Alltag/Matsuri/Phalluskulte: Unterschied zwischen den Versionen

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| Phallus-Kulte: Fruchtbarkeitsriten, Volksbräuche und ''shunga''
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{{fl|I|notoc}}n früherer Zeit waren Phallus-Kulte und Riten mit offenkundig sexuellen An·spie·lungen ein häufiges Phänomen in Japan. Besonders zu Früh·lings·beginn, vor dem Aus·pflanzen oder Säen, wurden Ze·re·mo·nien und Tänze ab·ge·hal·ten, in denen die Bitten um ein reiches Ernte·jahr durch die Ver·eh·rung über·dimen·sionaler männlicher oder weiblicher Ge·schlechts·organe sowie durch rituell angedeutete Ge·schlechts·akte aus·ge·drückt wurden. Obwohl der·ar·tige Um·züge den Anschein einer besonders ar·cha·isch·en Form von Natur·ver·ehrung tragen, ist es auch möglich, dass Phal·lus·kulte und religiöse Zeremonien sexuellen Inhalts in den unruhigen Jahren der späten {{g|Edo}}-Periode (Anfang des neun·zehnten Jahr·hunderts) einen besonderen Auf·schwung erfuhren. Jeden·falls erfreuten sich in dieser Zeit die sogenannten {{g|Shunga}} („Frühlings·bilder“), Por·no·graphien mit grotesk über·pro·por·tionalen Genital·darstellungen, besonderer Beliebtheit. Die phantasie·vollsten Meister des Shunga-Genres schufen ver·einzelt sogar Bilder von Frucht·bar·keits·göttern, die wiederum die Form von Genitalien haben und von Frucht·bar·keits·riten inspiriert zu sein scheinen.
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In früherer Zeit waren Phallus-Kulte und Riten mit offenkundig sexuellen Anspielungen ein häufiges Phänomen in Japan. Besonders zu Frühlingsbeginn, vor dem Auspflanzen oder Säen, wurden Zeremonien und Tänze abgehalten, in denen die Bitten um ein reiches Erntejahr durch die Verehrung überdimensionaler männlicher oder weiblicher Geschlechtsorgane sowie durch rituell angedeutete Geschlechtsakte ausgedrückt wurden. Auf dieser Seite werden einige repräsentative Fruchtbarkeitskulte und phallische Bräuche, die heute noch in Japan zu finden sind (bzw. wieder neu belebt werden), vorgestellt. Die Seite enthält außerdem einige Beispiele der sogenannten {{g|Shunga}} („Frühlingsbilder“), Pornographien mit grotesk überproportionalen Genitaldarstellungen, die von Fruchtbarkeitsriten inspiriert zu sein scheinen.  
 
 
Auf dieser Seite folgen zum einen Beispiele für Frucht·bar·keits·kulte und phallische Bräuche, die heute noch in Japan zu finden sind (bzw. wieder neu belebt werden), zum anderen Shunga Motive mit Bezügen zur japanischen [[Mythen/Goetter des Himmels | Götter- und Sagenwelt]]. Ob zwischen den beiden Phä·no·me·nen wirklich eine tiefere Be·zie·hung besteht, sei vorläufig dahin gestellt, fest steht, dass beide eine er·staun·liche hohe To·ler·anz gegenüber sexuell kon·no·tier·ten Themen in der religiösen Land·schaft des vor·mo·der·nen (und bis zu einem gewissen Grad auch des heutigen) Japan belegen.
 
  
 
==Phallus- und Fruchtbarkeits-Kulte==
 
==Phallus- und Fruchtbarkeits-Kulte==
  
Aus Reisebeschreibungen des neun·zehn·ten Jahr·hun·derts lässt sich sowohl die ehemals weite Verbreitung von Frucht·bar·keits·kulten als auch deren Rück·gang unter europäischem Ein·fluss herauslesen. So schrieb einer der Väter der westlichen Japan·forschung, {{g|Astonwilliamgeorge|W. G. Aston}},  im Jahr 1896:
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Aus Reisebeschreibungen des neunzehnten Jahrhunderts lässt sich sowohl die ehemals weite Verbreitung von Fruchtbarkeitskulten als auch deren Rückgang unter europäischem Einfluss herauslesen. So schrieb einer der Väter der westlichen Japanforschung, {{g|Astonwilliamgeorge|W. G. Aston}},  im Jahr 1896:
 
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Besonders vor der Revolution 1868 sind wohl allen Reisenden in Japan die zahl·reichen Hin·weise auf einen Phallus-Kult aufgefallen. In den letzten Jahren hat sich die Regierung zwar nach Kräften bemüht, diese besonders derbe Form der Natur·verehrung zu unter·drücken, doch exisistiert sie nach wie vor an abge·legenen Orten [...].
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Besonders vor der Revolution 1868 sind wohl allen Reisenden in Japan die zahlreichen Hinweise auf einen Phallus-Kult aufgefallen. In den letzten Jahren hat sich die Regierung zwar nach Kräften bemüht, diese besonders derbe Form der Naturverehrung zu unterdrücken, doch exisistiert sie nach wie vor an abgelegenen Orten [...].
  
Ich selbst war einmal Zeuge eines phallischen Um·zugs in einer Ort·schaft ein paar Meilen nördlich von Tōkyō. Ein Phallus von mehreren Fuß Länge, in grellem Schar·lach·rot bemalt, wurde da auf einer Art Bahre von johlenden, lachenden Kulis mit erhitzten Gesichtern in abrupten Zick·zack-Bewegungen von einer Seite der Straße zur anderen schlin·gernd ein·her·ge·tragen.<ref>
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Ich selbst war einmal Zeuge eines phallischen Umzugs in einer Ortschaft ein paar Meilen nördlich von Tōkyō. Ein Phallus von mehreren Fuß Länge, in grellem Scharlachrot bemalt, wurde da auf einer Art Bahre von johlenden, lachenden Kulis mit erhitzten Gesichtern in abrupten Zickzack-Bewegungen von einer Seite der Straße zur anderen schlingernd einhergetragen.<ref>
 
Zitiert aus Astons ''Nihongi'' (Teil 1, S. 11-12), Ü: B. Scheid</ref>
 
Zitiert aus Astons ''Nihongi'' (Teil 1, S. 11-12), Ü: B. Scheid</ref>
 
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===Tagata und Ōagata Jinja===
 
===Tagata und Ōagata Jinja===
  
Astons Beschreibung deckt sich ziemlich genau mit einem Fruchtbarkeitsfest ({{g|hounenmatsuri}}) des {{g|Tagatajinja|Tagata}} Schreins im Raum Nagoya, welches heute zu den bekanntesten seiner Art zählt. Auch hier wird jedes Jahr Mitte März ein zweieinhalb Meter langer Holzphallus von einer Gruppe an·ge·hei·ter·ter Schrein·helfer auf einer Art {{g|mikoshi}} um·her·ge·tra·gen, während weibliche Helferinnen mit etwas kleineren Phalli in der Hand die Prozession begleiten. Das Fest hat sich mittlerweile zu einem Tou·ris·mus·ma·gne·ten entwickelt und wird zunehmend auch von Ausländern fre·quen·tiert.  
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Astons Beschreibung deckt sich ziemlich genau mit einem Fruchtbarkeitsfest ({{g|hounenmatsuri}}) des {{g|Tagatajinja|Tagata}} Schreins im Raum Nagoya, welches heute zu den bekanntesten seiner Art zählt. Auch hier wird jedes Jahr Mitte März ein zweieinhalb Meter langer Holzphallus von einer Gruppe angeheiterter Schreinhelfer auf einer Art {{g|mikoshi}} umhergetragen, während weibliche Helferinnen mit etwas kleineren Phalli in der Hand die Prozession begleiten. Das Fest hat sich mittlerweile zu einem Tourismusmagneten entwickelt und wird zunehmend auch von Ausländern frequentiert.  
  
