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Version vom 2. Dezember 2022, 17:48 Uhr
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Die Kamakura [Kamakura (jap.) 鎌倉 Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shōgunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit)]-Zeit beginnt mit einem politischen Umbruch: Minamoto no Yoritomo [Minamoto no Yoritomo (jap.) 源頼朝 1147–1199; Feldherr, Staatsmann, Begründer des Minamoto Shōgunats] (1147–1199) geht 1185 siegreich aus dem sogenannten Genpei Krieg [Genpei Gassen (jap.) 源平合戦 Krieg zwischen den Minamoto (Gen) und den Taira (Hei, bzw. Pei), 1180–1185] — einem landesweiten Bürgerkrieg angeführt von den feindlichen Kriegerdynastien Taira [Taira (jap.) 平 Kriegerfamilie, die im 12. Jh. um die pol. Vorherrschaft in Japan kämpfte; auch Heike] und Minamoto [Minamoto (jap.) 源 Kriegerfamilie, die 1185 eine neue Herrschaftsdynastie begründete: Kamakura Shōgunat, 1185–1333] — hervor, setzt sich damit an die Spitze des Kriegeradels und begründet unter dem Titel Shōgun [Shōgun (jap.) 将軍 Shōgun; Titel der Militärherrscher aus dem Kriegeradel (bushi, Samurai)] eine neue Herrscherdynastie mit Sitz in Kamakura, unweit des heutigen Tōkyō. Er beendet damit die politische Hegemonie des Tennō [Tennō (jap.) 天皇 jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels]-Hofes, doch wird dieser nicht abgeschafft, sondern bleibt weiterhin in der alten Hauptstadt Kyōto (Heian-kyō [Heian-kyō (jap.) 平安京 urspr. Name der Stadt Kyōto; wtl. Stadt des Friedens; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]) bestehen. Der politische Wechsel folgt auf eine lange Phase der politischen Dezentralisierung, also einer Schwächung der Zentralmacht, verbunden mit dem Aufstieg lokaler Militärmachthaber (Kriegeradel, jap. Samurai [Samurai (jap.) 侍 im Westen übliche Bezeichnung eines Mitgliedes der Krieger-Klasse des vorindustriellen Japans; in Japan schriftspr. bushi], buke [buke (jap.) 武家 Kriegeradel; die führenden Kriegerklans] oder bushi [bushi (jap.) 武士 Krieger, Samurai]), vor allem in den Provinzen Ostjapans. Im Zuge dieser Dezentralisierung verbreitet sich auch der Buddhismus immer stärker außerhalb des politischen Zentrums und der kulturellen Eliten.
Aus Sicht des Hofadels (kuge [kuge (jap.) 公家 Hofadel; die führenden höfischen Familien]) ändert sich das Leben dennoch nicht allzu drastisch. Die mächtigen Fujiwara [Fujiwara (jap.) 藤原 mächtigste Adelsfamilie im jap. Altertum] verheiraten ihre Söhne und Töchter nun auch mit den ehemals verachteten Kriegerhäusern und partizipieren auf diese Weise immer noch an politischen Entscheidungsprozessen. Die anderen Hoffamilien erfüllen weiterhin ihre angestammten kulturellen und religiöse Funktionen. Der traditionelle Statusunterschied von Hof- und Kriegeradel, der sich in einem rigiden System höfischer Ränge ausdrückt, bleibt nach wie vor aufrecht und verschleiert die tatsächlichen Machtverhältnisse. Dieses doppelte System von Macht und Status bleibt bis zum Beginn der Moderne — und in gewisser Weise auch noch danach — ein charakteristisches Element der politischen Struktur Japans.
