Geschichte/Christentum: Unterschied zwischen den Versionen

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Als christliche Missionare im „Zeitalter der Entdeckungen“ Mitte des sechzehnten Jahrhunderts auch Japan erreichten, wurden sie — wie [[Geschichte/Reichseinigung| bereits erwähnt]] — sehr wohlwollend aufgenommen. Bereits 1549 besuchte der Begründer der Jesuitenmission {{g|Franciscodexavier}}, der Heilige Franz Xaver, das Land und errichtete in Yamaguchi (West-Honshū) erste Missionsschulen. Von ihm ist überliefert, dass er „unter den Heiden“ kein Volk gefunden habe, welches dem Christentum zugänglicher sei als die Japaner. Wie in anderen Erdteilen, die zu dieser Zeit von Europäern erschlossen wurden, ging die Ankunft der Missionare auch in Japan Hand in Hand mit der Aufnahme von Handelsbeziehungen nach Europa. Der rasche Missionserfolg, der aus Franz Xavers Worten spricht, dürfte nicht zuletzt mit diesem Handel in Verbindung stehen.
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== Aufstieg und Fall der christlichen Mission ==
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{{fl|D}}ie ersten Missio·nare, die Japan Mitte des sech·zehnten Jahr·hunderts erreichten, wurden — wie [[Geschichte/Reichseinigung| bereits erwähnt]] — sehr wohl·wollend auf·ge·nommen. Ins·besondere im Norden der Insel Kyūshū fanden sie in lokalen Macht·habern wie {{glossar:oumurasumitada}}, {{glossar:outomosourin}} oder {{glossar:arimaharunobu}} mäch·tige Gönner, die schließ·lich sogar selbst zum Chris·ten·tum über·traten. Sie über·ließen den Portu·giesen die Stadt Nagasaki, die bald zu einem neuen Handels·zentrum empor wuchs und zu·gleich auch das Zentrum der jesui·tischen Mission darstellte. Von dort aus gelang es zu·nächst jesui·tischen, später auch franzis·kanischen Missio·naren, eine beträcht·liche Gefolg·schaft in Kyūshū auf·zu·bauen. Als nächstes konzen·trierte man sich auf die Haupt·stadt Kyōto, wo die Chris·ten durch den damals mächtig·sten Kriegs·fürsten und Reichs·einiger {{glossar:odanobunaga}} wohl·wollende Duldung wenn nicht gar För·derung erfuhren.
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Ein Umstand, der die Missionierung zweifellos begünstigte, war die politische Fragmentierung des Landes in konkurrierende Fürstentümer oder Daimyate, die sich untereinander in permanentem Kriegszustand befanden ({{g|sengokujidai}}). Viele lokale Machthaber ({{g|daimyou}}) versuchten durch Kontakt mit Europa strategische Vorteile zu gewinnen. Insbesondere im Norden der Insel Kyūshū fanden die Missionare  mächtige Gönner wie {{g|oumurasumitada}}, {{g|outomosourin}} oder {{g|arimaharunobu}}, die schließlich sogar selbst zum Christentum übertraten. Sie überließen den Portugiesen die Bucht von Nagasaki, wo sich schließlich das Zentrum der Mission etablierte. Der Ort entwickelte sich außerdem rasch zu einer florierenden Hafen- und Handelsstadt. Von dort aus gelang es zunächst jesuitischen, später auch franziskanischen Missionaren, eine beträchtliche Gefolgschaft in Kyūshū aufzubauen.<ref><!--
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-->Die Jesuiten standen in der Regel in portugiesischem, die Franziskaner in spanischem Dienst.<!--
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--></ref> Ein weiteres Zentrum der christlichen Mission befand sich in der Hauptstadt-Region ({{g|kinai}}), wo die Christen durch den damals mächtigsten Kriegsfürsten und Reichseiniger {{g|odanobunaga}} wohlwollende Duldung, wenn nicht gar Förderung erfuhren.  
  
==Verbote und Repressionen==
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Als Höhepunkt der Mission kann das frühe 17. Jahrhundert angesehen werden, als nach einer kurzen Phase der Repression eine Zeit der Bemühung um wirtschaftliche und diplomatische Kontakte mit Europa folgte. Schätzungen zufolge stieg die Zahl der japanischen Christen damals auf über 700.000 (5% der Gesamtbevölkerung) an, angeleitet von etwa 300 bis 400 europäischen Missionaren.<ref>Hur 2007, S. 14, auf der Grundlage von Forschungen des japanischen Historikers Gonoi Takashi.</ref> Sobald die katholischen Schutzmächte der Missionare, Spanien und Portugal, aber Konkurrenz durch die protestantischen Mächte England und Holland erhielten, brach die Formel „kein Handel ohne Mission“ in sich zusammen. Lange gehegte Befürchtungen der japanischen Machthaber gegenüber dem exotischen christlichen Glauben entluden sich in einer Serie von gewaltsamen Repressionen und Massenexekutionen. Das Christentum wurde per Todesstrafe verboten, Ausländern war der Aufenthalt in Japan untersagt, und selbst der Handel mit Europa wurde schrittweise eingeschränkt. Im Zuge der sogenannten „Abschließung des Landes“ ({{g|sakoku}}) ab den 1640er Jahren blieb schließlich nur noch ein einziger holländischer Stützpunkt — die künstliche Insel {{g|Dejima}} in Nagasaki — für den europäischen Handel übrig, während das Christentum Ende des 17. Jahrhundert mehr oder weniger ausgerottet war.
  
Nach Nobunagas Er·mor·dung im Jahr 1582 übernahm sein Gefolgs·mann {{glossar:toyotomihideyoshi}} (1537–1598) die Füh·rung seiner Truppen und setzte den Eini·gungs·prozess des Landes zügig fort. Nach·dem er den Erfolg der Christen in Kyūshū 1587 mit eigenen Augen er·lebte, reagierte Hideyoshi mit Skepsis gegen·über der fremden Religion und ver·wies die Missio·nare des Landes. Wie Nobunaga hatte auch er die Erfahrung ge·macht, dass gerade die·jenigen feind·lichen Heere, die von reli·giösen Gruppie·rungen ge·führt wurden, am schwie·rigs·ten zu unter·werfen waren. Obwohl die Christen ihm nicht feind·lich ent·gegen·traten, sah er in ihnen offen·bar auf·rührerisches Potential. Da Hideyoshi aber weiter am Handel mit den Portu·giesen interessiert war, scheinen seine Ver·bote des Chris·ten·tums nicht kon·se·quent um·ge·setzt worden zu sein. Erst zehn Jahre später, im Jahre 1597 (ein Jahr vor Hideyoshis Tod) kam es zu ersten brutalen Repres·sionen, denen auch die be·kannten 26 Märtyrer von Nagasaki zum Opfer fielen.
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== Kultureller Austausch ==
  
