Alltag/Pilgerschaft: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Shikoku ist die Geburtsinsel von {{glossar:kouboudaishi}} {{glossar:kuukai}} (774–835), des viel·leicht populärsten Mönchs der japani·schen Religions·ge·schichte. Kūkai grün·dete den Shingon Bud·dhis·mus, der be·son·ders in Shikoku auch heute noch sehr stark ver·treten ist. Daher ent·stand hier eine Pilger·route von 88 Tempeln, die zu Ehren Kūkais unter·nom·men wird. | + | Shikoku ist die Geburtsinsel von {{glossar:kouboudaishi}} {{glossar:kuukai}} (774–835), des viel·leicht populärsten Mönchs der japani·schen Religions·ge·schichte. Kūkai grün·dete den Shingon Bud·dhis·mus, der be·son·ders in Shikoku auch heute noch sehr stark ver·treten ist. Daher ent·stand hier eine Pilger·route von 88 Tempeln, die zu Ehren Kūkais unter·nom·men wird und die den in Europa immer beliebter werdenden Jakobsweg — sowohl was das Alter, als auch was die Zahl der Pilger betrifft — bei Weitem in den Schatten stellt. |
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− | Die Pilgerroute führt rund um die gesamte Insel. Der Fußweg beträgt ca. 1400km und kann bei guter Kon·dition in etwa 40-50 Tagen be·wäl·tigt werden. Üblicher·weise be·ginnt man mit Tempel 1 und um·rundet die Insel im Uhr·zeiger·sinn bis Tempel 88. Die Tempel sind einzeln num·meriert und gut aus·ge·schildert. Mitunter findet man sogar noch tradi·tionelle Weg·weiser. Die Tempel sind ver·schie·denen Buddhas geweiht, gehören aber fast alle dem Shingon Buddhismus an. | + | Die Pilgerroute führt rund um die gesamte Insel. Der Fußweg beträgt ca. 1400km und kann bei guter Kon·dition in etwa 40-50 Tagen be·wäl·tigt werden. Üblicher·weise be·ginnt man mit Tempel 1 und um·rundet die Insel im Uhr·zeiger·sinn bis Tempel 88. Die Tempel sind einzeln num·meriert und relativ gut aus·ge·schildert. Mitunter findet man sogar noch tradi·tionelle Weg·weiser. Die Tempel sind ver·schie·denen Buddhas geweiht, gehören aber fast alle dem Shingon Buddhismus an. |
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Um den Besuch eines Tempels zu bestätigen, spielen die sog. {{glossar:osamefuda|''osame-fuda''}} eine große Rolle. Das sind Papier·streifen, die mit einem Bild Kūkais und dem Spruch: „Ehre der Pilger·schaft zu den 88 heiligen Orten“ bedruckt sind. Die Pilger kaufen sie in Blöcken, schreiben auf die Rück·seite ihren eigenen Namen und opfern diese Zettel an jedem Tempel, den sie besuchen. Unter·schied·liche Farben re·präsen·tieren den „Rang“ eines Pilgers, abhängig davon, wie oft er die Route bereits absolviert hat. ''Osamefuda'' sind also „Visiten·karten“ im wörtlichen Sinn und bedeuten nichts anderes als: „I was here.“ Auf vielen Pilger·routen ist es sogar üblich, dass Pilger ''osamefuda'' mit ihrem eigenen Namen mit·führen und diese an den be·such·ten Tempeln oder Schreinen aufkleben. Gegen diese Art von Graffiti be·stehen keiner·lei Vorbehalte in Japan. Aller·dings sind solche „Visiten·karten“ stets nach einem fest·ge·legten Muster gestaltet. | Um den Besuch eines Tempels zu bestätigen, spielen die sog. {{glossar:osamefuda|''osame-fuda''}} eine große Rolle. Das sind Papier·streifen, die mit einem Bild Kūkais und dem Spruch: „Ehre der Pilger·schaft zu den 88 heiligen Orten“ bedruckt sind. Die Pilger kaufen sie in Blöcken, schreiben auf die Rück·seite ihren eigenen Namen und opfern diese Zettel an jedem Tempel, den sie besuchen. Unter·schied·liche Farben re·präsen·tieren den „Rang“ eines Pilgers, abhängig davon, wie oft er die Route bereits absolviert hat. ''Osamefuda'' sind also „Visiten·karten“ im wörtlichen Sinn und bedeuten nichts anderes als: „I was here.“ Auf vielen Pilger·routen ist es sogar üblich, dass Pilger ''osamefuda'' mit ihrem eigenen Namen mit·führen und diese an den be·such·ten Tempeln oder Schreinen aufkleben. Gegen diese Art von Graffiti be·stehen keiner·lei Vorbehalte in Japan. Aller·dings sind solche „Visiten·karten“ stets nach einem fest·ge·legten Muster gestaltet. |
Version vom 18. Januar 2011, 12:13 Uhr
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Pilgerschaft
Viele Formen der traditionellen Religionsausübung sind im moder·nen Japan ver·schwun·den oder werden nur noch am Rande der Gesell·schaft prakti·ziert, das Pilgern (
Pilger; Pilgerschaft
Der Begriff „henro“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) aber ist nach wie vor erstaun·lich beliebt. Schon früh stellte es eine Art Inlands·touris·mus dar, und auch heute ist der touristi·sche Aspekt des Pilgerns ein wichtiger Faktor seiner Beliebt·heit. Häufig sind eine ganze Reihe von Tempeln zu einer fixen Route zusam·men·ge·schlos·sen, die die Pilger der Reihe nach erwan·dern bzw. mit dem Bus abklap·pern. Unabhängig von der Art der Fort·bewe·gung kleiden sich Pilger zumeist in das klassi·sche Pilger-Outfit, bestehend aus einem weißen Ober·gewand, einem schirm·artigen Hut und einem Pilgerstab.
