Kitano tenjin engi emaki

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Themengruppe Primärquellen
Werktitel Kitano tenjin engi emaki 北野天神縁起絵巻 („Illustrierte Chronik des Kitano Tenjin Schreins“)
Autor unbekannt
Entstehungszeit 12. u. 13. Jh.
Textfassungen Shōkyū-hon 承久本, u.a.
Bemerkung Leben und Nachleben des Sugawara no Michizane
Mönch Nichizō entschwindet ins Jenseits

Bei den Kitano tenjin engi emaki handelt es sich um Bildrollen, die das Leben des Sugawara no Michizane 菅原道真 (845-903) und sein Nachleben als zürnender Geist/Gott in 31 Episoden wiedergeben. Von insgesamt 30 bekannten Versionen entstand die erste Ende des 12. Jhdt., fast 300 Jahre nach dem Tod Michizanes, basierend auf einem nicht mehr erhaltenen Text aus dem 12 Jhdt.

Zu einer dieser Versionen zählt die aus dem Jahr 1219 stammende Shōkyū-Version 承久本, welche sich in einigen Aspekten von den anderen Versionen signifikant abhebt. Zum einen besteht sie aus neun Rollen und nicht wie üblich aus drei oder sechs. Weiters wird die Reise Nichizōs ins Jenseits wesentlich deutlicher beschrieben, vor allem der Weg durch die acht Höllen und sechs Pfade der buddhistischen Reinkarnation. Ein weiterer Unterschied ist, dass die neunte Rolle, die ebenfalls noch von Nichizōs Reise handelt, unvollendet ist. Die folgende Darstellung bezeiht sich auf die Shōkyū-Version.

Inhalt der Bildrolle

Insgesamt ist dieses emaki chronologisch in drei Sektionen geteilt und besteht aus 31 Episoden. Die erste Sektion beinhalte 13 Episoden und zeigt das Leben des Sugawara no Michizanes, also seine Errungenschaften, den Weg ins Exil und seinen Tod. Die zweite Sektion mit 9 Episoden beschreibt die Rache des verstorbenen Michizane als Karai Tenjin 火雷天神, als Donnergott. Die dritte Sektion mit ebenfalls 9 Episoden behandelt dann die Taten der damaligen Bevölkerung um den Rachegott zu besänftigen und die Apotheose Michizanes.

Darstellungen des Rachegottes

Michizane wird innerhalb seiner Racheakte in verschieden Formen dargestellt. Als Geist begegnet er dem Mönch Nichizō - auch Dōken genannt -, der durch eine Meditation ins Jenseits reiste. Als Donnergott verwüstete er mit Blitzen den damaligen Kaiserhof und übte Rache an denen, die Schuld an seinem Leben im Exil waren und als Schlangenpaar trat er aus den Ohren des todkranken Fujiwara Tokihira um den Mönch, der versuchte mit seinen Gebeten das Leben Tokihiras zu retten, davon abzuhalten.

Die acht Höllen der Shōkyū-Version

Die erste der acht dargestellten Höllen auf der siebenten Rolle nennt sich tōkatsu jigoku 等活地獄 („Hölle der Wiedergeburt“). Am Eingang, der durch ein eisernes Tor wodurch hell lodernde Flammen hindurch schießen, gekennzeichneten ist, bringen vier Dämonen die gefesselten Sünder zu einer fünften Gestalt, die sich durch ihre Kleidung von den anderen unterscheidet. Sie hält einen Speer in der Rechten und einen langen tafelähnlichen Stock in der linken Hand. Diese Bild könnte eine frühe Darstellung des Königs Enma sein, dem die Sünder überbracht werden. Der lange Stab in seiner linken Hand könnte eine Tafel darstellen, auf der die Sünden der Verbrecher aufgelistet stehen.

Wenn wir weitergehen, gelangen wir zur Hölle, die sich jenseits des massiven Tors befindet. Sie zeigt blaue, rote und grüne gokusotsu 獄卒 ("Höllenwächter"), die mit eisernen Stäben das Fleisch der Sünder zerkratzen. Die Sünder selbst liegen auf einem Haufen und reißen sich mit ihren lang gewachsenen Krallen die Haut vom Körper, bis nur noch Skelette übrigbleiben. Die zweite der acht Höllen, kokujō jigoku 黒縄地獄 („Die Hölle der schwarzen Seile“), bringt muskulöse, in leuchtenden Farben dargestellte Dämonen hervor, die die Körper ihrer Opfer mit heißen, eisernen Seilen am Boden fixieren und ihre Körper mit Säge, Axt und Meißel spalten. Wieder Andere werden von den Dämonen in das kochende Feuer geworfen. Shugō jigoku 衆合地獄 („Hölle der Vernichtung“), die dritte Hölle, zeigt einen grünen mezu 馬頭 („pferdeköpfiger Wächter-Dämon“) und einen roten gozu 牛頭 („rinderköpfiger Wächter-Dämon“) die zwei eiserne Felsen mit aller Kraft zusammenpressen. Die darin gefangenen Leiber werden auf das Schrecklichste zerquetsch und ihr Blut fließt wasserfallartig den Berg hinunter. Außer den Dämonen befinden sich hier auch Löwen, Bestien, Adler und Falken, die mit ihren Krallen und spitzen Schnäbeln die Sünder auffressen. Ein eiserner Baum mit stacheligen Ästen befindet sich in der Mitte der Hölle. Die darauf aufgespießten Leiber werden von Raubvögeln angegriffen und zerfleischt.