 
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| caption= Sichtlich angeheiterte Mitglieder der Schrein·gemeinde des Tagata Schreins tragen den Ver·ehrungs·gegen·stand ihres Schreinfestes, einen 2,5m langen, 400kg schweren Phallus, auf ihren Schultern...
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| caption= Sichtlich angeheiterte Mitglieder der Schreingemeinde des Tagata Schreins tragen den Verehrungsgegenstand ihres Schreinfestes, einen 2,5m langen, 400kg schweren Phallus, auf ihren Schultern...
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Der Tagata Schrein besitzt außerdem ein Gegenstück im nahe gelegenen {{g|ooagatajinja|Ōagata}} Schrein, wo zur gleichen Zeit ein riesiger Reiskuchen ({{g|mochi}}) umhergetragen wird. Der Reiskuchen ähnelt entfernt einem weiblichen Geschlechtsorgan. Im Ōagata Schrein befinden sich außerdem mehrere Vagina-artige Steine, während der Tagata Schrein Phallus-artige Steine aufbewahrt. Beide Schreine sind bereits in den {{g|Engishiki}}, einem Dokument aus dem zehnten Jahrhundert erwähnt, ob damals aber schon ein Fruchtbarkeitskult vorhanden war, ist nicht bekannt.
  
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| caption= Bei einem Fest des Ōagata Schreins werden junge Frauen in prächtigen Brautkleidern (''hanayome'') auf kleinen Lastwägen in einer Prozession umhergeführt. Im Hintergrund eine Maske der Okame, die hier zu einer Vulva verformt ist — das Markenzeichen des Ōagata Schreins.  
 
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===Tenteko Matsuri===
  
Beim Tenteko Matsuri in Nishio-shi, ebenfalls im Großraum Nagoya, binden sich Männer Phallus·at·trap·pen ans Gesäß und voll·führen damit suggestive Auf- und Ab-Bewegungen.
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Beim {{g|tentekomatsuri}} in Nishio, ebenfalls im Großraum Nagoya, binden sich Männer Phallusattrappen ans Gesäß und vollführen damit suggestive Auf- und Ab-Bewegungen. Die Protagonisten sind Männer im „gefährdeten Alter“ ({{g|yakudoshi}}) von 25, 42 oder 61 Jahren, auch die Farbe rot deutet auf Gefahr hin. Der Umzug soll der Abwehr von gesundheitlichen und sonstigen Gefahren (Potenzverlust?) dienen, die laut Tradition in diesen Altersgruppen zu erwarten sind.  
  
 
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| caption= Sechs rot gekleidete, vermummte Männer stehen im Mittelpunkt des Umzugs.
 
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===Kanamara Matsuri===
 
===Kanamara Matsuri===
  
In Kawasaki südlich von Tōkyō gibt es den {{g|Kanayamajinja| Kanayama Schrein}}, der ehemals von Prostituierten zum Schutz vor Ge·schlechts·krank·heiten auf·ge·sucht wurde. Er leitet seinen Ur·sprung von einer Sage her, in der ein Dämon mithilfe eines Eisen·penis (''kanamara'') aus der Vagina eines Mädchens aus·ge·trieben wird. In den letzten Jahren hat sich daraus ein {{g|Matsuri}} im Stil einer Love-Parade entwickelt, bei dem der Ver·eh·rungs·ge·gen·stand von Trans·vestiten getragen wird. Der Schrein hat sich zudem der Be·kämp·fung von Aids ver·schrie·ben (s. auch das Beispiel eines Votivtäfelchens, ''[[ema]]'').
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In Kawasaki südlich von Tōkyō gibt es den {{g|Kanayamajinja| Kanayama Schrein}}, der ehemals von Prostituierten zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten aufgesucht wurde. Er leitet seinen Ursprung von einer Sage her, in der ein Dämon mithilfe eines Eisenpenis ({{g|kanamara}}) aus der Vagina eines Mädchens ausgetrieben wird. In den letzten Jahren hat sich daraus ein {{g|Matsuri}} im Stil einer ''love parade'' entwickelt, das {{g|kanamaramatsuri}}, bei dem der Verehrungsgegenstand von Transvestiten getragen wird. Der Schrein hat sich zudem der Bekämpfung von Aids verschrieben (s. auch das Beispiel eines [[:Bild:Ema_kanamara.jpg| Votivtäfelchens,]] dieses Schreins).
  
 
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== Phallische Statuen und Götter ==
  
 
===Yin Yang Steine===
 
===Yin Yang Steine===
  
Wie schon an den obigen Beispielen erkennbar, gehen Frucht·bar·keits·kulte oft von Steinen aus, die die Natur mit sug·ges·tiven Formen aus·ge·stat·tet hat. Solche Steine oder Felsen nennt man viel·sagend „Yin Yang Steine“ (''inyō-seki''). Sie werden meist mit einem {{g|shimenawa}} als heiliges Objekt ge·kenn·zeich·net oder in einen kleinen Schrein gestellt. Bei solchen Kult·stät·ten soll ehemals um Kinder·segen, leichte Geburt oder Genesung von Kinder- und Frauen·krank·heiten gebetet worden sein. Ein besonders ein·drucks·volles Beispiel ist in der Region Miyazaki, Kyūshū zu besichtigen:
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Wie schon an den obigen Beispielen erkennbar, gehen Fruchtbarkeitskulte oft von Steinen aus, die die Natur mit suggestiven Formen ausgestattet hat. Solche Steine oder Felsen nennt man vielsagend „{{g|yinyang}}-Steine“ ({{g|inyouseki}}). Sie werden meist mit einem {{g|shimenawa}} als heiliges Objekt gekennzeichnet oder in einen kleinen Schrein gestellt. Bei solchen Kultstätten soll ehemals um Kindersegen, leichte Geburt oder Genesung von Kinder- und Frauenkrankheiten gebetet worden sein. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist in der Region Miyazaki, Kyūshū zu besichtigen:
 
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| Weiblicher und männlicher Yin Yang Stein
 
| Weiblicher und männlicher Yin Yang Stein
| caption= Es bedarf tatsächlich nicht allzu großer Phantasie, um hier ein männliches und ein weibliches Ge·schlechts·organ im Felsen zu erkennen.
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| caption= Es bedarf tatsächlich nicht allzu großer Phantasie, um hier ein männliches und ein weibliches Geschlechtsorgan im Felsen zu erkennen.
 
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===Mara Kannon===
 
===Mara Kannon===
  
In der etwas abgelegenen Präfektur Yamaguchi (W-Honshū) gibt es einen bud·dhis·tischen Tempel mit dem seltsamen Namen Mara Kannon (Mara ist ein Dämon des Bösen im Bud·dhis·mus, aber auch ein Wort für „Penis“, {{g|Kannon}} ist der {{s|Bodhisattva}} des Mitgefühls). Der Tempel behauptet von sich, führend auf dem Gebiet des Phallus-Kultes zu sein:
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In der etwas abgelegenen Präfektur Yamaguchi (W-Honshū) gibt es einen buddhistischen Tempel mit dem seltsamen Namen {{s|Mara}} Kannon (Mara ist ein Dämon des Bösen im Buddhismus, aber auch ein Wort für „Penis“, {{g|Kannon}} ist der {{s|Bodhisattva}} des Mitgefühls). Der Tempel behauptet von sich, führend auf dem Gebiet des Phallus-Kultes zu sein:
  
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===Konsei-sama===
  
Reste ähnlicher Phal·lus·kul·te lassen sich schließlich auch in Nordjapan finden. In der Stadt Tōno, Präfektur Akita, die schon für den Pionier der japani·schen Volks·kunde {{g|Yanagitakunio}} eine Fund·grube an religiösen Volks·bräuchen darstellte, wird in mehreren Schreinen eine Gott·heit namens {{g|Konseisama}} verehrt, die als Phallus gedacht wird. Oft handelt es sich um natürliche Stein·forma·tionen, die an Phalli manchmal aber auch an eine Vulva erinnern.
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Reste ähnlicher Phalluskulte lassen sich schließlich auch in Nordjapan finden. In der Stadt Tōno, Präfektur Akita, die schon für den Pionier der japanischen Volkskunde {{g|Yanagitakunio}} eine Fundgrube an religiösen Volksbräuchen darstellte, wird in mehreren Schreinen eine Gottheit namens {{g|Konseisama}} verehrt, die als Phallus gedacht wird. Oft handelt es sich um natürliche Steinformationen, die an Phalli manchmal aber auch an eine Vulva erinnern.
 
