Geschichte/Bakumatsu: Unterschied zwischen den Versionen
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Unter {{glossar:bakumatsu}} versteht man die Spätzeit des Tokugawa Shogunats ({{glossar: bakufu}}, 1603–1867), in der es nach einer Friedenszeit von über 250 Jahren zum Verfalls der staatlichen Autorität und zu bürgerkriegsartigen Unruhen kam. Innere und äußere Faktoren sind dafür verantwortlich: | Unter {{glossar:bakumatsu}} versteht man die Spätzeit des Tokugawa Shogunats ({{glossar: bakufu}}, 1603–1867), in der es nach einer Friedenszeit von über 250 Jahren zum Verfalls der staatlichen Autorität und zu bürgerkriegsartigen Unruhen kam. Innere und äußere Faktoren sind dafür verantwortlich: | ||
− | + | * Verknöcherung der Bürokratie (Steuerwesen) | |
− | + | * unzeitgemäßes Standessystem | |
− | + | * Klima → Ernterückgang → Hungersnöte | |
− | + | * Bedrohung durch den Westen → erzwungenes Ende der Isolationspolitik | |
− | + | * Seuchen (durch Kontakt mit dem Ausland ausgelöst) | |
Die Krisensituation spitzte sich 1853 zu, als sich ein amerikanisches Geschwader unter Admiral Matthew Perry (1794–1858) gewaltsam Zutritt zum Hafen von Uraga nahe {{glossar:Edo}} verschaffte. Perry erzwang im Auftrag der amerikanischen Regierung Verhandlungen, die den Amerikanern ein Handels- und Niederlassungsrecht in Japan ermöglichen sollten. 1854 gewährte Japan dieses Recht aus Angst, andernfalls eine ähnliche Situation wie im teilkolonialisierten China heraufzubeschwören. England, Frankreich und Russland erhielten bald ähnliche Privilegien. Dies führte innenpolitisch zu enormen Spannungen und starken xenophoben Reaktionen, die den Niedergang des Shogunats beschleunigten. Perry's Kanonenboote, die sogenannten „Schwarzen Schiffe“ ({{glossar:kurobune}}), wurden zum Synonym für ein bedrohliches Ausland. | Die Krisensituation spitzte sich 1853 zu, als sich ein amerikanisches Geschwader unter Admiral Matthew Perry (1794–1858) gewaltsam Zutritt zum Hafen von Uraga nahe {{glossar:Edo}} verschaffte. Perry erzwang im Auftrag der amerikanischen Regierung Verhandlungen, die den Amerikanern ein Handels- und Niederlassungsrecht in Japan ermöglichen sollten. 1854 gewährte Japan dieses Recht aus Angst, andernfalls eine ähnliche Situation wie im teilkolonialisierten China heraufzubeschwören. England, Frankreich und Russland erhielten bald ähnliche Privilegien. Dies führte innenpolitisch zu enormen Spannungen und starken xenophoben Reaktionen, die den Niedergang des Shogunats beschleunigten. Perry's Kanonenboote, die sogenannten „Schwarzen Schiffe“ ({{glossar:kurobune}}), wurden zum Synonym für ein bedrohliches Ausland. | ||
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== Die wichtigsten politischen Akteure == | == Die wichtigsten politischen Akteure == | ||
− | * Bakufu (Shogunat), vertreten durch Ii Naosuke (1815-1860), der die Verhandlungen mit Perry im Alleingang abschloss. Autoritäre Haltung nach innen, kompromissbereit nach außen. | + | :* Bakufu (Shogunat), vertreten durch Ii Naosuke (1815-1860), der die Verhandlungen mit Perry im Alleingang abschloss. Autoritäre Haltung nach innen, kompromissbereit nach außen. |
− | * Nordosten (Daimyate wie Mito oder Aizu im Norden der {{glossar:Kantou}}-Region), vertreten durch Feudalherren wie Tokugawa Nariaki (1800-1860). Autoritäre Haltung nach innen, kompromisslos nach außen. | + | :* Nordosten (Daimyate wie Mito oder Aizu im Norden der {{glossar:Kantou}}-Region), vertreten durch Feudalherren wie Tokugawa Nariaki (1800-1860). Autoritäre Haltung nach innen, kompromisslos nach außen. |
