Götter besiegen die Krankheiten (Holzschnitt): Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Die Arzneien sind als Samurai in japanischer Kriegskleidung gehalten, die Krankheiten haben das Aussehen der von ihnen befallenen Patienten. Eine der Krankheiten, die gerade von eine Lanze durchbohrt wird, ist ''kakuran'' 撹乱, eine Durchfallerkrankung ähnlich der Cholera. Im achten Monat 1858 brach in Nagasaki eine verheerende Choleraepidemie aus und das Bild ist (laut Zensurstempel) auf genau diesen Monat datiert, doch war die Cholera damals in Japan durchwegs als ''korori'' bekannt. Ob die Epidemie den Anlass für das Bild darstellt, lässt sich also nicht eindeutig beantworten. | |
Unter den anderen Krankheiten lässt sich Wassersucht (水腫) oder die Ascaris-Pneumonie (Löffler-Syndrom, durch Spulwürmer ausgelöst) erkennen. | Unter den anderen Krankheiten lässt sich Wassersucht (水腫) oder die Ascaris-Pneumonie (Löffler-Syndrom, durch Spulwürmer ausgelöst) erkennen. | ||
− | Die kämpfenden „Helden“ haben keine Gesichter, aber auf ihren Köpfen sind ihre Namen entsprechend ihrer Herkunft entweder in Kanji oder in Katakana vermerkt. So ist auf dem Kopf des Lanzenträgers der Name „Hofuman“ geschrieben. Manche Quellen nehmen an, dies könnte sich auf den Militärarzt Theodor Eduard Hoffmann | + | Die kämpfenden „Helden“ haben keine Gesichter, aber auf ihren Köpfen sind ihre Namen entsprechend ihrer Herkunft entweder in Kanji oder in Katakana vermerkt. So ist auf dem Kopf des Lanzenträgers der Name „Hofuman“ geschrieben. Manche Quellen nehmen an, dies könnte sich auf den Militärarzt Theodor Eduard Hoffmann (1837–1894) beziehen, der zwischen 1871 und 75 in Japan weilte und hier am Aufbau einer Medizin nach westlichem Muster beteiligt war,<ref>[http://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Eduard_Hoffmann Wikipedia]</ref> doch das Bild stammt (wie angemerkt) sicher aus 1858. Es ist daher anzunehmen, dass damit „Hoffmannstropfen“ (auch ''Liquor anodynus'') gemeint sind, die auf den Hallenser Professor Friedrich Hoffmann (1660–1742) zurück gehen.<ref>Herzlichen Dank an Prof. Emer. Wolfgang Michel für diesen Hinweis.</ref> Auf dem Kopf neben Hoffmann steht ''semen'' セメン, kurz für ''semen cinae'' (Cinasamen, Artemisia cina oder [http://de.wikipedia.org/wiki/Wurmsamen Wurmsamen]), eine Pflanze die Santonin enthält, aus dem man ein Medikament gegen Spulwürmer herstellen kann. Weitere Arzneien sind der chinesische Arzneirhabarber (大黄)<ref>[http://en.wikipedia.org/wiki/Rheum_officinale Wikipedia]</ref> und Weinstein (吐酒石)<ref> [http://de.wikipedia.org/wiki/Weinstein Wikipedia]</ref>, welcher als Verdauungshilfe verwendet wurde. |
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− | Im Hintergrund sieht man Gottheiten, die die Arzneien bei ihrem Kampf unterstützen. Die Gruppe besteht aus: | + | Im Hintergrund sieht man Gottheiten, die die Arzneien bei ihrem Kampf unterstützen. Die Gruppe besteht von links nach rechts aus: |
− | *[[Gozu Tennō]] | + | |
− | * [[Hachiman]] ( | + | *[[Gozu Tennō]]<ref>Tennō hier unüblicherweise mit den Zeichen für den Kaiser 天皇 statt für „Himmelskönig“ 天王 geschrieben</ref> (ein alias von [[Susanoo]]), der die Götter anführt. Gozu wird vor allem im [[Gion Matsuri|Gion Schrein]] in Kyōto verehrt und galt allgemein als Befehlshaber der Seuchengöttern ''[[ekijin]]'' 疫神. |
+ | * Kanda Daimyōjin 神田大明神 (der „Hausgott“ von Edo) | ||
+ | * Hikawa Daimyōjin 氷川大明神 | ||
+ | * Sannō Daigongen 山王大権現 (Schutzgott des Tendai Buddhismus) | ||
+ | * Konpira Daigongen 金毘羅大権現<ref>Der Namen geht auf die indischen Gottheit Kumbhīra zurück. In Japan entwickelten sich verschiedene Formen des Kultes, darunter der Glaube, dass Konpira vor Krankheiten schützte.</ref> | ||
+ | * [[Amaterasu]], hier Tenshō Kōtai Jingū Oharai 天照皇大神宮御祓. | ||
+ | * [[Hachiman]] (hier Shōhachimangū 正八幡宮) | ||
+ | * Suitengū 水天宮, ein populärer Schrein in Edo | ||
* [[Inari]] (Inari Daimyōjin 稲荷大明神) | * [[Inari]] (Inari Daimyōjin 稲荷大明神) | ||
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− | + | Besonders erstaunlich ist, dass die kaiserliche Ahnengottheit als Talisman (''ofuda'') mit dem Zusatz ''O-harai'' (eine shintōistische Reinigungszeremonie) dargestellt wird. Möglicherweise aus Pietät wurde Amaterasu also nicht figürlich dargestellt, auf ihren Schutz wollte der Künstler aber nicht ganz verzichten. | |
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==Verwandte Motive== | ==Verwandte Motive== |
Version vom 26. März 2021, 12:33 Uhr
Thema und Entstehungszeit
Das Bild stammt aus 1858, als westliche Mächte immer mehr Einfluss auf das Geschehen in Japan nahmen und sowohl mit Krankheiten als auch mit ihrer Heilung in Verbindung gebracht wurden. Der japanische Titel lautet Shoshin no kago ni yorite ryōyaku akubyōo taiji su 諸神の加護によりて良薬悪病を退治す und ist auf der oberen linken Seite in einer Art Schriftrolle mit furigana abgedruckt. Eine mögliche Übersetzung wäre: „Mithilfe der Götter besiegen gute Arzneien böse Krankheiten“. Das Wort kago 加護 lässt sich als „Schutz der Götter“ oder „göttlicher Beistand“ übersetzen, wobei Schutz oder Gnade sowohl von einheimischen Kami als auch von buddhistischen Wesenheiten ausgehen können.
