Mythen/Verwandlungskuenstler/Kitsune: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Float|bild=kitsune_korin.jpg|class=bild bildtext|width=340|style=margin: 1.5em -2em 1em 2em|caption=Kitsune von Ogata Kōrin (1658-1716)<br /> Bild: [http://www.coyotes.org/kitsune/media.html The Kitsune page] [2010/9] }}
 
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Als Meister der magischen Verwandlung waren und sind Füchse (''kitsune'') ein wichtiger Bestandteil der japanischen [[Mythen:Geister | Geisterwelt]]. Sie können nach Belieben in die Gestalt von Menschen schlüpfen, bzw. in Menschen illusorische Wahrnehmungen erzeugen. Der Fuchs auf der Abbildung rechts bedeckt etwa seinen Kopf mit einem Blatt und vollführt einen magischen Tanz. Es ist dies ein untrügliches Zeichen, dass er im Begriff ist eine andere Gestalt anzunehmen.
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Als Meister der magischen Verwandlung waren und sind Füchse (''kitsune'') ein wichtiger Be·stand·teil der japanischen [[Mythen:Geister | Geisterwelt]]. Sie können nach Be·lieben in die Gestalt von Menschen schlüpfen, bzw. in Menschen illusorische Wahr·nehmungen er·zeugen. Der Fuchs auf der Ab·bildung rechts be·deckt etwa seinen Kopf mit einem Blatt und voll·führt einen magischen Tanz. Es ist dies ein un·trüg·liches Zeichen, dass er im Begriff ist eine andere Gestalt anzunehmen.
  
Die meisten Fuchsbilder auf dieser Seite stammen aus der {{Glossar:Edo}} Zeit. Ihre Beliebtheit verdankt sich der besonderen Vorliebe für das Unheimlich-Mysteriös-Gespenstische in der Edo-zeitlichen Populärkultur. Neben dem wohligen Gruselgefühl, das unheimliche Fuchsgeschichten vermitteln können, wurde und wird die magische Macht der Füchse aber auch durchaus für real gehalten und führte in der Edo-Zeit zu ähnlichen Extremen wie der europäische Hexenglauben: Insbesondere Frauen konnten verfolgt oder verstoßen werden, weil man sie für verwandelte Füchsinnen hielt.
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Die meisten Fuchsbilder auf dieser Seite stammen aus der {{Glossar:Edo}} Zeit. Ihre Beliebt·heit ver·dankt sich der be·sonderen Vor·liebe für das Un·heimlich-Mysteriös-Gespenstische in der Edo-zeitlichen Populär·kultur. Neben dem wohligen Grusel·gefühl, das un·heim·liche Fuchsgeschichten ver·mitteln können, wurde und wird die magische Macht der Füchse aber auch durchaus für real gehalten und führte in der Edo-Zeit zu ähn·lichen Extremen wie der europäische Hexenglauben: Ins·besondere Frauen konnten ver·folgt oder ver·stoßen werden, weil man sie für verwandelte Füchsinnen hielt.
  