− | * Südwesten (Daimyate Satsuma in Kyushu, Chōshō in West-Honshū, Tosa in Shikoku). Relativ frühe Kontakte mit dem Westen, ''bakufu''-kritisch, reformfreudig. Die meisten sogenannten Meiji-Oligarchen (politische Führer der Meiji-Zeit) stammen aus diesen Regionen. | + | :* Südwesten (Daimyate Satsuma in Kyushu, Chōshō in West-Honshū, Tosa in Shikoku). Relativ frühe Kontakte mit dem Westen, ''bakufu''-kritisch, reformfreudig. Die meisten sogenannten Meiji-Oligarchen (politische Führer der Meiji-Zeit) stammen aus diesen Regionen. |
− | * Kaiserlicher Hof (Kyoto), vertreten durch Kōmei Tennō (1831–1867) oder Iwakura Tomomi (1825–1883). In der Bakumatsu-Zeit kommt es dank der allseitigen Aufmerksamkeit zu eine neuen Politisierung des kaiserlichen Hofes. Ideologisch gibt es eine starke Verbindung nach Mito (Tokugawa Noriaki). | + | :* Kaiserlicher Hof (Kyoto), vertreten durch Kōmei Tennō (1831–1867) oder Iwakura Tomomi (1825–1883). In der Bakumatsu-Zeit kommt es dank der allseitigen Aufmerksamkeit zu eine neuen Politisierung des kaiserlichen Hofes. Ideologisch gibt es eine starke Verbindung nach Mito (Tokugawa Noriaki). |
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* {{glossar: Fukokukyouhei}}, „Reiches Land, starkes Heer“ (technische Modernisierung). | * {{glossar: Fukokukyouhei}}, „Reiches Land, starkes Heer“ (technische Modernisierung). | ||
* {{glossar: wakonyousai}}, „Japanischer Geist, westliche Technik“ (Verbindung von Tradition und Moderne). | * {{glossar: wakonyousai}}, „Japanischer Geist, westliche Technik“ (Verbindung von Tradition und Moderne). | ||
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+ | Die „Nationalen Studien“ ({{glossar:kokugaku}}) erfreuten sich gegen Ende der Edo-Zeit insgesamt steigender Beliebtheit, doch beschränkten sich die meisten Vertreter auf die Produktion von gelehrten Abhandlungen, Gedichten und Romanen. Innerhalb der Schule des {{glossar:Hirataatsutane}} kam es jedoch zu einer starken Politisierung, die auf einen Sturz des Shugunats und eine Regierung unter kaiserlicher Führung ausgerichtet war. | ||
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+ | Zu den Forderungen der Hirata Schule zählte der Slogan {{glossar: saiseiitchi}}, „Einheit von Ritus und Regierung“, also die politische und religiöse Autorität geeint in der Person des Tennō. Als Wertesystem schwebte Hirata die religiöse Welt Japans vor jeglichem buddhistischen und chinesischem Einfluss vor. Man sprach von der „Wiederherstellung des antiken Shinto“ ({{glossar: fukkoshintou}}), die in den ersten Jahren der Meiji-Zeit dann tatsächlich zu den politischen Agenda der neuen Regierung zählte. | ||
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+ | Wie schon {{glossar:motoorinorinaga}} idealisierte Hirata Atsutane den vorgeblich schlichten, reinen „japanischen Geist“ ({{glossar: yamatodamashii}} oder ''yamatogokoro''), der ohne komplizierte Lehrsätze spontan zu richtigen Entscheidungen finden würde, im Kontrast zum „chinesischen Geist“ ({{glossar: karagokoro}}), der moralische Entscheidungen durch Bücherwissen unnötig verkomplizieren würde. Damit war eine Kritik am Konfuzianismus und natürlich auch am Buddhismus verbunden. | ||
