Sugawara no Michizane

Aus Kamigraphie
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Sugawara Michizane.jpg
Sugawara no Michizane[Abb. 1]
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Themengruppe Personen (Einzelpersonen, Familien, Gruppen)
Name Sugawara no Michizane 菅原道真
Lebenszeit geb. 845, gest. 903 (Heian-Zeit 平安時代)
Funktion, Amt Gelehrter, Poet und Staatsmann
Bemerkung wird als Gottheit der Gelehrsamkeit verehrt
Diese Seite entstand im Kontext des Seminars Kamigraphie: Wintersemester 2011.

Sugawara no Michizane 菅原道真 (845–903) war ein berühmter Gelehrter, Poet und Staatsmann der Heian-Zeit 平安時代 (784 bzw. 794–1185). Er fiel einer Intrige zum Opfer und wurde ins Exil geschickt. Nach seinem Tod wurde er mit einer Reihe von Katastrophen in Kyōto in Verbindung gebracht und deifiziert. Schließlich wurden ihm zwei Schreine gewidmet und das Unheil nahm ein Ende bzw. wurde anderen kami 神 zugeschrieben, sodass Michizane bis heute als Tenjin 天神 verehrt wird.

Biographie

Sugawara Michizane entstammte einer Familie von Gelehrten mit dem Titel Ason 朝臣. Sein Großvater Sugawara no Kiyotomo 菅原 清公 (770–842) diente bereits am Hof, sein Vater Sugawara no Koreyoshi 菅原 是善 (812–880) war Gründer einer Privatschule.

Nach seinem Abschluss der Daigaku 大学寮[1] begann er seine Karriere am Hof mit bereits relativ hohem Rang. 874 bekam er eine Stelle im Minbushō 民部省 (Ministerium für öffentliche Angelegenheiten). Durch seine Chinesisch-Kenntnisse hatte er viele Gelegenheiten zum Schriftverkehr, sowie das Schreiben von Verordnungen für Hofbeamte. Drei konkrete Anträge sind bekannt, die er für Fujiwara no Yoshifusa 藤原良房 (804–872), sowie den Kaiser selbst, verfasste. 877 erhielt er eine Stelle im Ministerium für Zeremonielles.

Neben seinen Ämtern am Hof leitete er auch die von seinem Vater gegründete Schule Kanke Rōka 菅家廊下 (wtl. Korridor der Sugawara). 877 wurde er Professor, später sogar zum Doktor der Literatur (monjō hakushi 文章博士), der höchsten professoralen Stelle der Daigaku. Dies war seiner Zeit die höchste Ehre, die einem Historiker zuteilwerden konnte.

886 wurde er zum Gouverneur von Sanuki 讃岐, wobei er in dieser Position nur mäßigen Erfolg verzeichnen konnte. Während dieser Zeit fand der Akō Vorfall (akō jiken 阿衡事件) statt, ein Konflikt zwischen Uda Tennō 宇多天皇 (867–931) und Fujiwara no Mototsune 藤原 基経 (836–891). Michizane sandte im Zuge dessen einen kritischen Brief an Mototsune, wodurch er die Gunst des Kaisers gewann. Als er 890 zum Hof nach Kyoto zurückkehrte, versuchte der Kaiser die Macht der Kaiserfamilie wiederherzustellen, und von den Fujiwara wegzunehmen. Aus diesem Grund wurden einige Beamte, die nicht den Fujiwara angehörten, zu Schlüsselpositionen befördert, unter anderem Sugawara no Michizane.

In den Jahren 891 bis 897 erlangte er zahlreiche Stellen und Titel am Hof. Nach dem Zurücktreten von Uda wurde Michizanes Position aber immer mehr gefährdet.

Der Weg ins Exil

Im Laufe seiner Karriere zog Michizane immer mehr Neider auf sich. Einer seiner späteren Feinde war Miyoshi no Kiyoyuki 三善清行 (847–918), welcher sich, ebenso wie Michizane, dem Studium der Literatur verschrieben hatte. Seinen Hass zog Michizane auf sich, als er den damals 35-jährigen Kiyoyuki bei der Prüfung zur Beamtenschaft durchfallen ließ. Kiyoyuki begann daraufhin, eine Intrige gegen Michizane anzustiften und versuchte anhand von astrologischen Vorhersagen und geschehenen Ereignissen zu beweisen, dass der damalige Regent gestürzt werden soll.

