Denken/Sutra: Unterschied zwischen den Versionen

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#WEITERLEITUNG [[Grundbegriffe/Buddhismus_Lehre]]
{{titel | Was ist ein Sutra?}}
 
 
 
Die elementarsten Texte des Buddhismus werden in der Regel als Sutra be·zeich·net. Zu·min·dest der Theorie nach stammen die {{skt:sutra|Sutren}} von einem {{skt:Buddha}} (allerdings nicht not·wendiger·weise vom his·to·rischen [[Ikonographie:Shaka|Buddha Shakya·muni]]). Sowie im [[Grundbegriffe:Buddhismus|Maha·yana Buddhis·mus]] die Zahl der Buddhas im Lauf der Zeit immer mehr zu·ge·nommen hat, haben sich auch die Sutren ver·viel·facht und ein beinah un·über·schau·bares Maß angenommen.
 
Infolge ihrer langen Textgeschichte, die oft weit in vor·schrift·liche Zeiten hin·ein·reicht, ist es zudem kaum möglich, den genauen Umfang eines be·stimmten Sutras ein·deutig ab·zu·grenzen. Meist existieren unter·schied·liche Ver·si·onen eines Textes ne·ben·ei·nan·der. Bei der Über·setzung des bud·dhisti·schen Schrift·tums ins Chinesische ent·stand ein weiterer Un·sicher·heits·faktor. Die Frage „Was ist ein Sutra?“ wird also zu·nehmend kompli·zierter, je ein·gehender man sich damit aus·einan·der·setzt.
 
 
 
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==Vokabel==
 
Das Wort ''sūtra'' entstammt dem Sanskrit und ist der Webe·technik ent·lehnt. Es be·deutet „Faden“. Davon ab·ge·leitet ent·standen meta·phorische Be·deu·tungen wie „Leit·faden“, „ele·men·tare Lehr·schrift“, u.a.m. Im Chi·ne·sischen und Ja·pa·nischen wird dafür das Schrift·zeichen {{glossar:kyou}} (chin. ''jing'') ver·wendet, das die gleiche Grund·be·deu·tung be·sitzt und nicht nur im Bud·dhis·mus sondern bei·spiels·weise auch im Daoismus An·wen·dung findet. Ein be·rühmter, nicht-bud·dhisti·scher „Leit·faden“ ist etwa das {{glossar:Yijing|''Yi-jing''}}, eig. „Leit·faden der Orakel·kunst“, besser be·kannt als das „Buch der Wand·lungen“. Aus dem nicht-bud·dhis·tischen indischen Kon·text ist hier·zu·lande das ''Kama Sutra'', der „Leit·faden der Liebe“, am besten bekannt.
 
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Sutren gibt es in verschiedenen Formen und Längen. Ein gemein·sames formales Merk·mal ist die Standard-Ein·leitung des Re·zi·tie·renden: „So habe ich's gehört“. Oft sind auch die Um·stände der Predigt Gegen·stand des Sutras, bevor der Buddha selbst zu Wort kommt. Viele bud·dhis·tische Sutren thema·ti·sieren also die Um·stände ihrer Ent·stehung und Ver·brei·tung, bevor sie zum eigent·lichen Kern der Bot·schaft kommen. Diese Selbst-Re·ferenziali·tät scheint ein be·sonderes Kenn·zeichen bud·dhisti·scher Sutren zu sein.
 
 
 
Das Kopieren von Sutren galt in der gesamten Welt des Bud·dhis·mus als frommes Werk, das ganz besonders dazu ge·eignet war, das eigene [[Grundbegriffe:Buddhismus Lehre|Karma]] zu ver·bessern. Dies bezog sich sowohl auf den Stifter als auch auf die Aus·führenden einer Sutren·kopie. Bud·dhisti·sche Sutren wurden aus diesem Grund mit großer Sorg·falt re·produziert und auf·be·wahrt. Es ist somit kein Zu·fall, dass das unten ab·ge·bildete Bei·spiel aus der {{glossar:nara}} Zeit — eines der ältesten bis heute er·haltenen Original·do·ku·mente des ja·pa·nischen Schrift·tums — ein bud·dhis·tischer Text ist. Es handelt sich um ein Frag·ment des zu dieser Zeit äußert po·pu·lären {{glossar:kegonkyou}} (skt. {{skt:Avatamsakasutra}}, „Blütenkranz Sutra“). Im Mittel·punkt steht Buddha [[Ikonographie:Dainichi|Vairocana]], der in der Nara Zeit auch als Großer Buddha des {{glossar:toudaiji}} verewigt wurde.
 