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+ | Den größten Einfluss hatte die Hirata Schule in „bürgerlichen“ und bäuerlichen Kreisen sowie in der Welt der [[schreine|Shinto-Schreine]]. Hier konnte Hirata Atsutane seine Stellung festigen, indem er zeitweise als Leiter der familieneigenen Shinto-Akademien der Priesterdynastien {{glossar:Yoshida}} und {{glossar:shirakawa}} fungierte. Unter Atsutanes Adoptivsohn {{glossar: Hiratakanetane}} wurde Hirata zu einer Heiligenfigur stilisiert, während es gelang ein überregionales Netzwerk an Schülern und Sponsoren aufzubauen. Zwischen Atsutanes Tod im Jahr 1843 und der Blüte-Zeit der Schule in der frühen Meiji-Zeit erhöhte sich die Anzahl zahlender Schüler von 500 auf 4000. | ||
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+ | === Späte Mito Schule === | ||
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+ | Die Späte Mito Schule hatte, im Gegensatz zur Hirata Schule, einen definitiven regionalen Kern in Mito, der Hauptstadt des Damyats Mito. Seit {{glossar: Tokugawamitsukuni}} widmete sich die Gelehrtentradition in Mito vornehmlich dem gigantischen Geschichtswerk {{glossar: dainihonshi}}. Doch auch in Mito kam es unter dem oben erwähnten Tokugawa Nariaki, einem Nachfahren des Mitsukuni, zu einer starken Politisierung. Der Mito-Gelehrte {{glossar:Aizawaseishisai}} trug durch seine „Neuen Thesen“ (''Shinron'', 1825) zur Verbreitung des Slogans {{glossar: sonnoujoui}} („Ehrt den Kaiser, vertreibt die Barbaren!“) bei, der besonders nach 1853/54 (Perry) in ganz Japan widerhallte. Während die daran zum Ausdruck gebrachte, radikal fremdenfeindliche Haltung nach der Meiji-Restauration (1868) rasch in den Hintergrund trat, erfuhr ein weiterer, von Aizawa popularisierter Terminus umso mehr Aktualität, nämlich {{glossar: kokutai}} (wtl. „Landes-Körper“). Damit war im Wesentlichen die spezifische, angeblich unvergängliche Position des Tennō in der japanischen Geschichte und Kultur gemeint, doch erhielt der Terminus im Kontext des modernen Nationalismus verschiedene ideologische Schattierungen. | ||
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+ | Beide Begriffe stammen im übrigen aus konfuzianischen Klassikern. Daran zeigt sich bereits, dass die Mito-Schule nicht auf das Reservoir traditioneller konfuzianischer Werte verzichten wollte, auch wenn sie ebenso wie die ''kokugaku'' den Buddhismus kritisierte und dem Shinto nahe stand. Die Mischung aus konfuzianischer Moral und nationalen Mythen, die in der Mito Schule perfektioniert wurde, ist bis heute ein Markenzeichen konservativ-nationalistischer Kreise in Japan. | ||
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+ | Mit der Gründung einer neuen Akademie, dem {{glossar: koudoukan}} (1831), wurden die politischen Visionen der späten Mito Schule institutionalisiert und verdrängten den historiographischen Ansatz der frühen Zeit. Neben Aizawa etablierte sich auch Fujita Tōko (1806–1855) als prononcierter Vertreter eines Tennō-zentrierten und zugleich konfuzianischen Nationalismus. | ||
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+ | In realpolitischer Hinsicht unterschied sich die Mito Ideologie allerdings auch insofern von der Hirata Schule, als es nie um die Abschaffung des Shogunats ging. Es sollte lediglich die Hierarchie zwischen Tennō und Shōgun symbolisch deutlicher zum Ausdruck gebracht werden. Tokugawa Nariaki sah darin explizit ein Mittel, um den Gedanken der Loyalität zwischen Shogun und Kriegerkaste auch innerhalb des Verbandes der Daimyō wieder stärker zu akzentuieren. Im übrigen versuchte er, durch politische Pakte mit dem Kaiserhof seine eigene Position innerhalb des Tokugawa Sippenverbandes zu stärken. | ||