Die Zeit nach dem Umbruch ist daher weiterhin politisch instabil. Obwohl sich der Kaiserhof vorderhand damit abfindet, die Entscheidungen des Kamakura-Shōgunats formal abzusegnen, stellt die Möglichkeit seiner politischen Neuerstarkung eine permanente latente Bedrohung für den Shōgun dar. Ende des dreizehnten Jahrhunderts kommt schließlich eine Gefahr von außen dazu: die Mongolen, die innerhalb von fünfzig Jahren China und Korea erobert haben, sehen auch in Japan ein lohnendes Angriffsziel. 1274 und 1281 kommt es zu großangelegten Angriffen, die der Überlieferung zufolge jeweils durch „göttliche Winde“ (kamikaze [kamikaze (jap.) 神風 Götterwind; urspr. ein poetischer Beinamen der Provinz Ise, wird der Begriff seit den Mongolenangriffen des 13. Jh.s mit göttlichem Schutz im Krieg assoziiert und daher auch mit den Selbstmord-Piloten des 2. Weltkriegs in Verbindung gebracht]) vereitelt werden. Trotz der erfolgreichen Verteidigung der territorialen Integrität des Landes schwächen die gewaltigen Militärausgaben, die der Mongolenangriff mit sich bringt, das Shōgunat. 1333 kommt es schließlich zu neuen dynastischen Kämpfen, aus denen 1336 die Familie der Ashikaga [Ashikaga (jap.) 足利 Kriegerfamilie, die 1336 eine neue Herrschaftsdynastie begründete: Ashikaga Shōgunat, 1336–1573] siegreich hervorgeht und ein neues Shōgunat, diesmal wieder in der alten Hauptstadt Kyōto begründet. Die neue Epoche wird heute als Muromachi [Muromachi (jap.) 室町 Stadtteil in Kyōto; Sitz des Ashikaga Shōgunats 1336–1573 (= Muromachi-Zeit)]-Zeit bezeichnet und stellt zusammen mit der Kamakura-Zeit das japanische Mittelalter dar.
Neue buddhistische Richtungen
Religionsgeschichtlich ist der Beginn des japanischen Mittelalters durch das Auftreten verschiedener religiöser Gründerfiguren charakterisiert: Hōnen [Hōnen (jap.) 法然 1133–1212; Gründer der Jōdo-shū, der Schule vom Reinen Land] (1133–1212), Shinran [Shinran (jap.) 親鸞 1173–1262; Gründer der Jōdo Shin-Schule] (1173–1262), Dōgen [Dōgen Kigen (jap.) 道元希玄 1200–1253; Begründer des Sōtō Zen; auch Eihei Dōgen.] (1200–1253) und Nichiren [Nichiren (jap.) 日蓮 1222–1282; Begründer des Nichiren Buddhismus] (1222–1282) verbreiten jeweils neuartige Lehren und stehen damit für eine Welle der Erneuerung innerhalb des japanischen Buddhismus, die man auch als „Neuen Buddhismus“ der Kamakura-Zeit — im Unterschied zum „Alten Buddhismus“ der Tendai [Tendai-shū (jap.) 天台宗 Tendai-Schule, chin. Tiantai]- und Shingon [Shingon-shū (jap.) 真言宗 Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan]-Schulen sowie der sogenannten Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō]-Schulen — bezeichnet.
Die starken Reformkräfte innerhalb des Buddhismus dieser Zeit sind wahrscheinlich der Ausbreitung des Buddhismus in breitere Bevölkerungsschichten zuzuschreiben. Vor allem der Amida [Amida (jap.) 阿弥陀 Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)]-Buddhismus mit seinem starken Glauben an die Errettung in Amidas Reinem Land (jōdo [jōdo (jap.) 浄土 Reines Land, buddhistisches Paradies; auch gokuraku, Sukhavati]) lässt sich als Antwort auf das Bedürfnis nach einer einfachen, für jedermann praktikablen Form der buddhistischen Religionsausübung auffassen. Im Unterschied zu den etablierten Schulen hatten die amidistischen Reformer nicht mehr nur die gesellschaftlichen Eliten im Auge und waren nicht mehr bereit, sich in den Dienst ihrer Interessen zu stellen. Sie predigten auf öffentlichen Plätzen und scharten Anhänger aus allen gesellschaftlichen Schichten um sich. Das hatte einerseits einen breiten Zulauf zur Folge, andererseits brachte es die Amidisten bald mit den staatlichen Autoritäten in Konflikt.
Aber auch die neuen Führungseliten aus dem „Kriegeradel“ suchten und fanden neue religiöse Formen, namentlich im Zen [Zen (jap.) 禅 chin. Chan, wtl. Meditation; Zen Buddhismus] Buddhismus. Die neuen Richtungen des Buddhismus breiteten sich also nicht gleichmäßig in der Bevölkerung aus, sondern jeweils in spezifischen Schichten: Bauernschaft und niederer Kriegeradel tendierten, wenn sie nach religiösen Alternativen suchten, zum Amidismus, die allgemeine Stadtbevölkerung fühlte sich von Nichiren [Nichiren (jap.) 日蓮 1222–1282; Begründer des Nichiren Buddhismus] und seinen Anhängern angesprochen, der höhere Kriegerstand vom Zen.