Bildinhalt
Das Bild besteht aus zwei vertikalen Einzelblättern, ist aber inhaltlich horizontal geteilt, wobei der obere Teil kami, die Sonne über Japan und den Titel wiedergibt. Im unteren Teil wird eine Schlacht gezeigt, in der Krankheiten von Arzneien bekämpft werden.
Krankheiten und Arzneien
Die Arzneien sind als Samurai in japanischer Kriegskleidung gehalten, die Krankheiten haben das Aussehen der von ihnen befallenen Patienten. Eine der Krankheiten, die gerade von eine Lanze durchbohrt wird, ist kakuran 撹乱, eine Durchfallerkrankung ähnlich der Cholera. Im achten Monat 1858 brach in Nagasaki eine verheerende Choleraepidemie aus und das Bild ist (laut Zensurstempel) auf genau diesen Monat datiert, doch war die Cholera damals in Japan durchwegs als korori bekannt. Ob die Epidemie den Anlass für das Bild darstellt, lässt sich also nicht eindeutig beantworten. Unter den anderen Krankheiten lässt sich Wassersucht (水腫) oder die Ascaris-Pneumonie (Löffler-Syndrom, durch Spulwürmer ausgelöst) erkennen.
Die kämpfenden „Helden“ haben keine Gesichter, aber auf ihren Köpfen sind ihre Namen entsprechend ihrer Herkunft entweder in Kanji oder in Katakana vermerkt. So ist auf dem Kopf des Lanzenträgers der Name „Hofuman“ geschrieben. Manche Quellen nehmen an, dies könnte sich auf den Militärarzt Theodor Eduard Hoffmann (1837–1894) beziehen, der zwischen 1871 und 75 in Japan weilte und hier am Aufbau einer Medizin nach westlichem Muster beteiligt war,[1] doch das Bild stammt (wie angemerkt) sicher aus 1858. Es ist daher anzunehmen, dass damit „Hoffmannstropfen“ (auch Liquor anodynus) gemeint sind, die auf den Hallenser Professor Friedrich Hoffmann (1660–1742) zurück gehen.[2] Auf dem Kopf neben Hoffmann steht semen セメン, kurz für semen cinae (Cinasamen, Artemisia cina oder Wurmsamen), eine Pflanze die Santonin enthält, aus dem man ein Medikament gegen Spulwürmer herstellen kann. Weitere Arzneien sind der chinesische Arzneirhabarber (大黄)[3] und Weinstein (吐酒石)[4], welcher als Verdauungshilfe verwendet wurde.
Gottheiten
Im Hintergrund sieht man Gottheiten, die die Arzneien bei ihrem Kampf unterstützen. Die Gruppe besteht von links nach rechts aus:
- Gozu Tennō[5] (ein alias von Susanoo), der die Götter anführt. Gozu wird vor allem im Gion Schrein in Kyōto verehrt und galt allgemein als Befehlshaber der Seuchengöttern ekijin 疫神.
- Kanda Daimyōjin 神田大明神 (der „Hausgott“ von Edo)
- Hikawa Daimyōjin 氷川大明神
- Sannō Daigongen 山王大権現 (Schutzgott des Tendai Buddhismus)
- Konpira Daigongen 金毘羅大権現[6]
- Amaterasu, hier Tenshō Kōtai Jingū Oharai 天照皇大神宮御祓.
- Hachiman (hier Shōhachimangū 正八幡宮)
- Suitengū 水天宮, ein populärer Schrein in Edo
- Inari (Inari Daimyōjin 稲荷大明神)
Besonders erstaunlich ist, dass die kaiserliche Ahnengottheit als Talisman (ofuda) mit dem Zusatz O-harai (eine shintōistische Reinigungszeremonie) dargestellt wird. Möglicherweise aus Pietät wurde Amaterasu also nicht figürlich dargestellt, auf ihren Schutz wollte der Künstler aber nicht ganz verzichten.
Verwandte Motive
Anmerkungen
- ↑ Wikipedia
- ↑ Herzlichen Dank an Prof. Emer. Wolfgang Michel für diesen Hinweis.
- ↑ Wikipedia
- ↑ Wikipedia
- ↑ Tennō hier unüblicherweise mit den Zeichen für den Kaiser 天皇 statt für „Himmelskönig“ 天王 geschrieben
- ↑ Der Namen geht auf die indischen Gottheit Kumbhīra zurück. In Japan entwickelten sich verschiedene Formen des Kultes, darunter der Glaube, dass Konpira vor Krankheiten schützte.
Quellen
- UCSF Library’s collection of Japanese woodblock prints (Akademische HP/ Bildarchiv, University of California, San Francisco).
- Ekibyō e no osore 疫病への恐れ (Kusuri no Hakubutsukan)
- Encyclopedia of Shinto (Akademische HP/ Online-Enzyklopädie, Kokugakuin University, Tokyo).
- Konpira
- Sannō,
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