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+ | Nicht nur ideologisch, sondern auch militärisch zählten Nariaki und seine Vasallen aus Mito zu den schlagkräftigsten Vertretern der ''sonnō jōi'' Bewegung. Empört über die aus ihrer Sicht übereilten Verträge mit den Westmächten gelang es einigen Mito Samurai den politischen Hauptverantwortlichen, Ii Naosuke, 1860 zu ermorden. Nariaki, der im gleichen Jahr eines natürlichen Todes starb, wurde daraufhin zum wiederholten Male aus der Hauptstadt Edo in seine Provinz verbannt, doch ansonsten fiel die Reaktion des Bakufu verhältnismäßig milde aus und der politische Einfluss Mitos nahm zu. | ||
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+ | 1867 sollten Nariakis realpolitische Ziele schließlich Realität werden, als sein Sohn {{glossar: tokugawayoshinobu|Yoshinobu}} (auch: Keiki) zum neuen Shogun gekürt wurde. Doch wurde seine Regierung nach kaum einem Jahr durch den Putsch Tennō-loyaler Truppen aus West-Japan beendet. Während eine Art Kompromiss zwischen Bakufu und Tennō-Restauration für kurze Zeit möglich schien, kam es 1868 schließlich doch zu einem kurzen, aber heftigen Bürgerkrieg, in dem sich die Mito Anhänger als Feinde des Tennō wiederfanden. In der Meiji-Zeit wurde die Mito Schule allerdings schon bald wieder rehabilitiert. | ||
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Version vom 18. November 2014, 14:22 Uhr
Unter
Der Begriff „bakumatsu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
versteht man die Spätzeit des Tokugawa Shogunats (
wtl. „Zeltregierung“; Militärregierung, Shōgunat
Der Begriff „bakufu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
, 1603–1867), in der es nach einer Friedenszeit von über 250 Jahren zum Verfalls der staatlichen Autorität und zu bürgerkriegsartigen Unruhen kam. Innere und äußere Faktoren sind dafür verantwortlich:
- Verknöcherung der Bürokratie (Steuerwesen)
- unzeitgemäßes Standessystem
- Klima → Ernterückgang → Hungersnöte
- Bedrohung durch den Westen → erzwungenes Ende der Isolationspolitik
- Seuchen (durch Kontakt mit dem Ausland ausgelöst)
Die Krisensituation spitzte sich 1853 zu, als sich ein amerikanisches Geschwader unter Admiral Matthew Perry (1794–1858) gewaltsam Zutritt zum Hafen von Uraga nahe
Hauptstadt der Tokugawa-Shōgune, heute: Tōkyō; auch: Zeit der Tokugawa-Dynastie, 1600–1867 (= Edo-Zeit);
Der Begriff „Edo“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
Geographische Lage
verschaffte. Perry erzwang im Auftrag der amerikanischen Regierung Verhandlungen, die den Amerikanern ein Handels- und Niederlassungsrecht in Japan ermöglichen sollten. 1854 gewährte Japan dieses Recht aus Angst, andernfalls eine ähnliche Situation wie im teilkolonialisierten China heraufzubeschwören. England, Frankreich und Russland erhielten bald ähnliche Privilegien. Dies führte innenpolitisch zu enormen Spannungen und starken xenophoben Reaktionen, die den Niedergang des Shogunats beschleunigten. Perry's Kanonenboote, die sogenannten „Schwarzen Schiffe“ (
„Schwarze Schiffe“; volkstümliche Bezeichnung für die amerikanischen Kanonenboote, die 1853 die Öffnung Japans erzwangen
Der Begriff „kurobune“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
), wurden zum Synonym für ein bedrohliches Ausland.
Die wichtigsten politischen Akteure
- Bakufu (Shogunat), vertreten durch Ii Naosuke (1815-1860), der die Verhandlungen mit Perry im Alleingang abschloss. Autoritäre Haltung nach innen, kompromissbereit nach außen.
- Nordosten (Daimyate wie Mito oder Aizu im Norden der Glossar:Kantou-Region), vertreten durch Feudalherren wie Tokugawa Nariaki (1800-1860). Autoritäre Haltung nach innen, kompromisslos nach außen.
