Geschichte/Kami Kulte: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Das Hofzeremoniell unter Tenmu ist vor allem insofern | + | Das Hofzeremoniell unter Tenmu ist vor allem insofern bemerkens·wert, als es einer eigenen Behörde unter·stellt war, die als einziges Regierungs·amt nicht auf einem chi·ne·sischen Vor·bild beruhte: Das Götter·amt, {{glossar:jingikan}} (wtl. „Behörde für Götter des Himmels und der Erde“). |
− | Das Götteramt stand ursprünglich dem obersten Regierungsamt ({{Glossar:Daijoukan}}) | + | Das Götteramt stand ursprünglich dem obersten Regierungsamt ({{Glossar:Daijoukan}}) gleich·wertig gegen·über und war damit rang·mäßig höher als die sog. „Acht Ministerien“, in denen die wesent·lichen politischen Ver·waltungs·auf·gaben des Landes behandelt wurden. Den sakralen und zere·moni·ellen Auf·gaben wurde somit ein besonderer Platz in der Hier·archie staat·licher An·gelegen·heiten ein·geräumt. Sieht man sich jedoch die Hier·archie der darin tätigen Priester-Beamten an, erkennt man, dass ihre Dienst·ränge niedriger waren als die ihrer „welt·lichen“ Minister·kollegen, die zugleich mit mehr tat·sächlicher Macht·befugnis aus·ge·stattet waren. Diese Ambivalenz bleibt im Grunde auch in späterer Zeit für die Be·handlung alles „Shintoistischen“ charak·teris·tisch: Den ''kami'' steht zwar immer der ehren·vollste Platz zu, die meiste Auf·merk·samkeit erhalten jedoch andere Bereiche. |
− | Das Götteramt regelte die wichtigsten rituellen Angelegenheiten bei Hof und bezog auch die ''ujigami'' der wichtigsten | + | Das Götteramt regelte die wichtigsten rituellen Angelegenheiten bei Hof und bezog auch die ''ujigami'' der wichtigsten Adels·familien in seinen Auf·gaben·bereich ein. Zugleich oblag ihm die Ab·haltung von jahres·zeit·lichen Festen, die wiederum von chi·ne·sischen Vor·bildern geprägt waren. Obwohl das Götter·amt selbst also eine ja·pa·nische Erfindung ist, muss man sich das von ihm praktizierte Ritual·system als Mischung von ein·heimischen und chi·ne·sischen Elementen vorstellen. |
− | Da das Götteramt als Verwaltungsbehörde und nicht als eigene religiöse | + | Da das Götteramt als Verwaltungsbehörde und nicht als eigene religiöse Körper·schaft angesehen wurde, wurden seine Auf·gaben in Gesetzes·texten geregelt. Das genaueste Bild vermitteln die „Gesetzlichen Bestimmungen aus der Ära Engi“ ({{glossar:engishiki}}), die Mitte des zehnten Jahr·hunderts in Kraft traten. Die ''Engishiki'' legen u.a. das Personal des Götter·amts genau fest, enthalten detaillierte Angaben zu den jahres·zeit·lichen Riten, die zum Teil unter Führung des Tenno abzu·halten sind, und listen schließlich über 3000 Schreine im ganzen Land auf, die mit dem Kaiser·hof in Verbindung stehen. Sie beschäftigen sich dabei in erster Linie mit formalen Details (Art und Anzahl der Opfer·gaben bei bestimmten Anlässen, Art und Dauer der Askese bei der Vor·bereitung eines Ritus, etc.). Trotz ihrer über·ragenden Bedeutung als Quelle des antiken höfischen ''kami''-Kults deutet manches daraufhin, dass die ''Engishiki'' eine Ideal·vor·stellung des höfischen Zere·monial·wesens darstellen, die in der Praxis nie voll·kommen erreicht wurde. Besonders die landes·weite Kommunikation mit Schreinen, die stets mit dem Geben und Nehmen von Opfer·gaben verknüpft war, stellte eine gewaltige logistische Heraus·forde·rung dar. Daher kon·zentrierte sich der Hof in der späten {{glossar:heian}}-Zeit auf einige wenige Groß-Schreine und überließ die Pflege aller anderen Schreine den lokalen Provinzverwaltungen. |
==Tabus gegen den Buddhismus== | ==Tabus gegen den Buddhismus== |
Version vom 13. September 2010, 15:37 Uhr
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Und die einheimischen Götter? Kami-Kult am antiken Kaiserhof
Auch wenn über die japanische Religion vor Einführung des Buddhismus nur wenige gesicherte Aussagen möglich sind, kann man davon aus·gehen, dass in Japan schon seit vor·geschicht·lichen Zeiten
Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō
Der Begriff „kami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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verehrt wurden. Allerdings waren sowohl die Gestalten der kami als auch die Formen ihrer Ver·ehrung sehr unter·schied·lich. Aus frühen chi·ne·sischen Berichten und aus den Mythen selbst kann man ent·nehmen, dass Frauen eine wichtige Rolle in der Religion spielten. Das chinesische Ge·schichts·werk
Chin. Chronik der Wei Dynastie (220–266) aus dem 3. Jh. u.Z.; enthält die frühesten Berichte über Japan (Wa) (vgl. wo)
Der Begriff „Weizhi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(Chronik der Wei, 297 u.Z.) berichtet, dass es um die Mitte des dritten Jahr·hunderts in Japan eine Priester·königin namens
ca. 170–248; frühgeschichtliche Priesterkönigin; auch Pimiko (wahrscheinliche Bedeutung: „Kind der Sonne“); chin. Pei-mi-hu
Der Begriff „Himiko“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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gab, die das Volk mit Mitteln der Magie und Zauberei be·herrschte. Diese Berichte erinnern an die mytho·logische Kaiserin
mytholog. Herrscherin; Witwe des 14. Tennō, Chūai, und Mutter des Ōjin Tennō
Der Begriff „Jingū Kōgō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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, die mit magischen Mitteln einen erfolg·reichen Feld·zug gegen Korea führte, aber auch an die Gott·heit
Der Begriff „Amaterasu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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, die sich mit magischen Mitteln gegen ihren unge·hor·samen Bruder
mytholog. Gottheit; Trickster-Gott, Sturmgott, Mondgott; Bruder der Amaterasu
Der Begriff „Susanoo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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behauptet.
Ausgehend von solchen Berichten und Legenden nehmen manche Religions·historiker an, dass an der Spitze der früh·geschicht·lichen japa·nischen Klan·gesell·schaften Herr·scher·paare standen, bei denen den Männern die weltlich-poli·tische, den Frauen die geistlich-reli·giöse Autorität zukam. Die zahl·reichen Götter·paare in den Mythen stützen diese Annahme. Doch bereits in vor·bud·dhis·tischer Zeit änderte sich die starke religiöse Stellung der Frau.
Ujigami
Vor der Übernahme des chinesischen Staats- und Rechtssystems im siebenten Jahr·hundert wurde der frühe japanische Staat von einer Konföderation von Klans (
altjap. Klan, Sippe, Familie
Der Begriff „uji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) dominiert, unter denen der Klan des
jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
Der Begriff „Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Geschlechts eine führende Stellung inne·hatte. Ein heute noch sicht·bares Zeichen dieser früh·geschicht·lichen Herr·schafts·form sind die riesigen schlüssel·loch·förmigen Grab·hügel (
Hügelgrab der japanischen Frühzeit (ca. 300–700), wtl. „altes Grab“
Der Begriff „kofun“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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), mit denen die Herr·scher zwischen dem dritten und siebenten Jahrhundert ihre Auto·rität unter Beweis stellten. Man nimmt an, dass es in dieser Zeit zu einer zu·neh·menden Strati·fi·zierung der Gesell·schaft kam. Es bildete sich eine Aristo·kratie heraus, die ihren Status unter anderem durch die Ver·ehrung ihrer Ahnen in Form von Klan·gott·heiten (
Altertum: Klangottheit; heute: lokale Schutzgottheit
Der Begriff „ujigami“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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) hervor·hob. Viele der ältesten heute noch bekannten Schreine, etwa der Kasuga Schrein in
Der Begriff „Nara“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
, gingen aus diesen ujigami Verehrungsstätten hervor.
