Wolfsglaube
Themengruppe | Ideen (Konzepte, Vorstellungen, Lehren) |
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Idee, Konzept | Wolfsglaube ōkami shinkō 狼信仰 |
Bemerkung | religiöse Verehrung von Wölfen |
Der japanische Wolf ist wesentlich kleiner als der europäische und unterscheidet sich nur unwesentlich von japanischen Hunden. Tatsächlich war die zoologische Trennung selbst unter Fachleuten lange umstritten. Im Unterschied zu Europa wurden Wölfe im traditionellen Japan kaum als Tiere angesehen, die Schaden anrichten. Vielmehr wurden sie, ähnlich wie Füchse, vor allem in gebirgigen Gegenden religiös verehrt. In manchen Fällen wurden sie als mit Magie ausgestattete Boten der Götter (kenzoku 眷属) angesehen, in anderen zusammen mit Bären und Wildschweinen zu den kami gezählt, die auf Dörfer aufpassen und diese vor Naturkatastrophen und Seuchen bewahren. All diese Vorstellungen werden unter dem Begriff ōkami shinkō 狼信仰 (Wolfsglauben) zusammengefasst.
Ein Aufschwung des okami shinkō lässt sich u.a. während der großen Choleraepidemien, 1822 und 1858–59, verzeichnen. Damals galten Talismane (ofuda) mit Wolfsbildern als wirksamer Schutz gegen die Krankheit. Auch Wolfsknochen wurden zu Arzneien verarbeitet. Es gibt die Vermutung, dass dieser plötzliche Bedarf an ihren Knochen mit dem Verschwinden des japanischen Wolfes Ende des 19. Jh. in Zusammenhang steht, allerdings dürfte auch die Tollwut entscheidend dazu beigetragen haben. In Hokkaidō wurden Wölfe hingegen, Hand in Hand mit der Meiji-zeitlichen Förderung der Viehzucht, systematisch ausgerottet, sodass der Wolf heute in ganz Japan als ausgestorben gilt.
Begriffsklärung
Der Wolf wird meist mit dem chinesischen Schriftzeichen 狼 geschrieben, was sich in die Idiogramme „Tier“ (犭 kemono-hen) und „gut" (良) unterteilen lässt. Die Aussprache ōkami lässt sich aber auch als „große Gottheit“ (大神) verstehen. Tatsächlich wurde der Wolf in der Vormoderne bisweilen in dieser Form verschriftet. Auch Namen wie ōkuchi-no-magami 大口真神 (wtl. „wahre kami mit großem Maul“) sind bekannt.
Neben ōkami wurden Wölfe auch „Berghunde“ (yamainu 山犬) genannt. In Schreinen, wo Wölfe verehrt werden, werden die Bezeichnungen „Wolf“ und „Hund“ (inu) zumeist synonym verwendet.
Wolfs-Schreine
Ein traditionelles Zentrum des Wolfsglaubens befindet sich in der Region Chichibu, westlich von Tokyo, wo sich ein kleines Netzwerk aus zehn Schreinen mit dem Mitsumine Jinja 三峯神社 als Zentrum dem ōkami shinkō zuordnen lässt. Die dortigen Schreine besitzen z.B. komainu 狛犬 — also eigentlich löwenartige Tierwächter-Skulpturen — in Wolfs- bzw. Hundeform. Auch die sowohl in Shintō-Schreinen als auch in buddhistischen Tempeln üblichen Talismane (ofuda 御札) und Votivbilder (ema 絵馬) sind hier mit Wölfen versehen.
Das o-inu-gē Festival des Mitsumine Schreins, wtl. „Fest des Hundetauschs“, das jährlich im April von mehreren Schreinen des Mitsumine-Netzwerks veranstaltet wird, bietet neben den üblichen Schreinumzügen auch die Gelegenheit, Wolfs-Talismane aus dem Vorjahr gegen neue auszutauschen. Die Praxis soll in der Edo-Zeit entstanden sein.
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