- Südwesten (Daimyate Satsuma in Kyushu, Chōshō in West-Honshū, Tosa in Shikoku). Relativ frühe Kontakte mit dem Westen, bakufu-kritisch, reformfreudig. Die meisten sogenannten Meiji-Oligarchen (politische Führer der Meiji-Zeit) stammen aus diesen Regionen.
- Kaiserlicher Hof (Kyoto), vertreten durch Kōmei Tennō (1831–1867) oder Iwakura Tomomi (1825–1883). In der Bakumatsu-Zeit kommt es dank der allseitigen Aufmerksamkeit zu eine neuen Politisierung des kaiserlichen Hofes. Ideologisch gibt es eine starke Verbindung nach Mito (Tokugawa Noriaki).
Ideologische Lager
Politische Slogans
„Ehrt den Kaiser, verjagt die Barbaren“; anti-westlicher Slogan des 19. Jh.s (Zitat aus den Frühling- und Herbstannalen des Konfuzius)
Der Begriff „sonnō jōi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
, „Ehrt den Kaiser, vertreibt die Barbaren!“ (Vor allem durch die Mito Schule in Umlauf gebracht).
Einheit von Ritus und Verwaltung bzw. von Religion und Staat
Der Begriff „saisei itchi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
, „Einheit von Ritus und Regierung“ (Hirata Schule).
„reiches Land, starkes Heer“; politischer Slogan des 19. Jh.s
Der Begriff „fukoku kyōhei“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
, „Reiches Land, starkes Heer“ (technische Modernisierung).
„Japanischer Geist, westliche Technik“; politischer Slogan der bakumatsu- und Meiji-Zeit
Der Begriff „wakon yōsai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
, „Japanischer Geist, westliche Technik“ (Verbindung von Tradition und Moderne).
„Aufklärung und Öffnung“; Modernisierungs-Slogan des 19. Jh.s
Der Begriff „bunmei kaika“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
, „Aufklärung und Öffnung“ (Modernisierung = Verwestlichung aller gesellschaftlichen Bereiche).
Weitere Schlagworte
Nationalwesen, wtl. „Landeskörper“
Der Begriff „kokutai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
„Restauration des antiken Shintō“; Restaurations-Shintō
Der Begriff „fukko shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
„chinesischer Geist“; xenophober Begriff der kokugaku
Der Begriff „karagokoro“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
, „chinesischer Geist“
„japanischer Geist“; Japanertum; nationalistisches Schlagwort
Der Begriff „yamato-damashii“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
oder yamatogokoro, „japanischer Geist“
„Holland Studien“; in der Edo-Zeit: westliche Wissenschaft; der Namen erklärt sich aus der Tatsache, dass es im Edo-zeitlichen Japan den Holländern als einziger westlicher Nation gestattet war, Handelsverbindungen mit Japan zu unterhalten.
Der Begriff „rangaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
Hirata Schule
Die „Nationalen Studien“ (
„Lehre des Landes“, Nationale Schule, Nativismus; in der Edo-Zeit entstandene Gelehrtentradition, die ihren Fokus auf das nationale Erbe Japans richtete
Der Begriff „kokugaku“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
) erfreuten sich gegen Ende der Edo-Zeit insgesamt steigender Beliebtheit, doch beschränkten sich die meisten Vertreter auf die Produktion von gelehrten Abhandlungen, Gedichten und Romanen. Innerhalb der Schule des
Der Begriff „Hirata Atsutane“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
kam es jedoch zu einer starken Politisierung, die auf einen Sturz des Shugunats und eine Regierung unter kaiserlicher Führung ausgerichtet war.
Zu den Forderungen der Hirata Schule zählte der Slogan
Einheit von Ritus und Verwaltung bzw. von Religion und Staat
Der Begriff „saisei itchi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
, „Einheit von Ritus und Regierung“, also die politische und religiöse Autorität geeint in der Person des Tennō. Als Wertesystem schwebte Hirata die religiöse Welt Japans vor jeglichem buddhistischen und chinesischem Einfluss vor. Man sprach von der „Wiederherstellung des antiken Shinto“ (
„Restauration des antiken Shintō“; Restaurations-Shintō
Der Begriff „fukko shintō“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
), die in den ersten Jahren der Meiji-Zeit dann tatsächlich zu den politischen Agenda der neuen Regierung zählte.