 
==Zauberische Fuchsfrauen==
 
==Zauberische Fuchsfrauen==
  
Auch in Geschichten und Legenden verwandeln sich Füchse in Japan vorzugsweise (wenn auch nicht ausschließlich) in schöne Frauen. Solche Fuchsfrau-Legenden tauchen schon im japanischen Alter·tum auf, wurden im Laufe der Zeit immer weiter ausgeschmückt und schließlich in der Edo-Zeit für das Kabuki Theater adaptiert. Die beiden bekanntesten Gestalten sind Kuzunoha, die liebende Mutter und Ehefrau, und Tamamo no Mae, die verruchte Hofdame. Sie stehen einander charakterlich diametral gegenüber und zeigen, dass der Fuchs mit seinen Zauberkräften sowohl positiv als auch negativ in Erscheinung treten kann. Dennoch haben beide Legenden überraschende Parallelen: In beiden Fällen kann die Fuchsfrau nicht lange in der Gesellschaft der Menschen verbleiben und verwandelt sich schlussendlich in einen Stein. Außerdem tauchen in beiden Legenden Mitglieder der Familie Abe auf. Diese waren in der {{Glossar:Heian}} Zeit die führenden [[Texte:Yin_und_Yang | Yin Yang]] Meister bei Hof und galten als solche — ebenso wie die Füchse selbst — als Meister der Magie.
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Auch in Geschichten und Legenden verwandeln sich Füchse in Japan vor·zugs·weise (wenn auch nicht aus·schließ·lich) in schöne Frauen. Solche Fuchsfrau-Legenden tauchen schon im japanischen Alter·tum auf, wurden im Laufe der Zeit immer weiter aus·ge·schmückt und schließ·lich in der Edo-Zeit für das Kabuki Theater adaptiert. Die beiden be·kanntesten Gestalten sind Kuzunoha, die liebende Mutter und Ehefrau, und Tamamo no Mae, die ver·ruchte Hofdame. Sie stehen ein·ander charakterlich diametral gegen·über und zeigen, dass der Fuchs mit seinen Zauber·kräften sowohl positiv als auch negativ in Er·scheinung treten kann. Den·noch haben beide Legenden über·raschende Parallelen: In beiden Fällen kann die Fuchsfrau nicht lange in der Gesell·schaft der Menschen ver·bleiben und ver·wandelt sich schluss·endlich in einen Stein. Außer·dem tauchen in beiden Legenden Mit·glieder der Familie Abe auf. Diese waren in der {{Glossar:Heian}} Zeit die führenden [[Texte:Yin_und_Yang | Yin Yang]] Meister bei Hof und galten als solche — ebenso wie die Füchse selbst — als Meister der Magie.
  
 
===Kuzunoha===
 
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Die Grunderzählung dieser Legende lautet in etwa folgendermaßen:
 
Die Grunderzählung dieser Legende lautet in etwa folgendermaßen:
 
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{{Glossar:Abenoyasuna}}, ein Heian-zeitlicher Höfling, der sich in der Kunst der Magie übt, rettet im Wald von Shinoda (in der Umgebung des heutigen Osaka) einen weißen Fuchs vor einem Jäger. Er verletzt sich dabei, doch es erscheint eine junge Frau namens {{Glossar:Kuzunoha}} (Rankenblatt), die ihn gesund pflegt. Die beiden verlieben sich, heiraten und bekommen einen Sohn. Als dieser fünf Jahre ist, kann Kuzunoha ihre wahre Identität nicht länger verbergen. Sie besucht ein letztes Mal ihr Kind und schreibt ein zu Herzen gehendes Abschiedsgedicht, um schließlich als Füchsin in ihren Wald zurückzukehren. Das Kind des Paares ist {{Glossar:Abenoseimei}} (921?–1005), der in der Folge zum berühmtesten Magier der Heian Zeit heranwächst.
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{{Glossar:Abenoyasuna}}, ein Heian-zeitlicher Höfling, der sich in der Kunst der Magie übt, rettet im Wald von Shinoda (in der Umgebung des heutigen Osaka) einen weißen Fuchs vor einem Jäger. Er ver·letzt sich dabei, doch es erscheint eine junge Frau namens {{Glossar:Kuzunoha}} (Rankenblatt), die ihn gesund pflegt. Die beiden ver·lieben sich, heiraten und be·kommen einen Sohn. Als dieser fünf Jahre ist, kann Kuzunoha ihre wahre Identität nicht länger ver·bergen. Sie besucht ein letztes Mal ihr Kind und schreibt ein zu Herzen gehendes Ab·schieds·gedicht, um schließ·lich als Füchsin in ihren Wald zurück·zu·kehren. Das Kind des Paares ist {{Glossar:Abenoseimei}} (921?–1005), der in der Folge zum be·rühm·testen Magier der Heian Zeit heranwächst.
 
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Diese Geschichte existiert in zahlreichen Varianten. (Die etwas kompliziertere Version des Kabuki-Dramas findet sich etwa bei [http://www.baiten.de/lexikonrec.aspx?id=355 Baiten.de] oder [http://www.kabuki21.com/kuzunoha.php Kabuki 21]. [2007/1]) Das einzige unveränderliche Element ist jeweils das Abschiedsgedicht, das auch auf den meisten Bildern zu finden ist:
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Diese Geschichte existiert in zahlreichen Varianten. (Die etwas kompliziertere Version des Kabuki-Dramas findet sich etwa bei [http://www.baiten.de/lexikonrec.aspx?id=355 Baiten.de] oder [http://www.kabuki21.com/kuzunoha.php Kabuki 21]. [2007/1]) Das einzige un·ver·änder·liche Element ist jeweils das Abschiedsgedicht, das auch auf den meisten Bildern zu finden ist:
 
