Exzerpt:Isomae 2009

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Besprochenes Werk:

  • Isomae Jun'ichi 2009
    Japanese mythology: Hermeneutics on scripture. London: Equinox 2009. (Ü. von Mukund Subramanian, Exzerpt.)

Autor

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Inhalt

„Der Kanon und Varianten: Eine Untersuchung der Susanowo Mythologie“ (Kapitel 2)


Bis zum heutigen Tag wurden zahlreiche Untersuchungen über das Kojiki und das Nihon shoki durchgeführt. Allgemein werden die beiden Werke zueinander in Beziehung gestellt und zwar meist in der Form, dass die Einfachheit des Kojiki zu der Verfassung des Nihon shoki veranlasst habe (37). Lediglich einzelne Wissenschaftler_innen (z.B. Kōnoshi Takamitsu) behandeln Kojiki und Nihon shoki getrennt voneinander, als, aufgrund unterschiedlicher Form und Kontexte, eigenständige Werke. So will auch Isomae die beiden Werke nicht direkt vergleichen oder kontrastieren. Vielmehr ist ihm daran gelegen zu untersuchen woher die Unterschiede kommen, die Schnittpunkte zu beleuchten und auf diese Weise strukturelle Charakteristika der Mythen herauszufinden.


Varianten der Mythen: Kojiki und Nihon shoki würden sich sowohl das ideologische Element der Rechtfertigung der Yamato Herrschaft (ca. 250-710) als auch (einige) mythologische Motive teilen (z.B. die Geschichte vom achtköpfigen und achtschwänzigen Drachen, das Gelöbnis zwischen Amaterasu und Susanowo u.Ä.). Allerdings würden diese Motive, je nach logischer Struktur der Texte, unterschiedlich ausgeführt (Bsp.: Geschichte der Erschaffung der Japanischen Inseln) (38). Varianten der Mythen: Allgemein würde angenommen, dass die Kiki-Mythen auf eine gemeinsame ursprüngliche Quelle zurück gingen (40). In der gesamten Zeit des Yamato Reiches hätten jedoch zahlreiche unterschiedliche Varianten von Mythen nebeneinander existiert. Diese seien in der langen Geschichte der Kiki Interpretationen allerdings nicht berücksichtigt worden. Aus diesem Grund betrachtet Isomae solche Varianten, die vor der Entstehung des Kojiki und des Nihon shoki, im 8. Jahrhundert, existierten. Besonderes Augenmerk legt er hier auf zwei Werke namens teiki und kuji, die in Tenmu Tennōs Vorwort zum Kojiki erwähnt werden. Dort heißt es, dass sie bereits fehlerhaft seien. Zudem identifiziert Isomae diese beiden Texte als die einzigen konkreten Bespiele für die sogenannten „alleged books´ records“ - den Berichten neben dem Haupttext des Nihon shoki. Teiki und kuji gingen auf die einzelnen Klans zurück, die durch eine Genealogie ihren sozialen Status stärken und ihre Rolle am kaiserlichen Hof klären wollten (41). Im Folgenden vergleicht Isomae die Geschichte des Gelöbnisses zwischen Amaterasu und Susanowo im Kojiki, dem Haupttext des Nihon shoki und der „alleged books´ records“ (6.1 bis 6.3 und 7.3). Er geht dabei davon aus, dass die mythologischen Motive von der Region und den jeweiligen Personen, die die Geschichte hervorgebracht haben, abhingen (Bezug auf Lévi-Strauss´ Strukturalismus). Er stellt als strukturelle Gemeinsamkeiten heraus, dass in allen fünf Berichten die ältere Schwester Amaterasu und ihr jüngerer Bruder Susanowo die Hauptcharaktere seien. Inhaltlich ginge es überall um die Infragestellung der Wahrheit, die davon abhängt, ob Susanowo reinen Herzens gegenüber Amaterasu ist (ihr die Herrschaft des Himmels entreißen will) oder nicht. Wahrheit oder Täuschung würde durch die Erzeugung von Göttern durch das Geschwisterpaar entschieden. Hierzu existierten dann aber wiederum fünf unterschiedliche Varianten. – Sind die erzeugten Götter je männlich oder weiblich? Welches Geschlecht der Kinder Susanowos wird als Zeichen der Reinheit seines Herzens gedeutet? Wird Susanowo schlussendlich also als bösartig, oder als ehrlich herausgestellt? – Isomae kommt zu dem Schluss, dass die verschiedenen Berichte zwar mythologische Motive gemeinsam haben, aber jeweils in einem eigenen Kontext stehen (46). Außerdem fallen ihm auch Unterschiede im Bereich der Wörter auf (z.B. bei Namen von Gottheiten, ihrer Anzahl, der Art und Weise der Ausführung des Gelöbnisses u.Ä.) (47). Daraus schließt Isomae, dass Mythen ein inhärentes Potenzial hätten verschiedene Varianten, durch Abänderung des Kontextes und der Wörter, zu bilden. Kojiki und Nihon shoki sieht er folglich als Teil der bestehenden Varianten der japanischen Mythologie.