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|kegonkyo744.jpg
 
|Fragment einer Abschrift des Avatamsaka Sutras (''Kegon-kyō'') aus dem Jahr 744
 
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==Lotos Sutra==
 
 
 
Das Lotos Sutra gehört zu den bekanntesten Sutren des {{skt:Mahayana}} Bud·dhis·mus. Seine geläufigste Version ist die chi·ne·sische Über·setzung durch Über·setzer·mönch {{skt:Kumarajiva}} (343–413), die 406 fertig·gestellt wurde und auch den meisten Über·setzungen in west·liche Sprachen zu·grunde liegt. In dieser Form besteht das Sutra aus 28 Kapiteln, die sehr unter·schied·liche Themen be·handeln. Die Rahmen·hand·lung dieser Kapitel be·schreibt, wie Buddha {{Skt:Shakyamuni}} vor einer un·über·seh·baren Menge von irdischen und über·irdischen An·hängern eine Predigt hält. Im Laufe dieser Predigt kommt u.a. die Parabel vom bren·nenden Haus (Kap. 3) zur Sprache, die das Anwenden von „an·ge·mes·senen Mitteln“ (skt. {{skt:upaya}}, jap. {{glossar:houben}}) legitimiert (Kap. 2). Der Buddha wird in dieser Parabel als gütiger Vater beschrieben, der versucht, die Kinder, die sich der Gefahr nicht be·wusst sind (die un·er·leuchteten Wesen), durch Ver·spre·chungen aus dem bren·nenden Haus zu locken. Ein anderes be·rühmtes Kapitel (16) thematisiert die Lebens·länge des Buddhas und damit zugleich die bud·dhis·tische Zeiten·theorie (s. dazu [[Geschichte:Heian_Zeit|Die Reformen der Heian-Zeit]]). Das Sutra enthält aber auch Passagen, die er·läutern, warum es ein besonderes karmisches Verdienst darstellt, es — das Sutra —  zu kopieren. Eines der ein·fluss·reichsten Kapitel ist Bodhisattva {{skt:Avalokiteshvara}} (jap. {{Glossar:Kannon}}) gewidmet und dürfte mit·ver·ant·wort·lich für die besondere Popularität dieser Figur sein.
 
 
 
Das Lotos Sutra heißt auf Sanskrit {{skt:Saddharmapundarikasutra}}, wörtlich: „Sutra der Lotos·blume vom wunder·baren {{skt:Dharma}}“, jap. ent·weder kurz {{glossar:hokkekyou}}, oder {{glossar:myouhourengekyou}}. Es gilt vor allem im japanischen {{glossar:tendaishuu|Tendai}} und {{glossar:Nichiren}} Buddhismus (auch {{glossar:Hokkeshuu}}) als die wichtigste buddhistische Lehrschrift überhaupt.
 
 
 
==Herz Sutra  und Sutra der höchsten Weisheit==
 
 
 
