Wels und Flaschenkürbis

Aus Kamigraphie
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Der Wels (namazu 鯰) hat sich in Japan über Jahrhunderte hinweg zum Symboltier für Erdbeben entwickelt. Diese Verbindung entstammt vermutlich aus der chinesischen Mythologie, die einen schlangenartigen Drachen als Urheber für Erdbeben betrachtete. Dafür verantwortlich, dass der Wels unter der Erde in Zaum gehalten wird, war Kashima Daimyōjin 鹿島大明神. Während dessen Abwesenheit zum kami na zuki (auch kannazuki 神無月, "Monat der abwesenden Götter", in dem sich alle Götter in Izumo versammeln) heißt es, dass Ebisu als Haushüter an dessen Stelle tritt. Ebisu fungiert hier also in der Rolle eines sogenannten rusugami 留守神, was bedeutet, dass eine stellvertretende Gottheit an die Stelle einer anderen Gottheit tritt, die normalerweise für eine bestimmte Aufgabe zuständig ist.


Ebisu drückt Namazu zu Boden

Auf vielen namazu-e (Welsbildern) ist ein Flaschenkürbis (hyōtan 瓢箪) abgebildet, entweder nur am Rand oder als direktes Werkzeug zur Unterdrückung des namazu. Man kann sich allerdings vorstellen, wie aussichtslos der Versuch ist, einen Fisch, egal welcher Art, mit einem Flaschenkürbis zu Boden zu drücken. Aufgrund Ebisus - in manchen Abbildungen auch Daikokus - Unachtsamkeit wütet der Wels unter der Erde und es können Erdbeben entstehen.


Ebisu bändigt Namazu mit einem Flaschenkürbis

Die Frage ist nun, welche Bedeutung der Flaschenkürbis auf den namazu-e haben könnte.

Möglicherweise zeugt er für den Triumph, den die Kami letzten Endes doch über die Naturgewalten, hier in Gestalt den namazu, erringen konnten. Er könnte aber auch für die Vergänglichkeit des errungenen Sieges stehen, lange wird der Wels sich wohl kaum unter einem Kürbis halten können.


Bauer beim Versuch, einen Wels zu fangen

Bereits einige Jahrhunderte zuvor galt diese Prozedur als ausdauernde Zen-Übung, da sie schier unlösbar schien. Daraus entstand im Laufe der Zeit das Sprichwort ¬„瓢箪鯰“ in etwa „etwas ist so schwierig wie einen Wels mit einem Flaschenkürbis zu fangen“.

Quelle

  • Gregory Smits 2006
    „Shaking up Japan: Edo society and the 1855 catfish picture prints.“ Journal of Social History 39/4 (2006), S. 1045–1078. (Exzerpt.)