Shinbutsu shūgō

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Als shinbutsu shūgō 神仏習合 bezeichnet man den Prozess der Verschmelzung von dem Kult der lokalen Gottheiten kami und Buddhismus. Ein weitere Bezeichnung ist shinbutsu konkō 神仏混淆.

Shinbutsu shūgō ist ein Begriff der Japanischen Religionswissenschaft, der zum ersten Mal von dem japanischen Forscher Tsuji Zennosuke 辻 善之助, der sich auf das Gebiet der frühen Geschichte des Buddhismus in Japan spezialisiert, eingeführt wurde.

Vier Phasen des shinbutsu shūgō

Shinbutsu shūgō bezeichnet die graduelle Integration und Adoption der vorbuddhistischen Gottheiten der kami 神 in das buddhistische Pantheon, die ungefähr 400 Jahre dauerten (700-1100 n.Chr.). Der Prozess begann mit der neuen Definition von ‚kami als fühlenden Wesen‘, die durch die buddhistische Lehre Versöhnung erreichen können und entwickelte sich zusammen mit dem honji suijaku-Paradigma. Der Prozess der Verschmelzung teilt man in 4 Phasen ein.

Buddhas als fremde Gottheiten (kami)

Buddhismus gelang nach Japan während des 6. Jahrhunderts und setzte sich in dem 7. Jahrhundert als kultisches System der prominenten Klans und des kaiserlichen Hofs durch. Während der ersten Phase des Japanischen Buddhismus wurden Buddhistische Gottheiten und heilige Figuren als adashikuni no kami 蕃神, fremde kami, verehrt. Der Unterschied zwischen Japanischen kami 神 und den adoptierten Gottheiten des Buddhistischen Pantheons lag nur in dem Ursprung und der Art, in der sie rituell verehrt wurden. Buddhas und Boddhisatvas verhielten sich genau wie die Japanischen kami. Man glaubte, dass sie Krankheiten verursachten, wenn man sie ärgerte, und dass sie die Klanfamilie, die in ihrer Name Rituale durchführte, beschützen vermochten.

Viele kami wurden in heiligen Wäldern oder am Fuße eines heiligen Bergs, wo das Fällen von Bäumen verboten war, verehrt. Weiter sollten Bäume als heilige Behälter der kami funktioniert haben. Dies bekam bald zum Objekt der Auseinandersetzung, da Holz als primäres Baumaterial für das schnell expandierende Yamato Reich und den Bau von buddhistischen Tempeln gebraucht wurde.

In Nihon Shoki gibt es mehrere Geschichten, die von diesen Auseinandersetzungen berichten:

  • Kōtoku Tennō wird es vorgeworfen, dass er die Buddhistische Gottheiten favorisierte als er Bäume an heiligen Orten, wo kami verehrt wurden, fällen ließ und sie als Baumaterial für buddhistische Tempeln benutzte. (ASTON 1972:195)
  • Saimei Tennō sollte Bäume aus der Umgebung des Asakura Schreins 朝倉神社 im Nordkyūshū zum Bau ihrer temporären Residenz während des Feldzuges gegen Silla genutzt haben, was die kami wütend machte. Kurz danach wurde die Residenz durch Brand zerstört und die Dienerschaft zusammen mit Saimei Tennō erkranken und sterben. (ASTON 1972:271)
  • Eine andere Geschichte berichtet über Kudara no Ōdera 百済大寺 Tempel, der wegen der Feindlichkeit der lokalen kami umverlegt sein musste. Der Tempel, der ursprünlich von Shōtoku Taishi gebaut wurde, sollte nachdem er nach Tochi verzogen wurde, die kami des benachbarten Kobe Schreins provoziert haben und es gab eine Anzahl von Brandfällen in der Umgebung bis Tenmu Tennō die Verlegung des Tempels nach Takechi 高市 initiierte. Der Tempel wurde in Takechi no Ōdera 高市大寺 umgenannt. (TEEUWEN und RAMBELLI 2003:8)

kami als fühlende Wesen (Bekehrung der kami)

Der Kehi jingū 気比神宮 Tempel

Die ersten Anzeichen der Verschmelzung von schintoistischen und buddhistischen Tradition erschienen am Ende des 7. Jahrhunderts und nahmen eine Konkrete Form von Schrein-Tempeln Jingūji 神宮寺 an. Diese Tempeln tera 寺 wurde in der Umgebung von schintoistischen Schreinen jinja 神社 gebaut, um die dort „angesiedelten“ kami durch die buddhistischen Rituale aufzuklären. (TEEUWEN und RAMBELLI 2003:9)