Auf den nächsten Seiten werden die Gründer dieses Neuen Buddhismus als Repräsentanten der Kamakura-zeitlichen Religionsgeschichte genauer vorgestellt. Ich möchte jedoch gleich vorweg auch die Kritik erwähnen, die in jüngerer Zeit gegen die übermäßige Betonung von Figuren wie Hōnen, Shinran, Dōgen oder Nichiren vorgebracht wurde. Trotz ihrer innovativen Ideen stellten diese Mönche innerhalb der religiösen Welt des japanischen Frühmittelalters nur eine kleine Minderheit dar, deren Bedeutung sich erst retrospektiv, durch den späteren Erfolg ihrer Lehren ergibt. Dieser Erfolg ist aber nicht selten auf die Anstrengungen der Nachfolger zurückzuführen, die dabei die ursprünglichen Intentionen der Gründer stark veränderten. Dies trifft ganz besonders auf Rennyo [Rennyo (jap.) 蓮如 1415–1499; Mönch der Jōdo Shin-Schule], den erfolgreichen Reformator der Jōdo Shinshū [Jōdo Shinshū (jap.) 浄土真宗 Shin-Buddhismus, bzw. Jōdo Shin-Buddhismus; wtl. „Wahre Schule des Reinen Landes“], aber auch auf diverse Zen- und Nichiren-Mönche der Muromachi-Zeit zu. Die Erfolge des Neuen Buddhismus sind also nicht allein auf die Ideen seiner Gründer zurückzuführen, sondern auch darauf, dass es spätere Generationen verstanden, diese Lehren geschickt an sich verändernde gesellschaftliche Verhältnisse anzupassen, ohne sich dabei allzu streng an die Thesen der Gründerväter zu halten.
Buddhismus und Krieg
Vorlage:Sidebox3 Sieht man sich die religiöse Bilderwelt oder auch die Erzählliteratur der Kamakura-Zeit genauer an, so fällt auf, dass hier Gestalten des esoterischen Buddhismus (mikkyō [mikkyō (jap.) 密教 esoterischer Buddhismus, Tantrismus; wtl. geheime Lehre; Gegenstück zu kengyō; in Japan vor allem durch den Shingon, aber auch durch Teile des Tendai Buddhismus vertreten]), der von den „alten Schulen“ Tendai und Shingon hochgehalten wurde, eine wesentlich größere Rolle spielen, als dies nach den Lehren des „Neuen Buddhismus“ der Fall sein dürfte. Auffallend ist vor allem die stetige Zunahme von furchteinflößenden Figuren wie myōō [myōō (jap.) 明王 wtl. Licht-König, auch „Mantra-König“ oder „Weisheits-König“; meist zornvoll dargestellte Schutzgottheit; skt. vidyaraja] und tenbu [tenbu (jap.) 天部 Gruppe der indischen bzw. aus Indien übernommene Gottheiten im japanischen Buddhismus (skt. deva)]. Unwillkürlich ist man geneigt, die Beliebtheit dieser kriegerischen Wächterfiguren des esoterischen Buddhismus mit den kriegerischen Umwälzungen des japanischen Mittelalters in Verbindung zu bringen.
Dieser Eindruck ist keineswegs unrichtig. Die buddhistischen Klöster des japanischen Mittelalters werden heute oft als die Hauptgewinner im Spiel der Mächtigen jener Zeit angesehen. Gerade im Krieg kam ihnen eine ganz besondere Funktion zu. Nach allgemeinem Glauben beruhte nämlich der Ausgang einer Schlacht nur zum Teil auf dem militärischen Geschick der Kontrahenten. Mindestens ebenso wichtig war der Beistand von kami [kami (jap.) 神 Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō] und Buddhas [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] und ein Gutteil der Kriegsvorbereitungen bestand daher in der Abhaltung entsprechender religiöser Zeremonien. Diese Zeremonien wandten sich meist nicht direkt an die höchsten Buddhas, sondern an ihre „Manifestationen“ in kriegerischer Form, zu denen unter anderem auch einheimische kami gezählt wurden (siehe dazu auch Götterwinde: Religion und Krieg zur Zeit der mongolischen Eroberungen). Eine weitere Funktion des Buddhismus im Krieg war die Betreuung der Toten. Die Ji-Sekte [Ji-shū (jap.) 時宗 Amida-Schulrichtung aus der Kamakura-Zeit, gegründet von Ippen], eine Fraktion des Amida-Buddhismus, spezialisierte sich beispielsweise auf die Bestattung von Gefallenen.
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Edo-Zeit, ca. 1832. Bildquelle: unbekannt.