Wie schon
Der Begriff „Motoori Norinaga“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
idealisierte Hirata Atsutane den vorgeblich schlichten, reinen „japanischen Geist“ (
„japanischer Geist“; Japanertum; nationalistisches Schlagwort
Der Begriff „yamato-damashii“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
oder yamatogokoro), der ohne komplizierte Lehrsätze spontan zu richtigen Entscheidungen finden würde, im Kontrast zum „chinesischen Geist“ (
), der moralische Entscheidungen durch Bücherwissen unnötig verkomplizieren würde. Damit war eine Kritik am Konfuzianismus und natürlich auch am Buddhismus verbunden.
Den größten Einfluss hatte die Hirata Schule in „bürgerlichen“ und bäuerlichen Kreisen sowie in der Welt der Shinto-Schreine. Hier konnte Hirata Atsutane seine Stellung festigen, indem er zeitweise als Leiter der familieneigenen Shinto-Akademien der Priesterdynastien Glossar:Yoshida und Glossar:Shirakawa fungierte. Unter Atsutanes Adoptivsohn
1799–1880; Kokugaku-Gelehrter
Der Begriff „Hirata Kanetane“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
wurde Hirata zu einer Heiligenfigur stilisiert, während es gelang ein überregionales Netzwerk an Schülern und Sponsoren aufzubauen. Zwischen Atsutanes Tod im Jahr 1843 und der Blüte-Zeit der Schule in der frühen Meiji-Zeit erhöhte sich die Anzahl zahlender Schüler von 500 auf 4000.
Späte Mito Schule
Die Späte Mito Schule hatte, im Gegensatz zur Hirata Schule, einen definitiven regionalen Kern in Mito, der Hauptstadt des Damyats Mito. Seit
Der Begriff „Tokugawa Mitsukuni“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
widmete sich die Gelehrtentradition in Mito vornehmlich dem gigantischen Geschichtswerk
Gesamtdarstellung der japanischen Geschichte bis 1392 in 397 Bänden, verfasst zw. 1657 und 1906
Der Begriff „Dai Nihon-shi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
. Doch auch in Mito kam es unter dem oben erwähnten Tokugawa Nariaki, einem Nachfahren des Mitsukuni, zu einer starken Politisierung. Der Mito-Gelehrte
1782–1863; Gelehrter der Mito Schule; wichtiger Vertreter der sonnō jōi-Ideologie
Der Begriff „Aizawa Seishisai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
trug durch seine „Neuen Thesen“ (Shinron, 1825) zur Verbreitung des Slogans
„Ehrt den Kaiser, verjagt die Barbaren“; anti-westlicher Slogan des 19. Jh.s (Zitat aus den Frühling- und Herbstannalen des Konfuzius)
Der Begriff „sonnō jōi“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
Bilder
(„Ehrt den Kaiser, vertreibt die Barbaren!“) bei, der besonders nach 1853/54 (Perry) in ganz Japan widerhallte. Während die daran zum Ausdruck gebrachte, radikal fremdenfeindliche Haltung nach der Meiji-Restauration (1868) rasch in den Hintergrund trat, erfuhr ein weiterer, von Aizawa popularisierter Terminus umso mehr Aktualität, nämlich
Nationalwesen, wtl. „Landeskörper“
Der Begriff „kokutai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Glossarseiten
(wtl. „Landes-Körper“). Damit war im Wesentlichen die spezifische, angeblich unvergängliche Position des Tennō in der japanischen Geschichte und Kultur gemeint, doch erhielt der Terminus im Kontext des modernen Nationalismus verschiedene ideologische Schattierungen.
Beide Begriffe stammen im übrigen aus konfuzianischen Klassikern. Daran zeigt sich bereits, dass die Mito-Schule nicht auf das Reservoir traditioneller konfuzianischer Werte verzichten wollte, auch wenn sie ebenso wie die kokugaku den Buddhismus kritisierte und dem Shinto nahe stand. Die Mischung aus konfuzianischer Moral und nationalen Mythen, die in der Mito Schule perfektioniert wurde, ist bis heute ein Markenzeichen konservativ-nationalistischer Kreise in Japan.
