Amaterasu in der Felsenhöhle
Einleitung
Der Abschnitt der Amaterasu in der Felsenhöhle (Ame no Iwato 天岩戸) folgt in den japanischen Annalen auf das Kapitel der Untaten des Susanoo. Die Sonnengöttin Amaterasu Ōmikami 天照大御神 flüchtet aufgrund der frevelhaften Untaten ihres Bruders Susanoo in eine Felsenhöhle woraufhin die gesamte Welt in Finsternis verfiel. Daraufhin versammelten sich die Götter und entwarfen einen Plan um die Sonnengöttin wieder aus ihrer Höhle zu locken und das Licht wieder die Welt erfüllen konnte. Sie begannen mit der Herstellung verschiedenster Opfergaben wie einem Spiegel, Krumm-Juwelen und entwurzelten zum Schluss einen Sakaki-Baum, der sich auf dem himmlischen Kagu-Berg befand.
Der Darbringung der Opfergaben gemeinsam mit schmeichelnden Ritualworten folgte ein Tanz der Göttin Ama no Uzume, die wie in Trance ihre Brüste und Genitalien entblößte. Dieses Vorgehen brachte die umstehenden Götter derart zum Lachen, dass sich kurz darauf das Tor zur Felsenhöhle öffnete und Amaterasu ins Freie blickte. Dies nutzte der Gott Ama no Ta-chikara-wo, der sich neben dem Eingang platziert hatte, und zog Amaterasu aus ihrer Höhle ins Freie, woraufhin die Welt sich wieder erhellte. Der Gott Futo-tama no Mikoto spannte sofort ein Seil quer über den Eingang um Amaterasu daran zu hindern, sich wieder in der Höhle zu verstecken. Da Susannos Untaten dazu geführt hatten, dass sich die Sonnengöttin in die Höhle zurückzog, wurde er von den Göttern bestraft und in das Land Ne verbannt.
Mythologische Varianten
Die zwei wichtigsten Geschichtswerke, die sich mit Amaterasus Rückzug beschäftigen, sind die Kiki zu denen das Kojiki 古事記(712 n. Chr.) und das Nihon shoki 日本書紀 (720 n. Chr.) zählen. Auch das Kogo shūi 古語拾遺 („Antholgie alter Geschichten“), welches angelehnt an die Kiki die mythologische Entstehung Japans und deren Tennō beinhaltet, erzählt in einem Abschnitt die Geschichte Amaterasus. Obwohl alle Geschichtswerke die gleichen Mythen beinhalten, ergeben sich an einigen Stellen unterschiedliche Ausführungen bzw. werden bestimmte Details in einzelnen Werken völlig weggelassen. Besonders im Kogo shūi entfallen oftmals Einzelheiten, die sich in den Kiki wieder finden. Ausgehend vom Kogo shūi soll dieser Abschnitt sich daher mit der mythologischen Erzählung der Amaterasu in der Felsenhöhle und den Unterschieden zu den Kiki und anderen geschichtlich relevanten Werken befassen.
Tabelle Test
Kogo shūi |
離天照大御神之營田之阿。埋其溝。亦其於聞看大嘗之殿。屎麻理散。[...] 轉天照大御神。坐忌服屋而。令織神御衣之時。穿其服屋之頂逆剥天斑馬剥而。所墮人時。天衣織女見驚而。於梭衝陰上而死。 |
... [da] zerstörte er die Abtrennungen der von Ama-terasu-oho-mi-kami angelegten Reisfelder, schüttete die Gräben zu und verstreute dann Exkremente im Palast der Großen Erntefeier. [...] Als Ama-terasu-oho-mi-kami in der Reinen Webhalle saß und erlauchte Götterkleider weben ließ, da bohrte er in die Dachspitze der Webhalle ein Loch, zog mit umgekehrten Schinden einem himmlischen scheckigen Pferd von hinten her das Fell ab und ließ es hineinfallen. Die himmlische Weberin sah dies, stach sich vor Schrecken mit dem Webschiffchen in die Scheide und starb. |
Nihon shoki [1] |
時素戔鳴尊。春則重播種子。且毀其畔。秋則放天斑駒。使伏田中。復見天照大神。當新嘗時。則陰放屎於新宮。 又見天照大神。方織神衣。居齋服殿。則剥天斑駒。穿殿甍而投納。是時。天照大神。驚動。以梭傷身。 |
... [da] übersäete Susa no Wo no Mikoto im Frühling dieselben [Reisfelder], zerstörte ferner die Dämme derselben, und im Herbst ließ er die himmlischen scheckigen Pferde los und ließ sie sich mitten auf den Reisfeldern lagern. Weiterhin als er sah, daß Ama-terasu Oho-mi-kami eben im Begriff war den neuen Reis zu kosten, ließ er heimlich Kot im Palast des Neuen-Schmauses. Ferner als er sah, daß Ama-terasu Oho-mi-kami gerade Götter-Kleider webend sich in der heiligen Web-Halle befand, zog er einem himmlischen scheckigen Pferde die Haut ab, brach durch den Dachfirst der Halle ein Loch und warf [das geschundene Pferd] hinein. Da fuhr Ama-terasu Oho-mi-kami erschrocken auf und verletzte sich mit dem Webschiff. |