Die mächtigsten religiösen Institutionen spielten in den Kriegswirren des Mittelalters im übrigen eine ähnliche Rolle wie die katholische Kirche zur gleichen Zeit in Europa: Sie unterstützten die kriegsführenden Parteien nicht nur durch Riten und Gebete, sie griffen sogar selbst aktiv ins Kampfgeschehen ein, vor allem wenn es um die Verteidigung oder Erweiterung der eigenen Territorialrechte ging. Klöster wie der Enryaku-ji [Enryaku-ji (jap.) 延暦寺 Haupttempel des Hiei Klosterbergs] auf Berg Hiei [Hiei-zan (jap.) 比叡山 Klosterberg Hiei bei Kyōto, traditionelles Zentrum des Tendai Buddhismus] oder der Kōfuku-ji [Kōfuku-ji (jap.) 興福寺 Tempel des Hossō-Buddhismus; einer der Sieben Großen Tempel von Nara] in Nara [Nara (jap.) 奈良 Hauptstadt und Sitz des Tennō, 710–784 (= Nara-Zeit); auch: Heijō-kyō] zählten zu den größten Grundbesitzern der damaligen Zeit und hielten zu ihrer Verteidigung gefürchtete Armeen von Mönchssoldaten (sōhei [sōhei (jap.) 僧兵 Kriegermönch, Mönchssoldat]) aufrecht, die auch unter der Bezeichnung akusō [akusō (jap.) 悪僧 Kriegermönch; wtl. „schlechter Mönch“] (wtl. „schlechte Mönche“) bekannt waren. Diese Bezeichnung deutet zwar an, dass das Bewusstsein, als Mönchssoldat nicht ganz den Idealen des Buddhismus zu dienen, latent vorhanden war, doch wurden die akusō durchaus als Kämpfer geachtet und galten keineswegs als moralisch tiefstehende Personen. Zu ihnen zählt auch einer der bekanntesten Helden der japanischen Samurai-Folklore, nämlich Benkei [Benkei (jap.) 弁慶 ?–1189; legendärer Kriegermönch (sōhei) des Genpei-Krieges], der treue Begleiter von Minamoto no Yoshitsune [Minamoto no Yoshitsune (jap.) 源義経 1159–1189; japanischer Feldherr und Halbbruder von Minamoto no Yoritomo].
Das „System esoterischer und exoterischer Lehren“
Ein neuerer Forschungsansatz vertritt daher die Ansicht, dass sich der religiöse Mainstream der Kamakura-Zeit nicht im „Neuen Buddhismus“, sondern nach wie vor in den etablierten Schulen Tendai und Shingon finden ließe. Das besondere Augenmerk der traditionellen japanischen Buddhismusforschung auf einzelne Reformer und ihre Lehren würde den Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse verstellen. Viel bedeutsamer seien die Veränderungen innerhalb des religiösen Establishments, aber auch neue sozialen Funktionen der Religion am Rande der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang hat etwa Kuroda Toshio [Kuroda Toshio (jap.) 黒田俊雄 1923–1993; Historiker und Religionswissenschaftler] sein berühmtes Modell des kenmitsu taisei [kenmitsu taisei (jap.) 顕密体制 System exoterischer und esoterischer Lehren], des Systems esoterischer und exoterischer Lehren, entwickelt. Das kenmitsu taisei stellt nach Kuroda ein komplementäres Ineinandergreifen von geheimen esoterischen Riten und exoterischen Dogmen dar und war für die großen religiösen Zentren im Mittelalter (unabhängig ob Tendai-, Shingon oder sonst wie orientiert) charakteristisch. Der kenmitsu-Buddhismus (der natürlich nur eine historische Konstruktion ist) bediente sich der verschiedensten Strömungen und Richtungen und wandte sie pragmatisch und in enger Verflechtung mit den jeweiligen Machtverhältnissen an. Aus theologischer Sicht lassen sich die Vertreter des kenmitsu taisei vielleicht am besten dadurch charakterisieren, dass sie untereinander zwar einen relativ hohen Grad an Toleranz aufweisen, sich aber umso vehementer gegen alle ausschließenden, radikalen, „fundamentalistischen“ Glaubensformen wenden, wie sie für viele Vertreter des „Neuen Buddhismus“ typisch sind.