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Als die Portugiesen und später die Spaniern in direkte Handelskontakte mit Japan traten, erregten ihre Waren, Schiffe, Kleider und Gebräuche großes Aufsehen. All dies wurde detailreich auf goldgrundierten Wandschirmen festgehalten, die heute unter der Genrebezeichnung {{g|nanbanbyoubu}} („Wandschirme der südlichen Barbaren“) bekannt sind. Man kann darauf gut erkennen, dass die europäischen Schiffe zum Großteil mit dunkelhäutigen Matrosen bemannt waren. Wahrscheinlich waren das Inder aus {{g|Goa}}, von wo aus die Portugiesen damals ihre süd- und ostasiatischen Kolonisations- und Handelspolitik koordinierten. Auch die Jesuiten hatten dort ihren wichtigsten Stützpunkt. Insofern ist die Bezeichnung „südlich“ für diese gemischte Gruppe von „Barbaren“ nicht unrichtig.
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Das Christentum wurde wohl zunächst für eine exotische Form des Buddhismus gehalten, da sich die ersten Dolmetscher natürlich buddhistischer Termini bedienten. Auch das links abgebildete Portrait des „Christenfürsten“ {{g|arimaharunobu}} zeigt, dass zumindest die religiöse Bildsprache der frühen japanischen Christen stark dem Buddhismus verpflichtet war.
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Die Jesuiten bemühten sich allerdings konsequent, die Landessprache zu erlernen, den Konvertierten Latein und Portugiesisch beizubringen und schließlich christliche Schriften ins Japanische zu übertragen. Berühmte Beispiele dieser kulturellen Annäherung stellen das Japanisch-Portugiesische Wörterbuch {{g|nippojisho}} (1603) und das Grammatik-Lehrbuch {{g|Artedalingoadeiapam}} (1604) dar, die beide unter Anleitung des Missionars und Linguisten {{g|rodriguesjoao}} entstanden. Sie sind nicht nur ein Zeichen für die Ernsthaftigkeit und den missionarischen Eifer der Jesuiten, sie stellen darüber hinaus eine unersetzliche Quelle zur Syntax und zum Vokabular des damaligen Umgangsjapanisch dar.
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=== Diplomatische Initiativen ===
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Unter der Regie der Jesuiten und kofinanziert vom christlichen Daimyō {{g|ootomosourin}} machte sich 1582, als das Christentum in Japan noch hoch im Kurs stand, die sogenannte {{g|tenshoushisetsu|Tenshō Gesandtschaft}} auf den Weg ins christliche Abendland. Sie bestand aus vier jungen Samurai, die nicht nur christlich getauft waren, sondern auch Portugiesisch und Latein beherrschten. Sie erregten sowohl in Europa, wo päpstliche Audienzen das Ziel und den Höhepunkt ihrer Reise darstellten, als auch in Japan — nach ihrer Rückkehr 1590 — großes Aufsehen, blieben aber in beiden Fällen wohl eher ein exotisches Einzelereignis.<!--
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--><ref>Die ausführlichste Beschreibung der Reise, ''De missione legatorum Iaponensium ad Romanum curiam'' wurde unter der Supervision von {{gb|valignanoalessandro}} vom Jesuitenpater Duarte de Sande verfasst. Der Bericht aus dem Jahr 1590 bezieht auch tagebuchartige Aufzeichnungen der japanischen Emissäre mit ein.</ref> Ihr Ziel, die diplomatischen Kontakte zwischen Europa und Japan zu festigen und damit die Missionierung in Japan zu stärken, erreichte die diplomatische Initiative letztlich nicht.
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| Hasekura Tsunenaga
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Anfang des 17. Jahrhunderts  kam es dann zu einem weiteren und für lange Zeit letzten Versuch eines japanischen Machthabers, diplomatische Beziehungen mit Europa aufzunehmen. In seiner neu ausgebauten Residenzstadt Sendai in Nord-Japan (damals {{g|oushuu}}) ließ Daimyō {{g|Datemasamune}}  ein Schiff nach europäischer Bauart konstruieren, das 1613 über den Pazifik in Richtung  Mexiko in See stach, also spanische Hoheitsgebiete ansteuerte. An Bord befand sich eine diplomatische Mission unter Führung eines gewissen {{g|Hasekuratsunenaga}}, der ein Handelsabkommen mit Spanien in die Wege zu leiten sollte. Katholische Missionare und spanische Entdecker begleiteten die Delegation, die schließlich bis nach Rom gelangte und dort vom Papst empfangen wurde. Insgesamt hielten sich Hasekura und seine Begleiter zwei Jahre in Europa und mehrere Jahre in Amerika und im pazifischen Raum auf. Erst 1620 trafen sie wieder in Japan ein, das allerdings endgültig auf Kontakte mit Holland setzte und an Verträgen mit dem katholischen Spaniern kein Interesse mehr zeigte. Umgekehrt war die Mission auch in Europa, wo sich die Kunde von japanischen Christenverfolgungen herumgesprochen hatte, nicht von Erfolg gekrönt.<!--
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--><ref>Insgesamt hinterließ der Besuch der japanischen Gesandtschaft jedoch einen positiven Eindruck. Ein Bericht des Franziskanermönchs  Luis Sotelo (1574–1624), der die Mission von Anfang an begleitet hatte, erschien auf Italienisch und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Die deutsche Ausgabe ist online auf den Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek zugänglich: [http://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ103507504 Relation Und gründlicher Bericht von deß Königreichs Voxu in Japonischen Keyserthumb Gottseliger Bekehrung] (1617).
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Beide diplomatischen Initiativen erlitten also ein ähnliches Schicksal: In den langen Jahren der Reise änderten sich das politische Klima jeweils zu Ungunsten des Christentums. Schlussendlich endeten die meisten japanischen „Botschafter“, die naturgemäß gläubige Christen waren, im Exil oder starben sogar einen Märtyrertod (s. dazu den Essay {{showTitel|Essays/Tensho-Mission}}).
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== Verbote und Repressionen ==
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Nach Nobunagas Ermordung im Jahr 1582 übernahm sein Gefolgsmann {{g|toyotomihideyoshi}} (1537–1598) die Führung seiner Truppen und setzte den Einigungsprozess des Landes zügig fort. Bei einer Inspektionstour durch Kyūshū 1587 erlebte er den dortigen Erfolg der Christen mit eigenen Augen und begann Zweifel an der Toleranz seines Vorgängers zu hegen. Wie Nobunaga hatte auch er die Erfahrung gemacht, dass gerade diejenigen feindlichen Heere, die von religiösen Gruppierungen geführt wurden, am schwierigsten zu unterwerfen waren. Obwohl die Christen ihm nicht feindlich entgegentraten, sah er in ihnen offenbar aufrührerisches Potential. Daher erließ er 1587 überraschend ein erstes Verbot der Missionierung, demzufolge alle europäischen Missionare des Landes verwiesen werden sollten ({{g|baterentsuihourei}}). Da Hideyoshi aber weiter am Handel mit Europa interessiert war, willigte er schließlich in Kompromisse mit den Portugiesen ein, sodass seine Verbote des Christentums nicht konsequent umgesetzt wurden. Die Zeit der stillschweigenden Duldung hatte schließlich ein Ende, als ein spanischer Kapitän in Hideyoshis Gegenwart damit prahlte, dass die Spanier zuerst Missionare in ein Land sandten, um es später mit Waffengewalt zu erobern.<!--
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Tronu 2012, S. 132.
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</ref> 1597 (ein Jahr vor Hideyoshis Tod) kam es zu ersten Exekutionen von Christen (v.a. spanische Franziskaner und ihre japanischen Anhänger), die als die 26 Märtyrer von Nagasaki in die Geschichte eingingen.
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{{g|tokugawaieyasu}} (1543–1616), der dritte der „Drei Reichseiniger“, betrieb nach seiner Machtergreifung (1600, bzw. 1603) vorübergehend eine tolerantere Politik — noch war auch er am Handel mit den Portugiesen interessiert. Als aber immer mehr europäische Protestanten (Holländer, Engländer) nach Japan kamen, verloren die Portugiesen ihr Handelsmonopol. Zugleich wurde auch der europäische Religionsstreit zwischen Katholiken und Protestanten in Japan sichtbar. Ieyasu sah sich daraufhin nicht länger genötigt, die von ihm als potentiell gefährlich eingestufte fremde Religion zu dulden. Anfang 1614 kam es neuerlich zu einem totalen Verbot ({{g|haikirishitanbun}}). Missionare, japanische Christen und sogar christliche {{g|Daimyou}} wurden nun mit noch gnadenloserer Konsequenz als unter Hideyoshi des Landes verwiesen oder hingerichtet.
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Unter Ieyasus Nachfolgern verstärkten sich die Repressionen, Christen wurden systematisch ausgeforscht. Da sie für ihren unbedingten Glauben bekannt waren, ließen sie sich identifizieren, indem man sie zwang, auf Bildern von Jesus oder Maria oder auf Kruzifixen herumzutrampeln. Wer dies verweigerte, entlarvte sich als Christ und wurde zumeist gekreuzigt. Diese Praxis wurde als {{g|fumie}}, wtl. „Bildertreten“ bezeichnet. 1622 kam es neuerlich zu öffentlichen Hinrichtungen in Nagasaki, denen 52 Christen zum Opfer fielen.
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<p style=text-align:center;margin-top:-1em><small>Orte und Schlachten des 16. und 17. Jahrhunderts</small></p>
 
{{glossar:tokugawaieyasu}} (1543–1616), der dritte der „Drei Reichs·einiger“, betrieb nach seiner Macht·ergrei·fung (1600, bzw. 1603) vor·über·gehend eine tolerantere Politik — noch war auch er am Handel mit den Portu·giesen inter·essiert. Als aber immer mehr euro·päische Protes·tanten (Holländer, Engländer) nach Japan kamen, verloren die Portu·giesen ihr Handels·monopol. Zugleich wurde auch der euro·päische Religions·streit zwischen Katholiken und Protestanten in Japan sicht·bar. Ieyasu sah sich daraufhin nicht länger genötigt, die von ihm als potentiell ge·fähr·lich ein·gestuf·te fremde Religion zu dulden. 1613 kam es neuerlich zu einem totalen Verbot ({{g|baterentsuihourei}}), Missio·nare, japanische Christen und sogar christliche {{Glossar:Daimyou}} wurden des Landes ver·wiesen oder hingerichtet.
 
 
Unter Ieyasus Nach·folgern verstärkten sich die Repres·sionen, Christen wurden sys·tema·tisch aus·ge·forscht. Da sie für ihren un·be·dingten Glauben bekannt waren, ließen sie sich identi·fizieren, indem man sie zwang, auf Bildern von Jesus oder Maria oder auf Kruzi·fixen herum·zu·trampeln. Wer dies ver·weigerte, ent·larvte sich als Christ und wurde zu·meist ge·kreuzigt. Diese Praxis wurde als {{glossar:fumie}}, wtl. „Bildertreten“ be·zeichnet. 1622 kam es neuerlich zu öffent·lichen Hin·rich·tungen in Nagasaki, denen 51 Christen zum Opfer fielen.
 
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Die Repres·sionen erreichten 1637 und 38, zur Zeit der sog. {{g|Shimabara}} Rebellion in Kyūshū, ihren Höhe·punkt. Der Grund für diesen Auf·stand lag wohl haupt·sächlich in der exzes·siven Be·steuerung der Bauern, doch wurde das Chris·ten·tum, das ja in Kyūshū tatsächlich besonders verbreitet war, als Ursache ge·brand·markt. Die Rebellion wurde niedergeschlagen, 40.000 Auf·ständische wurden dabei ge·tötet. In der Folge wurde die Ver·folgung der Christen auf ganz Japan ausgedehnt. Um zu gewähr·leisten, dass in keinem japa·nischen Haus·halt mehr Christen lebten, mussten sich alle Japaner in die Gläubigen·register der bud·dhis·tischen Tempel eintragen lassen (s. [[Geschichte/Terauke | ''terauke'' System]]). Bald getraute sich nie·mand mehr, sich öffent·lich zum Chris·ten·tum zu bekennen, im Unter·grund blieben aber einige Gemeinden (die sog. „Krypto-Christen“, {{glossar:kakurekirishitan}}) bis zur frühen {{glossar:meiji}}-Zeit, genauer bis zur Auf·hebung des Chris·ten·bannes 1873, bestehen. Interessanter·weise gibt es bis heute Nach·fahren dieser Krypto-Christen, die lieber bei ihrer heimlich über·lieferten Version des Chris·ten·tums bleiben, statt sich der katholischen „Mutter·kirche“ anzuschließen.
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Die Repressionen erreichten 1637 und 38, zur Zeit der sog. {{g|Shimabara}} Rebellion in Kyūshū, ihren Höhepunkt. Der Grund für diesen Aufstand lag wohl hauptsächlich in der exzessiven Besteuerung der Bauern, doch wurde das Christentum, das ja in Kyūshū tatsächlich besonders verbreitet war, als Ursache gebrandmarkt. Die Rebellion wurde niedergeschlagen, fast 40.000 Aufständische wurden dabei getötet. In der Folge wurde die Verfolgung der Christen auf ganz Japan ausgedehnt. Um zu gewährleisten, dass in keinem japanischen Haushalt mehr Christen lebten, mussten sich alle Japaner in die Gläubigenregister der buddhistischen Tempel eintragen lassen (s. [[Geschichte/Terauke | ''terauke'' System]]). Bald getraute sich niemand mehr, sich öffentlich zum Christentum zu bekennen, im Untergrund blieben aber einige Gemeinden (die sog. „Krypto-Christen“, {{g|kakurekirishitan}}) bis zur frühen {{g|meiji}}-Zeit, genauer bis zur Aufhebung des Christenbannes 1873, bestehen. Interessanterweise gibt es bis heute Nachfahren dieser Krypto-Christen, die lieber bei ihrer heimlich überlieferten Version des Christentums bleiben, statt sich der katholischen „Mutterkirche“ anzuschließen.
  