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恋しくば / 尋ね来て見よ / 和泉なる / 信太の森の / うらみ葛の葉 <br /> Wenn du mich liebst/ so komm und such mich/ in Izumi/<br /> im Wald von Shinoda/ die trauernde Kuzunoha
 
恋しくば / 尋ね来て見よ / 和泉なる / 信太の森の / うらみ葛の葉 <br /> Wenn du mich liebst/ so komm und such mich/ in Izumi/<br /> im Wald von Shinoda/ die trauernde Kuzunoha
 
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Im Stadtgebiet von Osaka, dort wo sich einst der Wald von Shinoda befand, existiert noch heute ein alter Schrein, der Kuzunoha geweiht ist. Natürlich ist es ein [[Bauten:Bekannte_Schreine/Fushimi |  Inari Schrein]]. In ihm wird ein Stein aufbewahrt, in den sich die Füchsin schlussendlich verwandelt haben soll.
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Im Stadtgebiet von Osaka, dort wo sich einst der Wald von Shinoda be·fand, existiert noch heute ein alter Schrein, der Kuzunoha geweiht ist. Natür·lich ist es ein [[Bauten:Bekannte_Schreine/Fushimi |  Inari Schrein]]. In ihm wird ein Stein auf·be·wahrt, in den sich die Füchsin schluss·endlich ver·wandelt haben soll.
  
 
===Tamamo no Mae===
 
===Tamamo no Mae===
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Die Geschichte der {{glossar:Tamamonomae}} spielt ebenfalls in der Heian Zeit und umfasst sogar ein Mitglied  der  Familie Abe, die auch in der Kuzunoha Legende vorkommt. Doch die Rolle der Füchsin ist beinahe spiegelbildlich angelegt:  
 
Die Geschichte der {{glossar:Tamamonomae}} spielt ebenfalls in der Heian Zeit und umfasst sogar ein Mitglied  der  Familie Abe, die auch in der Kuzunoha Legende vorkommt. Doch die Rolle der Füchsin ist beinahe spiegelbildlich angelegt:  
 
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Ein kinderloses Paar zieht ein Waisenmädchen auf, dessen Schönheit und Klugheit so außergewöhnlich sind, dass man selbst in der Hauptstadt davon erfährt. Man ruft sie an den Hof, wo sie den Namen Tamamo no Mae (Hofdame Juwelenseegras) bekommt und alle verblüfft, da sie selbst die kniffligsten Fragen zum Buddhismus beantworten kann. Als einmal in der Dunkelheit helles Licht aus ihrem Körper erstrahlt, wird sie für ein buddhistisches Wesen gehalten. Der Exkaiser Toba (er regierte als sog. Ex- oder Klosterkaiser von 1129-56, während sein Sohn Konoe das Amt des Tenno innehatte) verliebt sich in das Mädchen und macht sie zu seiner Geliebten. Doch bald erkrankt er an einem rätselhaften Leiden, dessen Ursachen sämtlichen Ärzten rätselhaft bleiben. Der Astrologe und Yin-Yang Meister Abe no Yasunari (ein Abkömmling des oben erwähnten Abe no Seimei) erkennt, dass der Exkaiser von Tamamo no Mae verhext wird. Diese sei in Wirklichkeit ein uralter Fuchsgeist mit zwei (in späteren Versionen neun) Schwänzen, ein Feind des Buddhismus, der es darauf abgesehen habe, fromme Herrscher zu Fall zu bringen. Yasunari lässt Tamamo zu Testzwecken selbst ein buddistisches Ritual durchführen, sie aber ist dazu nicht im Stande, zeigt endlich ihre wahre Gestalt und flieht.
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Ein kinderloses Paar zieht ein Waisenmädchen auf, dessen Schön·heit und Klug·heit so außer·ge·wöhn·lich sind, dass man selbst in der Haupt·stadt davon erfährt. Man ruft sie an den Hof, wo sie den Namen Tamamo no Mae (Hofdame Juwelenseegras) be·kommt und alle ver·blüfft, da sie selbst die kniffligsten Fragen zum Buddhismus be·ant·worten kann. Als einmal in der Dunkel·heit helles Licht aus ihrem Körper er·strahlt, wird sie für ein buddhistisches Wesen ge·halten. Der Exkaiser Toba (er regierte als sog. Ex- oder Klosterkaiser von 1129-56, während sein Sohn Konoe das Amt des Tenno innehatte) ver·liebt sich in das Mädchen und macht sie zu seiner Ge·liebten. Doch bald er·krankt er an einem rätsel·haften Leiden, dessen Ursachen sämt·lichen Ärzten rätsel·haft bleiben. Der Astrologe und Yin-Yang Meister Abe no Yasunari (ein Abkömmling des oben er·wähnten Abe no Seimei) er·kennt, dass der Exkaiser von Tamamo no Mae ver·hext wird. Diese sei in Wirk·lich·keit ein uralter Fuchsgeist mit zwei (in späteren Versionen neun) Schwänzen, ein Feind des Buddhismus, der es da·rauf ab·ge·sehen habe, fromme Herr·scher zu Fall zu bringen. Yasunari lässt Tamamo zu Test·zwecken selbst ein buddistisches Ritual durch·führen, sie aber ist dazu nicht im Stande, zeigt end·lich ihre wahre Gestalt und flieht.
  