Trotz der Bedeutung des kenmitsu-Buddhismus für die Religion des japanischen Mittelalters folge ich auf den nächsten Seiten dem traditionellen Schema und behandle vor allem die Gründerfiguren des sog. „Neuen Buddhismus“. Innerhalb des heutigen japanischen Buddismus haben ihre Lehren nämlich die alten Schulen überflügelt und es ist insofern unerlässlich, sich mit der Entstehung ihrer Ideen auseinanderzusetzen. Wer aber Genaueres über die religiöse Befindlichkeit von der späten Heian [Heian (jap.) 平安 auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)]-Zeit bis in die Kamakura- und Muromachi-Zeit erfahren will, dem empfehle ich die Beschäftigung mit buddhistischen Legendensammlungen (setsuwa [setsuwa (jap.) 説話 Lehrerzählung, didaktische Anekdote; meist von buddh. Mönchen in Form umfangreicher Sammlungen kompiliert]), wie Konjaku monogatari [Konjaku monogatari (jap.) 今昔物語 „Geschichten aus alter und neuer Zeit“ (12. Jh.); umfangreiche Sammlung von Geschichten und Anekdoten, meist aus einem buddhistischen Kontext] oder Shasekishū [Shasekishū (jap.) 沙石集 Sammlung buddhistischer Erzählungen und Anekdoten, 1283 verfasst von Mujū Ichien]. Aber auch die berühmten Traktate von gebildeten Laienmönchen, das Hōjōki [Hōjōki (jap.) 方丈記 „Bericht aus meiner Hütte“, Traktat von Kamo no Chōmei, geschrieben 1212] von Kamo no Chōmei [Kamo no Chōmei (jap.) 鴨長明 1153?–1216; japanischer Poet und Autor, der nach buddh. Lehren als Eremit lebte; auch bekannt unter seinem buddh. Namen Ren’in 蓮胤] und das Tsurezuregusa [Tsurezuregusa (jap.) 徒然草 „Aufzeichnungen aus Mußestunden“; Gedanken und Anekdoten von Yoshida Kenkō, verfasst ca. 1330–1332] von Kenkō [Yoshida Kenkō (jap.) 吉田兼好 1283?–1350?; japanischer Dichter und Hofbeamter, Autor des Tsurezuregusa; zu seiner Zeit wahrscheinlich als Urabe Kaneyoshi bekannt] bieten ausgezeichnete Einblicke in das religiöse Weltbild des Mittelalters.
Verweise
Verwandte Themen
Literatur
- Japanese Journal of Religious Studies 23/3–4, 1996. (Online.) [Sondernummer des JJRS.]
Bilder
- ^ Der Kriegermönch Benkei, der treueste Vasall des Helden Minamoto no Yoshitsune.
Werk von Utagawa Kuniyoshi. Edo-Zeit, ca. 1832. Bildquelle: unbekannt.
Glossar
- Dōgen Kigen 道元希玄 ^ 1200–1253; Begründer des Sōtō Zen; auch Eihei Dōgen.
- Jōdo Shinshū 浄土真宗 ^ Shin-Buddhismus, bzw. Jōdo Shin-Buddhismus; wtl. „Wahre Schule des Reinen Landes“
- Kamo no Chōmei 鴨長明 ^ 1153?–1216; japanischer Poet und Autor, der nach buddh. Lehren als Eremit lebte; auch bekannt unter seinem buddh. Namen Ren’in 蓮胤
- kenmitsu taisei 顕密体制 ^ System exoterischer und esoterischer Lehren
- Konjaku monogatari 今昔物語 ^ „Geschichten aus alter und neuer Zeit“ (12. Jh.); umfangreiche Sammlung von Geschichten und Anekdoten, meist aus einem buddhistischen Kontext
- Kuroda Toshio 黒田俊雄 ^ 1923–1993; Historiker und Religionswissenschaftler
- Minamoto no Yoritomo 源頼朝 ^ 1147–1199; Feldherr, Staatsmann, Begründer des Minamoto Shōgunats
- Minamoto no Yoshitsune 源義経 ^ 1159–1189; japanischer Feldherr und Halbbruder von Minamoto no Yoritomo
- Shingon-shū 真言宗 ^ Shingon-Schule, wtl. Schule des Wahren Wortes; wichtigste Vertreterin des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Japan
- Tsurezuregusa 徒然草 ^ „Aufzeichnungen aus Mußestunden“; Gedanken und Anekdoten von Yoshida Kenkō, verfasst ca. 1330–1332
- Yoshida Kenkō 吉田兼好 ^ 1283?–1350?; japanischer Dichter und Hofbeamter, Autor des Tsurezuregusa; zu seiner Zeit wahrscheinlich als Urabe Kaneyoshi bekannt