Exzerpt:Fukujin keywords/Erster Traum und Schatzschiff

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Noboru Miyata, e.a. 1998
„,Shichifukujin‘ nanatsu no kīwādo.“ In: Miyata Noboru (Hg.), Shichifukujin shinkō jiten. Tokyo: Ebisu Kōshō Shuppan 1998, S. 24–59. (S.a. Exzerpt.)

S. 42-46.

Erster Traum und Schatzschiff

Lebhafte Darstellung des Schatzschiffes mit fukujin
Takarabune unter dem Kopfpolster
Schatzschiff des Gojōten Schreins

In der Edo-Zeit glaubte man, dass wenn man am zweiten Abend des Ersten Monats ein Bild, nämlich bevorzugt das des sogenannten "Schatzschiffs" (takarabune 宝船), unter den Kopfpolster legte, könne man so glückverheißende Träume erlangen. Hatte man dennoch einen schlechten Traum, so hieß es, könne man das Unglück dadurch abwenden, dass man das Bild in einen Fluss warf, oder in der Erde vergrub.

Die früheste Abbildung des Schatzschiffes wurde am GojōtenSchrein (Gojōten Jingū 五條天神宮) in Kyōto verkauft und zeigte eine einfache Abbildung eines Bootes ohne Segel und Ruder, in dem eine Reispflanze lag. Diese einfache Darstellung entwickelte sich und wurde nach und nach lebhafter, das Boot wurde zu einem Segelschiff, in dessen Inneren sich Reissack, ein Münzkasten (senryōbako 千両箱), der Magische Hammer (uchide no kozuchi 打出の小槌), Strohumhang sowie Strohhut und die sieben Glücksgöttern selbst befanden.

In Kyōto war die oben erwähnte simple Darstellung üblich, in Edo die Version mit den sieben Glücksgöttern an Bord. Schatzschiff-Bilder wurden in Kyōto hauptsächlich in Schreinen verkauft, während es in Edo zahlreiche "Schatzverkäufer" (otakarauri お宝売り) gab, die durch die Straßen gingen und mit lauter Stimme die "otakara, otakara" おたから、おたから ("Schätze! Schätze!") anpriesen.

Laut Nagasawa Toshiaki 長沢利明, der Schatzschiffe von Edo/Tōkyō untersuchte, lässt sich die Mode des Schatzschiffes grob in drei Perioden einteilen, anhand welcher man ihren Wandel wie folgt beobachten kann.

Periodisierung

1. Periode: Späte Edo-Zeit

[In dieser Periode] finden sich Darstellungen des Schatzschiffes, auf dem lediglich einige Schätze in einfachem Design zu sehen sind. Diese alten Darstellungen gibt es auch in Edo, doch stammen diese vorwiegend aus Sammlungen von Samuraifamilien.

2. Periode: Späte Meiji-Zeit bis Anfang Shōwa

Darstellungen mit den sieben Glücksgöttern an Bord sowie einem Palindrom (kaibun 回文) (ein Wort, das sowohl von oben nach unten, wie von unten nach oben gelesen werden kann und dabei den selben Satz ergibt). Das Palindroms lautet なかきよのとをのねふりのみなめさめなみのりふねのおとのよきかな (Nagaki yo no tō no neburi no mina mezame nami norifune no oto no yoki kana 長き世の遠の眠りの皆目覚め波乗り舟の音の良きかな).[1] Einer Überlieferung zufolge soll diese magische Formel (majinaiuta oder juka 呪歌) von Shōtoku Taishi 聖徳太子 geschaffen worden sein, doch nimmt man an, dass diese Erklärung nur dazu diente, die Sache interessant zu machen. In jedem Fall ist die Bedeutung des Palindroms schwer verständlich, doch wenn man es vor dem Schlafengehen dreimal hintereinander aufsagt, soll das gute Träume und Glück mit sich bringen.

3. Periode: Nachkriegszeit (bes. ab 1975)

Rundgänge (oder kleine Wahlfahrten) der sieben Glücksgötter erlebten allerorts eine Renaissance oder wurden neu geschaffen. Darüber hinaus wurden verschiedene neue Arten von "Schatzschiffen" kreiert, etwa nach dem Muster einer "Stempelrallye".[2] Auch alte Schatzschiffe, etwa aus dem Gojōten Schrein in Ueno oder aus dem Hyakka Garten in Mukōjima 向島の百花園 (Anm.: dort gibt es einen Fukurokuju-Schrein), werden heute noch gepflegt. Weiters reaktivierte der Tsumagoi-Inari-Schrein in Yushima 妻恋稲荷の湯島 sein Schatzschiff, das sich auf die Taishō-Zeit (1912-1926) zurückführen lässt, unter dem Namen "Traumkissen" (yumemakura 夢枕), während der Azabujūban-Inari-Schrein 麻布十番稲荷 Votivbilder aus Papier (kamiema 紙絵馬) verkauft, auf denen die sieben Glücksgötter an Bord eines Schiffes dargestellt sind, dessen Bug (Vordersteven) von einer Drachen-Galionsfigur geziert wird.