Ein weiterer Feind Michizanes war Fujiwara no Tokihira 藤原時平 (871–909), Minister zur Linken (sadaijin 左大臣), der durch die Verheiratung von Michizanes Töchter mit der Regentenfamilie befürchtete, dass einer der Enkel Michizanes der nächste Regent werden könnte. Aufgrund dieser Intrigen wurde Michizane ins Exil nach Dazaifu 太宰府 (in Kyūshū) verbannt, wo er 903 im Alter von 59 starb.

Die posthume Deifizierung und der Beginn des Tenjin-Glaubens

Eine Reihe von Geschehnissen nach dem Tod Michizanes waren verantwortlich für die sich später entwickelnde Deifizierung seiner verstorbenen Seele. 909, sechs Jahre nach dem Tod Michizanes, verstarb Fujiwara no Tokihira 藤原時平 (871–909), damaliger Minister zur Linken (sadaijin 左大臣), welcher aus Angst, dass Michizane aus seiner stetig wachsenden Macht selbst den Kaiserthron besteigen könnte, bei der oben beschriebenen Intrige beteiligt war. In den Jahrzehnten darauf vermehrte sich die Anzahl der Sterbefälle innerhalb des Fujiwara-klans. 923 starb Kronprinz Yasuaki (Tokihiras Neffe), 925 folgte ihm der neu ernannte Kronprinz, ein Enkel Tokihiras und im Jahr 930 starb schließlich auch der damalige Kaiser Daigo 醍醐 (885–930), welcher sich von der Intrige leiten ließ und sich schließlich gegen Michizane entschied. Noch bevor Kaiser Daigo jedoch starb, ereignete sich ein Vorfall, der bis heute in allen Kitano Tenjin Engi Emaki 北野天神縁起絵巻-Versionen zum Mittelpunkt in der Darstellung des zornentbrannten Geistes (goryō 御霊) Michizanes wurde: Der Blitzschlag auf den Kaiserpalast. Nach einer lange andauernden Dürre brach ein heftiges Gewitter ein und ein gewaltiger Blitz traf den Kaiserpalast. Diesem „Angriff“ fielen auf äußerst grausame Weise vier Höflinge zum Opfer, zu denen auch Miyoshi no Kiyotsura 三善清行 (oder Kiyoyuki, 847–918), der Anstifter der Intrige, zählte. Mit diesem Ereignis wurde Michizane erstmals als der grollende Donnergott Karai Tenjin 火雷天神 dargestellt.

Angriff des Donnergottes auf den Kaiserpalast [Abb. 2]

Ausschlaggebend für die spätere Verehrung als Donnergott waren jedoch zwei von einander unabhängig stattfindende Orakel, welche sich sogar in ihrem religiösen Schwerpunkt von einander unterscheiden. Dazu zählt eine Aufzeichnung Dōkens 道賢 (später Nichizō 日蔵,905–985[?]), ein Sohn Kiyoyukis, dessen Geist nach einundzwanzigtägiger Meditation auf dem Berg Kimpu 金峰山 eine Reise ins Jenseits antrat, in der er auch dem Geist Michizane, welcher sich nicht als Karai Tenjin 火雷天神 selbst, sondern als Herr des Donnergottes bezeichnete, begegnete. Um seinen wütenden Geist zu besänftigen verlangte er, als Buddha verehrt zu werden, ansonsten würde er weiterhin alle diejenigen, die ihm Unrecht getan hatten verfolgen und grausamst foltern. Nur die, die ihn verehrten würde er verschonen. Nach dieser Begegnung führte Nichizōs (wie er ab diesem Zeitpunkt genannt wird) seine Reise weiter durch die acht buddhistischen Höllen und die sechs Pfade der Reinkarnation (rokudō 六道). Das zweite Orakel ereignete sich nur ein Jahr nach Nichizōs mysteriöser Auseinandersetzung mit Michizanes Geist. Im Juli 942 erschien Michizane einer armen Frau namens Tajihi no Ayako. Nicht wie in Dōkens Aufzeichnung, in der der buddhistische Kontext deutlich hervorsticht, bezeichnet sich Michizane in diesem Orakel als Tenjin 天神 und verlangt, dass ihm zu Ehren ein Schrein in Kitano 北野 errichtet werden soll.