Die ersten Schrein-Tempel wurden gebaut, um die wegen der karmischen Vergeltung myōhō 冥報 als kami geborene Wesen durch buddhistische Rituale von ihrem Leid befreien. (Enzyklopädie des Shintō)

Über den wahrscheinlich ersten Schrein-Tempel Mitanidera 三谷寺 wird in der Erzählung I-07 in Nihon ryōiki berichtet. Laut der Erzählung I-07 hatte ein Nachkomme des Gouverneurs (dairyō 大領) in dem Bezik Mitani der Bingo Provinz (heutige Präfektur Hiroshima) einen Tempel für die Gottheiten der kami mit dem Namen Mitanidera 三谷寺 errichten lassen um ein Versprechen, das während einer Reise nach Baekje zur Zeit der Regierung des Saimei Tennōs ( 665-661 n.Chr.) gemacht wurde zu erfüllen.

Laut der schriftlichen Quellen hat man im Laufe des 8.-9. Jahrhunderts mindestens 20 weitere Schrein-Tempel jingūji 神宮寺 gebaut. Diese befanden sich meistens in der Nachbarschaft von prominenten lokalen Schreinen an der Peripherie des Yamato Reiches gebaut. Meistens wurden die Schrein-Tempel von lokalen Klanführern gebaut und nach ihrer Errichtung von asketischen Mönchen übernommen. Dieser Entwicklung vorkamen die Transformation der lokalen Gottheiten der kami in Menschen-ähnliche Ahnen der patrilinearen Sitten (Klans) und die Verbreitung von asketischen Praktiken als ein Teil der Buddhistischen Übungen. (TEEUWEN und RAMBELLI 2003:9)

kami als Dharma-Beschützer

Hachiman als Bodhisattva

Als weitere Phase des shinbutsu shūgō werden die neuen Charakteristika des dharma-Beschützers, die den kami zugeschrieben wurden, bezeichnet. Das beste Beispiel dieser Phase der Verschmelzung von Shintoismus und Buddhismus ist der Kult des Hachimans. Zentrum dieses Kults war der nordöstlicher Teil von Kyūshū, wo der Buddhismus sehr früh angelangte. Mehrere Schrein-Tempeln (Jingūji) entstanden hier bereits in dem 7. Jahrhundert, die im Jahre 725 als ein Schrein-Tempel unter dem Namen Mirokuji 弥勒寺 konsolidiert wurden. (TEEUWEN und RAMBELLI 2003:13)

Unter den Ritualen, die man in diesen Schrein-Tempeln ausführte war auch der Ritual Hōjō-e. Das Hōjō-e 放生会 ist eine Zeremonie, bei der gefangene Tiere in feierlichem Rahmen freigelassen werden. Zum ersten Mal gab es eine Freilassungszeremonie im Usa Hachiman-Gū 宇佐神宮 in Kyūshū im Jahr 745. Von dort aus verbreitete es sich zum Iwashimizu Hachiman-Gū 岩清水八幡宮 und später in ganz Japan. Die Usa Hachiman Version des Rituals der Freilassung ist unüblich, denn hier verschmelzen buddhistische Elemente (der ursprüngliche Gedanke der Freilassungszeremonie) und shintoistische Elementen (Chinkonsai-Ritual).

War Hachiman vor dem Bau des Tōdai-ji 東大寺 (um 728 erbaut unter Shomū-tennō) eine noch auf die Insel Kyūshū beschränkte Lokalgottheit, fiel er während der Errichtung des großen Buddhas des Tempel das erste Mal ins Interesse der kaiserlichen Familie. Welche Rolle der Gott beim Bau der Statue des Buddhas Vairocana gespielt haben soll, ist unklar. Laut Ross Bender vermutet Nakano Hatayoshi jedoch, dass Hachiman für die Entdeckung des Goldes verantwortlich sei, mit welchem die Statue überzogen wurde. Als gesichert gilt jedoch, dass der Usa Hachiman-Gū 宇佐神宮 wohl einer der größten finanziellen Unterstützer dieses ehrgeizigen Projektes war. Nach der erfolgreichen Errichtung der Statue wurde Hachiman Dank für sein Zutun ausgesprochen und bekam zusätzlich den höchsten göttlichen Rang des Kaiserhofes zugesprochen. Ihm wurde auch ein Schrein als Schutzgottheit des Vairocana im Tōdai-ji errichtet. In den Jahren zwischen 765 und 781 wurde Hachiman als erstem kami der buddhistische Titel eines Großen Bodhisattvas (jap.: 大菩薩 Daibosatsu) verliehen. (Hachiman-no-pedia)