Zusammengefasst kann man sagen, dass der Begriff des "Schatzschiffes" mehrere Phasen des Wandels erfuhr und sich stets den Vorlieben und den Wünschen sowie dem Lebensstil der Menschen aus diesen Perioden anpasste.

Die sieben Schätze

Abbildung eines Schatzschiffes mit Chintamani-Symbol auf dem Segel und den buddhistischen sieben Schätzen. Im Hintergrund ist der Berg Fuji zu erkennen.

Inoue Kazuo 井上和雄 führt unter Bezugnahme auf Werke wie das Daichi doron 大智度論[3] Reis, Juwelen, Gold und Silber, einen Schlüssel, einen verhüllenden Strohhut, einen verhüllenden Strohumhang sowie einen kleinen Hammer[4] als diese Schätze an.

1. Reis

Dreigesichtiger Daikoku (sanmen daikoku 三面大黒点).
Daikoku mit Wunschhammer, auf dem das Chintamani-Symbol zu sehen ist.

Was den Reis betrifft, muss man nicht lange darüber nachdenken, weshalb dieser in Japan als wertvoll erachtet wird. Eine Interpretation besagt, dass sich die Bedeutung des takara 宝 (Schatz) von tagara 田柄 ableitet, was im Grunde nichts weiter als Reis bedeutet. Folglich handelt es sich bei dem ersten Schatz auf dem Schatzschiff allem (sogar den sieben Glücksgöttern) voran um Reis bzw. Reissäcke.

2. Juwelen

An zweiter Stelle werden Juwelen (tama 玉) angeführt. Damit könnten die vier Juwelen des Sendai kuji hongi[5] oder das Flutsteige- und Flutsinkejuwel aus dem Bergglück und Meerglück-Mythos gemeint sein, aber im Falle der Juwelen auf dem Schatzschiff handelt es sich wahrscheinlich um den in buddhistischen Schriften erwähnten Chintamani-Wunschstein (nyoi hōju 如意宝珠). Dieser Chintamani-Wunschstein soll eine Kostbarkeit von unschätzbarem Wert sein, die jedweden irdischen Wunsch erfüllt, und, sofern man daran glaubt, alle möglichen guten Omen heraufbeschwört. Der berühmte dreigesichtige Daikoku (Sanmen Daikoku-ten 三面大黒天) auf dem Berg Hiei (hiei-zan 比叡山) hält so einen Wunschstein in seiner Hand.

3. Gold und Silber

Beim dritten Schatz, dem Gold und Silber (kingin 金銀), kann getrost davon ausgegangen werden, dass damit tatsächlich diese Kostbarkeiten gemeint sind.

4. Schlüssel

Der hier erwähnte und als schlichter Schlüssel (kagi 鍵) bezeichnete Schatz ist nicht als Werkzeug zu verstehen, das zum Öffnen einer Schatzkiste dient. Dieser Schlüssel, der bei zahlreichen Buddhastatuen wie eben jenem dreigesichtigen Daikoku vorhanden ist, symbolisiert einen Gegenstand, der unermessliches Glück und Wohlstand verleiht.

5. Verhüllender Strohhut

Der verhüllende Strohhut (kakuregasa 隠笠) soll dem Zweck dienen, die Gestalt seines Trägers zu verbergen und ihn vor Unheil zu bewahren.

6. Verhüllender Strohumhang

So wie dem Strohhut wird auch dem verhüllenden Strohumhang (kakuremino 隠蓑) eine Tarn- und Abwehrfunktion gegenüber unglücklichen Zufällen nachgesagt.

7. Kleiner Hammer

Bei dem kleinen Hammer kann man davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um den Wunschhammer (uchide no kozuchi 打出の小槌[6]) handelt. Man brauche ihn nur zu schwingen und schon prägt er den gewünschten Schatz. Auf einigen dieser Wunschhämmer kann man das Muster des für ein Juwel gehaltenen Chintamani-Wunschsteins sehen.

Diese sieben Dinge stellen die sieben Hauptschätze auf dem Schatzschiff dar. Doch mit den stetig wachsenden Bedürfnissen der Menschen ist auch einer wachsenden Vielfalt an Schätzen sicher noch lange kein Ende gesetzt.

Erster Traum und Baku

Wie anfangs erwähnt verstand man unter "Schatzschiff" ein "Zauberutensil", das den ersten Traum im neuen Jahr zu einem glückverheißenden machen, oder im Falle eines Albtraums das drohende Unheil durch die Entsorgung des "Schatzschiffes", etwa in einem Fluss, abzuwenden vermochte. Auf die Frage, wann sich der erste Traum im Jahr ereignen sollte, gibt es alten Aufzeichnungen zufolge drei Theorien: in der letzten Nacht des Jahres, in der Nacht des Neujahrstages und in der Nacht des zweiten Tages der Neujahrsfeierlichkeiten. Heute ist man sich größtenteils einig, dass dieser allererste Traum in der zweiten Nacht des neuen Jahres geträumt wird. Dies gilt allerdings nur für Tōkyō. In Kyōto wird seit jeher tradiert, dass es die Nacht des setsubun 節分, des Vorfrühlingsanfangs, das heißt die des 3. oder 4. Tages im 2. Monat des Jahres,[7] ist. Jedenfalls wird in beiden Fällen das "Schatzschiff" dazu verwendet, die Sünden bzw. rituelle Unreinheit (kegare 穢れ) und Fehler des vergangenen Jahres zu bereinigen, um dem neuen Jahr glücklich zu begegnen.

