Alltag/Totenriten: Unterschied zwischen den Versionen

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Was passiert konkret, wenn ein Mensch in Japan stirbt? Wie verabschiedet man einen Verstorbenen, wie trauert man um ihn? Welche religiösen Spezialisten sind hierbei gefragt?
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Was passiert konkret, wenn ein Mensch in Japan stirbt? Wie verabschiedet man einen Ver·storbenen, wie trauert man um ihn? Welche religiösen Spe·zia·listen sind hierbei gefragt?
  
Die große Mehrheit aller Verstorbenen wird, wie bereits erwähnt, nach buddhistischem Ritus eingeäschert und in einer Urne beigesetzt. Die Einäscherung erfolgt meist sehr rasch, d.h. innerhalb von ein bis zwei Tagen. Dies ist allein schon wegen des feucht-heißen Klimas notwendig, doch tragen auch alteingesessene Tabuvorstellungen dazu bei, dass man die Toten möglichst rasch aus der Welt schaffen möchte. Der Tod ist nämlich stark mit der Vorstellung ritueller Verunreiningung verbunden. Ein Großteil der Totenriten dient daher der rituellen Reinigung des Ortes, an dem der Verstorbene gelebt hat. Des weiteren dürfen Riten, die im Zusammenhang mit der Bestattung stehen, keinesfalls im normalen Alltag eingesetzt werden (s.u. ''kitamakura'', ''kotsuage''). Insgesamt scheint der gesamte Zyklus der Bestattungsriten ({{glossar:soushiki}}) von dem Grundgedanken bestimmt zu sein, den Verstorbenen so schnell, als es die Pietät zulässt, aus dem Bereich der Lebenden zu entfernen und in den Status eines {{glossar:hotoke}} (wtl. eines Buddhas) zu versetzen. In dieser Form gilt er dann weder als bedrohlich noch als unrein und kann damit zum Gegenstand einer besonderen [[Alltag:Ahnenkult/Butsudan | Ahnenverehrung]] werden.
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Die große Mehrheit aller Verstorbenen wird, wie bereits erwähnt, nach bud·dhis·tischem Ritus ein·ge·äschert und in einer Urne beigesetzt. Die Ein·äscherung erfolgt meist sehr rasch, d.h. innerhalb von ein bis zwei Tagen. Dies ist allein schon wegen des feucht-heißen Klimas not·wendig, doch tragen auch alt·ein·ge·sessene Tabu·vor·stel·lungen dazu bei, dass man die Toten möglichst rasch aus der Welt schaffen möchte. Der Tod ist nämlich stark mit der Vor·stellung ritueller Ver·un·rei·ni·gung ver·bunden. Ein Großteil der Toten·riten dient daher der rituellen Reinigung des Ortes, an dem der Ver·storbene gelebt hat. Des weiteren dürfen Riten, die im Zu·sammen·hang mit der Be·stattung stehen, keines·falls im normalen Alltag eingesetzt werden (s.u. ''kitamakura'', ''kotsuage''). Insgesamt scheint der gesamte Zyklus der Be·stattungs·riten ({{glossar:soushiki}}) von dem Grund·ge·danken bestimmt zu sein, den Ver·storbenen so schnell, als es die Pietät zulässt, aus dem Bereich der Lebenden zu ent·fernen und in den Status eines {{glossar:hotoke}} (wtl. eines Buddhas) zu ver·setzen. In dieser Form gilt er dann weder als be·droh·lich noch als unrein und kann damit zum Gegen·stand einer besonderen [[Alltag:Ahnenkult/Butsudan | Ahnenverehrung]] werden.
  
Die Zeremonien, die den Übergangs vom Diesseits zum Jenseits begleiten, werden heute zum Großteil im Haus des Verstorbenen vollzogen und betreffen seine ganze Familie, eventuell auch seine Freunde und Nachbarn. Die wichtigsten Bestattungsriten finden in der Zeit unmittelbar vor und nach der Einäscherung statt. Der entscheidende Moment der rituellen Verabschiedung liegt in der Verbrennung des Leichnams. Danach werden die Aschenreste (bzw. um genau zu sein: die unverbrannten Knochen) des Verstorbenen in einer Urne nach Hause genommen und bleiben dort noch einige Zeit, bevor sie schließlich auf dem [[Alltag:Friedhof | Friedhof]] beigesetzt werden.
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Die Zeremonien, die den Übergangs vom Diesseits zum Jenseits begleiten, werden heute zum Groß·teil im Haus des Ver·stor·benen vollzogen und betreffen seine ganze Familie, eventuell auch seine Freunde und Nach·barn. Die wichtigsten Be·stattungs·riten finden in der Zeit un·mittelŪbar vor und nach der Ein·äscherung statt. Der entscheidende Moment der rituellen Ver·ab·schie·dung liegt in der Ver·brennung des Leich·nams. Danach werden die Aschen·reste (bzw. um genau zu sein: die un·ver·brannten Knochen) des Ver·storbenen in einer Urne nach Hause genommen und bleiben dort noch einige Zeit, bevor sie schließlich auf dem [[Alltag:Friedhof | Friedhof]] beigesetzt werden.
  