Die kami Verehrung der uji-Aristokratie stellt daher wahrscheinlich keine besonders urtümliche religiöse Praxis dar, sondern ist Ausdruck der Zen·tra·lisie·rung des frühen ja·pa·nischen Staats·wesens und der damit ver·bun·denen Be·to·nung der patri·linearen Erb·folge. Das Auf·kommen der ujigami, die stets die Ahnen der männ·lichen Linie repräsen·tierten, steht möglicher·weise mit einer Ver·drängung der mütter·lichen Erb·folge und damit ein·her·gehend mit einer Schwächung der Stellung der Frau in rituellen Belangen in Zusammenhang.
Die ujigami standen nicht nur für die Ahnen eines patrilinearen Klans, sie waren auch mit dem Land des Klans verbunden und fungierten somit als Hüter der territorialen Klan·rechte. Mit der Ein·führung des chi·ne·sischen Staats·wesens im siebenten Jahr·hundert wurde jedoch das ganze Land zumindest der Theorie nach dem Tenno unterstellt. Die alten Land·rechte der uji-Aristo·kratie wandelten sich in Ver·waltungs·ämter um, dh. man konnte Land nicht mehr besitzen, sondern nur noch im Namen des Tenno verwalten. Wenn ein Verwalter in Ungnade fiel, konnten ihm seine Land·rechte ent·zogen werden. Vor allem dagegen scheinen sich die „Kon·serva·tiven“ bei Hof gerichtet zu haben. Diese Fraktion stellte ein Gegen·gewicht zur zu·neh·menden Sini·sierung der Ver·waltung dar und bestand im Gegen·satz zum leistungs·betonten Modell der chi·ne·sischen Beamten·hie·rarchie auf den erblichen Privilegien der alten Klan-Aristokratie.
Der Einfluss Chinas
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Im sechsten und siebenten Jahrhundert sah sich Japan gegen·über China in einer Situation, die sich viele Jahr·hunderte später in der Begegnung mit dem Westen wieder·holen sollte: Man wurde sich zunehmend einer militärisch und techno·logisch über·legenen Macht bewusst, die die territoriale Eigen·ständig·keit des Landes bedrohte. Schon damals wählte Japan den Weg der frei·willigen An·passung, um sich mit den Mitteln des Gegners gegen eine Ver·ein·nahmung zu wehren. Die Über·nahme des chi·ne·sischen Staats·wesens war Aus·druck dieser Strategie. Auf den ersten Blick mag sie wie ein Zu·geständ·nis an China er·scheinen. Doch zugleich präsentierte sich Japan dadurch als eine dem chi·ne·sischen Kaiser·reich eben·bürtige Macht mit einem eben·bürtigen Kaiser, der ebenso ein Sohn des Himmels war. Es mag daher kein Zufall sein, dass die früheste historisch belegbare Ver·wendung des chinesisch anmutenden Titels
jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels
Der Begriff „Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(Himmels-Herrscher) in die Mitte des siebenten Jahr·hunderts fällt, als der wichtigste Ver·bündete Japans auf dem Kontinent, das koreanische Reich Baekje, unter Mithilfe
chin. Herrschaftsdynastie, 618–907
Der Begriff „Tang“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Chinas vom Nach·bar·reich Silla ein·ge·nommen wurde. Japan unter·nahm im Jahr 662 einen groß·angelegten Versuch, Baekje militärisch zu Hilfe zu kommen, wurde jedoch vernichtend geschlagen.