Mit der Gründung einer neuen Akademie, dem
Akademie der konfuzianischen Mito-Schule; wtl. Schule zur Verbreiterung des Weges; gegr. 1841 von Tokugawa Nariaki
Der Begriff „Kōdōkan“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Geographische Lage
(1831), wurden die politischen Visionen der späten Mito Schule institutionalisiert und verdrängten den historiographischen Ansatz der frühen Zeit. Neben Aizawa etablierte sich auch Fujita Tōko (1806–1855) als prononcierter Vertreter eines Tennō-zentrierten und zugleich konfuzianischen Nationalismus.
In realpolitischer Hinsicht unterschied sich die Mito Ideologie allerdings auch insofern von der Hirata Schule, als es nie um die Abschaffung des Shogunats ging. Es sollte lediglich die Hierarchie zwischen Tennō und Shōgun symbolisch deutlicher zum Ausdruck gebracht werden. Tokugawa Nariaki sah darin explizit ein Mittel, um den Gedanken der Loyalität zwischen Shogun und Kriegerkaste auch innerhalb des Verbandes der Daimyō wieder stärker zu akzentuieren. Im übrigen versuchte er, durch politische Pakte mit dem Kaiserhof seine eigene Position innerhalb des Tokugawa Sippenverbandes zu stärken.
Nicht nur ideologisch, sondern auch militärisch zählten Nariaki und seine Vasallen aus Mito zu den schlagkräftigsten Vertretern der sonnō jōi Bewegung. Empört über die aus ihrer Sicht übereilten Verträge mit den Westmächten gelang es einigen Mito Samurai den politischen Hauptverantwortlichen, Ii Naosuke, 1860 zu ermorden. Nariaki, der im gleichen Jahr eines natürlichen Todes starb, wurde daraufhin zum wiederholten Male aus der Hauptstadt Edo in seine Provinz verbannt, doch ansonsten fiel die Reaktion des Bakufu verhältnismäßig milde aus und der politische Einfluss Mitos nahm zu.
1867 sollten Nariakis realpolitische Ziele schließlich Realität werden, als sein Sohn
1837–1913; letzter Tokugawa-Shōgun aus der Linie der Mito Tokugawa; (r. 1866–1867); auch Tokugawa Keiki
Der Begriff „Tokugawa Yoshinobu“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
(auch: Keiki) zum neuen Shogun gekürt wurde. Doch wurde seine Regierung nach kaum einem Jahr durch den Putsch Tennō-loyaler Truppen aus West-Japan beendet. Während eine Art Kompromiss zwischen Bakufu und Tennō-Restauration für kurze Zeit möglich schien, kam es 1868 schließlich doch zu einem kurzen, aber heftigen Bürgerkrieg, in dem sich die Mito Anhänger als Feinde des Tennō wiederfanden. In der Meiji-Zeit wurde die Mito Schule allerdings schon bald wieder rehabilitiert.
- ^ Im Gebiet des heutigen Yokohama, wo später auch die ersten Ausländerkolonien entstanden, treffen amerikanische Marine Offiziere unter Commodore Perry mit ihren japanischen Verhandlungspartnern zusammen. Das Bild beruht auf einem Aquarell von Wilhelm Heine (1827–1885), einem deutschen Künstler, der Perrys Mission als offizieller „Photograph“ begleitete.
Werk von Wilhelm Heine. Edo-Zeit, 1856. US Naval History & Heritage. - ^ Eine Gruppe junger Samurai bei militärischer Lagebesprechung (1864?). Einige in traditioneller Kleidung, andere teilweise in westlichen Uniformjacken. Der Photograph, Felice Beato, eröffnete 1863 eines der ersten Photostudios in Japan und erhielt schon vor 1868 die Möglichkeit, außerhalb der Ausländerghettos zu photographieren.
Werk von Felice Beato. Späte Edo-Zeit, 1860er Jahre. Wikimedia Commons. - ^ Der politische Reformer und Wegbereiter der Meiji Restauration Yoshida Shōin.
National Diet Library, Tōkyō.