 
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| Der Handelsstützpunkt Dejima, um 1790
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Mit dem abso·luten Verbot des Chris·ten·tums setzte in Japan auch die „Politik der Ab·schlie·ßung des Landes“ ({{Glossar:Sakoku}}) ein, die bis zur er·zwung·enen Öffnung des Hafens von Yokohama durch den ameri·kanischen Admiral {{g|Perrymatthew|Perry}} (1853) bei·be·halten wurde. Einziges Fenster zur euro·päischen Welt war der nieder·ländische Handels·stütz·punkt auf {{g|Dejima}}, eine künst·liche Insel im Hafen von Nagasaki, deren Zugang vom Shōgunat streng kontrolliert wurde.
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Mit dem absoluten Verbot des Christentums setzte in Japan auch die erwähnte Politik der „Abschließung des Landes“ ({{g|Sakoku}}) ein, die bis zur erzwungenen Öffnung des Hafens von Yokohama durch den amerikanischen Admiral {{g|Perrymatthew|Perry}} (1853) beibehalten wurde. Einziges Fenster zur europäischen Welt war der Handelsstützpunkt auf {{g|Dejima}}, eine künstliche Insel im Hafen von Nagasaki, deren Zugang vom Shōgunat streng kontrolliert wurde. Ursprünglich für den Handel mit Portugal errichtet, wurde Dejima 1641 den Niederlanden überantwortet. Das religiös aufgeschlossene Holland wurde damit während der gesamten {{g|edo}}-Zeit zum einzigen Repräsentanten der westlichen Kultur in Japan. Auch die berühmten deutschen Japan-Reisenden {{g|kaempferengelbert}} und {{g|Sieboldphilippfranzvon}} waren in Japan offiziell „Holländer“.
  
 
==Gründe der Christenverfolgung==
 
==Gründe der Christenverfolgung==
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|Lingoa de Iapam
 
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|Arima Harunobu
 
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Das Chris·ten·tum wurde wohl zunächst für eine exo·tische Form des Bud·dhis·mus ge·halten, da sich die ersten Dol·metscher natürlich bud·dhis·tischer Termini bedienten. Auch das links ab·ge·bildete Portrait des „Christen·fürsten“ {{glossar:arimaharunobu}} zeigt, dass zu·mindest die reli·giöse Bild·sprache der frühen japanischen Christen stark dem Bud·dhis·mus verpflichtet war.
 
  
Die Jesuiten bemühten sich aller·dings konsequent, die Landes·sprache zu erlernen, den Konver·tierten Latein und Portu·giesisch bei·zu·bringen und schließ·lich christliche Schriften ins Japanische zu über·tragen. Be·rühmte Bei·spiele dieser kultu·rellen An·näherung stellen das Japani·sch-Portu·giesische Wörter·buch {{g|nippojisho}} (1603) und das Grammatikbuch {{g|Artedalingoadeiapam}} (1604) dar, die beide unter Anleitung des Missionars und Linguisten {{g|Joaorodrigues}} entstanden. Sie sind nicht nur ein Zeichen für die Ernst·haftig·keit und den missio·narischen Eifer der Jesuiten, sie stellen dar·über hinaus eine un·er·setz·liche Quelle zur Syntax und zum Vokabular des damaligen Umgangs·japanisch dar.
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Trotz einiger durchaus ernst gemeinter Bemühungen um einen Dialog seitens der katholischen Missionare blieb das Christentum den meisten japanischen Machthabern doch in derselben Weise verdächtig, wie einzelne fundamentalistisch-buddhistische Sekten: Es war nicht bereit, den grundsätzlichen Konsens in Japan zu teilen, dass letztlich alle (tolerierbaren) Religionsformen die gleiche Wahrheit ausdrücken. Diese Grundhaltung des Buddhismus (s. [[Grundbegriffe/Buddhismus_Lehre | Einführung]]) wurde auch von weltlichen Herrschern im  Japan der Edo-Zeit geteilt. Wer gegen sie jedoch verstieß, indem er anderen Lehren jede Berechtigung absprach, wurde seinerseits brutal verfolgt. Die japanischen Christenverfolgungen sind daher nicht als Ausdruck von besonderer Fremdenfeindlichkeit zu verstehen, vielmehr wurden alle religiösen Gruppen, die mit dem Anspruch auftraten, allein seligmachend zu sein, gewaltsam unterdrückt. Neben den Christen wurden auch radikale Fraktionen der {{g|Nichiren}}- und {{g|Amida}}-Schulen als Häretiker gebrandmarkt und verfolgt.
  
Trotz dieser durchaus ernst gemeinten Bemü·hungen um einen Dialog mit der japa·nischen Kultur im Dienste der Mission blieb das Chris·ten·tum den meisten japanischen Macht·habern doch in derselben Weise ver·dächtig, wie einzelne fun·da·men·ta·listisch-bud·dhis·tische Sekten: Es war nicht bereit, den grund·sätz·lichen Konsens zu teilen, dass letzt·lich alle (tolerierbaren) Religions·formen die gleiche Wahr·heit aus·drücken. Diese Grund·haltung des Bud·dhis·mus (s. [[Grundbegriffe/Buddhismus_Lehre | Einführung]]) wurde auch von welt·lichen Herrschern ge·teilt. Die japanischen Christen·ver·folgungen sind daher nicht un·be·dingt als Aus·druck von be·sonderer Fremden·feind·lich·keit oder Anti-Chris·tianismus zu sehen, viel·mehr wurden alle reli·giösen Gruppen, die mit dem Anspruch auf·traten, allein selig·machend zu sein, auf ähnliche Weise be·handelt. Ähnlich wie die Christen wurden auch einzelne radikale Frak·tionen der [[Geschichte/Nichiren | Nichiren]]- und [[Geschichte/Amidismus | Amida]]-Sekten als Häretiker ge·brand·markt und verfolgt.
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Zu diesen allgemein religiösen Vorbehalten gesellten sich politische Gründe den Europäern zu misstrauen. So wusste man bald auch in Japan, dass die europäischen Mächte in Indien und Südamerika bereits große Landesteile kolonisiert hatten und nicht zögern würden, selbiges auch in Japan zu versuchen. In der Tat offenbaren jesuitische Quellen, dass es unter den Jesuiten  eine Fraktion in den Mönchstand getretener Hidalgos gab, die ernsthaft darüber nachdachten, Japan mit militärischer Gewalt zu unterwerfen.
  
Im übrigen offenbaren jesui·tische Quellen, dass das Miss·trauen in Japan durchaus nicht ohne Be·rech·tigung war. Unter den Jesuiten gab es auch eine Fraktion in den Mönch·stand ge·tretener Hidalgos, die ernsthaft darüber nach·dachten, Japan mit mili·tärischer Gewalt zu unterwerfen.
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Im übrigen waren sich Hideyoshi und Ieyasu sehr wohl der Rolle bewusst, die der Handel bzw. neue, aus Europa importierte Waffen bei der Reichseinigung gespielt hatten: Dank neuer Kriegstechnologien gelang es den „progressiveren“ unter den Kriegsherren, die existierende militärische Pattstellung zu kippen und mehr und mehr Verbündete auf ihre Seite zu ziehen. Als dieser Prozess der Einigung abgeschlossen war, trachtete das Tokugawa Shōgunat danach, die Vorteile, die ihm zur Macht verholfen hatten, potenziellen Gegnern zu verwehren. Da aber Daimyō, die das Christentum förderten, zweifellos privilegierte Beziehungen zum europäischen Handel hatten, standen die neuen Herrscher über kurz oder lang vor der Wahl, entweder selbst das Christentum zu fördern oder es zu verbieten, und entschieden sich für das letztere.
  
Abgesehen von Bedenken gegenüber der frem·den Religion waren sich Hideyoshi und Ieyasu sehr wohl der Rolle be·wusst, die der Handel, bzw. neue, aus Europa impor·tierte Techno·logien bei der Reichs·einigung ge·spielt hatten: Dank neuer Kriegs·techno·logien gelang es den „progessiveren“ unter den Kriegs·herren, die existierende mili·tärische Patt·stellung zu kippen und mehr und mehr Ver·bündete auf ihre Seite zu ziehen. Als dieser Prozess der Einigung ab·ge·schlossen war, trachtete das Tokugawa Shōgunat danach, die Vor·teile, die ihm zur Macht verholfen hatten, poten·ziellen Gegnern zu ver·wehren. Da aber Daimyō, die das Chris·ten·tum förderten, zweifel·los privilegierte Be·ziehungen zum euro·päischen Handel hatten, standen die neuen Herrscher über kurz oder lang vor der Wahl, ent·we·der selbst das Chris·ten·tum zu fördern oder es zu verbieten, und entschieden sich für das letztere.
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Schließlich darf man nicht unterschätzen, wie schwierig es ist, vor dem Hintergrund asiatischer Traditionen den Vorstellungen des Christentums Glauben zu schenken. Das Befremden, das selbst aufgeklärte Japaner des 19. Jahrhunderts gegenüber dem Christentum empfanden, drückt sich noch in den Berichten der ersten japanischen Diplomaten der {{g|Meiji}}-Zeit aus, die sich im Rahmen der sogenannten Iwakura-Mission ({{g|iwakurashisetsudan}}, 1871–1873) auf Inspektionsreise in die führenden, christlich geprägten Industrienationen begaben. Über die Figur Jesu Christi schreibt der Iwakura-Chronist {{g|kumekunitake}} u.a. folgendes:
 
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Aktuelle Version vom 9. Januar 2023, 17:46 Uhr

Japans ‚christliches Jahrhundert‘

Als christliche Missionare im „Zeitalter der Entdeckungen“ Mitte des sechzehnten Jahrhunderts auch Japan erreichten, wurden sie — wie bereits erwähnt — sehr wohlwollend aufgenommen. Bereits 1549 besuchte der Begründer der Jesuitenmission Francisco de Xavier [Francisco de Xavier (west.) 1506–1552; spanischer Mönch und Missionar, Mitbegründer des Jesuitenordens, zuständig für die Missionierung Ostasiens; auch als der Heilige Franz Xaver bekannt], der Heilige Franz Xaver, das Land und errichtete in Yamaguchi (West-Honshū) erste Missionsschulen. Von ihm ist überliefert, dass er „unter den Heiden“ kein Volk gefunden habe, welches dem Christentum zugänglicher sei als die Japaner. Wie in anderen Erdteilen, die zu dieser Zeit von Europäern erschlossen wurden, ging die Ankunft der Missionare auch in Japan Hand in Hand mit der Aufnahme von Handelsbeziehungen nach Europa. Der rasche Missionserfolg, der aus Franz Xavers Worten spricht, dürfte nicht zuletzt mit diesem Handel in Verbindung stehen.

Aufstieg und Fall der christlichen Mission

Franzxaver.jpg
1 Der Heilige Franz Xaver
Francisco de Xavier (1506–1552), der heilige Franz Xaver, war der Begründer der japanischen Jesuitenmission. Wie viele christliche Artefakte in Japan wurde auch dieses Bild, in Folge der Christenverfolgungen ab 1614, Jahrhunderte lang unter Verschluss gehalten und erst 1920 wieder entdeckt. Man nimmt an, dass das Bild von einem japanischen Maler stammt, der von den Jesuiten in europäischer Maltechnik ausgebildet wurde. Die Inschrift kennzeichnet Franz Xaver als Heiligen („S.“) und müsste demnach nach seiner Heiligsprechung (1622) entstanden sein, manche Experten sind allerdings der Meinung, dass die Jesuiten ihn schon vorzeitig als Heiligen titulierten und das Bild daher aus früherer Zeit stammt.

Das Bild zeigt den Heiligen, dem sich Christus in einer Vision offenbart. Er soll darauf mit den Worten reagiert haben: „Satis est, domine, satis est“ (salopp ausgedrückt, „das reicht schon“). Die Worte werden als Ausdruck einer besonderen Bescheidenheit ausgelegt.
Frühe Edo-Zeit, frühes 17. Jh. Kōbe City Museum, über Internet Archive.

   

Ein Umstand, der die Missionierung zweifellos begünstigte, war die politische Fragmentierung des Landes in konkurrierende Fürstentümer oder Daimyate, die sich untereinander in permanentem Kriegszustand befanden (Sengoku Jidai [Sengoku Jidai (jap.) 戦国時代 Zeit der kämpfenden Länder, 1467–1568; beginnt mit dem Ōnin-Krieg und endet nach dieser Definition mit dem Beginn der nationalen Einigung unter Oda Nobunaga; nach anderen Definitionen mit der Ausrottung der Toyotomi durch Tokugawa Ieyasu im Jahr 1615]). Viele lokale Machthaber (Daimyō [Daimyō (jap.) 大名 Territorialfürst, Titel des Kriegeradels]) versuchten durch Kontakt mit Europa strategische Vorteile zu gewinnen. Insbesondere im Norden der Insel Kyūshū fanden die Missionare mächtige Gönner wie Ōmura Sumitada [Ōmura Sumitada (jap.) 大村純忠 1533–1587; erster christlicher Daimyō; getauft 1563], Ōtomo Sōrin [Ōtomo Sōrin (jap.) 大友宗麟 1530–1587; christlicher Daimyō in Kyūshū] oder Arima Harunobu [Arima Harunobu (jap.) 有馬晴信 1561?–1612; christlicher Daimyō in Kyūshū], die schließlich sogar selbst zum Christentum übertraten. Sie überließen den Portugiesen die Bucht von Nagasaki, wo sich schließlich das Zentrum der Mission etablierte. Der Ort entwickelte sich außerdem rasch zu einer florierenden Hafen- und Handelsstadt. Von dort aus gelang es zunächst jesuitischen, später auch franziskanischen Missionaren, eine beträchtliche Gefolgschaft in Kyūshū aufzubauen.1 Ein weiteres Zentrum der christlichen Mission befand sich in der Hauptstadt-Region (Kinai [Kinai (jap.) 畿内 Region rund um die ehem. Hauptstadt Kyōto, bestehend aus den alten Provinzen Yamato, Yamashiro, Settsu, Izumi und Kawachi]), wo die Christen durch den damals mächtigsten Kriegsfürsten und Reichseiniger Oda Nobunaga [Oda Nobunaga (jap.) 織田信長 1534–1582, Kriegsfürst, Reichseiniger] wohlwollende Duldung, wenn nicht gar Förderung erfuhren.

Als Höhepunkt der Mission kann das frühe 17. Jahrhundert angesehen werden, als nach einer kurzen Phase der Repression eine Zeit der Bemühung um wirtschaftliche und diplomatische Kontakte mit Europa folgte. Schätzungen zufolge stieg die Zahl der japanischen Christen damals auf über 700.000 (5% der Gesamtbevölkerung) an, angeleitet von etwa 300 bis 400 europäischen Missionaren.2 Sobald die katholischen Schutzmächte der Missionare, Spanien und Portugal, aber Konkurrenz durch die protestantischen Mächte England und Holland erhielten, brach die Formel „kein Handel ohne Mission“ in sich zusammen. Lange gehegte Befürchtungen der japanischen Machthaber gegenüber dem exotischen christlichen Glauben entluden sich in einer Serie von gewaltsamen Repressionen und Massenexekutionen. Das Christentum wurde per Todesstrafe verboten, Ausländern war der Aufenthalt in Japan untersagt, und selbst der Handel mit Europa wurde schrittweise eingeschränkt. Im Zuge der sogenannten „Abschließung des Landes“ (sakoku [sakoku (jap.) 鎖国 Abschließung des Landes in der Edo-Zeit, 1639–1853]) ab den 1640er Jahren blieb schließlich nur noch ein einziger holländischer Stützpunkt — die künstliche Insel Dejima [Dejima (jap.) 出島 künstliche Insel in der Bucht von Nagasaki; während der Edo-Zeit war hier der einzige europäische Handelsstützpunkt] in Nagasaki — für den europäischen Handel übrig, während das Christentum Ende des 17. Jahrhundert mehr oder weniger ausgerottet war.

Kultureller Austausch

Nanbanbune3.jpg
2 Schiff der Südlichen Barbaren
Wandschirm mit europäischen „Barbaren“ (nanban). Kurz vor der Vertreibung der Europäer aus Japan zogen diese großes Interesse auf sich. An Bord des Schiffes sind europäisch-hellhäutige und dunkelhäutige (indische?) Personen zu sehen. Die dunkelhäutigen sind Diener und Matrosen. Im Vordergrund ist zu sehen, dass die europäischen Händler selbst Tiger im Gepäck hatten (auf einem anderen Bild ist auch ein Elefant zu sehen).
Werk von Kanō Naizen (1570–1616). Edo-Zeit, frühes 17. Jh. Kōbe City Museum.

Als die Portugiesen und später die Spaniern in direkte Handelskontakte mit Japan traten, erregten ihre Waren, Schiffe, Kleider und Gebräuche großes Aufsehen. All dies wurde detailreich auf goldgrundierten Wandschirmen festgehalten, die heute unter der Genrebezeichnung nanban byōbu [nanban byōbu (jap.) 南蛮屏風 Wandschirme mit Motiven europäischer Händler aus dem 16. und 17. Jh.] („Wandschirme der südlichen Barbaren“) bekannt sind. Man kann darauf gut erkennen, dass die europäischen Schiffe zum Großteil mit dunkelhäutigen Matrosen bemannt waren. Wahrscheinlich waren das Inder aus Goa [Goa (west.) 1510–1961 portugiesische Kolonie in Indien, heute kleinster Teilstaat indiens], von wo aus die Portugiesen damals ihre süd- und ostasiatischen Kolonisations- und Handelspolitik koordinierten. Auch die Jesuiten hatten dort ihren wichtigsten Stützpunkt. Insofern ist die Bezeichnung „südlich“ für diese gemischte Gruppe von „Barbaren“ nicht unrichtig.

