Indien öffnen sich Blüten und Früchte. Deshalb ist der Buddhismus die Blume und Blüte, der Konfuzianismus die Zweige und Blätter, der Shinto aber Wurzel und Stamm aller Dharmas. Die [ersten] beiden Lehren sind nichts anderes als Varianten des Shinto. Zweige und Blätter, Blüten und Früchte verweisen auf Wurzel und Stamm. Und wie die Blüten fallen und zu den Wurzeln zurückkehren, so kam auch der Buddhismus zurück in den Osten. Dieses zeigt, dass unser Land Wurzel und Stamm der Drei Länder ist.4

Hier zeigen sich ähnliche Probleme und Gedankengänge, wie sie etwa auch im

Jinnō shōtō-ki 神皇正統記 (jap.)

„Über die Wahre Abfolge der Göttlichen Herrscher“, Traktat von Kitabatake Chikafusa, 1339

Text

Der Begriff „Jinnō shōtō-ki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

anklingen: Wie lassen sich die verschiedenen Nationalmythen auf einen Nenner bringen? Wie lässt sich, analog zu den Mythen, eine Vorrangstellung Japans gegenüber China und Indien rechtfertigen, ohne deren kulturelle Errungenschaften und Einflüsse ganz zu negieren? Wie lässt sich all dies insbesondere aus der Geschichte ableiten?

Obwohl die Baummetapher selbst schon in anderen Varianten vor Kanetomo existierte, war die Verwendung von „Shinto“ als repräsentative Lehre Japans neu. Das konfrontierte Kanetomo mit dem Problem, dass es diese Lehre – im Gegensatz zu Buddhismus und Konfuzianismus – nicht in kodifizierter Form gab. Eine direkte Antwort auf dieses Problem bleibt das Myōbō yōshū zwar schuldig, doch deuten sich zwei Argumentationsstrategien an. Einerseits bedarf es keiner kodifizierten Lehre, da Shinto so ursprünglich und gottgegeben ist, dass jeder Versuch der Kodifizierung ein Sakrileg darstellt. Andererseits gibt es diese kodifizierte Lehre sehr wohl, allerdings in geheimer Form, die nur den Yoshida Priestern zugänglich ist.

Die vorgeblich esoterische Form der eigenen Shinto-Lehre konnte natürlich leicht zur Rechtfertigung unbeweisbarer, und bislang unbekannter Behauptungen genützt werden. Unter anderem begründete Kanetomo damit auch die Umkehr der damals üblichen Rollenverteilung von kami und Buddhas in „Urform und Spur“ (

honji suijaku 本地垂迹 (jap.)

wtl. Grundform und herabgelassene Spur; Theorie der Identität von kami und Buddhas

Der Begriff „honji suijaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Hie sanno mandala.jpg

):

Die offene Lehre macht Buddha zur Urform. Diese Vereinfachung dient der Bekehrung. Die geheime Lehre stellt jedoch die kami an den Anfang. Auf ihrer tiefsten Stufe birgt sie die absolute Wahrheit.5

Rezeption durch die Nachwelt

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Scheid 2001, S. 301ff.
  2. Scheid 2001, S. 325.
  3. Scheid 2001, S. 348.
  4. Kanetomo legt dieses Zitat dem antiken Prinzregenten
    Shōtoku Taishi 聖徳太子 (jap.)

    574–622; Prinz Shōtoku; kaiserlicher Regent

    Der Begriff „Shōtoku Taishi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

    Glossarseiten

    Bilder

    • Shotoku Taishi eden2.jpg
    • Shotoku Taishi eden geburt.jpg
    • Shotoku taishi kamakura.jpg
    • Shotoku Taishi eden schlacht.jpg
    • Shotoku jizo.jpg
    • Shotoku Taishi eden bettler.jpg
    • Gosonzomandara.jpg
    • Taishi nisaizo.jpg
    • Shotoku taishi.jpg
    • Torii shitennoji.jpg
    • Guze kannon.jpg
    • Shotoku Taishi eden1.jpg
    • Shotoku banknote.jpg
    • Shakasanzon horyuji.jpg
    • Yumedono2.jpg
    in den Mund. Vgl. Scheid 2001, S. 243 und 350.
    
  5. Scheid 2001, S. 245 und 354.

Literatur

Siehe auch Literaturliste

  • Scheid 2000
  • Scheid 2001

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite