Alltag/Pilgerschaft: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 2: | Zeile 2: | ||
=Pilgerschaft= | =Pilgerschaft= | ||
{{float|right|-1.5em|bild=henro.gif}} | {{float|right|-1.5em|bild=henro.gif}} | ||
− | Viele Formen der traditionellen Religionsausübung sind im | + | Viele Formen der traditionellen Religionsausübung sind im moder·nen Japan ver·schwun·den oder werden nur noch am Rande der Gesell·schaft prakti·ziert, das Pilgern ({{glossar:henro}}) aber ist nach wie vor erstaun·lich beliebt. Schon früh stellte es eine Art Inlands·touris·mus dar, und auch heute ist der touristi·sche Aspekt des Pilgerns ein wichtiger Faktor seiner Beliebt·heit. Häufig sind eine ganze Reihe von Tempeln zu einer fixen Route zusam·men·ge·schlos·sen, die die Pilger der Reihe nach erwan·dern bzw. mit dem Bus abklap·pern. Unabhängig von der Art der Fort·bewe·gung kleiden sich Pilger zumeist in das klassi·sche Pilger-Outfit, bestehend aus einem weißen Ober·gewand, einem schirm·artigen Hut und einem Pilgerstab. |
==Beispiel Shikoku== | ==Beispiel Shikoku== | ||
<div class='sidebox_Wrapper'> | <div class='sidebox_Wrapper'> |
Version vom 12. September 2010, 20:13 Uhr
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Pilgerschaft.
Pilgerschaft
Viele Formen der traditionellen Religionsausübung sind im moder·nen Japan ver·schwun·den oder werden nur noch am Rande der Gesell·schaft prakti·ziert, das Pilgern (
Pilger; Pilgerschaft
Der Begriff „henro“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
) aber ist nach wie vor erstaun·lich beliebt. Schon früh stellte es eine Art Inlands·touris·mus dar, und auch heute ist der touristi·sche Aspekt des Pilgerns ein wichtiger Faktor seiner Beliebt·heit. Häufig sind eine ganze Reihe von Tempeln zu einer fixen Route zusam·men·ge·schlos·sen, die die Pilger der Reihe nach erwan·dern bzw. mit dem Bus abklap·pern. Unabhängig von der Art der Fort·bewe·gung kleiden sich Pilger zumeist in das klassi·sche Pilger-Outfit, bestehend aus einem weißen Ober·gewand, einem schirm·artigen Hut und einem Pilgerstab.
Beispiel Shikoku
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Pilgerschaft. Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Pilgerschaft. Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Pilgerschaft. Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Pilgerschaft. Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Pilgerschaft.
Shikoku ist die Geburtsinsel von
Der Begriff „Kōbō Daishi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
774–835, Gründer des Shingon Buddhismus; Eigennamen Saeki Mao, Ehrennamen Kōbō Daishi
Der Begriff „Kūkai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
(774–835), des vielleicht populärsten Mönchs der japanischen Religionsgeschichte. Kūkai gründete den Shingon Buddhismus, der besonders in Shikoku auch heute noch sehr stark vertreten ist. Daher entstand hier eine Pilgerroute von 88 Tempeln, die zu Ehren Kūkais unternommen wird.
Die Pilgerroute führt rund um die gesamte Insel. Der Fußweg beträgt ca. 1400km und kann bei guter Kondition in etwa 40-50 Tagen bewältigt werden. Üblicherweise beginnt man mit Tempel 1 und umrundet die Insel im Uhrzeigersinn bis Tempel 88. Die Tempel sind einzeln nummeriert und gut ausgeschildert. Mitunter findet man sogar noch traditionelle Wegweiser. Die Tempel sind verschiedenen Buddhas geweiht, gehören aber fast alle dem Shingon Buddhismus an.
Um den Besuch eines Tempels zu bestätigen, spielen die sog.
„Visitenkarte“ eines Pilgers, Votivzettel
Der Begriff „osame-fuda, nōsatsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
eine große Rolle. Das sind Papierstreifen, die mit einem Bild Kūkais und dem Spruch: „Ehre der Pilgerschaft zu den 88 heiligen Orten“ bedruckt sind. Die Pilger kaufen sie in Blöcken, schreiben auf die Rückseite ihren eigenen Namen und opfern diese Zettel an jedem Tempel, den sie besuchen. Unterschiedliche Farben repräsentieren den „Rang“ eines Pilgers, abhängig davon, wie oft er die Route bereits absolviert hat. Osamefuda sind also „Visitenkarten“ im wörtlichen Sinn und bedeuten nichts anderes als: "I was here." Auf vielen Pilgerrouten ist es sogar üblich, dass Pilger osamefuda mit ihrem eigenen Namen mitführen und diese an den besuchten Tempeln oder Schreinen aufkleben. Gegen diese Art von Graffiti bestehen keinerlei Vorbehalte in Japan. Allerdings sind solche „Visitenkarten“ stets nach einem festgelegten Muster gestaltet.
Eintrag ins Pilgerlogbuch Bilder: D. Weiss |
In Shikoku führen die meisten Pilger außerdem eine Art Logbuch mit sich, in das sie sich von jedem besuchten Tempel einen Stempel (
wtl. „roter (=offizieller) Stempel“; auch für rel. Zwecke, z.B. Stempel ins Pilgerlogbuch verwendet
Der Begriff „shuin“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) und eine Kalligraphie eintragen lassen. Die Kalligraphien enthalten meist den Tempelnamen und ein Sanskritzeichen (
Symbolische Sanskrit-Zeichen in siddham-Schrift; wtl. Samen (Skt. bija); auch bonji 梵字, „indische Zeichen“; v.a. in rituellen Texten des esoterischen Buddhismus (mikkyō) in Gebrauch
Der Begriff „shuji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
), das den Hauptbuddha (
Hauptheiligtum eines Tempels
Der Begriff „honzon“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
) des betreffenden Tempels symbolisiert.
Pilger (
Pilger; Pilgerschaft
Der Begriff „henro“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
oder o-henro-san) werden in Shikoku sehr freundlich aufgenommen. Der Brauch verlangt es, dass man ihnen kleine Geschenke (
), z.B. Essen aber auch Geld gibt, um auf diese Weise ein bisschen an ihrem frommen Werk zu partizipieren. Theoretisch ist es daher möglich, auch gänzlich ohne eigene Mittel eine Pilgerschaft in Shikoku zu bestreiten. Tatsächlich profitiert aber die lokale Tourismusbranche nicht unerheblich von den Pilgern.
Weltflucht und Tourismus
Die 88 Tempel stellen die bekannteste Pilgerstrecke dieser Art dar und wohl auch eine der längsten, aber Serien von Tempeln, die durch eine Pilgerroute verbunden sind, gibt es in ganz Japan. Auch Schreine bieten sich als Ziel von Pilgerfahrten an, insgesamt sind buddhistische Tempel auf diesem Gebiet jedoch eher gefragt. Pilgern hat, zumindest in seiner ursprünglichen Form, etwas mit Weltabkehr zu tun, und das passt in Japan besser zum Buddhismus als zum Shinto. Auch der Tod wird nach buddhistischer Vorstellung als Pilgerfahrt aufgefasst, daher ähnelt das japanische Totenkleid (
Totengewand
Der Begriff „shini shōzoku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
) einem Pilgergewand (s.a. Totenriten). Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Pilgerschaft.
Dennoch tritt in der Pilgerschaft neben dem Motiv der inneren Einkehr auch die Suche nach Dingen zutage, die weniger religiöse Menschen im allgemeinen im Urlaub suchen: Abwechslung, Abenteuer, Exotik. Auch diese Motive haben bereits eine lange Tradition. In der
Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
Der Begriff „Edo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
Geographische Lage
-Zeit zählten Pilgerfahrten zu den wenigen Anlässen, bei denen man die eigene Provinz verlassen durfte. Daher stellte Pilgern wohl so etwas wie die Frühform des japanischen Tourismus dar. Auch heute ist dieser Aspekt kaum zu übersehen: Die meisten Pilger sind in Reisebussen unterwegs und abgesehen von Pilgerhut und Pilgerstab auch mit einer Kamera ausgerüstet. Eine Minderheit begibt sich aber nach wie vor zu Fuß auf die Suche nach innerer Vervollkommnung oder schlicht nach einer Alternative zu den Sorgen des Berufs- und Alltagslebens.
Auch Ausländer beteiligen sich manchmal an solchen Unternehmungen, um in die Geheimnisse des japanischen Buddhismus einzudringen. Einer von ihnen, der Amerikaner Don Weiss, hat seine Erfahrungen auf dem Shikoku Pilgerweg in seinem Buch Echoes of Incense veröffentlicht, das auch über das Internet zugänglich ist. 2006 brachte der Schweizer Ethnologe Tommi Mendel eine sehr sensible filmische Dokumentation heraus, die vor allem nach den Motiven jüngerer Shikoku Pilger fragt. Nach den über 60-jährigen bilden sie die zweitgrößte Alterskohorte, die sich auf den aufwendigen Fußmarsch einlässt.
Links
- Echoes of Incense, A Pilgrimage in Japan, Don Weiss (en.)
Erfahrungsbericht eines Pilgers. - Resource Guide to Japanese Pilgrims & Pilgrimages, Mark Schumacher (en.)
Artikel des A-Z Dictionary of Japanese Buddhist Statuary zum Thema Pilgerschaft. - Aruki henro, tigertoda productions (en.)
Website des gleichnamigen Dokumentarfilms von Tommi Mendel, 2006. - Pilgrimage to the 88 Sacred Places of Shikoku, David Turkington (en.)
Dokumentation und ausführliche Hintergrundinformationen. - Shikoku Henro Shashinshū (jap.)
Photodokumentation der Pilgerstätten von Shikoku. - Chigatera o meguru (jap.)
Bild-Sammlung von über 1000 Logbucheinträgen der diversen japanischen Pilgerrouten.Letzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2010
- ^ Der Religionswissenschaftler Ian Reader beschreibt sein Bild selbst folgendermaßen:
- Pilgrims usually dress in white — signifying both the colour of purity and death. Usually they wear a white shroud (hakui 白衣) that indicates they are a pilgrim and that also symbolically is their burial shroud. The traditional headgear is a monastic style hat or kasa 笠 that not only protects against rain and sun but also symbolises the pilgrim's coffin and that has a funerary inscription on it. Pilgrims also carry a staff, tsue 杖, to help with walking, and that also serves as a symbolic gravestone; in earlier eras when pilgrims died on the route, they would be interred and their staff left to mark the site. Symbolically, thus the pilgrim was “dead to the world” while on the route; completion implied rebirth. The staff also symbolizes the body or presence of Kōbō Daishi who according to pilgrimage belief accompanies every pilgrim. In effect, too, the clothing resembles that of Kōbō Daishi, who provides the archetypal model for pilgrims in Shikoku. Many pilgrims also carry a variety of items such as rosaries, bells and a white bag to carry osamefuda 納め札 (pilgrims' calling cards), which bear their names and usually an image of Kōbō Daishi, and that are left at the temples they visit and are also given to people met along the way.
- This pilgrim is unusual in dressing entirely in white; nowadays most pilgrims opt for the white shroud, staff and more convenient modern clothing and headgear. There is no prescribed apparel that must be worn, however, and pilgrims are free to choose the clothing they feel most suited to their pilgrimage.
(Quelle: Photo Archive on Japanese Religions, Nanzan Institute for Religion and Culture)
Ian Reader, Nanzan Institute for Religion and Culture, Photo Archive on Japanese Religions (https://nirc.nanzan-u.ac.jp/en/publications/photo-archive/nc-image/361/, offline). - ^ Dichtes Gedränge von diversen Pilgern und Pilgergruppen vor einem torii das den Eingang des Areals von Ise markiert. Im Hintergrund links ist die Uji-Brücke zu erkennen, im Hintergrund rechts eine Bühne mit Shamisen-Spielerinnen.
Werk von Utagawa Kunisada (Toyokuni III, 1786–1865). Edo-Zeit, 1834. Bildquelle: Waseda University Library, über Internet Archive. - ^ Ein Mönch des Tempelbergs Kōya-san kalligraphiert eine Bestätigung in das Logbuch eines Pilgers.
Nenchū rider no hitorigoto, J-Blog, 2012. - ^ Mit besonderer Berücksichtigung der 88 Pilgertempel.
Werk von Yoshida Hatsusaburō (1884–1955). 1934. Shikoku henro michi, Webprojekt der Waseda Universität, Tokyo. - ^ Der Nachi-Wasserfall (Nachi no Taki) vor einer Pagode des dazugehörigen Tempels Seigando-ji. Eigentlich ist das Gebäude ein als dreigeschossige Pagode (sanjū-tō) getarnter Aussichtsturm, der allerdings optimal positioniert ist, um einen Blick auf den heiligen Wasserfall im Hintergrund zu werfen. Der Nachi-Wasserfall ist Teil des über ein ganzes Bergmassiv verteilten Schrein-Komplexes von Kumano im Südosten der Halbinsel Kii, das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.
Spätere Shōwa-Zeit, errichtet 1972. Jatenipat Ketpradit, Flickr, 2014. - ^ Ein aufsteigender Drache (ryū) gilt als besonders glücksverheißend, ebenso der Berg Fuji.
Werk von Katsushika Hokusai (1760–1849). Edo-Zeit. The British Museum. - ^ Eine Bildseite aus Hokusais berühmter Serie über den Fuji-san. Das Muster aus runden Objekten auf dem Bild rechts ist erst auf den zweiten Blick als Pilgerhüte von oben zu erkennen. Dann aber sieht man einen einzelnen, der seinen Blick nach oben richtet und in ein Muschelhorn bläst. Die Hüte der Pilger sind alle mit den gleichen Schriftzeichen ausgestattet: Nicht-zwei (不二, hier fuji zu lesen), ein Sprachspiel mit dem Bergnamen. Das Bild rechts trägt den Titel „Öffnung des Fuji“, was sich auf einen bestimmten Tag im Frühling bezieht, ab dem es Pilgern gestattet war, den Fuji zu besteigen. Die Pilger organisierten sich in der Edo-Zeit in Bruderschaften (kō), daher auch das uniformierte Erscheinungsbild. Das Bild links zeigt die gleichen Pilger beim Abstieg (eigentlich Abrutschen, suberi) über die Geröllhalden des Berges.
Werk von Katsushika Hokusai. Edo-Zeit. Chester Beatty Library.