Der Hachiman-Kult zeigt deutlich, dass die Verschmelzung von Shintoismus und Buddhismus viel mehr voranrückte als man anhand der Schrein-Tempeln beobachten konnte. Die Schrein-Tempel wurden gebaut, um die wegen der karmischen Vergeltung myōhō 冥報 als kami geborene Wesen durch buddhistische Rituale von ihrem Leid befreien. Im Gegensatz dazu, ist die Funktion des Hachimans, die des Dharma-Beschützers. Dieser unterschiedliche Charakter des Hachimans wird auch an den Ritualen sichtbar, die man in den Schreinen, wo der Hachiman verehrt wurde, praktizierte. Im Gegensatz zu den Schrein-Tempeln, wo die Zeremonien von den buddhistischen Mönchen ausgeführt wurden, wurden die Sutren in den Schreinen von Hachiman von Priesterinnen für die kami rezitiert.

Der Hachiman-Kult unterschied sich radikal von der ursprünglichen Verehrung der kami. Die Präsenz der jeweiligen Gottheit wurde nicht durch einen Träger in Form von Stein, Baum u.a. gegeben. Die Objekte der Verehrung in den Schreinen wurden nun ähnlich wie in den buddhistischen Tempeln die Statuen und Abbildungen der Gottheit Hachiman. Der Hachiman wurde oft auch als buddhistischer Mönch abgebildet.

Zum Beginn des 9. Jahrhunderts wurden die Schreine dieses Dharma-Beschützers bei den großen Tempeln, wie Tōdai-ji 東大寺, Yakushi-ji 薬師寺, Tōji 東寺, and Daianji 大安寺 errichtet. Hachiman zusammen mit den traditionellen buddhistischen Schutzgottheiten, wie die 4 Deva Könige und 5 Könige der Weisheit, dienten als die Beschützer des Tempels, seiner Umgebung und der Mönchen. Es wurden nicht mehr Tempel bei den Schreinen (Schrein-Tempel) gebaut, sondern es wurden Schreinen in der Umgebung von Tempeln gebaut (Tempel-Schreine).

Der Brauch, dass Mönche den Gottheiten der kami dienen, entstand bereits vor der Errichtung des ersten Tempel-Schreins. Im Jahre 850 entsandte der kaiserliche Hof 70 Mönche, um 70 der bedeutendsten kami Sutren zu rezitieren. Bereits davor, im Jahre 794 bestimmte man 7 Mönche, die den Gottheiten kami von Aso die Sutren vortragen sollten. Weiter wurden am besonderen Tagen, wie der Thronbesteigung eines neunen Kaisers, buddhistischen Reliquien, Abbildungen und Schriftrollen den prominenten Schreinen geschenkt. (TEEUWEN und RAMBELLI 2003: 14–15)

kami als Manifestationen von Buddhas und Bodhisattvas

Buddhas und Kami des Hie Schreins

Auch wenn die Beförderung einzelner kami in den Rang bud­dhis­tischer Schutz­götter aus bud­dhis­tischer Sicht eine Auf­wer­tung be­deu­tete, gab es wohl weiterhin das Be­dürf­nis gläubiger japanischer Bud­dhisten der Heian-Zeit, ihre kami mit Bodhisattvas und Buddhas auf die gleiche Stufe zu stellen. Aus diesem Be­dürf­nis ent­wickelte sich all­mählich eine weitere Inter­pre­tation, die so­ge­nannte honji suijaku 垂迹 Konzep­tion. Laut dieser Konzep­tion sind gewisse kami im Grunde Buddhas oder Bodhisattvas, die sich aus Grün­den der Bekeh­rung vor­über­gehend in kami-Gestalt manifes­tieren.