Die Leitung einer familiären Bestattungszeremonie ist ein verantwortungsvolles und kompliziertes Amt, das traditionellerweise dem ältesten Sohn einer Familie zukommt. Für bestimmte Gebete und Riten werden zudem die Dienste buddhistischer Mönche in Anspruch genommen, die zu diesem Zweck das Haus des Verstorbenen aufsuchen. Alles in allem ist der vollständige Zyklus eines Bestattungsrituals eine zeitaufwendige, kostspielige Angelegenheit, die durch die Tatsache, dass immer mehr Menschen im Spital und nicht in den eigenen vier Wänden sterben, weiter verkompliziert wird. Aus diesem Grunde werden Bestattungen oft mit Hilfe von professionellen Bestattungsunternehmen ({{glossar:sougiya}}) ausgeführt, deren Aufgabe nicht nur im Verwahren des Leichnams, sondern auch im „event-management“ der Bestattung besteht. Dabei richtet man sich im allgemeinen nach einem gewissen rituellen Grundschema, das im folgenden einzeln aufgelistet ist.
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Die Leitung einer familiären Bestattungs·zeremonie ist ein ver·ant·wortungs·volles und kompliziertes Amt, das tra·di·tioneller·weise dem ältesten Sohn einer Familie zukommt. Für bestimmte Gebete und Riten werden zudem die Dienste bud·dhis·tischer Mönche in Anspruch genommen, die zu diesem Zweck das Haus des Ver·storbenen aufsuchen. Alles in allem ist der vollständige Zyklus eines Be·stattungs·rituals eine zeit·auf·wendige, kostspielige An·ge·legen·heit, die durch die Tatsache, dass immer mehr Menschen im Spital und nicht in den eigenen vier Wänden sterben, weiter ver·kompliziert wird. Aus diesem Grunde werden Be·stattungen oft mit Hilfe von professionellen Be·stattungs·unter·nehmen ({{glossar:sougiya}}) ausgeführt, deren Aufgabe nicht nur im Verwahren des Leichnams, sondern auch im „event-manage·ment“ der Be·stattung besteht. Dabei richtet man sich im allgemeinen nach einem gewissen rituellen Grund·schema, das im folgenden einzeln aufgelistet ist.
 
{{H2+3|Die einzelnen Totenriten}}
 
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===Aufbahrung des Leichnams===
 
===Aufbahrung des Leichnams===
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'''Taburegel 1: Nicht mit dem Kopf nach Norden schlafen'''
 
'''Taburegel 1: Nicht mit dem Kopf nach Norden schlafen'''
Die Regel, dass der Kopf des Verstorbenen nach Norden weisen soll, geht angeblich auf den historischen Buddha zurück. Gleichzeitig symbolisiert diese Schlafstellung den Tod, weshalb man in Japan genau darauf achtet, nicht mit dem Kopf nach Norden zu schlafen.
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Die Regel, dass der Kopf des Verstorbenen nach Norden weisen soll, geht angeblich auf den historischen Buddha zurück. Gleich·zeitig symbolisiert diese Schlaf·stellung den Tod, wes·halb man in Japan genau darauf achtet, nicht mit dem Kopf nach Norden zu schlafen.
 
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Der Tote wird zunächst im eigenen Haushalt feierlich und von vielen Blumen umgeben aufgebahrt. Dabei ist zu beachten, dass sein Kopf nach Norden weist ({{glossar:kitamakura}}, wtl. „Nordpolster“).
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Der Tote wird zunächst im eigenen Haushalt feierlich und von vielen Blumen umgeben auf·ge·bahrt. Dabei ist zu beachten, dass sein Kopf nach Norden weist ({{glossar:kitamakura}}, wtl. „Nordpolster“).
  
 
====Totengewand====
 
====Totengewand====
Zum Zwecke der Aufbahrung wird der Tote gewaschen und mit einem weißen Totengewand ({{glossar:shinishouzoku}}) bekleidet. Es erinnert an ein [[Alltag:Pilgerschaft | Pilgergewand]], bzw. an das Gewand eines Wanderers und symbolisiert somit die bevorstehende [[Mythen:Jenseits | Reise in die Unterwelt]]. Dazu gehören auch sechs Münzen, die der Verstorbene für die Fähre über den Fluss der Unterwelt zu zahlen hat.
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Zum Zwecke der Aufbahrung wird der Tote gewaschen und mit einem weißen Toten·gewand ({{glossar:shinishouzoku}}) bekleidet. Es erinnert an ein [[Alltag:Pilgerschaft | Pilger·gewand]], bzw. an das Gewand eines Wanderers und symbolisiert somit die be·vor·stehende [[Mythen:Jenseits | Reise in die Unter·welt]]. Dazu gehören auch sechs Münzen, die der Ver·storbene für die Fähre über den Fluss der Unterwelt zu zahlen hat.
  
 
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Die {{glossar:kami}} sollen mit den Verunreinigungen ({{glossar:kegare}}) des Todes möglichst nicht in Berührung kammen, da sie die Hinterbliebenen sonst mit Unglück strafen könnten. Daher verhängt man den shintoistischen [[Alltag:Kamidana | Hausschrein]] (so man überhaupt einen besitzt) während der Trauerzeit mit weißen Tüchern oder Papier ({{glossar:kamidanafuuji}}). In diesem Brauch spiegelt sich die rituelle Rollenverteilung „Buddhismus: Tod, Shinto: Leben“ anschaulich wider.
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Die {{glossar:kami}} sollen mit den Ver·un·rei·nigungen ({{glossar:kegare}}) des Todes möglichst nicht in Berührung kammen, da sie die Hinter·bliebenen sonst mit Unglück strafen könnten. Daher verhängt man den shin·to·is·tischen [[Alltag:Kamidana | Haus·schrein]] (so man über·haupt einen besitzt) während der Trauer·zeit mit weißen Tüchern oder Papier ({{glossar:kamidanafuuji}}). In diesem Brauch spiegelt sich die rituelle Rollen·ver·teilung „Bud·dhis·mus: Tod, Shinto: Leben“ anschaulich wider.
 
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===='''Sutrenlesung'''====
 
===='''Sutrenlesung'''====
Die Rezitation buddhistischer [[Texte:Sutra | Sutren]] sollte möglichst durch einen buddhistischen Mönch erfolgen. Sie wird von Rauchopfern (Abbrennen von Räucherstäbchen) begleitet.
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Die Rezitation buddhistischer [[Texte:Sutra | Sutren]] sollte möglichst durch einen bud·dhis·tischen Mönch erfolgen. Sie wird von Rauch·opfern (Ab·brennen von Räucher·stäbchen) begleitet.
  