Nach einer langwierigen Expedition gelingt es schließlich den tapfersten Bogenschützen des Landes, Tamomo an ihrem Heimatort, der Nasuno-Ebene in der heutigen Präfektur Tochigi (nördlich von Tokyo), zur Strecke zu bringen. Von einem Pfeil tödlich getroffen verwandelt sie sich in einen giftigen „Todesstein“ (Sesshōseki), der jeden, der zu nahe kommt, tötet. Erst über zweihundert Jahre später gelingt es einem Zen Mönch namens Gennō (1329-1400), den Fluch der Tamamo no Mae zu bannen.
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Nach einer langwierigen Expedition gelingt es schließlich den tapfersten Bogen·schützen des Landes, Tamomo an ihrem Heimatort, der Nasuno-Ebene in der heutigen Präfektur Tochigi (nördlich von Tokyo), zur Strecke zu bringen. Von einem Pfeil töd·lich ge·troffen ver·wandelt sie sich in einen giftigen „Todesstein“ (Sesshōseki), der jeden, der zu nahe kommt, tötet. Erst über zwei·hundert Jahre später gelingt es einem Zen Mönch namens Gennō (1329-1400), den Fluch der Tamamo no Mae zu bannen.
 
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In einigen Versionen der Legende heißt es, Tamamo hätte bereits in früheren Erscheinungsformen die Kaiser von Indien und China verhext, sofern sie gläubige Buddhisten waren, und den Untergang ganzer Dynastien herbeigeführt. Dieses Motiv findet sich tatsächlich auch in chinesischen Fuchslegenden.
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In einigen Versionen der Legende heißt es, Tamamo hätte bereits in früheren Er·scheinungs·formen die Kaiser von Indien und China ver·hext, sofern sie gläubige Buddhisten waren, und den Unter·gang ganzer Dynastien her·bei·ge·führt. Dieses Motiv findet sich tat·säch·lich auch in chinesischen Fuchslegenden.
  
 
==Weitere Fuchsmotive==
 
==Weitere Fuchsmotive==
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[[Image:kitsune_ojiinari_hiroshige.jpg|link=]]<div> Fuchstreffen zum Neuen Jahr beim Ôji Inari Schrein. <br /> Holzschnitt (Detail) von Andō Hiroshige, 1857.</div></div>
 
[[Image:kitsune_ojiinari_hiroshige.jpg|link=]]<div> Fuchstreffen zum Neuen Jahr beim Ôji Inari Schrein. <br /> Holzschnitt (Detail) von Andō Hiroshige, 1857.</div></div>
  
