Alltag/Totenriten/Sogiya: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 13. September 2010, 10:15 Uhr
Achtung: Sie sehen eine veraltete Version von https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Alltag/Totenriten/Sogiya.
Das Jenseits aus Sicht eines japanischen Bestattungsunternehmens
Die folgende Abbildung ist der Website der japanischen Bestattungsfirma Sekise entnommen (aufgerufen im Dezember 2005). Die Firma stellt als Service zu ihren anderen Diensten eine Website namens Osōshiki-Plaza, wtl. „Bestattungs-Plaza“, zur Verfügung, die sich bei genauerer Erforschung als Mischung aus Information zum Thema Tod/Bestattung und Links zu anderen relevanten Organisationen herausstellt. Das Logo der Bestattungs Plaza ähnelt in seiner Komplexität den Jenseitsdarstellungen auf traditionellen japanischen Mandalas und gibt zugleich ein ungefähres Bild von der Überlagerung vielfältiger Jenseitsbilder in der modernen japanischen Vorstellungswelt.
Die abgebildeten Gebäude sind mit Links zu Teilbereichen der Website versehen. Was als erstes auffällt, sind Figuren im Stil der „Niedlich-Kultur“ (kawaii bunka), die das Geschäft mit dem Tod als fröhlich-harmloses Freizeitvergnügen erscheinen lassen. Zugleich wird auf den ersten Blick deutlich, dass der Jenseits-Freizeitpark eine sehr internationale, multikulturelle Angelegenheit ist.
Detailansichten
Der Mittelteil des Bildes enthält ein Schild mit der Aufschrift "Osōshiki-Plaza". Darunter ein Springbrunnen (Jungbrunnen-Motiv?), umgeben von Figuren aus verschiedenen Epochen und Ländern. Neben einem japanischen Samurai und einer Geisha, sowie einem europäischen Ritter und einem Prinzen sind auch Tiere und ein Wesen aus der Zukunft zu sehen. Die Vermischung von Zeiten und Kulturen erweckt im vorliegenden Kontext Assoziationen mit buddhistischen Vorstellungen der Wiedergeburt in unterschiedlichen Existenzen, ein Transformationsvorgang, der hier als bunter Jahrmarktszauber präsentiert wird.
Das Gebäude links oben trägt den Namen Pācharu-sōgi-kan, Gebäude für einzelne (partial) Begräbnisabschnitte. Der entsprechende Link führt zu einer generellen, sehr brauchbaren Erklärung, was bei einem Begräbnis im Regelfall alles zu tun ist. Der griechische Tempelstil und der Zylinder des Gebäudeinhabers scheinen die Seriosität dieses Abschnitts zu unterstreichen. Dieser Teil der Website findet sich auch in verkürzter englischer Übersetzung.
Das Sōgi-shikitari-kan, ebenfalls klassisch-antik, enthält weitere vertiefende Informationen zu japanischen Begräbnisbräuchen, z.B. hinsichtlich Kleidung, Geldspenden, etc. Das abgebildete Brautpaar hat hier im Grunde nichts verloren.
Im oberen Bildteil befindet sich ein besonders interessanter Link zur Anoyo-Town, der „Jenseits-Stadt“. Im Schattenriss zeichnen sich Taj Mahal, die Sagrada Familia, eine Pyramide und eine japanische Pagode ab, umflort von Barockengeln im Manga-Stil. Der Link führt tatsächlich zu Kurzinformationen über die Jenseitsvorstellungen unterschiedlicher Religionen, aber auch über „Near-Death“ Erfahrungen.
Im mittleren Bildteil befindet sich ein Link zum „Haus der Profis“ (Puro no kan). Es handelt sich um eine Liste mit Kontaktadressen zu örtlichen Bestattungsunternehmen. Da alle in Japan angesiedelt sind, ist das Gebäude eine stilisierte Burg aus der japanischen Feudalzeit.
Auf gleicher Höhe rechts befindet sich ein „Forschungsinstitut“ in futuristischer Ausgestaltung. Tatsächlich finden sich hier vermischte Berichte über Todesfälle und Wissenswertes von eher allgemeiner Natur. Auch historische und ethnologische Beiträge sind enthalten.
Im Stil eines europäischen Märchenschlosses mit engelshaft blonder Prinzessin, bestaunt von einem Indianer und einem Baseball-Spieler, der Verweis zu einer Adressenliste von Organisationen, die Menschen in besonderen Notfällen unterstützen. An erster Linie steht hier ein Verein, der Waisen betreut, aber es findet sich auch eine „Gesellschaft für Denkmäler von Frauen“.
Im Stil des Big Ben in London schließlich der Verweis zum "Moshimo-sōdan-sentā", dem Beratungszentrum für den „Fall des Falles“. Der prominenteste Abschnitt dieses Teils der Website besteht aus eine FAQ-Liste, in der z.B. die Frage auftaucht: „Was soll ich tun, wenn ich das Begräbnis nur im Kreis der engsten Familie abhalten will?“ Eine andere Frage bezieht sich auf die Blumen im Fall einer christlichen Beerdigung. Die Antwort rät von Chrysanthemen ab, da diese das buddhistische Paradies verkörpern, und rät zu einer bunten Auswahl.
In der unteren Bildmitte schließlich ein Link zur eigentlichen Homepage von Sekise. In seiner Mischung aus Verniedlichung des Todes, handfester Information und spiritistischen Einsprenkseln dient das „Begräbnisforum“ offensichtlich als Köder, um von einem Todesfall Betroffene diskret auf den speziellen Geschäftszweig der Firma aufmerksam zu machen. Dieser besteht in futuristischen Begräbnisformen, die durchaus Gemeinsamkeiten mit den zahlreichen Neuen Religionen Japans aufweisen. Beispielsweise vertreibt die Firma Totentäfelchen (
Ahnentäfelchen
Der Begriff „ihai“ wird in diesem Handbuch auf folgenden Seiten erwähnt:
Bilder
), die die DNA des Verstorbenen enthalten. Auch wird Bestattung in freier Natur oder gar im Weltall angeboten.
- ^ Das Jenseits aus der Sicht eines japanischen Bestattungsunternehmens. Graphik mit Kurzinfos und Links zu den einzelnen Bereichen der Homepage.
Oshōshiki-Plaza.