 
====Totenwache====
 
====Totenwache====
  
Die Totenwache ({{glossar:tsuya}})  dauerte traditionellerweise die ganze erste Nacht. Früher wachten die engsten Familienmitglieder beim Verstorbenen, heute wird die Wache aber zumeist abgekürzt. Gebete werden durch den Leiter der Trauerzeremonien (im Idealfall der älteste Sohn, heute oft ein professioneller Bestattungsunternehmer) durchgeführt. Früher war es Brauch, dass der Leiter der familiären Trauerzeremonie als Zeichen, dass er nun den Verstorbenen verkörpert, ein dem Totengewand ähnliches, weißes Gewand trug. Auch das findet sich nur noch selten.
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Die Totenwache ({{glossar:tsuya}})  dauerte tra·di·tio·neller·weise die ganze erste Nacht. Früher wachten die engsten Familien·mit·glieder beim Ver·storbenen, heute wird die Wache aber zumeist abgekürzt. Gebete werden durch den Leiter der Trauer·zeremonien (im Ideal·fall der älteste Sohn, heute oft ein professioneller Be·stattungs·unter·nehmer) durchgeführt. Früher war es Brauch, dass der Leiter der familiären Trauer·zeremonie als Zeichen, dass er nun den Ver·storbenen ver·körpert, ein dem Toten·gewand ähnliches, weißes Gewand trug. Auch das findet sich nur noch selten.
  
 
====Geldspenden====
 
====Geldspenden====
  
Am Tag nach dem Ableben, noch bevor der Leichnam zum Krematorium gebracht wird, versammeln sich Verwandte und Bekannte zu einer Trauerfeier im Haus des Verstorbenen. Dabei werden Räucherstäbchen und andere kleine Opfergaben für den Verstorbenen am Hausaltar niedergelegt. Vor allem aber haben die Trauergäste Geld ({{glossar:kouden|okōden}}, wtl. „Beitrag für Räucherstäbchen“) mitzubringen, das in einem entsprechenden Kuvert dargebracht wird. ''Okōden'' ist üblicherweise eine hohe Summe, die als finanzielle Unterstützung der beträchtlichen Kosten eines Begräbnisses zu verstehen ist. Allerdings verlangt es der Anstand, dass man am Ende der Trauerperiode allen Spendern ein Gegengeschenk etwa im halben Wert der Spende macht (''okōden gaeshi'').
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Am Tag nach dem Ableben, noch bevor der Leich·nam zum Krematorium gebracht wird, ver·sammeln sich Ver·wandte und Bekannte zu einer Trauer·feier im Haus des Ver·storbenen. Dabei werden Räucher·stäbchen und andere kleine Opfer·gaben für den Ver·storbenen am Haus·altar nieder·gelegt. Vor allem aber haben die Trauer·gäste Geld ({{glossar:kouden|okōden}}, wtl. „Beitrag für Räucher·stäbchen“) mit·zu·bringen, das in einem ent·sprech·enden Kuvert darge·bracht wird. ''Okōden'' ist üblicher·weise eine hohe Summe, die als finanzielle Unter·stützung der beträchtlichen Kosten eines Be·gräb·nisses zu verstehen ist. Aller·dings verlangt es der Anstand, dass man am Ende der Trauer·periode allen Spendern ein Gegen·geschenk etwa im halben Wert der Spende macht (''okōden gaeshi'').
  
 
====Totennamen====
 
====Totennamen====
  
Der Verstorbene erhält einen buddhistischen Totennamen ({{glossar:kaimyou}}, wtl. „Namen nach den buddhistischen Geboten“). Der Name wird auf ein {{glossar:ihai}}-Täfelchen geschrieben, das später einen Platz im Hausaltar erhält (siehe [[Alltag:Ahnenkult/Butsudan | Ahnenkult]]). Neben dem Altar ist während der Trauerzeit auch ein Foto des Verstorbenen platziert.
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Der Verstorbene erhält einen buddhistischen Toten·namen ({{glossar:kaimyou}}, wtl. „Namen nach den bud·dhis·tischen Geboten“). Der Name wird auf ein {{glossar:ihai}}-Täfelchen geschrieben, das später einen Platz im Haus·altar erhält (siehe [[Alltag:Ahnenkult/Butsudan | Ahnen·kult]]). Neben dem Altar ist während der Trauer·zeit auch ein Foto des Verstorbenen platziert.
  
 
====Einsargung====
 
====Einsargung====
  
Der Tote wird in einen Sarg gelegt, um ihn darin zum Krematorium zu bringen. Die Trauernden beteiligen sich gemeinsam an der Einsargung, dabei helfen alle beim Zunageln des Sargdeckels mit, indem sie symbolisch (mit Hilfe eines einfachen Steins) auf einen der Sargnägel klopfen. Der Sarg wird schlussendlich mit dem Leichnam zusammen verbrannt.
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Der Tote wird in einen Sarg gelegt, um ihn darin zum Krematorium zu bringen. Die Trauernden beteiligen sich gemeinsam an der Ein·sargung, dabei helfen alle beim Zu·nageln des Sarg·deckels mit, indem sie symbolisch (mit Hilfe eines einfachen Steins) auf einen der Sarg·nägel klopfen. Der Sarg wird schließ·lich mit dem Leich·nam zusammen verbrannt.
  
 
===Einäscherung&shy; und Kotsuage===
 
===Einäscherung&shy; und Kotsuage===
 
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'''Taburegel 3: Esstäbchen dürfen sich nicht berühren'''
 
'''Taburegel 3: Esstäbchen dürfen sich nicht berühren'''
Da der Ritus des ''kotsuage'' so stark mit dem Tod assoziiert wird, ist jede Erinnerung an ihn im normalen Alltag strengstens tabuisiert. Daher dürfen Speisen niemals direkt von Essstäbchen zu Essstäbchen weiter gereicht werden. Überhaupt dürfen die eigenen Essstäbchen während einer Mahlzeit niemals die Essstäbchen anderer berühren. Dieses Tabu wird von allen Japanern ungeachtet der religiösen Zugehörigkeit strengstens befolgt.
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Da der Ritus des ''kotsuage'' so stark mit dem Tod assoziiert wird, ist jede Erinnerung an ihn im normalen Alltag strengstens tabuisiert. Daher dürfen Speisen niemals direkt von Ess·stäbchen zu Ess·stäbchen weiter gereicht werden. Über·haupt dürfen die eigenen Ess·stäbchen während einer Mahlzeit niemals die Ess·stäbchen anderer berühren. Dieses Tabu wird von allen Japanern ungeachtet der religiösen Zu·ge·hörig·keit strengstens befolgt.
 
