Karma: Unterschied zwischen den Versionen

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Für eine allgemeine Erklärung der Karma-Theorie siehe [http://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Grundbegriffe:Buddhismus_Lehre#Karma Religion-in-Japan].
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Für eine allgemeine Erklärung der Karma-Theorie siehe [https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Grundbegriffe/Buddhismus_Lehre#Karma Buddhistische Grundlehren#Karma], ''Religion in Japan'' (Stand: 2021/08/18)
 
   
 
   
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== Die buddhistische Karma-Theorie ==
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Im buddhistischen Kontext bezeichnet ''karma'' die guten bzw. förderlichen und die schlechten bzw. nicht-förderlichen Handlungen (wobei körperliche und geistige Handlungen sowie Rede gemeint sind), deren freud- oder leidvolle Resultate in der Zukunft und in zukünftigen Wiedergeburten erlebt werden.
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=== Das Prinzip karmischer Kausalität ===
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Das Karma-Konzept spielt in der buddhistischen Doktrin eine wichtige Rolle, existierte jedoch bereits in der vorbuddhistischen Zeit in Indien und ist ein gemeinsames Merkmal indischer Religiosität, das eng verknüpft ist mit der Vorstellung von Wiedergeburt im sogenannten ''saṃsāra'', dem Kreislauf der Wiedergeburten.
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Grundlegend ist das '''Prinzip karmischer Kausalität''' folgendermaßen zu verstehen: Durch (moralisch) gute bzw. förderliche Handlungen (''karma'') entsteht karmischer Verdienst (engl. ''merit'', skt. ''puṇya'', pāli ''puñña''), der sich in zukünftigen guten Resultaten, Handlungen und Wiedergeburten ausdrückt, wohingegen schlechtes Karma negative Resultate und zukünftige Existenzen zur Folge hat. Dementsprechend ist es für buddhistische Mönche und Nonnen sowie Laien geboten, Gutes zu tun und schlechte Handlungen zu vermeiden, um zukünftiges Leiden von sich abzuhalten. Dafür gibt es im Buddhismus insbesondere drei Arten verdienstvoller Praxis: Freigiebigkeit bzw. das großzügige Geben von Spenden (''dāna''), ethisches Verhalten (''śīla'') und meditative Versenkungspraxis (''bhāvanā''). <ref>Gethin 1998, S. 101 f.</ref>
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Handlungen beinhalten dabei alles, was man (intentional) tut, sagt oder denkt. Innerhalb der verdienstvollen Taten bezieht sich sie Praxis von ''dāna'' vor allem auf die Verpflichtung der buddhistischen Laien, die Ordensgemeinschaft der Mönche und Nonnen (''saṅgha'') durch ihre Spenden zu versorgen. Ethisch korrektes, gutes Verhalten (''śīla'') als karmisch verdienstvolle Handlung bedeutet für alle Buddhist*innen das Einhalten der fünf Vorschriften: Lebewesen kein Leid anzutun, nicht zu stehlen, sexuelles Fehlverhalten zu vermeiden, keine falsche Rede zu tätigen, keine Rauschmittel zu konsumieren. Außerdem wird durch Meditation der Geist darin geschult, schlechte Gedanken, Intentionen und Handlungsweisen sowie die dazu führenden falschen Vorstellungen abzulegen. <ref>Gethin 1998, S. 110 ff.</ref>
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Die Wirkung des Karmas anhand von konkreten Beispielen nachzuweisen, bildet den Kern des ''[[Nihon ryōiki]]'' 日本霊異記. [[Kyōkai]] 景戒 verwendet für die Karma-Theorie zumeist den Begriff ''inga'' 因果, wtl. „Ursache und Frucht“ ([[Bohner]]), bzw. „Ursache und Wirkung“. [[Nakamura]] übersetzt dies mit „law of karmic causation“. Andere Begriffe sind ''myōhō'' 冥報 („karmische Vergeltung“) oder ''genpō'' 現報 (eigentlich „Vergeltung in diesem Leben“), der auch im vollen Titel des ''Ryōiki'' genannt wird.
  