Neben konkreten Geschichten illustrieren Edo-zeitliche Fuchsbilder auch allgemeine Vorstellungen über die Zauberkraft der Füchse. Auf der Abbildung oben sind bei genauer Betrachtung Lichter über den einzelnen Füchsen zu erkennen, sog. „Fuchslichter“, die nach volkstümlichen Vorstellungen die Seelen von Versorbenen sein könnten. Außerdem fällt in den folgenden Bildern auf, dass Füchse oft im Gewand von buddhistischen Mönchen und Nonnen dargestellt wurden.
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Neben konkreten Geschichten illustrieren Edo-zeitliche Fuchsbilder auch all·ge·meine Vor·stel·lungen über die Zauberkraft der Füchse. Auf der Ab·bildung oben sind bei genauer Be·trach·tung Lichter über den einzelnen Füchsen zu er·kennen, sog. „Fuchslichter“, die nach volks·tüm·lichen Vor·stel·lungen die Seelen von Ver·storbenen sein könnten. Außer·dem fällt in den folgenden Bildern auf, dass Füchse oft im Gewand von buddhistischen Mönchen und Nonnen dar·ge·stellt wurden.
 
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Version vom 27. September 2010, 09:59 Uhr

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Verwandlungskünste der Füchse

Kitsune koson.jpg
Kitsune von Ogata Kōrin (1658-1716)
Bild: The Kitsune page [2010/9]

Als Meister der magischen Verwandlung waren und sind Füchse (kitsune) ein wichtiger Be·stand·teil der japanischen Geisterwelt. Sie können nach Be·lieben in die Gestalt von Menschen schlüpfen, bzw. in Menschen illusorische Wahr·nehmungen er·zeugen. Der Fuchs auf der Ab·bildung rechts be·deckt etwa seinen Kopf mit einem Blatt und voll·führt einen magischen Tanz. Es ist dies ein un·trüg·liches Zeichen, dass er im Begriff ist eine andere Gestalt anzunehmen.

Die meisten Fuchsbilder auf dieser Seite stammen aus der

Edo 江戸 (jap.)

Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);

Ort, Epoche

Der Begriff „Edo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Oda Nobunaga.jpg
  • Morokoshi kinmozui schlange.jpg
  • Asakusa jinja2.jpg
  • Koi hiroshige.jpg
  • Morokoshi kinmozui pferd.jpg
  • Tokugawa koyasan.jpg
  • Emaden3.jpg
  • Morokoshi kinmozui ochse.jpg
  • Morokoshi kinmozui tiger.jpg
  • Kaika no daruma.jpg
  • Dainihonshi.jpg
  • Mito komon.jpg
  • Asakusa nakamise.jpg
  • Morokoshi kinmozui hund.jpg
  • Junigu butsuzozui.jpg
  • Morokoshi kinmozui affe.jpg
  • Nikko karamon.jpg
  • Morokoshi kinmozui drache.jpg
  • Morokoshi kinmozui ziege.jpg
  • Drachen hakozaki engi.jpg
  • Morokoshi kinmozui hase.jpg
  • Kitsune ojiinari hiroshige.jpg
  • Morokoshi kinmozui ratte.jpg
  • Geisha-daruma.jpg
  • Daruma togetsu.jpg
  • Deshima 1790.jpg
  • Onna daruma.jpg
  • Wagojin hokusai.jpg
  • Morokoshi kinmozui hahn.jpg
  • Morokoshi kinmozui eber.jpg
  • Namazu ken.jpg
  • Gangoji engi 2.jpg

Geographische Lage

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Geographische Lage von Edo; s.a. Geo-Glossar
Zeit. Ihre Beliebt·heit ver·dankt sich der be·sonderen Vor·liebe für das Un·heimlich-Mysteriös-Gespenstische in der Edo-zeitlichen Populär·kultur. Neben dem wohligen Grusel·gefühl, das un·heim·liche Fuchsgeschichten ver·mitteln können, wurde und wird die magische Macht der Füchse aber auch durchaus für real gehalten und führte in der Edo-Zeit zu ähn·lichen Extremen wie der europäische Hexenglauben: Ins·besondere Frauen konnten ver·folgt oder ver·stoßen werden, weil man sie für verwandelte Füchsinnen hielt.