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{{float|bild=kotsuage.gif|class=noborder|left}}Die engste Familie begleitet den Sarg ins Krematorium. Die Verbrennung darf nicht zu heiß sein und nicht zu lange dauern, damit noch einige Knochenstückchen des Leichnams übrig bleiben. Es sind diese Knochenreste, nicht die Asche, die in der Folge in einer Urne ({{glossar:kotsutsubo}}) beigesetzt werden.
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{{float|bild=kotsuage.gif|class=noborder|left}}Die engste Familie begleitet den Sarg ins Krematorium. Die Ver·brennung darf nicht zu heiß sein und nicht zu lange dauern, damit noch einige Knochen·stückchen des Leich·nams übrig bleiben. Es sind diese Knochen·reste, nicht die Asche, die in der Folge in einer Urne ({{glossar:kotsutsubo}}) beigesetzt werden.
  
Das Verwahren der unverbrannten Knochenreste in der Urne geschieht in Form eines speziellen Ritus, den man {{glossar:kotsuage}}, wtl. „Aufheben der Knochen“, nennt. Die Knochenstückchen werden dabei von den anwesenden Familienmitgliedern gemeinsam mit besonders langen Bambusstäbchen aus den Ascheresten geholt und in die Urne gelegt.
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Das Verwahren der unverbrannten Knochen·reste in der Urne geschieht in Form eines speziellen Ritus, den man {{glossar:kotsuage}}, wtl. „Auf·heben der Knochen“, nennt. Die Knochen·stückchen werden dabei von den anwesenden Familien·mit·gliedern ge·mein·sam mit besonders langen Bambus·stäbchen aus den Asche·resten geholt und in die Urne gelegt.
  
Vor ihrer Rückkehr ins Haus werden die Familienmitglieder, die am ''kotsuage'' teilgenommen haben, mit Salz rituell gereinigt. Die Urne wird zunächst nach Hause mitgenommen und später im Familiengrab beigesetzt. Dies geschieht meist mit relativ geringem zeremoniellem Aufwand.
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Vor ihrer Rückkehr ins Haus werden die Familien·mit·glieder, die am ''kotsuage'' teil·ge·nommen haben, mit Salz rituell gereinigt. Die Urne wird zunächst nach Hause mit·ge·nommen und später im Familien·grab beigesetzt. Dies geschieht meist mit relativ geringem zeremoniellem Aufwand.
  
 
===Trauerzeit===
 
===Trauerzeit===
 
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'''Taburegel 4: Kein Neujahrsschreinbesuch'''
 
'''Taburegel 4: Kein Neujahrsschreinbesuch'''
Für das gesamte Jahr, in dem sich ein familiärer Todesfall ereignete, gelten darüber hinaus weitere Tabuvorschriften, die neuerlich mit dem problematischen Verhältnis zwischen Shinto und Todestabu zu tun haben. So sollten die Hinterbliebenen im folgenden Neujahr auf den traditionellen Neujahrsschreinbesuch ({{glossar:hatsumoude}}) verzichten. Auch sollte man ihnen keine traditionellen Neujahrskarten schicken.
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Für das gesamte Jahr, in dem sich ein familiärer Todes·fall ereignete, gelten darüber hinaus weitere Tabu·vor·schriften, die neuerlich mit dem proble·matischen Ver·hältnis zwischen Shinto und Todes·tabu zu tun haben. So sollten die Hinter·bliebenen im folgenden Neu·jahr auf den traditionellen Neu·jahrs·schrein·besuch ({{glossar:hatsumoude}}) verzichten. Auch sollte man ihnen keine traditionellen Neu·jahrs·karten schicken.
 
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Die engere Trauerzeit beträgt nach buddhistischem Brauch sieben Wochen, also 49 Tage. Dies ist die Zeit, während der die Totenseele ihre Reise ins Jenseits absolviert und dabei spirituelle Unterstützung benötigt. Besonders am Ende jeder Woche sollte es eine buddhistische Zeremonie geben. In dieser Zeit findet auch eine Totenfeier für den weiteren Bekannten- und Verwandtenkreis in einem buddhistischen Tempel statt.
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Die engere Trauerzeit beträgt nach bud·dhis·tischem Brauch sieben Wochen, also 49 Tage. Dies ist die Zeit, während der die Toten·seele ihre Reise ins Jenseits absolviert und dabei spirituelle Unter·stützung benötigt. Besonders am Ende jeder Woche sollte es eine bud·dhis·tische Zeremonie geben. In dieser Zeit findet auch eine Toten·feier für den weiteren Bekannten- und Ver·wandten·kreis in einem bud·dhis·tischen Tempel statt.
  
Spätere Gedenkfeiern für den Verstorbenen fallen im Grunde bereits in den Bereich der Ahnenverehrung. Den Ahnen wird kollektiv im Rahmen des jährlichen [[Alltag:Jahr/Obon |  Bon Festes]] gedacht. Für individuelle Verstorbene gibt es darüber hinaus in bestimmten Abständen (nach 1, 3, 7, 13, ev. auch nach 33 Jahren) weitere buddhistische Seelenmessen. Danach wird angenommen, dass die Seele endgültig ins Jenseits eingegangen ist. Damit sind keine Totenfeiern mehr nötig, auch das Ahnentäfelchen wird vom Hausaltar entfernt.
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Spätere Gedenkfeiern für den Ver·storbenen fallen im Grunde bereits in den Bereich der Ahnen·ver·ehrung. Den Ahnen wird kollektiv im Rahmen des jähr·lichen [[Alltag:Jahr/Obon |  Bon Festes]] gedacht. Für individuelle Ver·storbene gibt es darüber hinaus in bestimmten Ab·ständen (nach 1, 3, 7, 13, ev. auch nach 33 Jahren) weitere bud·dhis·tische Seelen·messen. Danach wird an·geŪnommen, dass die Seele end·gültig ins Jenseits ein·ge·gangen ist. Damit sind keine Toten·feiern mehr nötig, auch das Ahnen·täfelchen wird vom Hausaltar entfernt.
  