Als Reaktion auf diese Vorgänge wurden die Tribut-Zahlungen, die Japan bis dahin regel·mäßig an die chi·ne·sische Tang Dynastie entrichtet hatte, eingestellt, und die ein·heimische Mytho·logie stark betont: Der Auftrag zur Ab·fassung der frühesten (mytho-histo·rischen) Chroniken erfolgte wieder im späten siebenten Jahr·hundert. Dennoch ging die Sinisierung von Staat und Ver·waltung un·ver·mindert voran. Eine Schlüssel·figur dieser Ent·wicklung stellt Kaiser
631?–686; 40. japanischer Kaiser; (r. 673–686)
Der Begriff „Tenmu Tennō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(631-686, r. 673-686) dar. Wie bereits erwähnt, wurde die Um·struktu·rierung des Staatswesens nach chi·ne·sischem Muster unter seiner Herr·schaft end·gültig voll·zogen, doch legte er anderer·seits auch den Grund·stein für die Nieder·schrift der mytho-histo·rischen Landes·chroniken, die später in Gestalt von
„Aufzeichnung alter Begebenheiten“; älteste jap. Chronik (712)
Der Begriff „Kojiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(712) und
Zweitältestes Schriftwerk und erste offizielle Reichschronik Japans (720)
Der Begriff „Nihon shoki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(720) voll·endet wurden. Auch der Bud·dhis·mus erfuhr unter Tenmu Tennō Unter·stützung, während zugleich der Schrein der Sonnen·gott·heit Amaterasu in Ise als wichtigster Ahnen·schrein des Tenno-Hauses fest·gelegt und ent·sprechend gefördert wurde.
Das siebente Jahrhundert war somit wahrscheinlich von einer ähnlichen Dynamik und Wider·sprüch·lich·keit geprägt wie die
posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt
Der Begriff „Meiji“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Zeit des modernen Japan: Rasanter Wechsel ging mit dem Fest·halten an alten Traditionen, bzw. mit der Erfindung neuer „alter Traditionen“ Hand in Hand (s. Staatsshinto). Aus dieser Situation heraus ist es wohl auch ver·ständlich, wie ein eigen·ständiges, auf die ein·heimischen Götter gerichtetes Hof·zeremoniell fest·gelegt werden konnte, das sowohl zahl·reiche Elemente des chinesischen Staats- und Kaiser·kults in sich auf·nahm als auch breiten Raum für den Buddhismus frei ließ.
Das Götteramt
Das Hofzeremoniell unter Tenmu ist vor allem insofern bemerkens·wert, als es einer eigenen Behörde unter·stellt war, die als einziges Regierungs·amt nicht auf einem chi·ne·sischen Vor·bild beruhte: Das Götter·amt,
Götteramt, wtl. Amt für Götter des Himmels und der Erde
Der Begriff „Jingi-kan“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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(wtl. „Behörde für Götter des Himmels und der Erde“).
Das Götteramt stand ursprünglich dem obersten Regierungsamt (
oberstes Regierungsamt der Nara- und Heian-Zeit
Der Begriff „Daijō-kan“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
) gleich·wertig gegen·über und war damit rang·mäßig höher als die sog. „Acht Ministerien“, in denen die wesent·lichen politischen Ver·waltungs·auf·gaben des Landes behandelt wurden. Den sakralen und zere·moni·ellen Auf·gaben wurde somit ein besonderer Platz in der Hier·archie staat·licher An·gelegen·heiten ein·geräumt. Sieht man sich jedoch die Hier·archie der darin tätigen Priester-Beamten an, erkennt man, dass ihre Dienst·ränge niedriger waren als die ihrer „welt·lichen“ Minister·kollegen, die zugleich mit mehr tat·sächlicher Macht·befugnis aus·ge·stattet waren. Diese Ambivalenz bleibt im Grunde auch in späterer Zeit für die Be·handlung alles „Shintoistischen“ charak·teris·tisch: Den kami steht zwar immer der ehren·vollste Platz zu, die meiste Auf·merk·samkeit erhalten jedoch andere Bereiche.