Zauberische Fuchsfrauen

Auch in Geschichten und Legenden verwandeln sich Füchse in Japan vor·zugs·weise (wenn auch nicht aus·schließ·lich) in schöne Frauen. Solche Fuchsfrau-Legenden tauchen schon im japanischen Alter·tum auf, wurden im Laufe der Zeit immer weiter aus·ge·schmückt und schließ·lich in der Edo-Zeit für das Kabuki Theater adaptiert. Die beiden be·kanntesten Gestalten sind Kuzunoha, die liebende Mutter und Ehefrau, und Tamamo no Mae, die ver·ruchte Hofdame. Sie stehen ein·ander charakterlich diametral gegen·über und zeigen, dass der Fuchs mit seinen Zauber·kräften sowohl positiv als auch negativ in Er·scheinung treten kann. Den·noch haben beide Legenden über·raschende Parallelen: In beiden Fällen kann die Fuchsfrau nicht lange in der Gesell·schaft der Menschen ver·bleiben und ver·wandelt sich schluss·endlich in einen Stein. Außer·dem tauchen in beiden Legenden Mit·glieder der Familie Abe auf. Diese waren in der

Heian 平安 (jap.)

auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)

Ort, Epoche

Der Begriff „Heian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Chojugiga.jpg
  • Sayohime 1.jpg
  • Froesche.jpg
  • 10hahn.jpg
  • Amaterasu gakutei.jpg
  • Komainu toji.jpg
  • 04hase.jpg

Geographische Lage

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Geographische Lage von Heian; s.a. Geo-Glossar
Zeit die führenden  Yin Yang Meister bei Hof und galten als solche — ebenso wie die Füchse selbst — als Meister der Magie.

Kuzunoha

Die Grunderzählung dieser Legende lautet in etwa folgendermaßen:

Abe no Yasuna 安部保名 (jap.)

Heian-zeitlicher Höfling und angebl. Vater des Abe no Seimei

Der Begriff „Abe no Yasuna“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Kuzunoha kuniyoshi2.jpg
, ein Heian-zeitlicher Höfling, der sich in der Kunst der Magie übt, rettet im Wald von Shinoda (in der Umgebung des heutigen Osaka) einen weißen Fuchs vor einem Jäger. Er ver·letzt sich dabei, doch es erscheint eine junge Frau namens
Kuzunoha 葛の葉 (jap.)

Fuchsgeist in Frauengestalt, wtl. „Rankenblatt“; angebl. Mutter des Magiers Abe no Seimei

Der Begriff „Kuzunoha“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Seimei.jpg
  • Kuzunohana.jpg
  • Kuzunoha hiroshige.jpg
  • Kuzunoha kuniyoshi.jpg
  • Kuzunoha toyokuni.jpg
  • Kuzunoha yoshitoshi.jpg
  • Kuzunoha kuniyoshi2.jpg
(Rankenblatt), die ihn gesund pflegt. Die beiden ver·lieben sich, heiraten und be·kommen einen Sohn. Als dieser fünf Jahre ist, kann Kuzunoha ihre wahre Identität nicht länger ver·bergen. Sie besucht ein letztes Mal ihr Kind und schreibt ein zu Herzen gehendes Ab·schieds·gedicht, um schließ·lich als Füchsin in ihren Wald zurück·zu·kehren. Das Kind des Paares ist
Abe no Seimei 安部清明 (jap.)

921?–1005; Yin Yang-Meister des 10. Jh.s

Gelehrte Person

Der Begriff „Abe no Seimei“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Seimei.jpg
  • Fudo engi.jpg
(921?–1005), der in der Folge zum be·rühm·testen Magier der Heian Zeit heranwächst.

Diese Geschichte existiert in zahlreichen Varianten. (Die etwas kompliziertere Version des Kabuki-Dramas findet sich etwa bei Baiten.de oder Kabuki 21. [2007/1]) Das einzige un·ver·änder·liche Element ist jeweils das Abschiedsgedicht, das auch auf den meisten Bildern zu finden ist:

恋しくば / 尋ね来て見よ / 和泉なる / 信太の森の / うらみ葛の葉
Wenn du mich liebst/ so komm und such mich/ in Izumi/
im Wald von Shinoda/ die trauernde Kuzunoha

Im Stadtgebiet von Osaka, dort wo sich einst der Wald von Shinoda be·fand, existiert noch heute ein alter Schrein, der Kuzunoha geweiht ist. Natür·lich ist es ein Inari Schrein. In ihm wird ein Stein auf·be·wahrt, in den sich die Füchsin schluss·endlich ver·wandelt haben soll.