Kanonisierung: Desweiteren bliebe aber die Frage zu stellen, warum die Mythen im 8. Jahrhundert auf diese beiden Texte limitiert wurden? – Die Intention bei der Verfassung von Kojiki und Nihon shoki sei der Anspruch einer authentischen Darbietung der Berichte als Standard für spätere Generationen gewesen. Unter dem regierunden König (Tenmu) habe also eine Zentralisation der Erzählungen, eine Kanonisierung stattgefunden (50). Isomae versucht diese Tatsache vor dem damaligen politischen Hintergrund zu erklären. Solange die einzelnen Klans eine konstituierende Rolle für den gesamten Staat spielten mussten unterschiedliche (mythologische) Interpretationen vermieden werden. Als dann die traditionellen Klan-Systeme zunehmend negiert und das Staatssystem etabliert wurde, konnten diese Tendenzen im Kojiki und Nihon shoki reflektiert werden (54).

In der frühen Heian-Zeit (794-1185) sei das Nihon shoki dann zum Kanon des Staates geworden, während das Kojiki als private Schrift und damit unter dem Nihon shoki eingestuft worden sei (58). Aber auch in späteren Zeiten habe man sich auf die höchste Autorität des Haupttextes dieses Werkes berufen und versucht ein neues Verständnis davon herbeizuführen (60). Die Kanonisierung sei also folglich kein Einzelevent, sondern kehre immer wieder. Denn ein Kanon funktioniere nur so lange er mit der sozialen Struktur einer Gesellschaft korrespondiere.


Schlussfolgerung: Isomae geht schließlich davon aus, dass Kojiki und Nihon shoki zwar gleichzeitig verfasst worden seien, das Kojiki, als letzte Variante der „Klan-Mythologie“, dann aber ausschied und der (staatliche) Kanon im Nihon shoki etabliert wurde. Aus dieser Annahme schlussfolgert Isomae für sich, dass man nicht auf einzelnes Verstehen der Mythen beharren sollte. Jeder einzelne könne stattdessen durch sein jeweiliges Verständnis über die Vergangenheit eine neue Interpretation hervorbringen. Auf diese Weise würden neue Verstehensmöglichkeiten (der Geschichte) eröffnet werden. Er bezieht sich hierbei auf Jan Assmann, der feststellte, dass die Kommentare in dem Moment, in dem ein Kanon festgesetzt wird, die Aufgabe bekommen diesen Kanon am Leben zu halten.[1]

  1. Isomae, Jun´ichi (Übers. Mukund Subbramanian) (2009): Japanese Mythology. Hermeneutics on Scripture. London/Oakville: Equinox, S.35-66.


„Mythos in Metamorphose: Antike und Mittelalter Versionen der Yamatotakeru Legend“(Kapitel 3)

Im dritten Kapitel befasst sich Isomae ausschließlich mit den verschiedenen Versionen der Legende von Yamatotakeru, dem Sohn des 12. Kaisers, der mit Hilfe des Kusangi, die Grenzen des Landes erweitert.


„Frühe Versionen der Yamatotakeru Legende: Das Kojiki, Nihon Shoki und Fudoki“

Anmerkungen


Litertur, Links