Das Götteramt regelte die wichtigsten rituellen Angelegenheiten bei Hof und bezog auch die ujigami der wichtigsten Adels·familien in seinen Auf·gaben·bereich ein. Zugleich oblag ihm die Ab·haltung von jahres·zeit·lichen Festen, die wiederum von chi·ne·sischen Vor·bildern geprägt waren. Obwohl das Götter·amt selbst also eine ja·pa·nische Erfindung ist, muss man sich das von ihm praktizierte Ritual·system als Mischung von ein·heimischen und chi·ne·sischen Elementen vorstellen.
Da das Götteramt als Verwaltungsbehörde und nicht als eigene religiöse Körper·schaft angesehen wurde, wurden seine Auf·gaben in Gesetzes·texten geregelt. Das genaueste Bild vermitteln die „Gesetzlichen Bestimmungen aus der Ära Engi“ (
„Bestimmungen der Engi Ära“; Gesetzeswerk mit zahlreichen religionspol. Bestimmungen, v.a. zum Schreinzeremoniell, aus dem 10. Jh.
Der Begriff „Engishiki“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
), die Mitte des zehnten Jahr·hunderts in Kraft traten. Die Engishiki legen u.a. das Personal des Götter·amts genau fest, enthalten detaillierte Angaben zu den jahres·zeit·lichen Riten, die zum Teil unter Führung des Tenno abzu·halten sind, und listen schließlich über 3000 Schreine im ganzen Land auf, die mit dem Kaiser·hof in Verbindung stehen. Sie beschäftigen sich dabei in erster Linie mit formalen Details (Art und Anzahl der Opfer·gaben bei bestimmten Anlässen, Art und Dauer der Askese bei der Vor·bereitung eines Ritus, etc.). Trotz ihrer über·ragenden Bedeutung als Quelle des antiken höfischen kami-Kults deutet manches daraufhin, dass die Engishiki eine Ideal·vor·stellung des höfischen Zere·monial·wesens darstellen, die in der Praxis nie voll·kommen erreicht wurde. Besonders die landes·weite Kommunikation mit Schreinen, die stets mit dem Geben und Nehmen von Opfer·gaben verknüpft war, stellte eine gewaltige logistische Heraus·forde·rung dar. Daher kon·zentrierte sich der Hof in der späten
auch Heian-kyō 平安京, „Stadt des Friedens“; politisches Zentrum 794–1185 (= Heian-Zeit)
Der Begriff „Heian“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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-Zeit auf einige wenige Groß-Schreine und überließ die Pflege aller anderen Schreine den lokalen Provinzverwaltungen.
Tabus gegen den Buddhismus
Etwas rätselhaft ist, dass der höfische Buddhismus in den Engishiki weitgehend ausgeblendet ist. Im Gegensatz dazu sind nicht nur die Chroniken der einzelnen Schreine bereits in der Heian-Zeit voll von buddhistischen Bezügen, auch in der Hofaristokratie selbst greift die Praxis des buddhistischen Laienmönchsstands (
buddhistischer Laienmönch
Der Begriff „nyūdō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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; meist verbunden mit dem Rücktritt von öffentlichen Ämtern) mehr und mehr um sich. Ende der Heian-Zeit macht sich diese Praxis selbst unter zurückgetretenen Kaisern breit, ja es kommt sogar zur berühmten Schattenregierung der „Klosterkaiser“ (
Regierung der „Klosterkaiser“ (späte Heian-Zeit)
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). Dagegen ist es ausgeschlossen, dass ein amtierender Tenno in den Mönchsstand eintritt. Ohne jegliche theologische Begründung existiert somit eine deutliche Trennwand zwischen einzelnen Bereichen des höfischen kami-Kults und dem buddhistischen Klerus.