Tamamo no Mae

Vorlage:Galerie2

Die Geschichte der

Tamamo no Mae 玉藻の前 (jap.)

legendäre Hofdame und Kurtisane des Toba Tennō; Fuchsgeist

Der Begriff „Tamamo no Mae“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Tamamo toyokuni3.jpg
  • Tamamo hokusai.jpg
  • Tamamo kuniyoshi.jpg
  • Tamamo kaibutsugahon.jpg
  • Kayo fujin.jpg
  • Tamamo chikanobu.jpg
  • Tamamo kuniyoshi3.jpg
  • Tamamo kuniyoshi2.jpg
  • Tamamo yoshiiku1864.jpg
spielt ebenfalls in der Heian Zeit und umfasst sogar ein Mitglied  der  Familie Abe, die auch in der Kuzunoha Legende vorkommt. Doch die Rolle der Füchsin ist beinahe spiegelbildlich angelegt: 

Ein kinderloses Paar zieht ein Waisenmädchen auf, dessen Schön·heit und Klug·heit so außer·ge·wöhn·lich sind, dass man selbst in der Haupt·stadt davon erfährt. Man ruft sie an den Hof, wo sie den Namen Tamamo no Mae (Hofdame Juwelenseegras) be·kommt und alle ver·blüfft, da sie selbst die kniffligsten Fragen zum Buddhismus be·ant·worten kann. Als einmal in der Dunkel·heit helles Licht aus ihrem Körper er·strahlt, wird sie für ein buddhistisches Wesen ge·halten. Der Exkaiser Toba (er regierte als sog. Ex- oder Klosterkaiser von 1129-56, während sein Sohn Konoe das Amt des Tenno innehatte) ver·liebt sich in das Mädchen und macht sie zu seiner Ge·liebten. Doch bald er·krankt er an einem rätsel·haften Leiden, dessen Ursachen sämt·lichen Ärzten rätsel·haft bleiben. Der Astrologe und Yin-Yang Meister Abe no Yasunari (ein Abkömmling des oben er·wähnten Abe no Seimei) er·kennt, dass der Exkaiser von Tamamo no Mae ver·hext wird. Diese sei in Wirk·lich·keit ein uralter Fuchsgeist mit zwei (in späteren Versionen neun) Schwänzen, ein Feind des Buddhismus, der es da·rauf ab·ge·sehen habe, fromme Herr·scher zu Fall zu bringen. Yasunari lässt Tamamo zu Test·zwecken selbst ein buddistisches Ritual durch·führen, sie aber ist dazu nicht im Stande, zeigt end·lich ihre wahre Gestalt und flieht.

Nach einer langwierigen Expedition gelingt es schließlich den tapfersten Bogen·schützen des Landes, Tamomo an ihrem Heimatort, der Nasuno-Ebene in der heutigen Präfektur Tochigi (nördlich von Tokyo), zur Strecke zu bringen. Von einem Pfeil töd·lich ge·troffen ver·wandelt sie sich in einen giftigen „Todesstein“ (Sesshōseki), der jeden, der zu nahe kommt, tötet. Erst über zwei·hundert Jahre später gelingt es einem Zen Mönch namens Gennō (1329-1400), den Fluch der Tamamo no Mae zu bannen.

In einigen Versionen der Legende heißt es, Tamamo hätte bereits in früheren Er·scheinungs·formen die Kaiser von Indien und China ver·hext, sofern sie gläubige Buddhisten waren, und den Unter·gang ganzer Dynastien her·bei·ge·führt. Dieses Motiv findet sich tat·säch·lich auch in chinesischen Fuchslegenden.

Weitere Fuchsmotive

Kitsune ojiinari hiroshige.jpg
Fuchstreffen zum Neuen Jahr beim Ôji Inari Schrein.
Holzschnitt (Detail) von Andō Hiroshige, 1857.

Neben konkreten Geschichten illustrieren Edo-zeitliche Fuchsbilder auch all·ge·meine Vor·stel·lungen über die Zauberkraft der Füchse. Auf der Ab·bildung oben sind bei genauer Be·trach·tung Lichter über den einzelnen Füchsen zu er·kennen, sog. „Fuchslichter“, die nach volks·tüm·lichen Vor·stel·lungen die Seelen von Ver·storbenen sein könnten. Außer·dem fällt in den folgenden Bildern auf, dass Füchse oft im Gewand von buddhistischen Mönchen und Nonnen dar·ge·stellt wurden. Vorlage:Galerie2