Im Vorwort zum ''Ryōiki'' bekennt sich Kyōkai zu einer umfassenden Gelehrsamkeit und Ethik, die auch die konfuzianischen Klassiker mit einschließt. Doch gerade jene Weisen, die sowohl in chinesischen Klassikern als auch in buddhistischen Schriften bewandert sind, würden über allem das Gesetz des Karma (''inga'') anerkennen (s. Geschichte I-00). So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass insbesondere die konfuzianische Tugend der [[Kindliche Pietät|kindlichen Pietät]] oder Kindesliebe (孝, 孝養, 孝行) immer wieder als Beispiel karmisch hochstehender Handlungsweisen herausgestrichen wird.
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Im Vorwort zum ''Ryōiki'' bekennt sich Kyōkai zu einer umfassenden Gelehrsamkeit und Ethik, die auch die konfuzianischen Klassiker mit einschließt. Doch gerade jene Weisen, die sowohl in chinesischen Klassikern als auch in buddhistischen Schriften bewandert sind, würden über allem das Gesetz des Karmas (''inga'' 因果経) anerkennen (s. Geschichte I-00). So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass insbesondere die konfuzianische Tugend der [[Kindliche Pietät|kindlichen Pietät]] oder Kindesliebe (孝, 孝養, 孝行) immer wieder als Beispiel karmisch hochstehender Handlungsweisen herausgestrichen wird.
  
 
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Aktuelle Version vom 23. Juli 2023, 17:57 Uhr

Seiten-Infobox
ThemengruppeIdeen (Konzepte, Vorstellungen, Lehren)
Idee, Konzept Karma
BemerkungVorstellung, dass jede Handlung unweigerlich eine Folge mit sich bringt
Diese Seite entstand im Kontext des Seminars Nihon Ryo-Wiki, Kamigraphie:Wirtschaft.

Siehe auch Kapitel Buddhismus Grundlagen.

Für eine allgemeine Erklärung der Karma-Theorie siehe Buddhistische Grundlehren#Karma, Religion in Japan (Stand: 2021/08/18)


Die buddhistische Karma-Theorie

Im buddhistischen Kontext bezeichnet karma die guten bzw. förderlichen und die schlechten bzw. nicht-förderlichen Handlungen (wobei körperliche und geistige Handlungen sowie Rede gemeint sind), deren freud- oder leidvolle Resultate in der Zukunft und in zukünftigen Wiedergeburten erlebt werden.


Das Prinzip karmischer Kausalität

Das Karma-Konzept spielt in der buddhistischen Doktrin eine wichtige Rolle, existierte jedoch bereits in der vorbuddhistischen Zeit in Indien und ist ein gemeinsames Merkmal indischer Religiosität, das eng verknüpft ist mit der Vorstellung von Wiedergeburt im sogenannten saṃsāra, dem Kreislauf der Wiedergeburten.

Grundlegend ist das Prinzip karmischer Kausalität folgendermaßen zu verstehen: Durch (moralisch) gute bzw. förderliche Handlungen (karma) entsteht karmischer Verdienst (engl. merit, skt. puṇya, pāli puñña), der sich in zukünftigen guten Resultaten, Handlungen und Wiedergeburten ausdrückt, wohingegen schlechtes Karma negative Resultate und zukünftige Existenzen zur Folge hat. Dementsprechend ist es für buddhistische Mönche und Nonnen sowie Laien geboten, Gutes zu tun und schlechte Handlungen zu vermeiden, um zukünftiges Leiden von sich abzuhalten. Dafür gibt es im Buddhismus insbesondere drei Arten verdienstvoller Praxis: Freigiebigkeit bzw. das großzügige Geben von Spenden (dāna), ethisches Verhalten (śīla) und meditative Versenkungspraxis (bhāvanā). [1]

Handlungen beinhalten dabei alles, was man (intentional) tut, sagt oder denkt. Innerhalb der verdienstvollen Taten bezieht sich sie Praxis von dāna vor allem auf die Verpflichtung der buddhistischen Laien, die Ordensgemeinschaft der Mönche und Nonnen (saṅgha) durch ihre Spenden zu versorgen. Ethisch korrektes, gutes Verhalten (śīla) als karmisch verdienstvolle Handlung bedeutet für alle Buddhist*innen das Einhalten der fünf Vorschriften: Lebewesen kein Leid anzutun, nicht zu stehlen, sexuelles Fehlverhalten zu vermeiden, keine falsche Rede zu tätigen, keine Rauschmittel zu konsumieren. Außerdem wird durch Meditation der Geist darin geschult, schlechte Gedanken, Intentionen und Handlungsweisen sowie die dazu führenden falschen Vorstellungen abzulegen. [2]

Kustvolle Darstellung des samsarischen Wiedergeburtenkreislaufs in Radform [Abb. 1]