Am stärksten ist diese Tendenz im
kaiserlicher Ahnenschrein (wtl. Götterpalast) von Ise, Präfektur Mie, bestehend aus den Anlagen Gekū und Naikū
Der Begriff „Ise Jingū“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
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Geographische Lage
ausgeprägt. So sind z.B. in den Engishiki mehrere buddhistische Begriffe genannt, die in Ise nicht verwendet werden dürfen. Statt dessen hat man sich bestimmter Tabuworte zu bedienen, etwa: „Langhaar“ für Mönch, „gefärbtes Papier“ für Sutra, „Schindeldach“ für Tempel (andere ähnliche Tabuworte beziehen sich auf Krankheit, Tod und Fleischkonsum). Auch gibt es das rätselhafte Gebot, beim Betreten des Ise Schreins „den Atem des Buddhismus zu bedecken“, und buddhistische Mönche können den Schrein nur mit Schwierigkeiten besuchen. Ähnliche Gebote verbreiten sich auch in einigen wenigen anderen, dem Hof nahe stehenden Schreinen. Es scheint somit, dass innerhalb des Zeremonialwesens, dessen Zentrum das Götteramt darstellte, der Einfluss des Buddhismus bewusst negiert wurde.
Warum diese Trennung? Es mag sein, dass der latente Widerstand gegen den Buddhismus, der hier zu erkennen ist, mit einem Festhalten der Hofaristokratie an ihren angestammten Erbrechten zu tun hat, die trotz der „meritokratischen“ Hierarchie des chinesischen Beamtenstaates nie gänzlich abgeschafft wurden. In der Tat waren staatliche Beamtenprüfungen wie sie das chinesische Modell vorsieht, nur kurz im
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Geographische Lage
-zeitlichen Japan üblich und verloren gegenüber den erblichen Privilegien einzelner Adelshäuser bald wieder an Bedeutung. Diese Erbrechte werden nun aber gerade vom Buddhismus nicht ideologisch unterstützt. Daher pflegte der Adel neben dem Buddhismus auch den Kult der eigenen ujigami Schreine weiter.
Die ujigami — und vielleicht die japanischen kami überhaupt — schufen eine Möglichkeit, im an sich perfekt geordneten Weltsystem der Karma-Theorie ein Schlupfloch zu finden. Man konnte beispielsweise, wenn kein karmischer, bzw. moralischer Nutzen an einer bestimmten Handlungsweise zu erkennen war, göttliche Tabu-Regeln geltend machen. Der anti-systematische Charakter der alten kami Religion kam zweifellos der Aufrechterhaltung bestimmter Sonderrechte oder Privilegien entgegen.
Der Buddhismus hingegen pflegte in seinen Klöstern eine Art Meritokratie und stellte – trotz aller historischen Verflechtungen mit den einzelnen Adelsfamilien – im besten Fall einen prekären Schutz weltlicher Einzelinteressen dar. Denn unter Berufung auf das mönchische Ideal der Besitzlosigkeit oder auf die Unbeständigkeit aller weltlichen Güter konnte die Verteidigung irdischer Besitztümer stets von Grund auf angezweifelt werden. Dies scheint aus meiner Sicht ein wesentlicher Punkt, wenn man nach Erklärungen sucht, warum nach einem anfänglichen Höhenflug des staatlich subventionierten Buddhismus eine verhaltene, aber doch deutliche Gegenbewegung spätestens seit dem Beginn der Heian Zeit zu erkennen ist.
Vielleicht gab aber auch die erwähnte Affäre des buddhistischen Usurpators Dōkyō den Ausschlag, dass ein gewisser Bereich des höfischen Zeremoniells einschließlich der Riten des Tenno vom Einfluss des Buddhismus ferngehalten wurde. Jedenfalls erfolgte diese Abgrenzung im wesentlichen in Form von Tabu-Regeln. Bereits in der späten Heian Zeit, als das buddhistische Weltbild im allgemeinen Bewusstsein der Japaner zur Selbstverständlichkeit geworden war, tat man sich schwer, den Sinn dieser Tabus zu verstehen, und suchte nach spitzfindigen Deutungen. Nichtsdestoweniger behielten sie auch in der buddhistisch dominierten Zeit des japanischen Mittelalters stets ein gewisses Maß an Gültigkeit.
Weiterführende Informationen
Literatur:
Links:
- Asuka Historical Museum (en.)
Mit Informationen und Abbildungen zum Takamatsuzuka Grab.Letzte Überprüfung der Linkadressen: Aug. 2010