Alltag/Totenriten/Sogiya: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 30. September 2010, 09:46 Uhr
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Das Jenseits aus Sicht eines japanischen Bestattungsunternehmens
Die folgende Abbildung ist der Website der japanischen Be·stattungs·firma Sekise ent·nommen (aufgerufen im Dezember 2005). Die Firma stellt als Service zu ihren anderen Diensten eine Web·site namens Osōshiki-Plaza, wtl. „Be·stattungs-Plaza“, zur Verfügung, die sich bei genauerer Er·forschung als Mischung aus Information zum Thema Tod/Be·stattung und Links zu anderen relevanten Organisa·tionen her·aus·stellt. Das Logo der Bestattungs Plaza ähnelt in seiner Komplexität den Jenseits·darstel·lungen auf tra·di·tio·nellen japanischen Mandalas und gibt zugleich ein ungefähres Bild von der Über·lagerung vielfältiger Jenseits·bilder in der modernen japanischen Vorstellungswelt.
Die abgebildeten Gebäude sind mit Links zu Teil·bereichen der Web·site versehen. Was als erstes auffällt, sind Figuren im Stil der „Niedlich-Kultur“ (kawaii bunka), die das Geschäft mit dem Tod als fröhlich-harmloses Frei·zeit·ver·gnügen erscheinen lassen. Zugleich wird auf den ersten Blick deutlich, dass der Jen·seits-Frei·zeit·park eine sehr inter·nationale, multi·kulturelle Angelegenheit ist.
Detailansichten
Der Mittelteil des Bildes enthält ein Schild mit der Aufschrift "Osōshiki-Plaza". Darunter ein Spring·brunnen (Jungbrunnen-Motiv?), umgeben von Figuren aus verschiedenen Epochen und Ländern. Neben einem japanischen Samurai und einer Geisha, sowie einem europäischen Ritter und einem Prinzen sind auch Tiere und ein Wesen aus der Zukunft zu sehen. Die Ver·mischung von Zeiten und Kulturen erweckt im vorliegenden Kontext Assoziationen mit buddhistischen Vorstellungen der Wiedergeburt in unterschiedlichen Existenzen, ein Trans·for·ma·tions·vor·gang, der hier als bunter Jahr·markts·zauber präsentiert wird.
Das Gebäude links oben trägt den Namen Pācharu-sōgi-kan, Gebäude für einzelne (partial) Begräbnisabschnitte. Der ent·spre·chende Link führt zu einer generellen, sehr brauch·baren Erklärung, was bei einem Begräbnis im Regel·fall alles zu tun ist. Der griechische Tempelstil und der Zylinder des Ge·bäud·ein·habers scheinen die Seriosität dieses Ab·schnitts zu unter·streichen. Dieser Teil der Web·site findet sich auch in verkürzter englischer Übersetzung.
Das Sōgi-shikitari-kan, ebenfalls klassisch-antik, enthält weitere vertiefende Informationen zu japanischen Be·gräbnis·bräuchen, z.B. hinsichtlich Kleidung, Geld·spenden, etc. Das abgebildete Braut·paar hat hier im Grunde nichts verloren.
Im oberen Bildteil befindet sich ein besonders interessanter Link zur Anoyo-Town, der „Jenseits-Stadt“. Im Schatten·riss zeichnen sich Taj Mahal, die Sagrada Familia, eine Pyramide und eine japanische Pagode ab, umflort von Barock·engeln im Manga-Stil. Der Link führt tatsächlich zu Kurz·infor·ma·tionen über die Jenseits·vorstellungen unter·schied·licher Religionen, aber auch über „Near-Death“ Erfahrungen.
Im mittleren Bildteil befindet sich ein Link zum „Haus der Profis“ (Puro no kan). Es handelt sich um eine Liste mit Kontakt·adressen zu örtlichen Be·stattungs·unter·nehmen. Da alle in Japan angesiedelt sind, ist das Gebäude eine stilisierte Burg aus der japanischen Feudalzeit.
Auf gleicher Höhe rechts befindet sich ein „Forschungs·institut“ in futuristischer Aus·gestaltung. Tatsächlich finden sich hier vermischte Berichte über Todes·fälle und Wissens·wertes von eher allgemeiner Natur. Auch historische und ethnologische Beiträge sind enthalten.
Im Stil eines europäischen Märchenschlosses mit engelshaft blonder Prinzessin, bestaunt von einem Indianer und einem Baseball-Spieler, der Verweis zu einer Adressen·liste von Organisa·tionen, die Menschen in besonderen Not·fällen unter·stützen. An erster Linie steht hier ein Verein, der Waisen betreut, aber es findet sich auch eine „Gesell·schaft für Denkmäler von Frauen“.
Im Stil des Big Ben in London schließlich der Verweis zum "Moshimo-sōdan-sentā", dem Beratungs·zentrum für den „Fall des Falles“. Der prominen·teste Ab·schnitt dieses Teils der Web·site besteht aus eine FAQ-Liste, in der z.B. die Frage auftaucht: „Was soll ich tun, wenn ich das Be·gräbnis nur im Kreis der engsten Familie abhalten will?“ Eine andere Frage bezieht sich auf die Blumen im Fall einer christlichen Beerdigung. Die Antwort rät von Chrysan·themen ab, da diese das bud·dhis·tische Paradies ver·körpern, und rät zu einer bunten Auswahl.
In der unteren Bildmitte schließlich ein Link zur eigentlichen Home·page von Sekise. In seiner Mischung aus Ver·nie·dlich·ung des Todes, hand·fester Information und spiritistischen Ein·sprenkseln dient das „Begräbnis·forum“ offensichtlich als Köder, um von einem Todes·fall Betroffene diskret auf den speziellen Ge·schäfts·zweig der Firma aufmerksam zu machen. Dieser besteht in futuristischen Be·gräbnis·formen, die durchaus Ge·meinsam·keiten mit den zahlreichen Neuen Religionen Japans aufweisen. Bei·spiels·weise vertreibt die Firma Toten·täfelchen (
Ahnentäfelchen
Der Begriff „ihai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
), die die DNA des Ver·storbenen enthalten. Auch wird Bestattung in freier Natur oder gar im Weltall angeboten.