Arima harunobu.jpg
3 Arima Harunobu
Offiziell handelt es sich hier um ein Abbild des buddhistischen Bodhisattvas Kokūzō (skt. Akashagarbha), der häufig mit einem Wunschjuwel, das er in Brusthöhe hält, dargestellt wird. Auf dieser Darstellung fällt allerdings auf, dass das „Wunschjuwel“ eher dem Weltenberg Sumeru gleicht, auf dem jedoch ein Kreuz thront. Dies erinnert wiederum an das christliche Herrschaftssymbol von Reichsapfel mit Kreuz. Auch der Mantel des Dargestellten entspricht nicht der gängigen Bodhisattva Ikonographie. Schließlich sind in dem Gewand vier Gesichter versteckt, die ebenfalls Rätsel aufgeben. Die lange in einer Schachtel verwahrte Darstellung, deren Ursprung im Dunklen liegt, dürfte jedenfalls unter christlichem Einfluss entstanden sein.

Laut dem Japanologen Detlev Schauwecker, einem Spezialisten des „christlichen Zeitalters“ in Japan, handelt es sich in der Tat um ein Portrait des christlichen Daimyōs Arima Harunobu (1561?-1612). In den Jesuitendramen der Barockzeit tritt dieser unter dem Namen Protasio von Aryma als Idealtyp des japanischen „Christenfürsten“ auf. Tatsächlich wurde er auf Grund seines Glaubens unter Tokugawa Ieyasu verbannt und schließlich zum Tode verurteilt. Japanische Quellen deuten allerdings darauf hin, dass er dem Christentum zuvor abschwor. Sollte die vorliegende Darstellung tatsächlich Arima Harunobu abbilden, so zeigt sie ihn jedenfalls in einer perfekten Überblendung christlicher und buddhistischer Attribute.

Eine andere Theorie sieht die Darstellung in der Tradition des chinesischen Nestorianismus, also einer frühen Abspaltung des Christentums, die sich schon vor der Missionierung im 16. Jh. bis China verbreitet hatte.
Frühe Edo-Zeit. Kōshū-shi.
Lingoa de Iapam.jpg
4 Lingoa de Iapam
Titelblatt des Wörterbuches Arte da lingoa de Iapam von João Rodrigues (1561/62–1633).
1604. Wikimedia Commons.

Das Christentum wurde wohl zunächst für eine exotische Form des Buddhismus gehalten, da sich die ersten Dolmetscher natürlich buddhistischer Termini bedienten. Auch das links abgebildete Portrait des „Christenfürsten“ Arima Harunobu [Arima Harunobu (jap.) 有馬晴信 1561?–1612; christlicher Daimyō in Kyūshū] zeigt, dass zumindest die religiöse Bildsprache der frühen japanischen Christen stark dem Buddhismus verpflichtet war.

Die Jesuiten bemühten sich allerdings konsequent, die Landessprache zu erlernen, den Konvertierten Latein und Portugiesisch beizubringen und schließlich christliche Schriften ins Japanische zu übertragen. Berühmte Beispiele dieser kulturellen Annäherung stellen das Japanisch-Portugiesische Wörterbuch Nippo jisho [Nippo jisho (jap.) 日葡辞書 jap.-portugiesisches Wörterbuch, 1603 von jesuitischen Missionaren kompiliert; auch Vocabulario da lingoa de Iapam] (1603) und das Grammatik-Lehrbuch Arte da lingoa de Iapam [Arte da lingoa de Iapam (west.) Japanisches Grammatikbuch in portugiesischer Sprache, 1604 unter der Leitung des portugiesischen Missionars João Rodrigues in Japan fertiggestellt] (1604) dar, die beide unter Anleitung des Missionars und Linguisten João Rodrigues [Rodrigues, João (west.) 1561/62–1633; portugiesischer Missionar der Jesuiten in Japan; betreute die Entstehung von Nippo jisho und Arte da lingoa de Iapam] entstanden. Sie sind nicht nur ein Zeichen für die Ernsthaftigkeit und den missionarischen Eifer der Jesuiten, sie stellen darüber hinaus eine unersetzliche Quelle zur Syntax und zum Vokabular des damaligen Umgangsjapanisch dar.

Diplomatische Initiativen

Unter der Regie der Jesuiten und kofinanziert vom christlichen Daimyō Ōtomo Sōrin [Ōtomo Sōrin (jap.) 大友宗麟 1530–1587; christlicher Daimyō in Kyūshū] machte sich 1582, als das Christentum in Japan noch hoch im Kurs stand, die sogenannte Tenshō Gesandtschaft [Tenshō shisetsu (jap.) 天正使節 Tenshō-Gesandtschaft; diplomatische Mission zur Zeit der Tenshō-Ära, die zwischen 1582–1590 von Japan nach Rom führte, durchgeführt von vier jugendlichen Samurai, die von den Jesuiten christlich erzogen worden waren] auf den Weg ins christliche Abendland. Sie bestand aus vier jungen Samurai, die nicht nur christlich getauft waren, sondern auch Portugiesisch und Latein beherrschten. Sie erregten sowohl in Europa, wo päpstliche Audienzen das Ziel und den Höhepunkt ihrer Reise darstellten, als auch in Japan — nach ihrer Rückkehr 1590 — großes Aufsehen, blieben aber in beiden Fällen wohl eher ein exotisches Einzelereignis.3 Ihr Ziel, die diplomatischen Kontakte zwischen Europa und Japan zu festigen und damit die Missionierung in Japan zu stärken, erreichte die diplomatische Initiative letztlich nicht.

Hasekura tsunenaga.jpg
5 Hasekura Tsunenaga
Hasekura Tsunenaga, der Leiter einer japanischen Mission nach Spanien und Italien, als Christ. Das Bild wurde zur Zeit von Hasekuras Audienz bei Papst Paul V in Italien angefertigt.
1615. Wikimedia Commons.

Anfang des 17. Jahrhunderts kam es dann zu einem weiteren und für lange Zeit letzten Versuch eines japanischen Machthabers, diplomatische Beziehungen mit Europa aufzunehmen. In seiner neu ausgebauten Residenzstadt Sendai in Nord-Japan (damals Ōshū [Ōshū (jap.) 奥州 Bezeichnung für den nordöstlichen Teil der Insel Honshū bzw. die alte Provinz Mutsu]) ließ Daimyō Date Masamune [Date Masamune (jap.) 伊達政宗 1567–1636; Kriegsherr und mächtiger Landesfürst (Daimyō) in Nord-Japan zur Zeit der japanischen Reichseinigung] ein Schiff nach europäischer Bauart konstruieren, das 1613 über den Pazifik in Richtung Mexiko in See stach, also spanische Hoheitsgebiete ansteuerte. An Bord befand sich eine diplomatische Mission unter Führung eines gewissen Hasekura Tsunenaga [Hasekura Tsunenaga (jap.) 支倉常長 1571–1622; Vasall des Date Masamune und Führer einer diplomatischen Mission nach Spanien und Italien in den Jahren 1613 bis 1620], der ein Handelsabkommen mit Spanien in die Wege zu leiten sollte. Katholische Missionare und spanische Entdecker begleiteten die Delegation, die schließlich bis nach Rom gelangte und dort vom Papst empfangen wurde. Insgesamt hielten sich Hasekura und seine Begleiter zwei Jahre in Europa und mehrere Jahre in Amerika und im pazifischen Raum auf. Erst 1620 trafen sie wieder in Japan ein, das allerdings endgültig auf Kontakte mit Holland setzte und an Verträgen mit dem katholischen Spaniern kein Interesse mehr zeigte. Umgekehrt war die Mission auch in Europa, wo sich die Kunde von japanischen Christenverfolgungen herumgesprochen hatte, nicht von Erfolg gekrönt.4

Beide diplomatischen Initiativen erlitten also ein ähnliches Schicksal: In den langen Jahren der Reise änderten sich das politische Klima jeweils zu Ungunsten des Christentums. Schlussendlich endeten die meisten japanischen „Botschafter“, die naturgemäß gläubige Christen waren, im Exil oder starben sogar einen Märtyrertod (s. dazu den Essay Die Tenshō-Mission: Beginn einer schwierigen transnationalen Beziehung).

Verbote und Repressionen

Nach Nobunagas Ermordung im Jahr 1582 übernahm sein Gefolgsmann Toyotomi Hideyoshi [Toyotomi Hideyoshi (jap.) 豊臣秀吉 1537–1598, Feldherr, militärischer Machthaber; bekannt als der zweite von drei Reichseinigern am Ende der „Zeit der kämpfenden Länder“ (Sengoku Jidai)] (1537–1598) die Führung seiner Truppen und setzte den Einigungsprozess des Landes zügig fort. Bei einer Inspektionstour durch Kyūshū 1587 erlebte er den dortigen Erfolg der Christen mit eigenen Augen und begann Zweifel an der Toleranz seines Vorgängers zu hegen. Wie Nobunaga hatte auch er die Erfahrung gemacht, dass gerade diejenigen feindlichen Heere, die von religiösen Gruppierungen geführt wurden, am schwierigsten zu unterwerfen waren. Obwohl die Christen ihm nicht feindlich entgegentraten, sah er in ihnen offenbar aufrührerisches Potential. Daher erließ er 1587 überraschend ein erstes Verbot der Missionierung, demzufolge alle europäischen Missionare des Landes verwiesen werden sollten (Bateren tsuihōrei [Bateren tsuihōrei (jap.) 伴天連追放令 erste japanische Verordnung zur Vertreibung der christlichen Missionare durch Toyotomi Hideyoshi, 1587/7/24]). Da Hideyoshi aber weiter am Handel mit Europa interessiert war, willigte er schließlich in Kompromisse mit den Portugiesen ein, sodass seine Verbote des Christentums nicht konsequent umgesetzt wurden. Die Zeit der stillschweigenden Duldung hatte schließlich ein Ende, als ein spanischer Kapitän in Hideyoshis Gegenwart damit prahlte, dass die Spanier zuerst Missionare in ein Land sandten, um es später mit Waffengewalt zu erobern.5 1597 (ein Jahr vor Hideyoshis Tod) kam es zu ersten Exekutionen von Christen (v.a. spanische Franziskaner und ihre japanischen Anhänger), die als die 26 Märtyrer von Nagasaki in die Geschichte eingingen.

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Orte und Schlachten des 16. und 17. Jahrhunderts

Tokugawa Ieyasu [Tokugawa Ieyasu (jap.) 徳川家康 1543–1616; Begründer des Tokugawa Shogunats; Reichseiniger] (1543–1616), der dritte der „Drei Reichseiniger“, betrieb nach seiner Machtergreifung (1600, bzw. 1603) vorübergehend eine tolerantere Politik — noch war auch er am Handel mit den Portugiesen interessiert. Als aber immer mehr europäische Protestanten (Holländer, Engländer) nach Japan kamen, verloren die Portugiesen ihr Handelsmonopol. Zugleich wurde auch der europäische Religionsstreit zwischen Katholiken und Protestanten in Japan sichtbar. Ieyasu sah sich daraufhin nicht länger genötigt, die von ihm als potentiell gefährlich eingestufte fremde Religion zu dulden. Anfang 1614 kam es neuerlich zu einem totalen Verbot (Hai kirishitan bun [Hai kirishitan bun (jap.) 排吉利支丹文 Verordnung gegen das Christentum, 1614 (Keichō 18/12), im Namen von Shōgun Hidetada angeordnet von seinem Vater, Tokugawa Ieyasu, verfasst von Konchi-in Sūden]). Missionare, japanische Christen und sogar christliche Daimyō [Daimyō (jap.) 大名 Territorialfürst, Titel des Kriegeradels] wurden nun mit noch gnadenloserer Konsequenz als unter Hideyoshi des Landes verwiesen oder hingerichtet.

Unter Ieyasus Nachfolgern verstärkten sich die Repressionen, Christen wurden systematisch ausgeforscht. Da sie für ihren unbedingten Glauben bekannt waren, ließen sie sich identifizieren, indem man sie zwang, auf Bildern von Jesus oder Maria oder auf Kruzifixen herumzutrampeln. Wer dies verweigerte, entlarvte sich als Christ und wurde zumeist gekreuzigt. Diese Praxis wurde als fumie [fumie (jap.) 踏み絵 „Bildertreten“; Zwangsmaßnahme zur Entlarvung von Christen], wtl. „Bildertreten“ bezeichnet. 1622 kam es neuerlich zu öffentlichen Hinrichtungen in Nagasaki, denen 52 Christen zum Opfer fielen.

Nagasaki martyrs 1622.jpg
6 Hinrichtung von Christen, 1622
Das Gemälde stammt von einem unbekannten Maler, wahrscheinlich ein japanischer Christ aus der Schule des Jesuitenpaters und Malers Giovanni Cola. Es dokumentiert die Massenhinrichtung von 52 europäischen Missionaren und ihren Anhängern am 10. Sept 1622 in Nishizaka, dem damaligen Richtplatz von Nagasaki. Das Christentum in Japan war zunächst 1587 verboten worden, 1614 wurde das Verbot erneuert und ab da konsequent durchgesetzt. Nach 1638 hielten sich nur noch versprengte Gemeinden von Untergrund-Christen (kakure kirishitan).
Werk von Giovanni Cola (Schule). Edo-Zeit, 17. Jh. Chiesa del Gesù, Museum of the Jesuit Mission in Japan, mit freundlicher Genehmigung.

Die Repressionen erreichten 1637 und 38, zur Zeit der sog. Shimabara [Shimabara (jap.) 島原 Halbinsel in der Präfektur Nagasaki; bekannt für den Aufstand japanischer Bauern 1637–1638 (Shimabara-Rebellion), bei dem 37.000 überwiegend christliche Aufständische getötet wurden] Rebellion in Kyūshū, ihren Höhepunkt. Der Grund für diesen Aufstand lag wohl hauptsächlich in der exzessiven Besteuerung der Bauern, doch wurde das Christentum, das ja in Kyūshū tatsächlich besonders verbreitet war, als Ursache gebrandmarkt. Die Rebellion wurde niedergeschlagen, fast 40.000 Aufständische wurden dabei getötet. In der Folge wurde die Verfolgung der Christen auf ganz Japan ausgedehnt. Um zu gewährleisten, dass in keinem japanischen Haushalt mehr Christen lebten, mussten sich alle Japaner in die Gläubigenregister der buddhistischen Tempel eintragen lassen (s. terauke System). Bald getraute sich niemand mehr, sich öffentlich zum Christentum zu bekennen, im Untergrund blieben aber einige Gemeinden (die sog. „Krypto-Christen“, kakure kirishitan [kakure kirishitan (jap.) 隠れキリシタン „Krypto-Christen“; christliche Geheimbünde]) bis zur frühen Meiji [Meiji (jap.) 明治 posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt]-Zeit, genauer bis zur Aufhebung des Christenbannes 1873, bestehen. Interessanterweise gibt es bis heute Nachfahren dieser Krypto-Christen, die lieber bei ihrer heimlich überlieferten Version des Christentums bleiben, statt sich der katholischen „Mutterkirche“ anzuschließen.

Deshima 1790.jpg
7
Skizze der künstlichen Insel Dejima (oder Deshima) in der Bucht von Nagasaki, die den einzigen europäischen Handelsstützpunkt der Edo-Zeit darstellte. Die dort Ansässigen waren offiziell alles Holländer. Sie wurden streng kontrolliert und durften die Insel nur selten und in Begleitung verlassen, stellten aber für viele Japaner auch einen faszinierenden Anziehungspunkt dar. So auch für den Maler und Autor Shiba Kōkan (1747–1818), der Deshima besuchen durfte und hier unter anderem die westliche Ölmalerei erlernte. Das über Deshima nach Japan gebrachte Wissen wurde „Holland-Wissenschaft“ (rangaku) genannt. Shiba Kōkan war auch als Gelehrter in dieser Wissenschaft aktiv und gilt als großer Popularisierer von westlicher Wissenschaft und Kunst im Edo-zeitlichen Japan. Im rechten Bildteil steht: „Die Holländer haben auf Deshima einen Kyūshū-Stützpunkt errichtet. Jedes Jahr bringen sie aus ihrem Land 55 kanme (ca. 200 kg) Silber nach Japan.“ Das bezieht sich möglicherweise auf die „Miete“, die die Holländer für Dejima zahlen mussten. Im linken Bildteil sind die Ausmaße der Insel verzeichnet. Demnach war die fächerförmige Insel 35 kan (ca. 63m) breit und maß an der Außenseite 180 kan (ca. 324m).
Werk von Shiba Kōkan (1747–1818). Edo-Zeit, 1790. Japan Netherlands Exchange in the Edo-Period, National Diet Library, Tōkyō.
Der Handelsstützpunkt Dejima, um 1790

Mit dem absoluten Verbot des Christentums setzte in Japan auch die erwähnte Politik der „Abschließung des Landes“ (sakoku [sakoku (jap.) 鎖国 Abschließung des Landes in der Edo-Zeit, 1639–1853]) ein, die bis zur erzwungenen Öffnung des Hafens von Yokohama durch den amerikanischen Admiral Perry [Perry, Matthew (west.) 1794–1858; amerikanischer Admiral (Commodore), der 1853–1854 die Öffnung der japanischen Häfen für amerikanische Schiffe erwirkte] (1853) beibehalten wurde. Einziges Fenster zur europäischen Welt war der Handelsstützpunkt auf Dejima [Dejima (jap.) 出島 künstliche Insel in der Bucht von Nagasaki; während der Edo-Zeit war hier der einzige europäische Handelsstützpunkt], eine künstliche Insel im Hafen von Nagasaki, deren Zugang vom Shōgunat streng kontrolliert wurde. Ursprünglich für den Handel mit Portugal errichtet, wurde Dejima 1641 den Niederlanden überantwortet. Das religiös aufgeschlossene Holland wurde damit während der gesamten Edo [Edo (jap.) 江戸 Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);]-Zeit zum einzigen Repräsentanten der westlichen Kultur in Japan. Auch die berühmten deutschen Japan-Reisenden Engelbert Kaempfer [Kaempfer, Engelbert (west.) 1651–1716; deutscher Arzt und Naturforscher, Japanreisender (1790–1792); Autor einer detaillierten Japanbeschreibung] und Philipp Franz von Siebold [Siebold, Philipp Franz von (west.) 1796–1866; deutscher Arzt, Naturforscher, Japanreisender und Sammler; Pionier der Japanforschung] waren in Japan offiziell „Holländer“.

Gründe der Christenverfolgung

Trotz einiger durchaus ernst gemeinter Bemühungen um einen Dialog seitens der katholischen Missionare blieb das Christentum den meisten japanischen Machthabern doch in derselben Weise verdächtig, wie einzelne fundamentalistisch-buddhistische Sekten: Es war nicht bereit, den grundsätzlichen Konsens in Japan zu teilen, dass letztlich alle (tolerierbaren) Religionsformen die gleiche Wahrheit ausdrücken. Diese Grundhaltung des Buddhismus (s. Einführung) wurde auch von weltlichen Herrschern im Japan der Edo-Zeit geteilt. Wer gegen sie jedoch verstieß, indem er anderen Lehren jede Berechtigung absprach, wurde seinerseits brutal verfolgt. Die japanischen Christenverfolgungen sind daher nicht als Ausdruck von besonderer Fremdenfeindlichkeit zu verstehen, vielmehr wurden alle religiösen Gruppen, die mit dem Anspruch auftraten, allein seligmachend zu sein, gewaltsam unterdrückt. Neben den Christen wurden auch radikale Fraktionen der Nichiren [Nichiren (jap.) 日蓮 1222–1282; Begründer des Nichiren Buddhismus]- und Amida [Amida (jap.) 阿弥陀 Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)]-Schulen als Häretiker gebrandmarkt und verfolgt.

