Ikonographie/Ordnungssysteme/32 Merkmale: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 19. August 2022, 14:49 Uhr
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Nach althergebrachter Auffassung unterscheidet sich jeder Buddha [Buddha (skt.) बुद्ध „Der Erleuchtete“ (jap. butsu, hotoke 仏 oder Budda 仏陀)] von gewöhnlichen Sterblichen rein äußerlich durch 32 physiologische Merkmale. So sind zum Beispiel die Fußsohlen eines Buddha flach (Merkmal 1) und tragen die Symbole des „Rades der Lehre“ (dharmacakra [dharmacakra (skt.) धर्मचक्र „Rad der Lehre“, Symbol des Buddhismus (jap. hōrin 法輪)], Merkmal 2). Viele dieser Merkmale sind intuitiv verständlich, andere wirken aus heutiger Sicht befremdlich. Auch von den buddhistischen Bildhauern sind viele nicht berücksichtigt worden. Was die meisten Statuen allerdings mit der Liste der 32 Merkmale gemeinsam haben, ist ein Schönheitsideal, das jedem Bodybuilder diametral entgegengesetzt ist. Sehnen und Muskeln sollen sich nicht an der Körperoberfläche abzeichnen.
Nara-Zeit. Bildquelle: unbekannt.
Die einzelnen Merkmale
Die 32 Merkmale sind u.a. in Kumarajivas [Kumārajīva (skt.) कुमारजीव 344–413; buddh. Gelehrter und Übersetzer (jap. Kumaraju 鳩摩羅什)] Kommentar zum Sutra [sūtra (skt.) सूत्र „Faden“, Lehrrede des Buddha, kanonische Schrift (jap. kyō 経 oder kyōten 経典)] der Großen Weisheit (Mahaprajnaparamita Upadesha, 402–405; jp. Daichi dōron) kanonisch festgelegt worden. Sie lauten im einzelnen folgendermaßen:
- Plattfuß: die Fußsohle hat keine Wölbung und berührt zur Gänze den Boden.
- Auf den Sohlen kreisförmige Abbilder des „Rades der Lehre“
- Lange schlanke Finger und Zehen
- Große runde Fersen
- Goldene Schwimmhaut zwischen Fingern und Zehen
- Hand- und Fußflächen weich, von roter Farbe
- Rist stark gewölbt
- Waden säulenförmig wie bei Hirschen
- Arme reichen bis zu den Knien
- Penis im Körperinneren verborgen
- Gleichmäßige Proportionen (Armspanne = Körpergröße)
- Körperhaare rechtsdrehend, nach oben stehend, dunkelblau
- Aus jeder Körperpore ein duftendes Haar
- Goldene Haut
- Aureole (Strahlen, die vom Körper ausgehen)
- Samtene Haut
- Handflächen, Sohlen und Hals weich und rund
- Achselhöhlen fleischig
- Kräftiger, löwenhafter Oberkörper
- Großer gerader Wuchs
- Kreisförmige Schultern
- 4o (!) weiße Zähne
- Zähne alle gleichförmig
- Zusätzlich zu diesen 40 Zähnen 4 kräftige Eckzähne
- Löwenartige Kiefer
- Wohlriechender Speichel (Geschmackssinn)
- Lange Zunge, reicht bis zur Stirn (Redegewandtheit)
- Reine, tragende Stimme
- Blaugrüne, bzw. goldfarbene Pupillen
- Dichte Wimpern, sichelförmige dünne grünliche Brauen
- Schädelauswuchs (Weisheit)
- Stirnmal = linksdrehender weißer Haarwirbel
Obwohl das letztgenannte Merkmal auf den meisten Buddhastatuen Japans nur als dezenter Punkt erscheint, ist es eines der wichtigsten. Im Meditations Sutra Kanmuryōju-kyō [Kanmuryōju-kyō (jap.) 観無量寿経 Meditations Sutra (wtl. „Sutra der Meditation über [den Buddha] des unbegrenzten Lebens“), ein elementarer Text des Amidismus] heißt es z.B., dass dieser Haarwirbel ein Licht aussendet, das alle umfängt, die Buddhas Namen gedenken (nenbutsu [nenbutsu (jap.) 念仏 Anrufung des Namens von Buddha Amida, Gebetsformel der Amida-Anhänger]) und sie niemals im Stich lässt. Auf manchen Bildern des Buddha Amida [Amida (jap.) 阿弥陀 Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)] ist diese spirituelle Stirnlampe daher auch sehr gut zu erkennen.
Edo-Zeit, 19. Jh. Tomoe Steineck, Martina Wernsdörfer, Raji Steineck, WegZeichen: Japanische Kult- und Pilgerbilder. Die Sammlung Wilfried Spinner (1854–1918). Zürich: VMZ (Ausstellungskatalog), Abb. 12.
Buddha Vita
Die 32 Merkmale spielen bereits in der Biographie des historischen Buddha Shakyamuni [Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)] eine gewisse Rolle: Nach seiner Geburt wird er von den Wahrsagern am Hof seines Vaters Shuddhodana [Śuddhodana (skt.) शुद्धोदन Vater von Buddha Shakyamuni, König in Nord-Indien (jap. Jōbon-ō 浄飯王)] untersucht. Diese schließen aus den Merkmalen, dass er entweder ein mächtiger König werden wird, sofern er den Palast nicht verlässt, oder ein Erleuchteter, sofern er sich auf Wanderschaft begibt. Suddhodhana ist verständlicherweise für die erste Option und sperrt seinen Sohn quasi in einem goldenen Käfig ein, bis der Buddha schließlich aus eigenem Antrieb dem Palast entflieht (s. dazu Buddhas Leben nach der buddhistischen Überlieferung).
Verweise
Verwandte Themen
Internetquellen
- Thirty-two features Soka Gakkai (en.)
Artikel über die 32 Merkmale eines Buddhas von The Soka Gakkai Dictionary of Buddhism.
Literatur
Bilder
- ^ Auf der Fußsohle dieses Yakushi Nyorai zeichnet sich unter anderem das Rad der Lehre (dharmacakra ab, was dem zweiten der 32 Merkmale eines Buddhas entspricht.
Nara-Zeit. Bildquelle: unbekannt.
- ^ Buddha Amida mit seinen zwei Begleitern, Kannon und Seishi (Mitte), sowie mit einem Gefolge von 25 weiteren Bodhisattvas. Der Strahl von seinem Stirnmal ist auf dieser Darstellung besonders deutlich abgebildet. Er richtet sich auf einen (hier nicht abgebildeten) Gläubigen auf dem Totenbett, den Amida ins Reine Land (jōdo) geleiten (raigō) wird.
Edo-Zeit, 19. Jh. Tomoe Steineck, Martina Wernsdörfer, Raji Steineck, WegZeichen: Japanische Kult- und Pilgerbilder. Die Sammlung Wilfried Spinner (1854–1918). Zürich: VMZ (Ausstellungskatalog), Abb. 12.
Glossar
- dharmacakra (skt.) धर्मचक्र ^ „Rad der Lehre“, Symbol des Buddhismus (jap. hōrin 法輪)
- Kanmuryōju-kyō 観無量寿経 ^ Meditations Sutra (wtl. „Sutra der Meditation über [den Buddha] des unbegrenzten Lebens“), ein elementarer Text des Amidismus
- Kumārajīva (skt.) कुमारजीव ^ 344–413; buddh. Gelehrter und Übersetzer (jap. Kumaraju 鳩摩羅什)
- Śākyamuni (skt.) शाक्यमुनि ^ „Der Weise des Shakya-Klans“, buddhistischer Name des historischen Buddha (Gautama Siddhartha) (jap. Shaka 釈迦 oder Shakamuni 釈迦牟尼)
- Śuddhodana (skt.) शुद्धोदन ^ Vater von Buddha Shakyamuni, König in Nord-Indien (jap. Jōbon-ō 浄飯王)