Nebenbei erwähnt ist das Schatzschiff nicht das einzige Mittel, um das durch einen Albtraum vorhergesagte Unglück abzuwehren. In China gibt es das tapirähnliche Fabelwesen Baku[8], das einen Elefantenrüssel, Nashornaugen, einen Ochsenschwanz, Tigerpfoten und die Figur eines Bären hat und dafür bekannt ist, die Albträume der Menschen zu verzehren. Ferner wird erzählt, dass wenn man mit dessen Haut sein Bett bespannt und darin schläft, Krankheiten vorgebeugt werden und wer ein Bild eines Baku malt, würde von Arglist verschont bleiben. In jedem Fall ist der Baku von ungemeinem Nutzen für seinen Anwender. In größeren Tiergärten kann man den Tapir beobachten, der seinem Aussehen nach einigermaßen dem Baku ähnelt. Dieser ist jedoch nicht in der Lage Albträume zu fressen.

Künstler, die Schatzschiffe malten, waren wohl mit der Vorstellung des Baku vertraut, denn man sieht auch immer wieder Bilder von Schatzschiffen, auf deren Segeln das Schriftzeichen für Baku 獏 jenes für Schatz 宝 (oder 寶) ersetzt. Des Weiteren gab es vermutlich auch einige wenige Bilder, auf denen die Gestalt des Baku auf dem Segel zu sehen ist, der Baku zusammen mit den sieben Glücksgöttern vorkommt oder gar den Bug des Schiffes als Galionsfigur ziert.

Anmerkungen

  1. Zwecks Funktion als Palindrom sind diakritische Zeichen (nigori) bei stimmhaften Konsonanten nicht angeführt. Ins Deutsche übersetzt bedeutet der Satz in etwa: "All jenen, die aus einem langen Schlaf jenseits dieser Welt zum Klang des Schiffes erwachen, das die Wellen reitet, sei Gutes beschert!" oder "Ob es gut ist, wenn alle erwachen aus dem Schlaf von fernen Nächten, die Wellen reiten zum fernen Klang des Bootes?" (Übersetzung von Nancy K. Stalker: all awaken from the sleep of faraway nights, riding the waves, the fine sound of the boat)
  2. スタンプ・ラリー stamp rally; eine Art Wettbewerb, bei dem es darum geht, möglichst viele Stempelabdrücke von Stempeln bestimmter Orte zu sammeln.
  3. Das Mahaprajnaparamita Upadesha, auf deutsch etwa "Abhandlung über die große Vervollkommnung des Wissens", ist eine umfassende Arbeit über die Konzepte des Wissens und der Leere, die dem indischen Gelehrten Nagarjuna (150-250) zugeschrieben wird.
  4. Die ursprünglichen buddhistischen sieben Schätze, wie sie beispielsweise im Lotos-Sutra beschrieben werden, umfassen Gold (kin 金), Silber (gin 銀), einen Lapislazuli (ruri 瑠璃), Kristall (hari 玻璃), die Schale einer Riesenmuschel (shako 硨磲), eine rote Perle (sekiju 赤珠) und den aus China stammenden Maikai-Edelstein 玫瑰.
  5. Ikutama 生玉 (Juwel des Lebens), makarukaeshi no tama 死返玉 (Juwel der Wiederbelebung), tarutama 足玉 (Juwel der Genügsamkeit (?)) und chigaeshi no tama 道返玉 (Juwel der Rückkehr (?)) sind vier von insgesamt zehn Schätzen (tokusa no kandakara 十種神宝. Dem Sendai kuji hongi zufolge stieg Nigihayahi no mikoto, eine Ahnengottheit der Mononobe, in einem Felsenboot vom Himmel und brachte die zehn Insignien mit. Neben den Juwelen sind diese der Ozeanspiegel okitsukagami 沖津鏡, der Küstenspiegel hetsukagami 辺津鏡, das acht Ellen lange Schwert (?) yatsukatsurugi 八握剣 sowie die Schlangenabwehr-Binde orochi no hire 蛇比礼 und Bienenabwehr-Binde hachi no hire 蜂比礼, die in der Sage des Ōkuninushi Verwendung finden, als auch eine Binde zur Abwehr verschiedener Dinge kusagusa no mono no hire 品物之比礼.
  6. Wörtl. kleiner Prägehammer.
  7. heute 3. bzw. 4. Februar, früher nach dem Mondkalender ca. 4-6 Wochen später, das heißt eigentlich im März oder April
  8. 獏 steht sowohl für Baku als auch Tapir.

Quellen

  • Kōichi Shindō 1984
    Akita mononobe monjo denshō. Akita: Mumyōsha 1984.
  • Ri Sotei, Yamamura Toshie (Ü.) 2009
    Chūgoku dentō kisshō zuan. Tōkyō: Setsuwa 2009.

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