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Version vom 25. Mai 2020, 16:34 Uhr

Einleitung:Japanische Religionsgeschichte
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Mönchsgelehrter

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In der japanischen Religions·geschichte gebührt dem Buddhismus ein ganz besonderer Platz. Es lässt sich sogar be·haup·ten, dass sich Religion im Sinne eines das ganze Land er·fassenden Systems von fest·gelegten Glaubens·formen erst mit dem Bud·dhis·mus in Japan verbreitete. Zu den Neue·rungen, die der Bud·dhis·mus brachte (und die für uns fast selbst·ver·ständ·lich zum Begriff Religion dazu·ge·hören), zählen: die Tren·nung von welt·licher und geist·licher Autori·tät (der Herrscher steht nicht zwangs·läufig dem religi·ösen Kult vor); ein über·regional organi·sierter Klerus; eine ortho·doxe Theo·logie; ein ein·heitliches Ritual·wesen; die Er·richtung von religiösen Bau·werken, Statuen, und vieles andere mehr. All das gab es im vor-bud·dhis·tischen Japan ent·weder gar nicht oder nur in An·sätzen. Es ist beispiels·weise wahrscheinlich, dass Bauten zu Ehren der japa·nischen kami [kami (jap.) Gottheit; im engeren Sinne einheimische oder lokale japanische Gottheit, Schreingottheit (s. jinja), Gottheit des Shintō], also Schreine, erst durch das Beispiel des Bud·dhis·mus ihre heute be·kannte Form er·hiel·ten.

Die geschichtliche Rolle des Buddhismus in Japan

Einer der größten Ein·schnitte in der Geschichte der japanischen Religion besteht in der Ein·führung eines Kloster·systems durch den Bud·dhis·mus. Im Japanischen ist das Wort shukke [shukke (jap.) 出家 buddh. Mönch; wtl. „der das Haus/die Familie verlässt“] ein ehe·mals sehr ge·bräuch·licher Aus·druck für den Ein·tritt in den Mönchs- oder Nonnen·stand. Er bedeutet wört·lich „Ver·lassen des Hauses“. Damit ist weniger ein Haus im baulichen Sinne ge·meint, sondern eine Familie. Wer Mönch wird, ver·lässt seine Familie und damit alle welt·lichen (gesell·schaftlichen) Ver·pflichtungen und be·gibt sich unter eine neue Ordnung. Nach dieser Ordnung steht nicht mehr das Wohl der leib·lichen Familie im Zentrum, sondern das Wohl der Mönchs·gemeinde oder die eigene spiri·tuelle Ver·voll·kommnung. Ausdruck dieses Wechsels ist der Zölibat. Er ist wahr·scheinlich weniger mit der Idee sexueller Askese ver·bunden (sie wird zumindest in Japan nie besonders betont) als mit dem Ver·zicht auf das Familien·denken, das in Japan, wie in anderen vor·modernen Gesell·schaften auch, einen extrem wichtigen Stellen·wert hatte. Span·nungen zwischen sozialen Ver·pflich·tungen gegen·über der Familie (Stichwort „kindliche Pietät“) und den Ver·pflich·tungen als Mönch sind daher nicht zu·fällig ein immer wieder·kehrendes Thema der bud·dhis·tischen Erzähl·literatur Japans. Sich der Familien·ethik zu ent·ziehen und der Mönchs·ethik zu unter·werfen, stellte in der Gesell·schaft des japanischen Alter·tums einen er·heblichen Ein·schnitt dar, der keines·falls immer von der eigenen Familie gut·geheißen wurde. Darüber hinaus symbolisiert das Kloster·wesen eine Ordnung, die der welt·lichen Ordnung einen kritischen Spiegel vorhält. Diese Idee einer religiösen Gegen·welt wurde in Japan erst durch den Bud·dhis·mus ins Leben gerufen.

Natürlich kam es aber — ähnlich wie in Europa — auch in Japan zu Ver·mischun·gen von geist·licher und welt·licher Macht: Mächtige Adels·familien schickten ihre jüngeren Söhne, die nicht für die Fort·setz·ung der Familie be·nötigt wurden, ins Kloster, um auch dort ihren Ein·fluss geltend zu machen. Ganz all·ge·mein lässt sich fest·stellen, dass sich die Strenge der bud·dhis·tischen Mönchs·gebote lockerte, je selbst·verständ·licher der Bud·dhis·mus zum Be·stand·teil der japanischen Kultur wurde. Heute ist etwa der Zölibat im japanischen Bud·dhis·mus nicht mehr obligat, auch das generelle Alkohol·verbot des Bud·dhis·mus wird sehr locker gehand·habt (s. dazu auch Kap. Tempel, Mönche).

Im Unter·schied zum Shintō [Shintō (jap.) 神道 Shintō; wtl. Weg der Götter, Weg der kami], wo eine Trennung von welt·licher und geist·licher Macht bis heute ver·schwom·men ist (schließ·lich gilt der Tennō [Tennō (jap.) 天皇 jap. „Kaiser“-Titel, wtl. Herrscher des Himmels] als oberster Priester des Shintō), legte der Bud·dhis·mus aber von An·fang an Wert auf eine autonome geist·liche Hierarchie, die dem Staat, oder besser gesagt dem kaiser·lichen Hof, nur eine bedingte Einfluss·nahme ge·stattete. Die Klöster ent·wickelten sich so zu einer Sphäre, in der neue kultur·elle Errungen·schaften erst·mals erprobt und geübt werden konnten. Inno·vationen auf dem Gebiet der Architektur, der bildenden Kunst, der Dichtung und der Schrift·lich·keit nahmen nicht selten in bud·dhis·tischen Klöstern ihren Anfang. Nach und nach drangen diese Inno·vationen auch in den welt·lichen Bereich vor und machten den Bud·dhis·mus, vor allem in seiner Früh·zeit, zum Motor des zivi·li·sato·rischen Fort·schritts in Japan. Ver·ständ·licher·weise wirkte sich diese kulturelle Kraft des Bud·dhis·mus auch auf die ein·heimischen Glau·bens·formen aus. Es ent·standen „shintōistische“ Kult·stätten, Statuen, rituelle Praktiken und klerikale Or·gani·sa·tions·formen, die ohne das Bei·spiel des Bud·dhis·mus entweder ganz andere Züge an·ge·nommen hätten oder gar nicht existieren würden.