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===Yama no kami===
 
===Yama no kami===
  
In ländlichen Gegenden werden häufig anonyme Berg·gott·heiten ({{g|yamanokami}}) verehrt. Das Beispiel unten zeigt einen etwas vernach·lässigten Seiten·schrein des Yaegaki Jinja in Matsue, Präfektur Shimane (die Gegend des {{g|Izumotaisha|Izumo Schreins}}), der einer anonymen Berg·gott·heit gewidmet ist. Berg·gott·heiten sind in Japan grund·sätzlich weiblich, werden aber, wie man sieht, ggf. auch mit Phallus·kulten bedacht.
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In ländlichen Gegenden werden häufig anonyme Berggottheiten ({{g|yamanokami}}) verehrt. Das Beispiel unten zeigt einen etwas vernachlässigten Seitenschrein des {{g|yaegakijinja}} in Matsue, Präfektur Shimane (die Gegend des {{g|Izumotaisha|Izumo Schreins}}), der einer anonymen Berggottheit gewidmet ist. Berggottheiten sind in Japan zumeist  weiblich, werden aber, wie man sieht, ggf. auch mit Phalluskulten bedacht.
 
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===Wegegötter===
 
===Wegegötter===
  
Ähnlich den sogenannten „Marterln“ im alpinen Raum gibt es in ländlichen Gegenden Japans immer wieder einfache Stein·skulp·turen, die zur Kenn·zeich·nung von Wegen und Kreu·zun·gen dienen oder den Rand eines Dorfes bewachen. Diese Statuen werden im allgemeinen {{g|dousojin}} („Ahnen·götter der Wege“) oder „Wege·götter“ genannt. Bisweilen besitzen sie eine phallische Form ähnlich den oben angeführten Beispielen. In vielen Fällen wird aber auch ein menschliches Paar dargestellt, manchmal in zärtlicher, manchmal in intimer Um·armung. In diesen Fällen spricht man auch von {{g|wagoujin}}, Göttern der (ehelichen) Harmonie. Ursprung und Geschichte dieser Wege·götter liegen weitgehend im Dunklen, es scheint sie aber bereits sehr lange zu geben. Rezente Beispiele stammen zumeist aus der Edo-Zeit. Viele Autoren vermuten den Ur·sprung der Wege·götter in einem ur·sprüng·lichen Phallus·kult, angesichts der Vielzahl der dar·ge·stell·ten Motive, zu denen auch bud·dhis·tische Gott·heiten zählen, erscheint mir diese Annahme jedoch fraglich. Zweifel·los gibt es aber eine große Gruppe von Wege·göttern mit offenen oder angedeuteten sexuellen Konnotationen.
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Ähnlich den sogenannten „Marterln“ im alpinen Raum gibt es in ländlichen Gegenden Japans immer wieder einfache Steinskulpturen, die zur Kennzeichnung von Wegen und Kreuzungen dienen oder den Rand eines Dorfes bewachen. Diese Statuen werden im allgemeinen {{g|dousojin}} („Ahnengötter der Wege“) oder „Wegegötter“ genannt. Bisweilen besitzen sie eine phallische Form ähnlich den oben angeführten Beispielen. In vielen Fällen wird aber auch ein menschliches Paar dargestellt, manchmal in zärtlicher, manchmal in intimer Umarmung. In diesen Fällen spricht man auch von {{g|wagoujin}}, Göttern der (ehelichen) Harmonie. Ursprung und Geschichte dieser Wegegötter liegen weitgehend im Dunklen, es scheint sie aber bereits sehr lange zu geben. Rezente Beispiele stammen zumeist aus der {{g|Edo}}-Zeit. Viele Autoren vermuten den Ursprung der Wegegötter in einem ursprünglichen Phalluskult, angesichts der Vielzahl der dargestellten Motive, zu denen auch buddhistische Gottheiten zählen, erscheint mir diese Annahme jedoch fraglich. Zweifellos gibt es aber eine große Gruppe von Wegegöttern mit offenen oder angedeuteten sexuellen Konnotationen.
  
 
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==''Shunga''==
 
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Die besondere Fas·zi·na·tion an den menschlichen Geschlechts·organen, die in der japanischen Volks·religion kaum tabuisiert wird, findet sich auch in den Edo-zeitlichen {{g|Shunga}} („Frühlings·bilder“) wieder. Beides, Phallus·kulte und erotische Bilder, kennt man natürlich auch aus anderen vor·modernen Kulturen, es scheint jedoch in der Edo-Zeit zu einem beson·deren Boom auf beiden Gebieten gekommen zu sein, der sich auch in der Literatur dieser Zeit — unter anderem in Werken von {{g|Iharasaikaku}} wie  ''Kōshoku ichidai otoko'' („Der größte Lieb·haber“, 1682)  oder ''Nanshoku ōkagami'' („Spiegel der männ·lichen Liebe“, 1687) — erkennen lässt. Fast alle bekannten {{g|Ukiyoe}}-Meister übten sich in der Anfer·tigung von Frühlings·bildern. Meist be·schränk·ten sie sich dabei auf die Dar·stellung ko·pu·lie·ren·der Paare, deren primäre Ge·schlechts·merk·male grotesk vergrößert sind. Manche Meister suchten aber nach etwas ausge·falleneren Motiven. Darunter befanden sich auch die „Götter der ehelichen Harmonie“, oder andere an die Wege·götter erinnernden Figuren, die von den ''ukiyoe''-Meistern auf bizarre Genitalien reduziert wurden. Ihre Ins·pi·ra·tion holten sich diese Werke zweifellos aus der japanischen Religion. Obwohl die ''shunga'' einer gewissen Zensur un·ter·wor·fen waren, stellte die erotische Persiflage religiöser Motive offenbar kein besonderes Problem dar.  
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Die besondere Faszination an den menschlichen Geschlechtsorganen, die in der japanischen Volksreligion kaum tabuisiert wird, findet sich auch in den Edo-zeitlichen {{g|Shunga}} („Frühlingsbilder“) wieder. Beides, Phalluskulte und erotische Bilder, kennt man natürlich auch aus anderen vormodernen Kulturen, es scheint jedoch in der Edo-Zeit zu einem besonderen Boom auf beiden Gebieten gekommen zu sein, der sich auch in der Literatur dieser Zeit — unter anderem in Werken von {{g|Iharasaikaku}} wie  {{g|koushokuichidaiotoko}} („Der größte Liebhaber“, 1682)  oder {{g|nanshokuookagami}} („Spiegel der männlichen Liebe“, 1687) — erkennen lässt. Ob zwischen den beiden Phänomenen wirklich eine tiefere Beziehung besteht, sei vorläufig dahin gestellt, fest steht, dass beide eine erstaunliche hohe Toleranz gegenüber sexuell konnotierten Themen in der religiösen Landschaft des vormodernen (und bis zu einem gewissen Grad auch des heutigen) Japan belegen.
  
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Fast alle bekannten {{g|Ukiyoe}}-Meister übten sich in der Anfertigung von Frühlingsbildern. Meist beschränkten sie sich dabei auf die Darstellung kopulierender Paare, deren primäre Geschlechtsmerkmale grotesk vergrößert sind. Manche Meister suchten aber nach etwas ausgefalleneren Motiven. Darunter befanden sich auch die „Götter der ehelichen Harmonie“, oder andere an die Wegegötter erinnernden Figuren, die von den ''ukiyoe''-Meistern auf bizarre Genitalien reduziert wurden.  Ihre Inspiration holten sich diese Werke also zweifellos aus der japanischen Religion. Obwohl die ''shunga'' einer gewissen Zensur unterworfen waren, stellte die erotische Persiflage religiöser Motive offenbar kein besonderes Problem dar.
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Aktuelle Version vom 5. November 2023, 14:55 Uhr

Phallus-Kulte Fruchtbarkeitsriten, Volksbräuche und shunga
Dosojin miyagi 1893.jpg
1 Wegegott in Phallusform
Ein aus Stein gefertigter Wegegott (dōsojin) aus Nordjapan, auf dem zwei Phalli als Paar abgebildet sind.
Meiji-Zeit, 1893. Michael Czaja. Gods of myth and stone: Phallicism in Japanese folk religion. New York: Weatherhill, 1974, S.113.

In früherer Zeit waren Phallus-Kulte und Riten mit offenkundig sexuellen Anspielungen ein häufiges Phänomen in Japan. Besonders zu Frühlingsbeginn, vor dem Auspflanzen oder Säen, wurden Zeremonien und Tänze abgehalten, in denen die Bitten um ein reiches Erntejahr durch die Verehrung überdimensionaler männlicher oder weiblicher Geschlechtsorgane sowie durch rituell angedeutete Geschlechtsakte ausgedrückt wurden. Auf dieser Seite werden einige repräsentative Fruchtbarkeitskulte und phallische Bräuche, die heute noch in Japan zu finden sind (bzw. wieder neu belebt werden), vorgestellt. Die Seite enthält außerdem einige Beispiele der sogenannten shunga [shunga (jap.) 春画 wtl. „Frühlingsbilder“; Gemälde und Druckwerke mit expliziten sexuellen Darstellungen] („Frühlingsbilder“), Pornographien mit grotesk überproportionalen Genitaldarstellungen, die von Fruchtbarkeitsriten inspiriert zu sein scheinen.

Phallus- und Fruchtbarkeits-Kulte

Aus Reisebeschreibungen des neunzehnten Jahrhunderts lässt sich sowohl die ehemals weite Verbreitung von Fruchtbarkeitskulten als auch deren Rückgang unter europäischem Einfluss herauslesen. So schrieb einer der Väter der westlichen Japanforschung, W. G. Aston [Aston, William George (west.) 1841–1911; brit. Diplomat und Pionier der Japanologie; Übersetzer des Nihon shoki], im Jahr 1896:

Besonders vor der Revolution 1868 sind wohl allen Reisenden in Japan die zahlreichen Hinweise auf einen Phallus-Kult aufgefallen. In den letzten Jahren hat sich die Regierung zwar nach Kräften bemüht, diese besonders derbe Form der Naturverehrung zu unterdrücken, doch exisistiert sie nach wie vor an abgelegenen Orten [...].

Ich selbst war einmal Zeuge eines phallischen Umzugs in einer Ortschaft ein paar Meilen nördlich von Tōkyō. Ein Phallus von mehreren Fuß Länge, in grellem Scharlachrot bemalt, wurde da auf einer Art Bahre von johlenden, lachenden Kulis mit erhitzten Gesichtern in abrupten Zickzack-Bewegungen von einer Seite der Straße zur anderen schlingernd einhergetragen.1

Tagata und Ōagata Jinja

Astons Beschreibung deckt sich ziemlich genau mit einem Fruchtbarkeitsfest (hōnen matsuri [hōnen matsuri (jap.) 豊年祭 Erntebitt-Fest, Fruchtbarkeitsfest]) des Tagata [Tagata Jinja (jap.) 田縣神社 Schrein bei Nagoya, bekannt für seine (männlich konnotierten) Fruchtbarkeitsriten (hōnen matsuri)] Schreins im Raum Nagoya, welches heute zu den bekanntesten seiner Art zählt. Auch hier wird jedes Jahr Mitte März ein zweieinhalb Meter langer Holzphallus von einer Gruppe angeheiterter Schreinhelfer auf einer Art mikoshi [mikoshi (jap.) 神輿 tragbarer Schrein] umhergetragen, während weibliche Helferinnen mit etwas kleineren Phalli in der Hand die Prozession begleiten. Das Fest hat sich mittlerweile zu einem Tourismusmagneten entwickelt und wird zunehmend auch von Ausländern frequentiert.

Phallus matsuri3.jpg
2
Schreingemeinde des Tagata Jinja beim Fruchtbarkeitsfest (hōnen matsuri) mit einem 2,5m langen, 400kg schweren Phallus (1998).
Peter Thoeny, 1998.
Sichtlich angeheiterte Mitglieder der Schreingemeinde des Tagata Schreins tragen den Verehrungsgegenstand ihres Schreinfestes, einen 2,5m langen, 400kg schweren Phallus, auf ihren Schultern...
Phallus matsuri2.jpg
3
Weibliche Mitglieder tragen verkleinerte Phallus-Abbilder hinterher.
Peter Thoeny, 1998.
... weibliche Mitglieder tragen verkleinerte Abbilder hinterher.

Der Tagata Schrein besitzt außerdem ein Gegenstück im nahe gelegenen Ōagata [Ōagata Jinja (jap.) 大縣神社 Schrein bei Nagoya, bekannt für seine Fruchtbarkeitsriten (hōnen matsuri)] Schrein, wo zur gleichen Zeit ein riesiger Reiskuchen (mochi [mochi (jap.) Japanische Reiskuchen bzw. Klöße aus gestampftem Reis, die traditionell vor allem zu Neujahr (O-shōgatsu) gegessen werden.]) umhergetragen wird. Der Reiskuchen ähnelt entfernt einem weiblichen Geschlechtsorgan. Im Ōagata Schrein befinden sich außerdem mehrere Vagina-artige Steine, während der Tagata Schrein Phallus-artige Steine aufbewahrt. Beide Schreine sind bereits in den Engishiki [Engishiki (jap.) 延喜式 „Bestimmungen der Engi Ära“; Gesetzeswerk mit zahlreichen religionspol. Bestimmungen, v.a. zum Schreinzeremoniell, aus dem 10. Jh.], einem Dokument aus dem zehnten Jahrhundert erwähnt, ob damals aber schon ein Fruchtbarkeitskult vorhanden war, ist nicht bekannt.

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4
Phallus-artiger Stein.
Bildquelle: unbekannt.
Himeishi oagata.jpg
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Vagina-artiger Stein.
Bildquelle: unbekannt.
Heilige Steine des Tagata (li.) und des Ōagata Schreins (re.)
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6
Festival-Banner
Bildquelle: unbekannt.
Himenomiya.jpg
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Festival-Banner
Bildquelle: unbekannt.
Festival-Banner des Tagata (li.) und des Ōagata Schreins (re.)
Oagata hanayome.jpg
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Bei einem Fest des Ōagata Schreins werden junge Frauen in pächtigen Brautkleidern (hanayome) auf kleinen Lastwägen in einer Prozession umhergeführt. Im Hintergund eine Maske der Okame, die hier zu einer Vulva verformt ist — das Markenzeichen des Ōagata Schreins.
Bildquelle: unbekannt.
Bei einem Fest des Ōagata Schreins werden junge Frauen in prächtigen Brautkleidern (hanayome) auf kleinen Lastwägen in einer Prozession umhergeführt. Im Hintergrund eine Maske der Okame, die hier zu einer Vulva verformt ist — das Markenzeichen des Ōagata Schreins.

Tenteko Matsuri

Beim Tenteko Matsuri [Tenteko Matsuri (jap.) てんてこ祭 Fruchtbarkeitsfest in Nishio, Nagoya, bei dem aus Rettichen geschnitzte Phallus-Attrappen zum Einsatz kommen] in Nishio, ebenfalls im Großraum Nagoya, binden sich Männer Phallusattrappen ans Gesäß und vollführen damit suggestive Auf- und Ab-Bewegungen. Die Protagonisten sind Männer im „gefährdeten Alter“ (yakudoshi [yakudoshi (jap.) 厄年 Unglücksjahr, kritisches Alter; laut Tradition bei Männern das 25., 42. und 61. Jahr, bei Frauen das 19., 33. und 37. Jahr]) von 25, 42 oder 61 Jahren, auch die Farbe rot deutet auf Gefahr hin. Der Umzug soll der Abwehr von gesundheitlichen und sonstigen Gefahren (Potenzverlust?) dienen, die laut Tradition in diesen Altersgruppen zu erwarten sind.

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9
Sechs rot gekleidete, vermummte Männer mit Phallusattrappen stehen im Mittelpunkt des Tenteko Matsuri.
Aichi Now, 2022.
Sechs rot gekleidete, vermummte Männer stehen im Mittelpunkt des Umzugs.
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Die Phallusattrappen sind aus Rettichen geschnitzt und so konstruiert, dass sie auf- und abwippen können.
Okada Y., 2008.
Die Phallusattrappen sind aus Rettichen geschnitzt und so konstruiert, dass sie auf- und abwippen können.

Kanamara Matsuri

In Kawasaki südlich von Tōkyō gibt es den Kanayama Schrein [Kanayama Jinja (jap.) 金山神社 wtl. „Schrein des Eisenberges“; Schrein in Yokohama, berühmt für sein „Fest des Eisenpenis“, Kanamara Matsuri], der ehemals von Prostituierten zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten aufgesucht wurde. Er leitet seinen Ursprung von einer Sage her, in der ein Dämon mithilfe eines Eisenpenis (kanamara [kanamara (jap.) 金マラ „Eisenpenis“; kana ist eine dialektale Variante von kane, Metall, mara ist ein altes umgangsspr. Wort für Penis; der Begriff dürfte mit dem Fruchtbarkeitsgott Konsei-sama zusammenhängen]) aus der Vagina eines Mädchens ausgetrieben wird. In den letzten Jahren hat sich daraus ein matsuri [matsuri (jap.) religiöses (Volks-)Fest] im Stil einer love parade entwickelt, das Kanamara Matsuri [Kanamara Matsuri (jap.) かなまら祭り Phallus-matsuri des Kanayama Jinja; Fest des Eisenpenis (kanamara)], bei dem der Verehrungsgegenstand von Transvestiten getragen wird. Der Schrein hat sich zudem der Bekämpfung von Aids verschrieben (s. auch das Beispiel eines Votivtäfelchens, dieses Schreins).

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11 Kanamara Phallus Fest
Der rosa Phallus hat sich zu einer Hauptattraktion des Kanamari Matsuri entwickelt. Er trägt den Namen Elizabeth, weil er stets von Transvestiten eines gewissen Elizabeth Club umhergetragen wird. Zahlreiche Blogs, unter anderem ein sehr empfehlenswerter Photo-Essay von Damon Coulter, schildern die Einzelheiten dieser neuartigen Mischung aus Schreinfest und Love-Parade.
Bildquelle: Damon Coulter, 2012, über Internet Archive.

Phallische Statuen und Götter

Yin Yang Steine

Wie schon an den obigen Beispielen erkennbar, gehen Fruchtbarkeitskulte oft von Steinen aus, die die Natur mit suggestiven Formen ausgestattet hat. Solche Steine oder Felsen nennt man vielsagend „Yin Yang [Yin Yang (chin.) 陰陽 Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie]-Steine“ (inyōseki [inyōseki (jap.) 陰陽石 wtl. Yin Yang-Stein; Stein in der Form männlicher oder weiblicher Genitalien; Fruchtbarkeitssymbol]). Sie werden meist mit einem shimenawa [shimenawa (jap.) 注連縄 shintōistisches „Götter-Seil“; geschlagene Taue aus Reisstroh.] als heiliges Objekt gekennzeichnet oder in einen kleinen Schrein gestellt. Bei solchen Kultstätten soll ehemals um Kindersegen, leichte Geburt oder Genesung von Kinder- und Frauenkrankheiten gebetet worden sein. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist in der Region Miyazaki, Kyūshū zu besichtigen:

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12 Männlicher Yin Yang Stein
Man beachte, dass das Objekt der Anbetung durch torii und shimenawa als sakraler Gegenstand gekennzeichnet ist.
Bildquelle: Photo Miyazaki, Morimori, über Internet Archive.
Man beachte, dass das Objekt der Anbetung durch torii [torii (jap.) 鳥居 Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami] und shimenawa [shimenawa (jap.) 注連縄 shintōistisches „Götter-Seil“; geschlagene Taue aus Reisstroh.] als sakraler Gegenstand gekennzeichnet ist.
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13 Weiblicher und männlicher Yin Yang Stein
Es bedarf tatsächlich nicht allzu großer Phantasie, um hier ein männliches und ein weibliches Geschlechtsorgan im Felsen zu erkennen.
Bildquelle: Photo Miyazaki, Morimori, über Internet Archive.
Es bedarf tatsächlich nicht allzu großer Phantasie, um hier ein männliches und ein weibliches Geschlechtsorgan im Felsen zu erkennen.

Mara Kannon

In der etwas abgelegenen Präfektur Yamaguchi (W-Honshū) gibt es einen buddhistischen Tempel mit dem seltsamen Namen Mara [Māra (skt.) मार Dämon des Bösen, eine Art Äquivalent des Satans im Buddhismus (jap. Mara 魔羅)] Kannon (Mara ist ein Dämon des Bösen im Buddhismus, aber auch ein Wort für „Penis“, Kannon [Kannon (jap.) 観音 auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt] ist der Bodhisattva [Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)] des Mitgefühls). Der Tempel behauptet von sich, führend auf dem Gebiet des Phallus-Kultes zu sein:

Marakannon.jpg
14
Der Mara-Kannon Tempel behauptet von sich, führend auf dem Gebiet des Phallus-Kultes zu sein.
Chindera Dai-Dōjō.
Marakannon2.jpg
15
Phallus-Statuen des Mara Kannon Tempels
Chindera Dai-Dōjō.
Marakannon3.jpg
16
Eindrücke des Mara-Kannon Tempels.
Chindera Dai-Dōjō.
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17
Phallus-Devotionalien des Mara Kannon Tempels, eines ländlichen Tempels in der Präfektur Yamaguchi.
Chindera Dai-Dōjō.
Eindrücke aus dem Mara-Kannon Tempel in Yamaguchi

Konsei-sama

Reste ähnlicher Phalluskulte lassen sich schließlich auch in Nordjapan finden. In der Stadt Tōno, Präfektur Akita, die schon für den Pionier der japanischen Volkskunde Yanagita Kunio [Yanagita Kunio (jap.) 柳田国男 1875–1962; Begründer der jap. Volkskunde] eine Fundgrube an religiösen Volksbräuchen darstellte, wird in mehreren Schreinen eine Gottheit namens Konsei-sama [Konsei-sama (jap.) 金精様 phallische, als Gottheit verehrte Steinformationen in Nord-Japan] verehrt, die als Phallus gedacht wird. Oft handelt es sich um natürliche Steinformationen, die an Phalli manchmal aber auch an eine Vulva erinnern.

Konseisama.jpg
18 Hauptheiligtum des Konsei-Schreins in Yamasaki, Tōno-shi, Akita-ken
Phallische Schreingottheit.
Okada Kenji, 2008.

Yama no kami

In ländlichen Gegenden werden häufig anonyme Berggottheiten (yama no kami [yama no kami (jap.) 山の神 wtl. „Berggottheit“; meist annonyme, manchmal sexuell konnotierte Lokalgottheit]) verehrt. Das Beispiel unten zeigt einen etwas vernachlässigten Seitenschrein des Yaegaki Jinja [Yaegaki Jinja (jap.) 八重垣神社 Schrein in Matsue, Präfektur Shimane] in Matsue, Präfektur Shimane (die Gegend des Izumo Schreins [Izumo Taisha (jap.) 出雲大社 Großschrein von Izumo (Präfektur Shimane)]), der einer anonymen Berggottheit gewidmet ist. Berggottheiten sind in Japan zumeist weiblich, werden aber, wie man sieht, ggf. auch mit Phalluskulten bedacht.

Yamanokami.jpg
19 Yama-no-kami Jinja, Matsue, Shimane-ken
Weitere Informationen: Inyōseki Kenkyūkai (2011/7)
Onizuka Kentarō, 2001.

Wegegötter

Ähnlich den sogenannten „Marterln“ im alpinen Raum gibt es in ländlichen Gegenden Japans immer wieder einfache Steinskulpturen, die zur Kennzeichnung von Wegen und Kreuzungen dienen oder den Rand eines Dorfes bewachen. Diese Statuen werden im allgemeinen dōsojin [dōsojin (jap.) 道祖神 Wegegott, auch sae no kami; volksrel. Figuren, manchmal in phallischer Form] („Ahnengötter der Wege“) oder „Wegegötter“ genannt. Bisweilen besitzen sie eine phallische Form ähnlich den oben angeführten Beispielen. In vielen Fällen wird aber auch ein menschliches Paar dargestellt, manchmal in zärtlicher, manchmal in intimer Umarmung. In diesen Fällen spricht man auch von wagōjin [wagōjin (jap.) 和合神 wtl. „Götter der Harmonie“; paarweise repräsentierte, oft sexuell konnotierte Gottheiten], Göttern der (ehelichen) Harmonie. Ursprung und Geschichte dieser Wegegötter liegen weitgehend im Dunklen, es scheint sie aber bereits sehr lange zu geben. Rezente Beispiele stammen zumeist aus der Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit. Viele Autoren vermuten den Ursprung der Wegegötter in einem ursprünglichen Phalluskult, angesichts der Vielzahl der dargestellten Motive, zu denen auch buddhistische Gottheiten zählen, erscheint mir diese Annahme jedoch fraglich. Zweifellos gibt es aber eine große Gruppe von Wegegöttern mit offenen oder angedeuteten sexuellen Konnotationen.

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20 Weggötter auf Phallus-Stein
Der umgebende Stein ist hier deutlich in phallischer Form gehalten.
Photo Miyazaki, Morimori.
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21 Weggötter in intimer Umarmung
Weggötter in intimer Umarmung.
Kurabuchi no dōsojin, über Internet Archive.
Dosojin suwa.jpg
22 Weggötter mit Sakeschalen
Ein Symbol ehelicher Verbundenheit.
Edo-Zeit, 1788. Kurabuchi no dōsojin, über Internet Archive.
Dosojin fujinomiya.jpg
23 Weggötter in Vulva
Dieses Paar ist von einer charakteristischen Blütenform umrahmt, die als Vulva gedeutet werden kann.
Edo-Zeit, 1801. Kaze ni fukarete.

Tengu

Die langnasigen tengu [tengu (jap.) 天狗 wtl. Himmelshund; vogelartiger oder geflügelter Kobold, meist in den Bergen]-Dämonen stehen häufig mit Fruchtbarkeitskulten in Verbindung. Bisweilen wird ihre Nase auch explizit als Phallus gestaltet, was zu allerlei Wunschphantasien Anlass gibt.

Tengu boy.jpg
24
Moderne Statue mit tengu-Maske in einem verschwiegenen Onsen.
20. Jh. Vladimir Vyskocil, flickr, 2013 (mit freundlicher Genehmigung).
Tengu phallus.jpg
25
Tengu mit Phallusnase. Der Schrein ist auf Frauenkrankheiten und Kinderwünsche spezialisiert. (Siehe dazu auch Phalluskulte.)
万屋満載, 2009.
Tengu shunga.jpg
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Erotische Darstellung (shunga) eines lesbischen Paars. Die tengu-Maske dient als Dildo.
Edo-Zeit. Bildquelle: Wikimedia.
Tengu als Phallus-Attrappe

Shunga

Die besondere Faszination an den menschlichen Geschlechtsorganen, die in der japanischen Volksreligion kaum tabuisiert wird, findet sich auch in den Edo-zeitlichen shunga [shunga (jap.) 春画 wtl. „Frühlingsbilder“; Gemälde und Druckwerke mit expliziten sexuellen Darstellungen] („Frühlingsbilder“) wieder. Beides, Phalluskulte und erotische Bilder, kennt man natürlich auch aus anderen vormodernen Kulturen, es scheint jedoch in der Edo-Zeit zu einem besonderen Boom auf beiden Gebieten gekommen zu sein, der sich auch in der Literatur dieser Zeit — unter anderem in Werken von Ihara Saikaku [Ihara Saikaku (jap.) 井原西鶴 1642–1693; Schriftsteller der Edo-Zeit, verfasste zahlreiche erotische Romane] wie Kōshoku ichidai otoko [Kōshoku ichidai otoko (jap.) 好色一代男 „Der größte Liebhaber“; erotischer Roman von Ihara Saikaku, 1682] („Der größte Liebhaber“, 1682) oder Nanshoku ōkagami [Nanshoku ōkagami (jap.) 男色大鑑 „Großer Spiegel der Männerliebe“; erotischer Roman von Ihara Saikaku, 1687] („Spiegel der männlichen Liebe“, 1687) — erkennen lässt. Ob zwischen den beiden Phänomenen wirklich eine tiefere Beziehung besteht, sei vorläufig dahin gestellt, fest steht, dass beide eine erstaunliche hohe Toleranz gegenüber sexuell konnotierten Themen in der religiösen Landschaft des vormodernen (und bis zu einem gewissen Grad auch des heutigen) Japan belegen.

Iyadahime.jpg
27 Yamara no Orochi (Acht-Penis-Schlange)
Dieses ungewöhnliche Bild stammt aus einer skurril-erotischen Anthologie, in der die bekanntesten japanischen Monster in Form von Genitalien dargestellt werden. Dieses Bild enthält eine Anspielung auf die mythologische Szene, in der [Kushi-] Inada-hime (hier Iyada-hime, „Prinzessin Rühr-mich-nicht-an“) von der achtköpfigen Schlange Yamata no Orochi (hier Yamara no Orochi, „Achtpenis Schlange“) bedroht wird.
Werk von Katsukawa Shunshō (1726-1792). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
Eine erotische Persiflage des Yamata no Orochi Mythos, von Katsukawa Shunshō.

Fast alle bekannten ukiyo-e [ukiyo-e (jap.) 浮世絵 „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit]-Meister übten sich in der Anfertigung von Frühlingsbildern. Meist beschränkten sie sich dabei auf die Darstellung kopulierender Paare, deren primäre Geschlechtsmerkmale grotesk vergrößert sind. Manche Meister suchten aber nach etwas ausgefalleneren Motiven. Darunter befanden sich auch die „Götter der ehelichen Harmonie“, oder andere an die Wegegötter erinnernden Figuren, die von den ukiyoe-Meistern auf bizarre Genitalien reduziert wurden. Ihre Inspiration holten sich diese Werke also zweifellos aus der japanischen Religion. Obwohl die shunga einer gewissen Zensur unterworfen waren, stellte die erotische Persiflage religiöser Motive offenbar kein besonderes Problem dar.