Zu diesen allgemein religiösen Vorbehalten gesellten sich politische Gründe den Europäern zu misstrauen. So wusste man bald auch in Japan, dass die europäischen Mächte in Indien und Südamerika bereits große Landesteile kolonisiert hatten und nicht zögern würden, selbiges auch in Japan zu versuchen. In der Tat offenbaren jesuitische Quellen, dass es unter den Jesuiten eine Fraktion in den Mönchstand getretener Hidalgos gab, die ernsthaft darüber nachdachten, Japan mit militärischer Gewalt zu unterwerfen.

Im übrigen waren sich Hideyoshi und Ieyasu sehr wohl der Rolle bewusst, die der Handel bzw. neue, aus Europa importierte Waffen bei der Reichseinigung gespielt hatten: Dank neuer Kriegstechnologien gelang es den „progressiveren“ unter den Kriegsherren, die existierende militärische Pattstellung zu kippen und mehr und mehr Verbündete auf ihre Seite zu ziehen. Als dieser Prozess der Einigung abgeschlossen war, trachtete das Tokugawa Shōgunat danach, die Vorteile, die ihm zur Macht verholfen hatten, potenziellen Gegnern zu verwehren. Da aber Daimyō, die das Christentum förderten, zweifellos privilegierte Beziehungen zum europäischen Handel hatten, standen die neuen Herrscher über kurz oder lang vor der Wahl, entweder selbst das Christentum zu fördern oder es zu verbieten, und entschieden sich für das letztere.

Schließlich darf man nicht unterschätzen, wie schwierig es ist, vor dem Hintergrund asiatischer Traditionen den Vorstellungen des Christentums Glauben zu schenken. Das Befremden, das selbst aufgeklärte Japaner des 19. Jahrhunderts gegenüber dem Christentum empfanden, drückt sich noch in den Berichten der ersten japanischen Diplomaten der Meiji [Meiji (jap.) 明治 posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt]-Zeit aus, die sich im Rahmen der sogenannten Iwakura-Mission (Iwakura Shisetsudan [Iwakura Shisetsudan (jap.) 岩倉使節団 Iwakura-Mission; diplomatische Delegation unter Führung von Iwakura Tomomi, die im Rahmen einer Weltreise von 1871 bis 1873 Amerika sowie mehrere Länder Europas besuchte], 1871–1873) auf Inspektionsreise in die führenden, christlich geprägten Industrienationen begaben. Über die Figur Jesu Christi schreibt der Iwakura-Chronist Kume Kunitake [Kume Kunitake (jap.) 久米邦武 1839–1931, japanischer Gelehrter der Meiji-Zeit; als junger Mann Sekretär der Iwakura Mission (1871–73), später Professor für Geschichte an der Kaiserlichen Universität Tōkyō] u.a. folgendes:

In allen Städten Amerikas und Europas fanden wir Bilder eines blutüberströmten Leichnams, der an einem Kreuz hängt. Sie sind an Kirchenwänden und in privaten Häusern angebracht. Man könnte meinen, man befände sich auf einem Friedhof oder würde auf einem Richtplatz übernachten. Welch ein seltsamer Brauch!

Beiō kairan jikki 米欧回覧実記 (1878)6

Verweise

Verwandte Themen

Fußnoten

  1. Die Jesuiten standen in der Regel in portugiesischem, die Franziskaner in spanischem Dienst.
  2. Hur 2007, S. 14, auf der Grundlage von Forschungen des japanischen Historikers Gonoi Takashi.
  3. Die ausführlichste Beschreibung der Reise, De missione legatorum Iaponensium ad Romanum curiam wurde unter der Supervision von Alessandro Valignano vom Jesuitenpater Duarte de Sande verfasst. Der Bericht aus dem Jahr 1590 bezieht auch tagebuchartige Aufzeichnungen der japanischen Emissäre mit ein.
  4. Insgesamt hinterließ der Besuch der japanischen Gesandtschaft jedoch einen positiven Eindruck. Ein Bericht des Franziskanermönchs Luis Sotelo (1574–1624), der die Mission von Anfang an begleitet hatte, erschien auf Italienisch und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Die deutsche Ausgabe ist online auf den Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek zugänglich: Relation Und gründlicher Bericht von deß Königreichs Voxu in Japonischen Keyserthumb Gottseliger Bekehrung (1617).
  5. Tronu 2012, S. 132.
  6. Übersetzt nach englischen Auszügen des Berichts (Kume 2009, S. 98) und dem japanischen Original (S. 361).

Literatur

Siehe auch Literaturliste

Michael Cooper, They Came to Japan: An Anthology of European Records on Japan, 1543–1640. London: Thames & Hudson, 1965.
George Elison, Deus Destroyed: The Image of Christianity in Early Modern Japan. Cambridge, Ma: Harvard University Press, 1973. [Zweite Auflage 1988.]
Nam-lin Hur, Death and Social Order in Tokugawa Japan: Buddhism, Anti-Christianity, and the Danka System. Cambridge, MA: Harvard University Press, 2007.
Kume Kunitake, Japan Rising: The Iwakura Mission to the USA and Europe 1871–1873. Cambridge: Cambridge University Press, 2009. [Erste Auflage 1879, gekürzte Ausgabe der engl. Übersetzung in 5 Bd., 2002, hg. Chushichi Tsuzuki und R. Jules Young.]
Carla Tronu Montane, Sacred Space and Ritual in Early Modern Japan: The Christian Community of Nagasaki (1569–1643). SOAS, University of London (PhD Thesis), 2012. (Online.)

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite

  1. ^ 
    Franzxaver.jpg
    Francisco de Xavier (1506–1552), der heilige Franz Xaver, war der Begründer der japanischen Jesuitenmission. Wie viele christliche Artefakte in Japan wurde auch dieses Bild, in Folge der Christenverfolgungen ab 1614, Jahrhunderte lang unter Verschluss gehalten und erst 1920 wieder entdeckt. Man nimmt an, dass das Bild von einem japanischen Maler stammt, der von den Jesuiten in europäischer Maltechnik ausgebildet wurde. Die Inschrift kennzeichnet Franz Xaver als Heiligen („S.“) und müsste demnach nach seiner Heiligsprechung (1622) entstanden sein, manche Experten sind allerdings der Meinung, dass die Jesuiten ihn schon vorzeitig als Heiligen titulierten und das Bild daher aus früherer Zeit stammt.

    Das Bild zeigt den Heiligen, dem sich Christus in einer Vision offenbart. Er soll darauf mit den Worten reagiert haben: „Satis est, domine, satis est“ (salopp ausgedrückt, „das reicht schon“). Die Worte werden als Ausdruck einer besonderen Bescheidenheit ausgelegt.
    Frühe Edo-Zeit, frühes 17. Jh. Kōbe City Museum, über Internet Archive.

  2. ^ 
    Nanbanbune3.jpg
    Wandschirm mit europäischen „Barbaren“ (nanban). Kurz vor der Vertreibung der Europäer aus Japan zogen diese großes Interesse auf sich. An Bord des Schiffes sind europäisch-hellhäutige und dunkelhäutige (indische?) Personen zu sehen. Die dunkelhäutigen sind Diener und Matrosen. Im Vordergrund ist zu sehen, dass die europäischen Händler selbst Tiger im Gepäck hatten (auf einem anderen Bild ist auch ein Elefant zu sehen).
    Werk von Kanō Naizen (1570–1616). Edo-Zeit, frühes 17. Jh. Kōbe City Museum.
  3. ^ 
    Arima harunobu.jpg
    Offiziell handelt es sich hier um ein Abbild des buddhistischen Bodhisattvas Kokūzō (skt. Akashagarbha), der häufig mit einem Wunschjuwel, das er in Brusthöhe hält, dargestellt wird. Auf dieser Darstellung fällt allerdings auf, dass das „Wunschjuwel“ eher dem Weltenberg Sumeru gleicht, auf dem jedoch ein Kreuz thront. Dies erinnert wiederum an das christliche Herrschaftssymbol von Reichsapfel mit Kreuz. Auch der Mantel des Dargestellten entspricht nicht der gängigen Bodhisattva Ikonographie. Schließlich sind in dem Gewand vier Gesichter versteckt, die ebenfalls Rätsel aufgeben. Die lange in einer Schachtel verwahrte Darstellung, deren Ursprung im Dunklen liegt, dürfte jedenfalls unter christlichem Einfluss entstanden sein.

    Laut dem Japanologen Detlev Schauwecker, einem Spezialisten des „christlichen Zeitalters“ in Japan, handelt es sich in der Tat um ein Portrait des christlichen Daimyōs Arima Harunobu (1561?-1612). In den Jesuitendramen der Barockzeit tritt dieser unter dem Namen Protasio von Aryma als Idealtyp des japanischen „Christenfürsten“ auf. Tatsächlich wurde er auf Grund seines Glaubens unter Tokugawa Ieyasu verbannt und schließlich zum Tode verurteilt. Japanische Quellen deuten allerdings darauf hin, dass er dem Christentum zuvor abschwor. Sollte die vorliegende Darstellung tatsächlich Arima Harunobu abbilden, so zeigt sie ihn jedenfalls in einer perfekten Überblendung christlicher und buddhistischer Attribute.