Übergangslos befindet man sich plötzlich in der nächsten der acht Höllen. In die kyōkan jigoku 叫喚地獄 („Hölle des Geschreis“) kommen jene die gemordet, gestohlen, dem Alkohol nicht entsagt haben, oder der Fleischeslust nicht widerstehen konnten. Auf Netzen aus Draht hängend werden sie im heißen Feuer verbrannt. Der Schmerz ist derart unerträglich, dass die Gequälten nur noch heulen und jammern können. Wie man sieht werden die Foltermethoden von Hölle zu Hölle grausamer. Die nächste Hölle, daikyōkan jigoku 大叫喚地獄 („Hölle des enormen Geschreis“), ist der vierten Hölle sehr ähnlich, da sie dieselbe Art an Sündern enthält. Wie der Name bereits erahnen lässt ist sie noch qualvoller als „Die Hölle des Geschreis“. Den Sündern werden hier unter lodernden Flammen mit einer Zange die Augäpfel entnommen und andere werden von Raubtieren und Giftschlangen angegriffen. Den Kopf eingeklemmt in einem Joch und mit Handfesseln verbunden müssen sich die Verbrecher in der shōnetsu jigoku 焦熱地獄 („Flammenhölle“) mit eisernen Spießen durchbohren lassen um danach in einem Feuer zu verbrennen. Andere werden von den scheußlich aussehenden Dämonen mit dem Gesicht nach unten auf eine eiserne heiße Platte gelegt und mit einem eisernen Feuerstab zerschmettert. Die siebte Hölle ist wieder eine Art Nachfolger der Vorhergehenden. Daishōnetsu jigoku 大焦熱地獄 („Enorme Flammenhölle“) genannt zeigt wild durcheinander flüchtende Sünder die von blauen, grüne und roten oni mit heißen Eisenstäben malträtiert werden. Die letzte der acht Höllen gilt als die Schlimmste und Grausamste was sich auch im Namen niederschlägt. Muken jigoku 無間地獄 („Hölle des unendlichen Leidens“) oder auch abi jigoku 阿鼻地獄 genannt offenbart eine riesige eiserne Burg umhüllt von lodernden Flammen die niemals erlöschen. Hierhin kommen nur diejenigen, die unvergleichliche Gräueltaten begangen haben. In der Mitte befindet sich ein gigantischer Höllenwächter mit acht Rinderköpfen bestückt mit flammenden Hörnern über dem Haupt. Seine furchteinflößende Gestalt lässt nur erahnen, wie schrecklich es in dieser Hölle sein muss.

Quelle für die Höllendarstellung der Shōkyū-Version

Aufgrund einiger Übereinstimmungen mit dem Ōjōyōshū könnte dieses Werk als Quelle gedient haben. Am Beispiel der Schilderungen der shugō jigoku im Ōjōyōshū lassen sich Parallelen zur shugō jigoku der Shōkyū-Version sehr gut erkennen. Folgende Elemente finden sich in beiden Werken:

  1. Zwei sich gegenüberliegende Eisenberge, die von einem rinderköpfigen und einem pferdeköpfigen Wächter zusammengestoßen werden und die dazwischen gefangenen Sünder zerquetschen;
  2. Löwen, Tiger, Wölfe, Krähen, Adler und andere Bestien aus Eisen; Adler mit Schnäbeln aus glühendem Eisen die die Sünder auffressen;
  3. Ein Wald mit schwerternen Blättern, worauf eine wunderschöne Frau sitzt.

Einzig der in Punkt 3 beschriebene Wald ist in der Shōkyū-Version als Baum mit stacheligen, eisernen Blättern, der die Sünder aufspießt um danach von Raubvögeln gefressen zu werden, dargestellt. Weiter Elemente wie Sünder, die gegrillt und danach mit einem Eisenspieß von Kopf bis Fuß aufgeschlitzt werden; einem Mann der an einen Pfahl gebunden wird und dessen Zunge von einem Höllenwächter ausgebreitet am Boden mit Nägeln fixiert wird sind ebenfalls im Ōjōyōshū und zahlreichen anderen Darstellungen über die Hölle zu finden. Da das Ōjōyōshū für viele Höllendarstellungen als Grundlage diente, finden sich auch Parallelen zwischen der Shōkyū-Version und anderen Werken wie dem Kasuga gongen genki’e 春日権現験記絵 („Die Wunder der Gottheit von Kasuga“) (1309), dem Nōe hōshi ekotoba 能恵法師絵詞 („Die Geschichte des Mönchs Nōe“) (frühes 13. Jhd.) und selbstverständlich im Rokudō’e 六道絵 („Zeichnung über die sechs Existenzbereiche“) (13. Jh.) im Shōjuraigōji 聖衆来迎寺, ein Tempel der Tendai-Sekte 天台宗. Der Einfluss des Ōjōyōshū ist deshalb auch klar und deutlich in der Shōkyū-Version zu erkennen.

Verweise

  • Sarah L. Sumpter 2011
    From the monstrous to the god-Like: The pacification of vengeful spirits in early-medieval Japanese handscrolls. 2011.
  • Sarah L. Sumpter 2009
    „The Shōkyū version of the Kitano Tenjin engi emaki: A brief introduction to its content and function.“ Eras 11 (2009).
  • Komatsu Shigemi 小松 茂美 1991
    Kitano Tenjin engi. (Zoku Nihon no emaki, Bd. 15.) Tōkyō: Chūō Kōronsha 1991.
  • Wakabayashi Haruko 2004
    „Hell illustrated: A visual image of ikai that came from ikoku.“ In: Susanne Formanek u. William R. LaFleur (Hg.), Practicing the afterlife. Perspectives from Japan. Wien: Verl. d. Österr. Akad. d. Wiss. 2004, S. 285-318.
  • Wakabayashi Haruko 2009
    „Officials of the afterworld: Ono no Takamura and the ten kings of hell in the Chikurinji engi illustrated scrolls.“ Japanese Journal of Religious Studies 36/2 (2009), S. 319-349.