Ein weiteres allgemein bekanntes Sutra ist das Herz Sutra. Es ist so kurz, dass es eigent·lich mehr einem Gebet gleicht und in wenigen Minuten rezitiert werden kann. Es besteht im we·sent·lichen aus einer Lehrrede des Kannon (Bodhisattva Avalokiteshvara) an {{skt:Shariputra}}, einen Schüler des his·to·rischen Buddha. Einer der Kernsätze lautet „Form ist Leere, Leere ist Form“. Es geht also um die Philo·so·phie der Leere (skt. {{skt:shunyata}}, jap. {{glossar:kuu}}), bzw. der Un·be·ständig·keit des irdischen Da·seins, die u.a. auch als bud·dhis·tischer Nihilis·mus bezeichnet wird. Für die ja·pa·nischen Anhänger des Herz Sutras steht der in·haltliche Aspekt des Textes aber selten im Vor·der·grund. Das Sutra wird land·läufig in einer Mischung aus Sans·krit und Chi·ne·sisch rezitiert, die keinerlei Ähn·lich·keiten mit dem ge·sprochenen Japanisch aufweist und für Laien voll·kommen un·ver·ständlich ist. In·te·ressanter·weise ist es aber gerade in seiner japanisierten Form (also in sinisiertem Sankrit, japanisch aus·ge·sprochen) auch in west·lichen bud·dhis·tischen Kreisen populär geworden.
 
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|hannyakyo_koya.jpg
 
|Abschrift des Daihannya-kyō in Goldtinte auf blauem Grund, Heian-Zeit
 
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Das Herz Sutra ist Teil einer ganzen Sutren·text·gruppe zur Doktrin der höchsten Weis·heit ({{skt:Prajnaparamita}}, jap. {{glossar:hannyaharamitta}}). Es existieren unter·schied·lich lange Samm·lungen dieser Text·gruppe. Eine der aus·führ·lichsten Fas·sungen, das ''Da bore boluomidou jing'' (jap. {{glossar:hannyaharamittakyou}}) existiert heute in Form einer chi·ne·sischen Über·setzung durch den Pilger·mönch {{glossar:Xuanzang}} aus den Jahren 660—663 und umfasst ca. 600 Einzel·texte, darunter das Herz Sutra oder das ebenfalls bekannte sog. Diamant Sutra.
 
 
 
== Das staatsschützende Goldglanz Sutra ==
 
{{glossar:konkoumyoukyou}}, skt. ''Suvarna-prabhasottama-sutra'', in erweiter·ter Fassung auch als ''Konkō·myō saishōō kyō'', „Sutra vom golde·nen Glanz des sieg·reichen Königs“ bekannt. Die älteste bekannte Fassung stammt aus dem China des fünften Jahr·hun·derts, es wird aber angenom·men, dass es auch frühere indi·sche Fas·sungen gab. Doch ist das Gold·glanz Sutra in erster Linie in seiner erwei·terten chine·sischen Fassung (703) durch den  Über·setzer·mönch Yijing 義淨 (635–713) bekannt und in ganz Ostasien ver·breitet. Unter ande·rem spielte es im frühen japa·nischen Buddhis·mus eine wichtige Rolle.
 
 
 
Wie die meisten Sutren, preist auch das Goldglanz Sutra seine eigene Effekti·vität und nennt dabei: 1) Schutz des Königs vor Feinden und Krank·heiten, Bewah·rung seines langen Lebens; 2) Friede unter den Frauen, Verwandten und Ministern des Königs; 3) Fröm·mig·keit unter Mönchen und Laien·unter·tanen; und 4) Schutz durch gött·liche Mächte (Kapitel 3). An anderer Stelle heißt es, dass dort, wo das Sutra gepredigt wird, alle Unter·tanen gesund, glücklich und reich sein werden (Kapitel 5). Es werden auch abstrak·tere Fragen und trans·zen·dente Themen erläutert, doch beson·ders ab Kapitel 12, wo die Vier Himmels·könige ({{glossar:shitennou}}) auftre·ten, schieben sich die dies·seits·bezo·genen Aspekte des Staats·schutzes immer stärker in den Vorder·grund. Das Sutra enthält dazu auch eine Reihe von Gebets·formeln ({{skt:dharani}}) und rituelle Anlei·tungen.
 