Das Ansammeln guten karmischen Verdienstes und das Vermeiden karmisch schlechter Resultate ist deshalb im Buddhismus relevant, weil es determiniert, wie die zukünftigen Wiedergeburten aussehen. In der buddhistischen Kosmologie kann ein Lebewesen im samsarischen Kreislauf jeweils in einem der 31 Existenzsphären wiedergeboren werden, wobei manche Existenzen, wie die als Götter (devas) oder Menschen weniger leidvoll und daher besser sind als die als Tiere, Höllenwesen oder Hungergeister. Als Resultat von schlechten (akuśala, pāpa) Handlungen, d.h. schlechtem karma, ist die Wiedergeburt in niederen d.h. schlechteren Sphären, während gutes (kuśala, puṇya) Karma zu höheren, guten Wiedergeburten führt.


Die Relevanz von Intentionalität

Allerdings spielt im buddhistischen Karma-Vertändnis nicht nur die Handlung selbst eine wichtige Rolle, sondern die dahinterliegende Intention wird als entscheidend für ihre karmischen Folgen angesehen.

Eine karmisch relevante Handlung (worunter auch Gedanken als mentale Handlungen und Gesprochenes als verbale Handlungen zählen) basiert auf einer Intention (cetanā), sodass die Handlung gut bzw. förderlich oder das Gegenteil davon ist, je nachdem ob die Intention dahinter gut oder schlecht ist, da die Handlung Ausdruck einer guten oder schlechten Mentalität ist. Als schlechte Handlungen gelten daher z.B. töten, stehlen, sexuelles Fehlverhalten, Lügen, Böswilligkeit und falsche Ansichten. Dagegen ist es förderlich, solches Verhalten zu vermeiden und selbstlos, freundlich und aus korrekten Ansichten bzw. Weisheit heraus zu agieren, was zu glücklicheren Wiedergeburten als Menschen oder Götter führt. Als motivierender Faktor hinter schlechten Intentionen werden Geisteszustände wie Hass, Gier und Verblendung bestimmt. [3] Das Ziel des buddhistischen Pfades ist es dementsprechend, die schlechten Intentionen, die nicht-förderliche Handlungen motivieren, zu beseitigen, indem man sich einem bestimmten Lebensstil verschreibt und den Geist durch Versenkungspraktiken (bhāvanā) trainiert. [4]

Karma im Nihon ryōiki

Wie der Schatten der Gestalt folgt, werden Gutes und Schlechtes mit Freude und Leid vergolten, gleich dem Echo, das im Tale widerhallt.
Ryōiki, Vorwort I; SNKBT: 4, Bohner: 60, Nakamura: 101

Die Wirkung des Karmas anhand von konkreten Beispielen nachzuweisen, bildet den Kern des Nihon ryōiki 日本霊異記. Kyōkai 景戒 verwendet für die Karma-Theorie zumeist den Begriff inga 因果, wtl. „Ursache und Frucht“ (Bohner), bzw. „Ursache und Wirkung“. Nakamura übersetzt dies mit „law of karmic causation“. Andere Begriffe sind myōhō 冥報 („karmische Vergeltung“) oder genpō 現報 (eigentlich „Vergeltung in diesem Leben“), der auch im vollen Titel des Ryōiki genannt wird.

Im Vorwort zum Ryōiki bekennt sich Kyōkai zu einer umfassenden Gelehrsamkeit und Ethik, die auch die konfuzianischen Klassiker mit einschließt. Doch gerade jene Weisen, die sowohl in chinesischen Klassikern als auch in buddhistischen Schriften bewandert sind, würden über allem das Gesetz des Karmas (inga 因果経) anerkennen (s. Geschichte I-00). So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass insbesondere die konfuzianische Tugend der kindlichen Pietät oder Kindesliebe (孝, 孝養, 孝行) immer wieder als Beispiel karmisch hochstehender Handlungsweisen herausgestrichen wird.

Verweise

Literatur

  • Rupert Gethin 1998
    The Foundations of Buddhism. Oxford: Oxford University Press 1998.

Internetquellen

Letzte Überprüfung der Linkadressen: 2021/08/18

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:

  1. Wiedergeburtenkreislauf.jpg
    Wiedergeburtenkreislauf Bild © [1]„Samsara“, das buddhistische Rad des Lebens, in einer traditionellen Darstellung. Es zeigt die Formen der Reinkarnation.
  1. Gethin 1998, S. 101 f.
  2. Gethin 1998, S. 110 ff.
  3. Gethin 1998, S. 120 f.
  4. Gethin 1998, S. 170 f.