 
==Tradition und Veränderung  der Totenriten==
 
==Tradition und Veränderung  der Totenriten==
Die oben beschriebenen Zeremonien beruhen z.T. auf sehr alten Vorstellungen, sind aber erst im 20. Jahrhundert standardisiert worden. Beispielsweise war die Verbrennung der Leiche zwar stets ein buddhistisches Ideal, wurde aber in vormoderner Zeit aus technischen Gründen oft unterlassen. Auch die Konzentration der Riten auf den häuslichen Bereich ist ein relativ junges Phänomen. Die tatsächliche Abhaltung der Feiern unterliegt natürlich zahlreichen Variationen, die vom individuellen Brauch der Familie, von ihren ökonomischen Verhältnissen, von ihrem Wohnort, von ihrer religiösen Zugehörigkeit, u.a.m. abhängig sind.
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Die oben beschriebenen Zeremonien beruhen z.T. auf sehr alten Vor·stellungen, sind aber erst im 20. Jahr·hundert standardisiert worden. Bei·spiels·weise war die Ver·brennung der Leiche zwar stets ein bud·dhis·tisches Ideal, wurde aber in vor·moderner Zeit aus technischen Gründen oft unter·lassen. Auch die Konzentration der Riten auf den häuslichen Bereich ist ein relativ junges Phänomen. Die tatsächliche Ab·haltung der Feiern unter·liegt natürlich zahl·reichen Variationen, die vom indi·vi·duellen Brauch der Familie, von ihren ökonomischen Ver·hält·nissen, von ihrem Wohn·ort, von ihrer religiösen Zuge·hörigkeit, u.a.m. abhängig sind.
 
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{{Sidebox|sidepage=Sogiya|titel=essay|plaza.jpg|caption=Das Jenseits aus der Sicht eines japanischen Bestattungsunternehmens}}
 
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Ein kleiner Prozentsatz aller Begräbnisse wird nach shintoistischem Muster durchführt. Shinto-Begräbnisse waren vor der {{glossar:meiji}}-Restauration allerdings nur in einigen Priesterfamilien üblich und sind auch heute in der allgemeinen Bevölkerung kaum bekannt. Im allgemeinen weichen daher nur japanische Christen stark von den hier beschriebenen zeremoniellen Grundregeln einer Bestattung ab.
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Ein kleiner Prozentsatz aller Begräbnisse wird nach shin·to·is·tischem Muster durch·führt. Shinto-Be·gräb·nisse waren vor der {{glossar:meiji}}-Restauration aller·dings nur in einigen Priester·familien üblich und sind auch heute in der all·ge·meinen Be·völkerung kaum bekannt. Im all·ge·meinen weichen daher nur japanische Christen stark von den hier be·schriebenen zeremoniellen Grund·regeln einer Bestattung ab.
  
Ein gewisser Druck zur Uniformität entsteht übrigens auch dadurch, dass Bekannte, Verwandte und Nachbarn nicht nur als Trauergäste zu erwarten sind, sondern auch bei der Organisation des Begräbnisses helfen. Vor allem in ländlichen Gebieten, wo nachbarschaftliche und verwandtschaftliche Hilfe noch selbstverständlicher funktioniert, unterliegen Begräbnisse daher dem lokalen Brauchtum. In den Städten dagegen sind die Einzelheiten von Begräbnisriten vielen nicht mehr geläufig. Hier bieten zahlreiche professionelle Bestattungsfirmen ein entsprechendes Service als Ersatz für die von traditionellen Gemeinschaften übernommenen Aufgaben an. Diese Firmen vermitteln zwischen Familie und Tempel, organisieren die Trauerfeiern und bieten im übrigen alle möglichen Extras (besonders attraktive Gräber und Friedhöfe, professionelle Begräbnismusiker, etc.) an. Auch dem technischen Fortschritt wird Rechnung getragen. Eine Firma schlägt z.B. Methoden zur Erhaltung und Aufbewahrung der DNA der Verstorbenen vor (siehe [[Alltag:Totenriten/Sogiya | Sidepage]]).
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Ein gewisser Druck zur Uniformität entsteht übrigens auch dadurch, dass Be·kannte, Ver·wandte und Nach·barn nicht nur als Trauer·gäste zu erwarten sind, sondern auch bei der Organisation des Be·gräb·nisses helfen. Vor allem in länd·lichen Gebieten, wo nach·bar·schaft·liche und ver·wandt·schaft·liche Hilfe noch selbst·ver·ständ·licher funktioniert, unter·liegen Be·gräb·nisse daher dem lokalen Brauch·tum. In den Städten dagegen sind die Einzel·heiten von Be·gräbnis·riten vielen nicht mehr geläufig. Hier bieten zahl·reiche professionelle Be·stattungs·firmen ein ent·sprechendes Service als Ersatz für die von traditionellen Gemein·schaften über·nommenen Auf·gaben an. Diese Firmen vermitteln zwischen Familie und Tempel, organisieren die Trauer·feiern und bieten im übrigen alle möglichen Extras (besonders attraktive Gräber und Fried·höfe, professionelle Begräbnis·musiker, etc.) an. Auch dem technischen Fort·schritt wird Rechnung getragen. Eine Firma schlägt z.B. Methoden zur Erhaltung und Aufbewahrung der DNA der Verstorbenen vor (siehe [[Alltag:Totenriten/Sogiya | Sidepage]]).
  