Nihon shoki, V1 [2] |
是後。稚日女尊。坐于齋服殿。而織神之御服也。素戔鳴尊見之。則逆剥斑駒。投入之殿内。稚日女尊。乃驚而堕機。以所持梭。傷體而神退矣。 |
Hiernach befand sich Waka-hiru-me no Mikoto in der heiligen Webhalle und webte die erlauchten Kleider der Götter. Als Susa no Wo no Mikoto dies sah, zog er einem scheckigen Pferde mit Rückwärtsschindung die Haut ab und warf es in das Innere der Halle hinein. Da erschrak Waka-hiru-me no Mikoto, fiel von dem Webstuhl herab, verwundete sich mit dem Webschiff, welches sie in der Hand hielt, und verschied göttlich. |
Nihon shoki, V2 [3] |
時素戔鳴尊。春則填渠毀畔。又秋穀巳成。則且以絡繩。且日神居織殿時。則生剥斑駒。納其殿内。[...] 及至日神當新甞之時。素戔鳴尊。則於新宮御席之下。陰自送糞。 |
Da, als es Frühling war, verstopfte Susa no Wo no Mikoto die Kanäle [der Reisfelder] und zerstörte die Dämme, und ferner im Herbst, als die Körnerfrüchte bereits reif geworden waren, zog er Abgrenzungsseile rings um sie herum. Ferner als die Sonnengöttin sich in ihrer Webhalle befand, zog er einem scheckigen Pferde bei lebendigem Leibe die Haut ab und warf es in das Innere der Halle hinein. [...] Als die Zeit herangekommen war, wo die Sonnengöttin das Fest des Neuen Schmauses halten wollte, ließ Susa no Wo no Mikoto unter dem erlauchten Sitze im Neuen Palaste heimlich Kot. |
Diskrepanzen in den Variaten
- Im Kogo shūi kommt Takamimusubi eine größere Rolle zu, da sein Urenkel Ame no Futotama als Ahnherr des Inbe-Klanes angesehen wird und somit eine Verbindung des Klans zu einem der drei Himmelsgötter gezogen wird. In dem Abschnitt, als sich Amaterasu nach den Untaten von ihrem Bruder Susanoo in der Felsenhöhle versteckt, übernimmt Takamimusubi Initiative und versammelt die Myriade der Gottheiten am Ufer des Flusses Yasu.[4] Takamimusubi ist in dieser Szene in den Kiki-Versionen nicht präsent. Im Nihon Shoki steht nur, dass sich die Gottheiten versammeln, aber der Himmelsgott wird nicht als Einberufer dieser Versammlung angesehen. Diese Passage wurde von einigen Forschern des Kogo shūis stark kritisiert. So auch von Kusakabe Katsumi[5], welcher in seinem Werk Gisai von 1773 das Kogo shūi als reine Fabrikation und verzerrte Darstellung von orthodoxen Mythen bezeichnet, welche dem Zweck dienen sollten, das Anstreben eines höheren Status seiner Familie legitim erscheinen zu lassen.[6] John Bentley argumentiert, dass es eine Unzahl an Varianten von Mythen gab, und dass die Version im Besitz der Inbe Familie nicht unbedingt eine Fabrikation, sondern eine andere Variante der Mythen (die nie othodox waren) vorstellt. Jedenfalls ist die Absenz von Takamimusubi in dem ersten Teil des ‚Zeitalters der Götter‘ in den Kiki bis auf die kurze Erwähnung bei der Ursprungsgeschichte von Himmel und Erde verdächtig, weil er in dem zweiten Kapitel von des ‚Zeitalter der Götter‘ in Nihon Shoki an der Seite von Amaterasu herrscht.[7] Es ist nicht undenkbar, dass Takamimusubi in den mythologischen Schriften im Besitz der Inbe Familie von Anfang an eine aktive Rolle spielte. [8]
Verweise
Anmerkungen
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wurde kein Text angegeben. - ↑ Bentley 2002:71
- ↑ Kusakabe Katsumi (auch als Nasa Katsutaka bekannt)
- ↑ Bentley 2002:30
- ↑ Der Forscher Fuminobu Murakami behauptet sogar, dass Takamimusubi der Ehemann von Amaterasu ist.
- ↑ Bentley 2002:30,35