    Eine andere Theorie sieht die Darstellung in der Tradition des chinesischen Nestorianismus, also einer frühen Abspaltung des Christentums, die sich schon vor der Missionierung im 16. Jh. bis China verbreitet hatte.
    Frühe Edo-Zeit. Kōshū-shi.

  4. ^ 
    Lingoa de Iapam.jpg
    Titelblatt des Wörterbuches Arte da lingoa de Iapam von João Rodrigues (1561/62–1633).
    1604. Wikimedia Commons.
  1. ^ 
    Hasekura tsunenaga.jpg
    Hasekura Tsunenaga, der Leiter einer japanischen Mission nach Spanien und Italien, als Christ. Das Bild wurde zur Zeit von Hasekuras Audienz bei Papst Paul V in Italien angefertigt.
    1615. Wikimedia Commons.
  2. ^ 
    Nagasaki martyrs 1622.jpg
    Das Gemälde stammt von einem unbekannten Maler, wahrscheinlich ein japanischer Christ aus der Schule des Jesuitenpaters und Malers Giovanni Cola. Es dokumentiert die Massenhinrichtung von 52 europäischen Missionaren und ihren Anhängern am 10. Sept 1622 in Nishizaka, dem damaligen Richtplatz von Nagasaki. Das Christentum in Japan war zunächst 1587 verboten worden, 1614 wurde das Verbot erneuert und ab da konsequent durchgesetzt. Nach 1638 hielten sich nur noch versprengte Gemeinden von Untergrund-Christen (kakure kirishitan).
    Werk von Giovanni Cola (Schule). Edo-Zeit, 17. Jh. Chiesa del Gesù, Museum of the Jesuit Mission in Japan, mit freundlicher Genehmigung.
  3. ^ 
    Deshima 1790.jpg
    Skizze der künstlichen Insel Dejima (oder Deshima) in der Bucht von Nagasaki, die den einzigen europäischen Handelsstützpunkt der Edo-Zeit darstellte. Die dort Ansässigen waren offiziell alles Holländer. Sie wurden streng kontrolliert und durften die Insel nur selten und in Begleitung verlassen, stellten aber für viele Japaner auch einen faszinierenden Anziehungspunkt dar. So auch für den Maler und Autor Shiba Kōkan (1747–1818), der Deshima besuchen durfte und hier unter anderem die westliche Ölmalerei erlernte. Das über Deshima nach Japan gebrachte Wissen wurde „Holland-Wissenschaft“ (rangaku) genannt. Shiba Kōkan war auch als Gelehrter in dieser Wissenschaft aktiv und gilt als großer Popularisierer von westlicher Wissenschaft und Kunst im Edo-zeitlichen Japan.

    Im rechten Bildteil steht: „Die Holländer haben auf Deshima einen Kyūshū-Stützpunkt errichtet. Jedes Jahr bringen sie aus ihrem Land 55 kanme (ca. 200 kg) Silber nach Japan.“ Das bezieht sich möglicherweise auf die „Miete“, die die Holländer für Dejima zahlen mussten. Im linken Bildteil sind die Ausmaße der Insel verzeichnet. Demnach war die fächerförmige Insel 35 kan (ca. 63m) breit und maß an der Außenseite 180 kan (ca. 324m).
    Werk von Shiba Kōkan (1747–1818). Edo-Zeit, 1790. Japan Netherlands Exchange in the Edo-Period, National Diet Library, Tōkyō.


Glossar

Namen und Fachbegriffe auf dieser Seite

  • Amida 阿弥陀 ^ Buddha Amitabha; Hauptbuddha der Schulen des Reinen Landes (Jōdo-shū bzw. Jōdo Shinshū)
  • Arima Harunobu 有馬晴信 ^ 1561?–1612; christlicher Daimyō in Kyūshū
  • Arte da lingoa de Iapam (west.) ^ Japanisches Grammatikbuch in portugiesischer Sprache, 1604 unter der Leitung des portugiesischen Missionars João Rodrigues in Japan fertiggestellt
  • Bateren tsuihōrei 伴天連追放令 ^ erste japanische Verordnung zur Vertreibung der christlichen Missionare durch Toyotomi Hideyoshi, 1587/7/24
  • Daimyō 大名 ^ Territorialfürst, Titel des Kriegeradels
  • Date Masamune 伊達政宗 ^ 1567–1636; Kriegsherr und mächtiger Landesfürst (Daimyō) in Nord-Japan zur Zeit der japanischen Reichseinigung
  • Dejima 出島 ^ künstliche Insel in der Bucht von Nagasaki; während der Edo-Zeit war hier der einzige europäische Handelsstützpunkt
  • Edo 江戸 ^ Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
  • Francisco de Xavier (west.) ^ 1506–1552; spanischer Mönch und Missionar, Mitbegründer des Jesuitenordens, zuständig für die Missionierung Ostasiens; auch als der Heilige Franz Xaver bekannt
  • fumie 踏み絵 ^ „Bildertreten“; Zwangsmaßnahme zur Entlarvung von Christen
  • Goa (west.) ^ 1510–1961 portugiesische Kolonie in Indien, heute kleinster Teilstaat indiens
  • Hai kirishitan bun 排吉利支丹文 ^ Verordnung gegen das Christentum, 1614 (Keichō 18/12), im Namen von Shōgun Hidetada angeordnet von seinem Vater, Tokugawa Ieyasu, verfasst von Konchi-in Sūden
  • Hasekura Tsunenaga 支倉常長 ^ 1571–1622; Vasall des Date Masamune und Führer einer diplomatischen Mission nach Spanien und Italien in den Jahren 1613 bis 1620
  • Iwakura Shisetsudan 岩倉使節団 ^ Iwakura-Mission; diplomatische Delegation unter Führung von Iwakura Tomomi, die im Rahmen einer Weltreise von 1871 bis 1873 Amerika sowie mehrere Länder Europas besuchte
  • Kaempfer, Engelbert (west.) ^ 1651–1716; deutscher Arzt und Naturforscher, Japanreisender (1790–1792); Autor einer detaillierten Japanbeschreibung
  • kakure kirishitan 隠れキリシタン ^ „Krypto-Christen“; christliche Geheimbünde
  • Kinai 畿内 ^ Region rund um die ehem. Hauptstadt Kyōto, bestehend aus den alten Provinzen Yamato, Yamashiro, Settsu, Izumi und Kawachi
  • Kume Kunitake 久米邦武 ^ 1839–1931, japanischer Gelehrter der Meiji-Zeit; als junger Mann Sekretär der Iwakura Mission (1871–73), später Professor für Geschichte an der Kaiserlichen Universität Tōkyō
  • Meiji 明治 ^ posthumer Name von Kaiser Mutsuhito; nach ihm wird auch die Meiji-Zeit (1868–1912) benannt
  • nanban byōbu 南蛮屏風 ^ Wandschirme mit Motiven europäischer Händler aus dem 16. und 17. Jh.
  • Nichiren 日蓮 ^ 1222–1282; Begründer des Nichiren Buddhismus
  • Nippo jisho 日葡辞書 ^ jap.-portugiesisches Wörterbuch, 1603 von jesuitischen Missionaren kompiliert; auch Vocabulario da lingoa de Iapam
  • Oda Nobunaga 織田信長 ^ 1534–1582, Kriegsfürst, Reichseiniger
  • Ōmura Sumitada 大村純忠 ^ 1533–1587; erster christlicher Daimyō; getauft 1563
  • Ōtomo Sōrin 大友宗麟 ^ 1530–1587; christlicher Daimyō in Kyūshū
  • Ōshū 奥州 ^ Bezeichnung für den nordöstlichen Teil der Insel Honshū bzw. die alte Provinz Mutsu
  • Perry, Matthew (west.) ^ 1794–1858; amerikanischer Admiral (Commodore), der 1853–1854 die Öffnung der japanischen Häfen für amerikanische Schiffe erwirkte
  • Rodrigues, João (west.) ^ 1561/62–1633; portugiesischer Missionar der Jesuiten in Japan; betreute die Entstehung von Nippo jisho und Arte da lingoa de Iapam
  • sakoku 鎖国 ^ Abschließung des Landes in der Edo-Zeit, 1639–1853
  • Sengoku Jidai 戦国時代 ^ Zeit der kämpfenden Länder, 1467–1568; beginnt mit dem Ōnin-Krieg und endet nach dieser Definition mit dem Beginn der nationalen Einigung unter Oda Nobunaga; nach anderen Definitionen mit der Ausrottung der Toyotomi durch Tokugawa Ieyasu im Jahr 1615
  • Shimabara 島原 ^ Halbinsel in der Präfektur Nagasaki; bekannt für den Aufstand japanischer Bauern 1637–1638 (Shimabara-Rebellion), bei dem 37.000 überwiegend christliche Aufständische getötet wurden
  • Siebold, Philipp Franz von (west.) ^ 1796–1866; deutscher Arzt, Naturforscher, Japanreisender und Sammler; Pionier der Japanforschung
  • Tenshō shisetsu 天正使節 ^ Tenshō-Gesandtschaft; diplomatische Mission zur Zeit der Tenshō-Ära, die zwischen 1582–1590 von Japan nach Rom führte, durchgeführt von vier jugendlichen Samurai, die von den Jesuiten christlich erzogen worden waren
  • Tokugawa Ieyasu 徳川家康 ^ 1543–1616; Begründer des Tokugawa Shogunats; Reichseiniger
  • Toyotomi Hideyoshi 豊臣秀吉 ^ 1537–1598, Feldherr, militärischer Machthaber; bekannt als der zweite von drei Reichseinigern am Ende der „Zeit der kämpfenden Länder“ (Sengoku Jidai)
Jap maria 17jh.jpg
Japanisches Rollbild mit Mariendarstellung, 17. Jh.
Quelle: 26 Martyrs Museum, Nagasaki [2010/8]