Shunga toyokuni.jpg
28 Phallusgott, Utagawa Toyokuni
Der Bildtitel nennt diese Figur „hodenstraffende Brecheisen-Penis-Gott“ (Kanateko mara jinbari myōjin 鉄梃陰茎腎張明神). Satirische Darstellung aus einer shunga-Sammlung.
Werk von Utagawa Toyokuni. Edo-Zeit, 1823. AK-Antiek.
Wagojin hokusai.jpg
29 Götter der Harmonie, Hokusai
Coverillustration einer Sammlung erotischer Bilder (shunga) von Katsushika Hokusai. Der Text besagt in etwa: „Harmonie erzeugt alles Glück, Berührung versöhnt Yang und Yin (Mann und Frau).“ Wagō-jin sind eigentlich chinesische Glücksgötter, die üblicherweise als männliches Zwillingspaar auftreten und für Glück und Reichtum stehen. Auch im Japan der Edo-Zeit waren sie weitläufig bekannt. Hokusai aber kombiniert die Wagō-jin mit der Ikonographie der Wegegötter (dōsojin) und münzt Reichtum in sexuelle Zufriedenheit um.
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit. Nichibunken.
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30 Vaginale Berggottheit
Vulva-Gottheit auf Phalli thronend. Satirische Darstellung aus einer shunga-Sammlung.
Werk von Utagawa Kunisada. Edo-Zeit, ca. 1840. Nichibunken.
Amanojaku.jpg
31 Verdrehte Dämonen
Ama no jaku sind Kobolde, die böswillig allerlei Verdrehungen bewirken, also „perverse“ Geister im wörtlichen Sinne.
Werk von Utagawa Kunisada. Edo-Zeit. Bildquelle: unbekannt.
Phallusgott.jpg
32 Phallusgott
Dieses ungewöhnliche Bild stammt aus einer skurril-erotischen Anthologie, in der die bekanntesten japanischen Monster in Form von Genitalien dargestellt werden.
Werk von Katsukawa Shunshō (1726-1792). Edo-Zeit. Gallica, Bibliothèque nationale de France.

Verweise

Fußnoten

  1. Zitiert aus Astons Nihongi (Teil 1, S. 11-12), Ü: B. Scheid

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Dosojin miyagi 1893.jpg
    Ein aus Stein gefertigter Wegegott (dōsojin) aus Nordjapan, auf dem zwei Phalli als Paar abgebildet sind.
    Meiji-Zeit, 1893. Michael Czaja. Gods of myth and stone: Phallicism in Japanese folk religion. New York: Weatherhill, 1974, S.113.
  2. ^ 
    Phallus matsuri3.jpg
    Schreingemeinde des Tagata Jinja beim Fruchtbarkeitsfest (hōnen matsuri) mit einem 2,5m langen, 400kg schweren Phallus (1998).
    Peter Thoeny, 1998.
  3. ^ 
    Phallus matsuri2.jpg
    Weibliche Mitglieder tragen verkleinerte Phallus-Abbilder hinterher.
    Peter Thoeny, 1998.
  4. ^ 
    Inyoseki tagata.jpg
    Phallus-artiger Stein.
    Bildquelle: unbekannt.
  5. ^ 
    Himeishi oagata.jpg
    Vagina-artiger Stein.
    Bildquelle: unbekannt.
  6. ^ 
    Tagata banner.jpg
    Festival-Banner
    Bildquelle: unbekannt.
  7. ^ 
    Himenomiya.jpg
    Festival-Banner
    Bildquelle: unbekannt.
  8. ^ 
    Oagata hanayome.jpg
    Bei einem Fest des Ōagata Schreins werden junge Frauen in pächtigen Brautkleidern (hanayome) auf kleinen Lastwägen in einer Prozession umhergeführt. Im Hintergund eine Maske der Okame, die hier zu einer Vulva verformt ist — das Markenzeichen des Ōagata Schreins.
    Bildquelle: unbekannt.
  9. ^ 
    Tenteko 2022.jpg
    Sechs rot gekleidete, vermummte Männer mit Phallusattrappen stehen im Mittelpunkt des Tenteko Matsuri.
    Aichi Now, 2022.
  10. ^ 
    Tenteko2.jpg
    Die Phallusattrappen sind aus Rettichen geschnitzt und so konstruiert, dass sie auf- und abwippen können.
    Okada Y., 2008.
  11. ^ 
    Kanamara.jpg
    Der rosa Phallus hat sich zu einer Hauptattraktion des Kanamari Matsuri entwickelt. Er trägt den Namen Elizabeth, weil er stets von Transvestiten eines gewissen Elizabeth Club umhergetragen wird. Zahlreiche Blogs, unter anderem ein sehr empfehlenswerter Photo-Essay von Damon Coulter, schildern die Einzelheiten dieser neuartigen Mischung aus Schreinfest und Love-Parade.
    Bildquelle: Damon Coulter, 2012, über Internet Archive.
  12. ^ 
    Inyoseki1.jpg
    Man beachte, dass das Objekt der Anbetung durch torii und shimenawa als sakraler Gegenstand gekennzeichnet ist.
    Bildquelle: Photo Miyazaki, Morimori, über Internet Archive.
  13. ^ 
    Inyouseki2.jpg
    Es bedarf tatsächlich nicht allzu großer Phantasie, um hier ein männliches und ein weibliches Geschlechtsorgan im Felsen zu erkennen.
    Bildquelle: Photo Miyazaki, Morimori, über Internet Archive.
  14. ^ 
    Marakannon.jpg
    Der Mara-Kannon Tempel behauptet von sich, führend auf dem Gebiet des Phallus-Kultes zu sein.
    Chindera Dai-Dōjō.
  15. ^ 
    Marakannon2.jpg
    Phallus-Statuen des Mara Kannon Tempels
    Chindera Dai-Dōjō.
  16. ^ 
    Marakannon3.jpg
    Eindrücke des Mara-Kannon Tempels.
    Chindera Dai-Dōjō.
  1. ^ 
    Marakannon4.jpg
    Phallus-Devotionalien des Mara Kannon Tempels, eines ländlichen Tempels in der Präfektur Yamaguchi.
    Chindera Dai-Dōjō.
  2. ^ 
    Konseisama.jpg
    Phallische Schreingottheit.
    Okada Kenji, 2008.
  3. ^ 
    Yamanokami.jpg
    Weitere Informationen: Inyōseki Kenkyūkai (2011/7)
    Onizuka Kentarō, 2001.
  4. ^ 
    Dosojin miyazaki.jpg
    Der umgebende Stein ist hier deutlich in phallischer Form gehalten.
    Photo Miyazaki, Morimori.
  5. ^ 
    Dosojin gifu.jpg
    Weggötter in intimer Umarmung.
    Kurabuchi no dōsojin, über Internet Archive.
  6. ^ 
    Dosojin suwa.jpg
    Ein Symbol ehelicher Verbundenheit.
    Edo-Zeit, 1788. Kurabuchi no dōsojin, über Internet Archive.
  7. ^ 
    Dosojin fujinomiya.jpg
    Dieses Paar ist von einer charakteristischen Blütenform umrahmt, die als Vulva gedeutet werden kann.
    Edo-Zeit, 1801. Kaze ni fukarete.
  8. ^ 
    Tengu boy.jpg
    Moderne Statue mit tengu-Maske in einem verschwiegenen Onsen.
    20. Jh. Vladimir Vyskocil, flickr, 2013 (mit freundlicher Genehmigung).
  9. ^ 
    Tengu phallus.jpg
    Tengu mit Phallusnase. Der Schrein ist auf Frauenkrankheiten und Kinderwünsche spezialisiert. (Siehe dazu auch Phalluskulte.)
    万屋満載, 2009.
  10. ^ 
    Tengu shunga.jpg
    Erotische Darstellung (shunga) eines lesbischen Paars. Die tengu-Maske dient als Dildo.
    Edo-Zeit. Bildquelle: Wikimedia.
  11. ^ 
    Iyadahime.jpg
    Dieses ungewöhnliche Bild stammt aus einer skurril-erotischen Anthologie, in der die bekanntesten japanischen Monster in Form von Genitalien dargestellt werden. Dieses Bild enthält eine Anspielung auf die mythologische Szene, in der [Kushi-] Inada-hime (hier Iyada-hime, „Prinzessin Rühr-mich-nicht-an“) von der achtköpfigen Schlange Yamata no Orochi (hier Yamara no Orochi, „Achtpenis Schlange“) bedroht wird.
    Werk von Katsukawa Shunshō (1726-1792). Edo-Zeit. Museum of Fine Arts, Boston.
  12. ^ 
    Shunga toyokuni.jpg
    Der Bildtitel nennt diese Figur „hodenstraffende Brecheisen-Penis-Gott“ (Kanateko mara jinbari myōjin 鉄梃陰茎腎張明神). Satirische Darstellung aus einer shunga-Sammlung.
    Werk von Utagawa Toyokuni. Edo-Zeit, 1823. AK-Antiek.
  13. ^ 
    Wagojin hokusai.jpg
    Coverillustration einer Sammlung erotischer Bilder (shunga) von Katsushika Hokusai. Der Text besagt in etwa: „Harmonie erzeugt alles Glück, Berührung versöhnt Yang und Yin (Mann und Frau).“ Wagō-jin sind eigentlich chinesische Glücksgötter, die üblicherweise als männliches Zwillingspaar auftreten und für Glück und Reichtum stehen. Auch im Japan der Edo-Zeit waren sie weitläufig bekannt. Hokusai aber kombiniert die Wagō-jin mit der Ikonographie der Wegegötter (dōsojin) und münzt Reichtum in sexuelle Zufriedenheit um.
    Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit. Nichibunken.
  14. ^ 
    Shunga kunisada.jpg
    Vulva-Gottheit auf Phalli thronend. Satirische Darstellung aus einer shunga-Sammlung.
    Werk von Utagawa Kunisada. Edo-Zeit, ca. 1840. Nichibunken.
  15. ^ 
    Amanojaku.jpg
    Ama no jaku sind Kobolde, die böswillig allerlei Verdrehungen bewirken, also „perverse“ Geister im wörtlichen Sinne.
    Werk von Utagawa Kunisada. Edo-Zeit. Bildquelle: unbekannt.
  16. ^ 
    Phallusgott.jpg
    Dieses ungewöhnliche Bild stammt aus einer skurril-erotischen Anthologie, in der die bekanntesten japanischen Monster in Form von Genitalien dargestellt werden.
    Werk von Katsukawa Shunshō (1726-1792). Edo-Zeit. Gallica, Bibliothèque nationale de France.

Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Aston, William George (west.) ^ 1841–1911; brit. Diplomat und Pionier der Japanologie; Übersetzer des Nihon shoki
  • Bodhisattva (skt.) बोधिसत्त्व ^ „Erleuchtetes Wesen“, Vorstufe zur vollkommenen Buddhaschaft (jap. bosatsu 菩薩)
  • dōsojin 道祖神 ^ Wegegott, auch sae no kami; volksrel. Figuren, manchmal in phallischer Form
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • Engishiki 延喜式 ^ „Bestimmungen der Engi Ära“; Gesetzeswerk mit zahlreichen religionspol. Bestimmungen, v.a. zum Schreinzeremoniell, aus dem 10. Jh.
  • hōnen matsuri 豊年祭 ^ Erntebitt-Fest, Fruchtbarkeitsfest
  • Ihara Saikaku 井原西鶴 ^ 1642–1693; Schriftsteller der Edo-Zeit, verfasste zahlreiche erotische Romane
  • inyōseki 陰陽石 ^ wtl. Yin Yang-Stein; Stein in der Form männlicher oder weiblicher Genitalien; Fruchtbarkeitssymbol
  • Izumo Taisha 出雲大社 ^ Großschrein von Izumo (Präfektur Shimane)
  • kanamara 金マラ ^ „Eisenpenis“; kana ist eine dialektale Variante von kane, Metall, mara ist ein altes umgangsspr. Wort für Penis; der Begriff dürfte mit dem Fruchtbarkeitsgott Konsei-sama zusammenhängen
  • Kanamara Matsuri かなまら祭り ^ Phallus-matsuri des Kanayama Jinja; Fest des Eisenpenis (kanamara)
  • Kanayama Jinja 金山神社 ^ wtl. „Schrein des Eisenberges“; Schrein in Yokohama, berühmt für sein „Fest des Eisenpenis“, Kanamara Matsuri
  • Kannon 観音 ^ auch Kanzeon 観世音, wtl. der den Klang der Welt erhört; skt. Avalokiteśvara; chin. Guanyin; als Bodhisattva des Mitleids bekannt
  • Konsei-sama 金精様 ^ phallische, als Gottheit verehrte Steinformationen in Nord-Japan
  • Kōshoku ichidai otoko 好色一代男 ^ „Der größte Liebhaber“; erotischer Roman von Ihara Saikaku, 1682
  • Māra (skt.) मार ^ Dämon des Bösen, eine Art Äquivalent des Satans im Buddhismus (jap. Mara 魔羅)
  • matsuri^ religiöses (Volks-)Fest
  • mikoshi 神輿 ^ tragbarer Schrein
  • mochi^ Japanische Reiskuchen bzw. Klöße aus gestampftem Reis, die traditionell vor allem zu Neujahr (O-shōgatsu) gegessen werden.
  • Nanshoku ōkagami 男色大鑑 ^ „Großer Spiegel der Männerliebe“; erotischer Roman von Ihara Saikaku, 1687
  • Ōagata Jinja 大縣神社 ^ Schrein bei Nagoya, bekannt für seine Fruchtbarkeitsriten (hōnen matsuri)
  • shimenawa 注連縄 ^ shintōistisches „Götter-Seil“; geschlagene Taue aus Reisstroh.
  • shunga 春画 ^ wtl. „Frühlingsbilder“; Gemälde und Druckwerke mit expliziten sexuellen Darstellungen
  • Tagata Jinja 田縣神社 ^ Schrein bei Nagoya, bekannt für seine (männlich konnotierten) Fruchtbarkeitsriten (hōnen matsuri)
  • tengu 天狗 ^ wtl. Himmelshund; vogelartiger oder geflügelter Kobold, meist in den Bergen
  • Tenteko Matsuri てんてこ祭 ^ Fruchtbarkeitsfest in Nishio, Nagoya, bei dem aus Rettichen geschnitzte Phallus-Attrappen zum Einsatz kommen
  • torii 鳥居 ^ Torii, Schreintor; wtl. „Vogelsitz“; s. dazu Torii: Markenzeichen der kami
  • ukiyo-e 浮世絵 ^ „Bilder der fließenden Welt“, populäre Farbholzschnitte der Edo-Zeit
  • wagōjin 和合神 ^ wtl. „Götter der Harmonie“; paarweise repräsentierte, oft sexuell konnotierte Gottheiten
  • Yaegaki Jinja 八重垣神社 ^ Schrein in Matsue, Präfektur Shimane
  • yakudoshi 厄年 ^ Unglücksjahr, kritisches Alter; laut Tradition bei Männern das 25., 42. und 61. Jahr, bei Frauen das 19., 33. und 37. Jahr
  • yama no kami 山の神 ^ wtl. „Berggottheit“; meist annonyme, manchmal sexuell konnotierte Lokalgottheit
  • Yanagita Kunio 柳田国男 ^ 1875–1962; Begründer der jap. Volkskunde
  • Yin Yang (chin.) 陰陽 ^ Dualistisches Prinzip der chin. Naturphilosophie