 
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{{Linkbox|ue=Weiterführende Informationen|text=
* Wer sich für Bestattung in Japan näher interessiert, sollte unbedingt Itami Juzōs Film ''Osōshiki'' (Das Begräbnis) ansehen. Hier werden die oben besprochenen Einzelheiten in teils satirischen, teils sehr berührenden Episoden dargestellt, wobei der Zwiespalt zwischen traditionellem Brauchtum und moderner Lebenswelt deutlich zum Ausdruck kommt.
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* Wer sich für Bestattung in Japan näher interessiert, sollte unbedingt Itami Juzōs Film ''Osōshiki'' (Das Be·gräbnis) ansehen. Hier werden die oben besprochenen Einzel·heiten in teils satirischen, teils sehr berührenden Episoden dargestellt, wobei der Zwiespalt zwischen traditionellem Brauch·tum und moderner Lebens·welt deutlich zum Ausdruck kommt.
* Die wechselvolle Geschichte japanischer Bestattungsformen, speziell in den letzten eineinhalb Jahrhunderten, wird in einem interessanten Web-Essay von Kotani Midori besprochen, den ich, da er im Original nicht mehr online ist, als [http://www.univie.ac.at/rel_jap/alltag/anm_funeralchanges.htm Mirror-Page] abgespeichert habe.{{Literatur:Kenney_Gilday_2000}}
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* Die wechselvolle Geschichte japanischer Bestattungs·formen, speziell in den letzten eineinhalb Jahr·hunderten, wird in einem interessanten Web-Essay von Kotani Midori besprochen, den ich, da er im Original nicht mehr online ist, als [http://www.univie.ac.at/rel_jap/alltag/anm_funeralchanges.htm Mirror-Page] abgespeichert habe.{{Literatur:Kenney_Gilday_2000}}
 
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Version vom 16. September 2010, 20:09 Uhr

Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Totenriten.

Totenriten und Bestattung

Kotsutsubo.jpg

Was passiert konkret, wenn ein Mensch in Japan stirbt? Wie verabschiedet man einen Ver·storbenen, wie trauert man um ihn? Welche religiösen Spe·zia·listen sind hierbei gefragt?

Die große Mehrheit aller Verstorbenen wird, wie bereits erwähnt, nach bud·dhis·tischem Ritus ein·ge·äschert und in einer Urne beigesetzt. Die Ein·äscherung erfolgt meist sehr rasch, d.h. innerhalb von ein bis zwei Tagen. Dies ist allein schon wegen des feucht-heißen Klimas not·wendig, doch tragen auch alt·ein·ge·sessene Tabu·vor·stel·lungen dazu bei, dass man die Toten möglichst rasch aus der Welt schaffen möchte. Der Tod ist nämlich stark mit der Vor·stellung ritueller Ver·un·rei·ni·gung ver·bunden. Ein Großteil der Toten·riten dient daher der rituellen Reinigung des Ortes, an dem der Ver·storbene gelebt hat. Des weiteren dürfen Riten, die im Zu·sammen·hang mit der Be·stattung stehen, keines·falls im normalen Alltag eingesetzt werden (s.u. kitamakura, kotsuage). Insgesamt scheint der gesamte Zyklus der Be·stattungs·riten (

sōshiki 葬式 (jap.)

Begräbnis, Bestattung, Totenritus

Ritus

Der Begriff „sōshiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

  • Chojugiga.jpg

) von dem Grund·ge·danken bestimmt zu sein, den Ver·storbenen so schnell, als es die Pietät zulässt, aus dem Bereich der Lebenden zu ent·fernen und in den Status eines

hotoke(jap.)

Buddha; umgangsspr. auch: Totenseele; andere Lesung: butsu; alte Schreibung: 佛

Buddha

Der Begriff „hotoke“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

(wtl. eines Buddhas) zu ver·setzen. In dieser Form gilt er dann weder als be·droh·lich noch als unrein und kann damit zum Gegen·stand einer besonderen  Ahnenverehrung werden.

Die Zeremonien, die den Übergangs vom Diesseits zum Jenseits begleiten, werden heute zum Groß·teil im Haus des Ver·stor·benen vollzogen und betreffen seine ganze Familie, eventuell auch seine Freunde und Nach·barn. Die wichtigsten Be·stattungs·riten finden in der Zeit un·mittelŪbar vor und nach der Ein·äscherung statt. Der entscheidende Moment der rituellen Ver·ab·schie·dung liegt in der Ver·brennung des Leich·nams. Danach werden die Aschen·reste (bzw. um genau zu sein: die un·ver·brannten Knochen) des Ver·storbenen in einer Urne nach Hause genommen und bleiben dort noch einige Zeit, bevor sie schließlich auf dem Friedhof beigesetzt werden.

Die Leitung einer familiären Bestattungs·zeremonie ist ein ver·ant·wortungs·volles und kompliziertes Amt, das tra·di·tioneller·weise dem ältesten Sohn einer Familie zukommt. Für bestimmte Gebete und Riten werden zudem die Dienste bud·dhis·tischer Mönche in Anspruch genommen, die zu diesem Zweck das Haus des Ver·storbenen aufsuchen. Alles in allem ist der vollständige Zyklus eines Be·stattungs·rituals eine zeit·auf·wendige, kostspielige An·ge·legen·heit, die durch die Tatsache, dass immer mehr Menschen im Spital und nicht in den eigenen vier Wänden sterben, weiter ver·kompliziert wird. Aus diesem Grunde werden Be·stattungen oft mit Hilfe von professionellen Be·stattungs·unter·nehmen (

sōgiya 葬儀屋 (jap.)

Bestatter, Bestattungsfirma

Person, Ritus

Der Begriff „sōgiya“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) ausgeführt, deren Aufgabe nicht nur im Verwahren des Leichnams, sondern auch im „event-manage·ment“ der Be·stattung besteht. Dabei richtet man sich im allgemeinen nach einem gewissen rituellen Grund·schema, das im folgenden einzeln aufgelistet ist.

Die einzelnen Totenriten

Aufbahrung des Leichnams

Kitamakura

Taburegel 1: Nicht mit dem Kopf nach Norden schlafen Die Regel, dass der Kopf des Verstorbenen nach Norden weisen soll, geht angeblich auf den historischen Buddha zurück. Gleich·zeitig symbolisiert diese Schlaf·stellung den Tod, wes·halb man in Japan genau darauf achtet, nicht mit dem Kopf nach Norden zu schlafen.

Der Tote wird zunächst im eigenen Haushalt feierlich und von vielen Blumen umgeben auf·ge·bahrt. Dabei ist zu beachten, dass sein Kopf nach Norden weist (

kitamakura 北枕 (jap.)

wtl. „das Kopfkissen nach Norden drehen“; Brauch, einen Verstorbenen mit dem Kopf nach Norden aufzubahren

Ritus

Der Begriff „kitamakura“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, wtl. „Nordpolster“).

Totengewand

Zum Zwecke der Aufbahrung wird der Tote gewaschen und mit einem weißen Toten·gewand (

shini shōzoku 死に装束 (jap.)

Totengewand

Gegenstand

Der Begriff „shini shōzoku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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Bilder

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  • Shinishozoku.png

) bekleidet. Es erinnert an ein Pilger·gewand, bzw. an das Gewand eines Wanderers und symbolisiert somit die be·vor·stehende Reise in die Unter·welt. Dazu gehören auch sechs Münzen, die der Ver·storbene für die Fähre über den Fluss der Unterwelt zu zahlen hat.

Sinishouzoku.gif
Shini shōzoku
Quelle: ososhiki-plaza.com [2010/9]

Riten vor der Einäscherung

Taburegel 2: Verhängen des shintoistischen Hausschreins

Die
kami(jap.)

Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō

Der Begriff „kami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

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sollen mit den Ver·un·rei·nigungen (
kegare 穢れ (jap.)

rituelle Verunreinigung, Befleckung, Schande

Konzept

Der Begriff „kegare“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

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) des Todes möglichst nicht in Berührung kammen, da sie die Hinter·bliebenen sonst mit Unglück strafen könnten. Daher verhängt man den shin·to·is·tischen Haus·schrein (so man über·haupt einen besitzt) während der Trauer·zeit mit weißen Tüchern oder Papier (
kamidana fūji 神棚封じ (jap.)

Verdecken des Shintō-Altars (kamidana) während häuslicher Totenriten

Ritus

Der Begriff „kamidana fūji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

). In diesem Brauch spiegelt sich die rituelle Rollen·ver·teilung „Bud·dhis·mus: Tod, Shinto: Leben“ anschaulich wider.

Sutrenlesung

Die Rezitation buddhistischer Sutren sollte möglichst durch einen bud·dhis·tischen Mönch erfolgen. Sie wird von Rauch·opfern (Ab·brennen von Räucher·stäbchen) begleitet.

Totenwache

Die Totenwache (

tsuya 通夜 (jap.)

nächtliche Totenwache

Ritus

Der Begriff „tsuya“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) dauerte tra·di·tio·neller·weise die ganze erste Nacht. Früher wachten die engsten Familien·mit·glieder beim Ver·storbenen, heute wird die Wache aber zumeist abgekürzt. Gebete werden durch den Leiter der Trauer·zeremonien (im Ideal·fall der älteste Sohn, heute oft ein professioneller Be·stattungs·unter·nehmer) durchgeführt. Früher war es Brauch, dass der Leiter der familiären Trauer·zeremonie als Zeichen, dass er nun den Ver·storbenen ver·körpert, ein dem Toten·gewand ähnliches, weißes Gewand trug. Auch das findet sich nur noch selten.

Geldspenden

Am Tag nach dem Ableben, noch bevor der Leich·nam zum Krematorium gebracht wird, ver·sammeln sich Ver·wandte und Bekannte zu einer Trauer·feier im Haus des Ver·storbenen. Dabei werden Räucher·stäbchen und andere kleine Opfer·gaben für den Ver·storbenen am Haus·altar nieder·gelegt. Vor allem aber haben die Trauer·gäste Geld (

kōden 香典 (jap.)

Grab-Spende; s. o-kōden

Ritus, Gegenstand

Der Begriff „kōden“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

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, wtl. „Beitrag für Räucher·stäbchen“) mit·zu·bringen, das in einem ent·sprech·enden Kuvert darge·bracht wird. Okōden ist üblicher·weise eine hohe Summe, die als finanzielle Unter·stützung der beträchtlichen Kosten eines Be·gräb·nisses zu verstehen ist. Aller·dings verlangt es der Anstand, dass man am Ende der Trauer·periode allen Spendern ein Gegen·geschenk etwa im halben Wert der Spende macht (okōden gaeshi).

Totennamen

Der Verstorbene erhält einen buddhistischen Toten·namen (

kaimyō 戒名 (jap.)

buddhistischer Totenname, posthumer Name eines Verstorbenen

Ritus

Der Begriff „kaimyō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

, wtl. „Namen nach den bud·dhis·tischen Geboten“). Der Name wird auf ein

ihai 位牌 (jap.)

Ahnentäfelchen

Gegenstand

Der Begriff „ihai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Schlange hokusai.jpg
  • Butsudan.gif

-Täfelchen geschrieben, das später einen Platz im Haus·altar erhält (siehe Ahnen·kult). Neben dem Altar ist während der Trauer·zeit auch ein Foto des Verstorbenen platziert.

Einsargung

Der Tote wird in einen Sarg gelegt, um ihn darin zum Krematorium zu bringen. Die Trauernden beteiligen sich gemeinsam an der Ein·sargung, dabei helfen alle beim Zu·nageln des Sarg·deckels mit, indem sie symbolisch (mit Hilfe eines einfachen Steins) auf einen der Sarg·nägel klopfen. Der Sarg wird schließ·lich mit dem Leich·nam zusammen verbrannt.

Einäscherung­ und Kotsuage

Taburegel 3: Esstäbchen dürfen sich nicht berühren Da der Ritus des kotsuage so stark mit dem Tod assoziiert wird, ist jede Erinnerung an ihn im normalen Alltag strengstens tabuisiert. Daher dürfen Speisen niemals direkt von Ess·stäbchen zu Ess·stäbchen weiter gereicht werden. Über·haupt dürfen die eigenen Ess·stäbchen während einer Mahlzeit niemals die Ess·stäbchen anderer berühren. Dieses Tabu wird von allen Japanern ungeachtet der religiösen Zu·ge·hörig·keit strengstens befolgt.