 
 
Neben den Vier Himmelsgöttern, spielt auch {{glossar:Benzaiten}} eine wichtige Rolle in diesem Sutra: Unter ande·rem lehrt sie ein rituel·les Kräuter·bad (s. dazu auch [[Ikonographie: Gluecksgoetter/Benzaiten|Benzaiten]]). Im Anschluss kommt die Gottheit Kisshōten zu Wort. Beide Göttinnen zählen als Sarasvati und Lakshmi zu den promi·nentes·ten weib·lichen Figuren des indi·schen Panthe·ons. Schließ·lich gesellt sich noch eine weib·liche „Erdgöttin“ namens Kenrō Jishin 堅牢地神 zu den spe·ziellen Schutz·göttern des Goldglanz Sutras. Sie stellt dem·jenigen, der den bud·dhis·tischen Tempeln Gaben spendet, Ver·gnügun·gen mit sieben·tausend Himmels·frauen in Aussicht. Neben zahl·reichen {{skt:Bodhisattva|Bodhisattvas}} wirken außer·dem die indi·schen Gott·heiten Brahma und Indra, 28 Generäle und andere mehr als Schutz·götter, die alle erdenk·lichen Schwüre leisten, um jenen, die das Sutra hören und weiter ver·breiten, schüt·zend zur Seite zu stehen.
 
 
 
Zusammen mit dem Sutra der/für Barmherzige Könige (''Ninnō-kyō'') und dem Lotos Sutra zählte das Gold·glanz Sutra zu den soge·nannten Drei Staats·schutz Sutren, die ins·beson·dere vor und während der {{glossar:nara}}-Zeit große staat·liche Förde·rung erhielten, weil man sich um·gekehrt tat·säch·lich einen gleichsam magi·schen Schutz des Reiches von ihnen erwar·tete. Einer der ersten, der sich dieser Methode sys·tema·tisch bediente, war {{glossar:Tenmutennou}}, von dem das {{glossar:Nihonshoki}} berich·tet, er habe Goldglanz Sutra und das Sutra der Barm·herzi·gen Könige 677 in allen Landes·teile verbrei·ten lassen.<ref>Aston, Teil II, S. 335</ref> Sein Enkel {{glossar:Shoumutennou|Shōmu}} folgte ab 725 diesem Beispiel in größe·rem Maßstab und ließ in der Nara Zeit ein Netzwerk von Provinz·tem·peln errich·ten, deren offiziel·ler Name „Tempel [des Sutras] des Siegreichen Königs“ war. Offen·sicht·lich sollte das Goldglanz Sutra, das nun schon in erwei·terter Fassung als Sutra des Sieg·reichen Königs bekannt war, in diesen Tempeln rezitiert und auf·be·wahrt werden.
 
 
 
Mit dem Rückgang staatlicher Förderung (und Regelmentierung) des Buddhismus  in der {{glossar:Heian}} Zeit nahm die Bedeu·tung des Goldglanz Sutras zwar ab, es legte aber den Grundstein für die Bekannt·heit von Figuren wie Benzaiten und {{glossar:Bishamonten}}, die heute als Bestand·teil der [Ikonographie: Gluecksgoetter| Sieben Glücksgötter]] in Japan ungebro·chene Popu·larität genießen.
 
 
 
==Anmerkungen==
 
<references/>
 
 
 
{{Linkbox|ue=Weiterführende Informationen|text=
 
{{Literatur:Watson_1993}}
 
{{Literatur: Deeg 2009}}
 
* [http://www.buddhanet.net/e-learning/heartstr.htm Heart-Sutra], Buddha Dharma Education Association (en.)<br/>Das Herz Sutra in englischer Übersetzung, buddhistisch-theo·logisch kommentiert auf ''[http://www.buddhanet.net/index.html Buddha-Net]''.
 
* [http://www.sacred-texts.com/bud/lotus/index.htm Saddharma pundarika or, The Lotus of the True Law]<br/>Online Version der ersten englischen Übersetzung von H. Kern, 1884.
 
* [http://www.ne.jp/asahi/kibono/sumika/kibo/note/nob/konkomyokyo.htm Konkōmyō saishōō-kyō Memo] jap. Zusammenfassung des Goldglanz Sutras von Ōhoshi Kamemushi.
 
|update= Sept. 2012|
 
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<div class='bildbox'> ''Ende des Kapitels „Texte und Lehren“'' </div>
 
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Aktuelle Version vom 2. August 2024, 11:59 Uhr