Beispiel Shikoku
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Shikoku ist die Geburtsinsel von
Der Begriff „Kōbō Daishi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi
Der Begriff „Kūkai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(774–835), des viel·leicht populärsten Mönchs der japani·schen Religions·ge·schichte. Kūkai grün·dete den Shingon Bud·dhis·mus, der be·son·ders in Shikoku auch heute noch sehr stark ver·treten ist. Daher ent·stand hier eine Pilger·route von 88 Tempeln, die zu Ehren Kūkais unter·nom·men wird und die den in Europa immer beliebter werdenden Jakobsweg — sowohl was das Alter, als auch was die Zahl der Pilger betrifft — bei Weitem in den Schatten stellt.
Die Pilgerroute führt rund um die gesamte Insel. Der Fußweg beträgt ca. 1400km und kann bei guter Kon·dition in etwa 40-50 Tagen be·wäl·tigt werden. Üblicher·weise be·ginnt man mit Tempel 1 und um·rundet die Insel im Uhr·zeiger·sinn bis Tempel 88. Die Tempel sind einzeln num·meriert und relativ gut aus·ge·schildert. Mitunter findet man sogar noch tradi·tionelle Weg·weiser. Die Tempel sind ver·schie·denen Buddhas geweiht, gehören aber fast alle dem Shingon Buddhismus an.
Um den Besuch eines Tempels zu bestätigen, spielen die sog.
„Visitenkarte“ eines Pilgers, Votivzettel
Der Begriff „osame-fuda, nōsatsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
eine große Rolle. Das sind Papier·streifen, die mit einem Bild Kūkais und dem Spruch: „Ehre der Pilger·schaft zu den 88 heiligen Orten“ bedruckt sind. Die Pilger kaufen sie in Blöcken, schreiben auf die Rück·seite ihren eigenen Namen und opfern diese Zettel an jedem Tempel, den sie besuchen. Unter·schied·liche Farben re·präsen·tieren den „Rang“ eines Pilgers, abhängig davon, wie oft er die Route bereits absolviert hat. Osamefuda sind also „Visiten·karten“ im wörtlichen Sinn und bedeuten nichts anderes als: „I was here.“ Auf vielen Pilger·routen ist es sogar üblich, dass Pilger osamefuda mit ihrem eigenen Namen mit·führen und diese an den be·such·ten Tempeln oder Schreinen aufkleben. Gegen diese Art von Graffiti be·stehen keiner·lei Vorbehalte in Japan. Aller·dings sind solche „Visiten·karten“ stets nach einem fest·ge·legten Muster gestaltet.
Eintrag ins Pilgerlogbuch Bilder: D. Weiss |
In Shikoku führen die meisten Pilger außerdem eine Art Log·buch mit sich, in das sie sich von jedem be·such·ten Tempel einen Stempel (
wtl. „roter (=offizieller) Stempel“; auch für rel. Zwecke, z.B. Stempel ins Pilgerlogbuch verwendet
Der Begriff „shuin“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) und eine Kalligraphie ein·tra·gen lassen. Die Kalli·graphien enthalten meist den Tempel·namen und ein Sanskrit·zeichen (
Symbolische Sanskrit-Zeichen in siddham-Schrift; wtl. Samen (Skt. bija); auch bonji 梵字, „indische Zeichen“; v.a. in rituellen Texten des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Gebrauch
Der Begriff „shuji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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), das den Haupt·buddha (
Hauptheiligtum eines Tempels
Der Begriff „honzon“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) des be·tref·fenden Tempels sym·bolisiert.