Kotsuage.gif

Die engste Familie begleitet den Sarg ins Krematorium. Die Ver·brennung darf nicht zu heiß sein und nicht zu lange dauern, damit noch einige Knochen·stückchen des Leich·nams übrig bleiben. Es sind diese Knochen·reste, nicht die Asche, die in der Folge in einer Urne (

kotsutsubo 骨壷 (jap.)

Grab-Urne

Gegenstand

Der Begriff „kotsutsubo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

) beigesetzt werden.

Das Verwahren der unverbrannten Knochen·reste in der Urne geschieht in Form eines speziellen Ritus, den man

kotsuage 骨上げ (jap.)

wtl. Knochenheben (Bestattungsbrauch)

Ritus

Der Begriff „kotsuage“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

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  • Kotsuage 1867.jpg

, wtl. „Auf·heben der Knochen“, nennt. Die Knochen·stückchen werden dabei von den anwesenden Familien·mit·gliedern ge·mein·sam mit besonders langen Bambus·stäbchen aus den Asche·resten geholt und in die Urne gelegt.

Vor ihrer Rückkehr ins Haus werden die Familien·mit·glieder, die am kotsuage teil·ge·nommen haben, mit Salz rituell gereinigt. Die Urne wird zunächst nach Hause mit·ge·nommen und später im Familien·grab beigesetzt. Dies geschieht meist mit relativ geringem zeremoniellem Aufwand.

Trauerzeit

Taburegel 4: Kein Neujahrsschreinbesuch

Für das gesamte Jahr, in dem sich ein familiärer Todes·fall ereignete, gelten darüber hinaus weitere Tabu·vor·schriften, die neuerlich mit dem proble·matischen Ver·hältnis zwischen Shinto und Todes·tabu zu tun haben. So sollten die Hinter·bliebenen im folgenden Neu·jahr auf den traditionellen Neu·jahrs·schrein·besuch (
hatsumōde 初詣 (jap.)

Schrein-Neujahrsbesuch

Ritus

Der Begriff „hatsumōde“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Bilder

  • Meiji-jingu-ny.jpg

) verzichten. Auch sollte man ihnen keine traditionellen Neu·jahrs·karten schicken.

Die engere Trauerzeit beträgt nach bud·dhis·tischem Brauch sieben Wochen, also 49 Tage. Dies ist die Zeit, während der die Toten·seele ihre Reise ins Jenseits absolviert und dabei spirituelle Unter·stützung benötigt. Besonders am Ende jeder Woche sollte es eine bud·dhis·tische Zeremonie geben. In dieser Zeit findet auch eine Toten·feier für den weiteren Bekannten- und Ver·wandten·kreis in einem bud·dhis·tischen Tempel statt.

Spätere Gedenkfeiern für den Ver·storbenen fallen im Grunde bereits in den Bereich der Ahnen·ver·ehrung. Den Ahnen wird kollektiv im Rahmen des jähr·lichen Bon Festes gedacht. Für individuelle Ver·storbene gibt es darüber hinaus in bestimmten Ab·ständen (nach 1, 3, 7, 13, ev. auch nach 33 Jahren) weitere bud·dhis·tische Seelen·messen. Danach wird an·geŪnommen, dass die Seele end·gültig ins Jenseits ein·ge·gangen ist. Damit sind keine Toten·feiern mehr nötig, auch das Ahnen·täfelchen wird vom Hausaltar entfernt.

Tradition und Veränderung der Totenriten

Die oben beschriebenen Zeremonien beruhen z.T. auf sehr alten Vor·stellungen, sind aber erst im 20. Jahr·hundert standardisiert worden. Bei·spiels·weise war die Ver·brennung der Leiche zwar stets ein bud·dhis·tisches Ideal, wurde aber in vor·moderner Zeit aus technischen Gründen oft unter·lassen. Auch die Konzentration der Riten auf den häuslichen Bereich ist ein relativ junges Phänomen. Die tatsächliche Ab·haltung der Feiern unter·liegt natürlich zahl·reichen Variationen, die vom indi·vi·duellen Brauch der Familie, von ihren ökonomischen Ver·hält·nissen, von ihrem Wohn·ort, von ihrer religiösen Zuge·hörigkeit, u.a.m. abhängig sind.

Ein kleiner Prozentsatz aller Begräbnisse wird nach shin·to·is·tischem Muster durch·führt. Shinto-Be·gräb·nisse waren vor der

Meiji 明治 (jap.)

posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt

Der Begriff „Meiji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:

Glossarseiten

Bilder

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-Restauration aller·dings nur in einigen Priester·familien üblich und sind auch heute in der all·ge·meinen Be·völkerung kaum bekannt. Im all·ge·meinen weichen daher nur japanische Christen stark von den hier be·schriebenen zeremoniellen Grund·regeln einer Bestattung ab.

Ein gewisser Druck zur Uniformität entsteht übrigens auch dadurch, dass Be·kannte, Ver·wandte und Nach·barn nicht nur als Trauer·gäste zu erwarten sind, sondern auch bei der Organisation des Be·gräb·nisses helfen. Vor allem in länd·lichen Gebieten, wo nach·bar·schaft·liche und ver·wandt·schaft·liche Hilfe noch selbst·ver·ständ·licher funktioniert, unter·liegen Be·gräb·nisse daher dem lokalen Brauch·tum. In den Städten dagegen sind die Einzel·heiten von Be·gräbnis·riten vielen nicht mehr geläufig. Hier bieten zahl·reiche professionelle Be·stattungs·firmen ein ent·sprechendes Service als Ersatz für die von traditionellen Gemein·schaften über·nommenen Auf·gaben an. Diese Firmen vermitteln zwischen Familie und Tempel, organisieren die Trauer·feiern und bieten im übrigen alle möglichen Extras (besonders attraktive Gräber und Fried·höfe, professionelle Begräbnis·musiker, etc.) an. Auch dem technischen Fort·schritt wird Rechnung getragen. Eine Firma schlägt z.B. Methoden zur Erhaltung und Aufbewahrung der DNA der Verstorbenen vor (siehe Sidepage).