Hon („Original“) und jaku („Abbild“, „Spur“) sind in der Tendai Philo­sophie ge­bräuch­liche Termini, um die absolute Wahr­heit von ihrer histo­rischen Er­scheinungs­form (z.B. den absoluten Dharma von den Lehren des histo­rischen Buddhas) zu unter­scheiden. Die Tendai Lehre unter­scheidet bei­spiels­weise zwischen der „originalen Lehre“ und der „abgebil­deten Lehre“. Diese Dicho­tomie wird nun in Japan auch auf die Gott­heiten über­tragen (was in China nicht geschah). Früheste Er­klä­rungen dieser Art ent­stam­men — kein Wunder — der Tendai Schule: Kami werden als „Spuren des Höchsten Buddha“ be­zeich­net, wo­raus sich der technische Terminus suijaku (wtl. „herab­gelas­sene Spur“) ent­wickelt. Ein weiterer Begriff in diesem Zu­sam­men­hang ist der kami-Titel gongen 権現 , was soviel wie pro­viso­rische oder vor­läufige Er­schei­nung bedeutet. Ein gongen ist also die vor­läufige oder pro­viso­rische Erscheinungsform eines Buddhas oder Bodhisattvas in der Ge­stalt eines kami. Zum Beispiel die Gott­heit des Hie Sannō Schreins wird als eine der ersten als Sannō gongen 山王権現 bezeichnet.

Eine analoge Erklärung für die Tatsache, dass Buddhas nicht in ihrer un­mittel­baren Gestalt in Er­schei­nung treten, ent­wickelte sich aus der poetischen (letztlich von Laotse entlehn­ten) Metapher vom „gedämpften Licht, das sich dem Staub an­gleicht“ wakō dōjin 和光同塵 (= Angleichung der Buddhas an die kami). Gemäß dieser Vor­stel­lung ist das Licht der Buddhas so hell, dass es die ge­wöhn­lichen Sterb­lichen nicht schauen können. Um aber dennoch mit den Sterb­lichen kom­muni­zieren zu können, hätten Buddhas und Bodhisattvas ihr Licht gedämpft und es „dem Staub der Erde ange­glichen“ und das Ergeb­nis sei die Er­schei­nungs­form der kami gewesen. Dies ist eine gängige Alter­native zur eigent­lichen honji-suijaku Metapher, welche die kami als sichtbare „Spur“ begreift, die die Buddhas auf Erden hinter­lassen haben. (Religion in Japan)

Die erste Erwähnung von suijaku in Referenz zu kami wurde in einem Dokument, das im Jahre 937 in Daizafu (Nordkyūshū) ausgestellt wurde und den Bau einer Pagode in dem Schrein-Tempel Hakozaki Hachimangū 筥崎八幡宮史 betraf, gemacht. In der Pagode sollte eine Sammlung von Sutren aufbewahrt werde, die ursprünglich für den Tempel Miroku-ji (Usa) vorgesehen war. Das Dokument argumentiert, dass trotzdem die Schreine in Hakozaki und Usa an verschiedenen Orten stehen, die dort verehrte gogen, Boddhisattva oder suijaku Hachiman identisch ist. (TEEUWEN und RAMBELLI 2003:16-17)

Im zehnten und elften Jahrhun­dert finden sich Beispiele für die ganz konkrete Über­ein­stim­mung bestimmter Buddhas oder Bodhisattvas mit be­stimmten kami, wie sie für die voll ent­wickelte honji suijaku Konzep­tion typisch sind. Meist findet eine Über­ein­stim­mung der kami mit Kannon, Yakushi, Amida oder Shaka Nyōrai statt. Wie schon in früheren Fällen, grün­den sich diese Über­ein­stim­mungen zu­meist auf Traum­bot­schaf­ten oder Offen­barun­gen be­rühmter Mönche und werden in Schrein- oder Tempel­chroniken engi 縁起 fest­ge­halten. Mit dem Beginn der Kamakura Kamakura 鎌倉 Stadt im Süden der Kantō Ebene, Sitz des Minamoto Shogunats 1185–1333 (= Kamakura-Zeit) festigen sich die kami-Buddha Zuordnun­gen in den meis­ten größeren Schreinen. (Religion in Japan)

Quellen

  • Aston, W. G. (1972), Nihongi. Chronicles of Japan from the Earliest Times to A.D. 697. USA: Tuttle Publishing.
  • Teeuwen, Mark und Fabio Rambelli (2003), „Introduction: combinatory religion and the honji suijaku paradigm in pre-modern Japan“, Mark Teeuwen und Fabio Rambelli (Hg.): Buddhas and kami in Japan. Honji suijaku as a combinatory paradigm. New York: RoutledgeCurzon, 1-53.
  • Religion in Japan
  • Hachiman-no-pedia