Pilger (
Pilger; Pilgerschaft
Der Begriff „henro“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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oder o-henro-san) werden in Shikoku sehr freund·lich auf·ge·nommen. Der Brauch verlangt es, dass man ihnen kleine Ge·schen·ke (
), z.B. Essen aber auch Geld gibt, um auf diese Weise ein bisschen an ihrem frommen Werk zu partizi·pieren. Theo·re·tisch ist es daher mög·lich, auch gänzlich ohne eigene Mittel eine Pilger·schaft in Shikoku zu bestreiten. Tat·säch·lich profitiert aber die lokale Tourismus·branche nicht un·er·heblich von den Pilgern.
Weltflucht und Tourismus
Die 88 Tempel stellen die bekannteste Pilger·strecke dieser Art dar und wohl auch eine der längsten, aber Serien von Tempeln, die durch eine Pilger·route verbunden sind, gibt es in ganz Japan. Auch Schreine bieten sich als Ziel von Pilger·fahrten an, insgesamt sind bud·dhis·tische Tempel auf diesem Gebiet jedoch eher gefragt. Pilgern hat, zumindest in seiner ur·sprüng·lichen Form, etwas mit Welt·abkehr zu tun, und das passt in Japan besser zum Buddhismus als zum Shinto. Auch der Tod wird nach bud·dhis·tischer Vor·stellung als Pilger·fahrt aufgefasst, daher ähnelt das japanische Toten·kleid (
Totengewand
Der Begriff „shini shōzoku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) einem Pilger·gewand (s.a. Totenriten). Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Pilgerschaft.
Dennoch tritt in der Pilgerschaft neben dem Motiv der inneren Einkehr auch die Suche nach Dingen zutage, die weniger religiöse Menschen im allgemeinen im Urlaub suchen: Ab·wechs·lung, Abenteuer, Exotik. Auch diese Motive haben bereits eine lange Tradition. In der
Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
Der Begriff „Edo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
-Zeit zählten Pilger·fahrten zu den wenigen Anlässen, bei denen man die eigene Provinz verlassen durfte. Daher stellte Pilgern wohl so etwas wie die Früh·form des japanischen Tourismus dar. Auch heute ist dieser Aspekt kaum zu übersehen: Die meisten Pilger sind in Reise·bussen unter·wegs und ab·ge·sehen von Pilger·hut und Pilger·stab auch mit einer Kamera ausgerüstet. Eine Minder·heit begibt sich aber nach wie vor zu Fuß auf die Suche nach innerer Ver·voll·kommnung oder schlicht nach einer Alternative zu den Sorgen des Berufs- und Alltagslebens.
Auch Ausländer beteiligen sich manchmal an solchen Unter·nehmungen, um in die Geheimnisse des japanischen Bud·dhis·mus einzudringen. Einer von ihnen, der Amerikaner Don Weiss, hat seine Erfahrungen auf dem Shikoku Pilgerweg in seinem Buch Echoes of Incense ver·öffent·licht, das auch über das Internet zugänglich ist. 2006 brachte der Schweizer Ethnologe Tommi Mendel eine sehr sensible filmische Dokumentation heraus, die vor allem nach den Motiven jüngerer Shikoku Pilger fragt. Nach den über 60-jährigen bilden sie die zweit·größte Alters·kohorte, die sich auf den aufwendigen Fuß·marsch einlässt. Schließlich hat sich auch der Deutsche Gerald Koll zu einem „filmischen Selbstversuch“ mit einer Kamera im Gepäck auf den Weg der 88 Tempel begeben. Sein Dokumentarfilm versteht sich als hintergründiger Kommentar zur Erfahrung des Pilgerns im Allgemeinen, verrät aber auch viel über Japan aus einer unvoreingenommenen, nicht-japanologischen Perspektive.
Links
- Echoes of Incense, A Pilgrimage in Japan, Don Weiss (en.)
Erfahrungsbericht eines amerikanischen Pilgers aus dem Jahr 1993. - Resource Guide to Japanese Pilgrims & Pilgrimages, Mark Schumacher (en.)
Artikel des A-Z Dictionary of Japanese Buddhist Statuary zum Thema Pilgerschaft. - Aruki henro, Tommi Mendel (en.)
Website des gleichnamigen Dokumentarfilms, 2006. - 88 — Pilgern auf Japanisch Gerald Koll
Website des gleichnamigen Dokumentarfilms, 2008. - Pilgrimage to the 88 Sacred Places of Shikoku, David Turkington (en.)
Dokumentation und ausführliche Hintergrundinformationen. - Shikoku Henro Shashinshū (jap.)
Photodokumentation der Pilgerstätten von Shikoku. - Chigatera o meguru (jap.)
Bild-Sammlung von über 1000 Logbucheinträgen der diversen japanischen Pilgerrouten.Letzte Überprüfung der Linkadressen: Jan. 2011
Bilder: Don Weiss