Kitano Tenman-gū 北野天満宮 Schrein in Kyōto [Abb. 3]

Um den zornigen Geist Michizanes friedlich zu stimmen und das Land vor seinem Groll zu beschützen, setzte ihn der damalige Kaiser wieder in all seine Ämter ein und gab die Order, dass egal welcher Schicht man angehöre, Michizane von nun an als Tenjin (Himmelsgott) zu verehren ist. Nachdem sein Geist nun besänftigt zu sein schien, wich sein Ruf als Rachegeist onryō 怨霊 immer mehr dem eines Schutzpatrons. Er wurde zu einem kami 神 mit „(positiver) Funktion“. Diese Funktionen beziehen sich hauptsächlich auf Anekdoten über Michizane und schreiben ihm unter anderem die Beseitigung falscher Anklagen, Aufrichtigkeit und Frömmigkeit sowie den Schutz des Staates zu. Da Sugawara no Michizane zusätzlich zu seiner politischen Position, einer der berühmtesten Dichter und Gelehrten seiner Zeit war, wurden ihm auch das künstlerische Gebiet der Poesie und Kalligraphie zugeordnet. Bald begannen Gelehrte daher, ihn als Schutzpatron der Gelehrsamkeit anzusehen. Diese Rolle hat im heutigen Volksglauben seine Stellung als Gott der Naturkatastrophen völlig verdrängt.

Dichtkunst

Michizane war einer der berühmtesten Dichter und Gelehrten seiner Zeit und hat nicht nur waka 和歌 (japanischen Gedichte) verfasst, sondern beschäftigte sich auch mit kanshi 漢詩 (chinesischer Dichtkunst). Der chinesische Einfluss während der Muromachi-Zeit 室町時代 (1338–1573) hatte großen Einfluss auf den Tenjin-Glauben. Durch die Manifestation des Zen-Buddhismus gewann chinesische Literatur zunehmend an Bedeutung und Michizanes Werke machten ihn noch bekannter. Sogar Poeten kamen zu seinen Schreinen und trugen ihm ihre chinesischen Gedichte vor.

der Dichter Sugawara no Michizane [Abb. 4]
Designed von Edoardo Chiossone 1888; Abbildung: Kitano Tenman-gū Schrein (links), gewidmet Sugawara no Michizane (rechts) [Abb. 5]

飛梅[2]
東風吹かば
匂ひおこせよ
梅の花
あるじなしとて
春な忘れそ

Tobi-ume
kochi fukaba
nio hi okoseyo
ume no hana
aru ji nashi tote
haru na wasureso

Flying plum tree
When the east wind blows,
bring your scent to me, you plum tree.
Although your master (Michizane) is absent,
never ever miss the spring to come.

Verweise

Verwandte Themen

Literatur

  • Robert Borgen 1994
    Sugawara no Michizane and the early Heian court. Honolulu, Hawai'i: University of Hawai'i Press 1994. (Exzerpt.)
  • Robert Borgen 1995
    „Ο̄e no Masafusa and the spirit of Michizane.“ Monumenta Nipponica 50(3) (1995), S. 357-384.
  • Niels J. Gülberg 1994
    Michizane und die Kannon von Hase: Ergänzende Anmerkungen zum mittelalterlichen Tenjin-Kult.“ Asiatische Studien/Etudes Asiatiques: Zeitschrift der Schweizerischen Asiengesellschaft/Revue de la Société Suisse-Asie 48 (1994), S. 202-214.
  • Komatsu Shigemi 小松 茂美 1991
    Kitano Tenjin engi. (Zoku Nihon no emaki, Bd. 15.) Tōkyō: Chūō Kōronsha 1991.
  • Shūichi Murayama (Hg.) 1983
    Tenjin shinkō. Tōkyō: Yūzankaku Shuppan 雄山閣出版 1983. (Shohan 初版.)
  • Herbert Plutschow 2000
    Tragic Victims in Japanese Religion, Politics, and the Arts.“ Anthropoetics- The Electronic Journal of Generative Anthropology Bd. 6 Nr.2. Los Angeles: University of California 2000. (2. Auflage.)
  • Stanca Scholz 1991
    Aspekte des mittelalterlichen Synkretismus im Bild des Tenman Tenjin im Nō. (59.) Stuttgart: Franz Steiner Verlag 1991. (Exzerpt.)
  • Tōru Shinbo 1991
    Kitano tenjin engi: emaki. (Nihon no bijutsu 日本の美術, Bd. 299.) Tōkyō: Shibundō 1991.
  • Sarah L. Sumpter 2009
    „The Shōkyū version of the Kitano Tenjin engi emaki: A brief introduction to its content and function.“ Eras 11 (2009).
  • Sarah L. Sumpter 2011
    From the monstrous to the god-Like: The pacification of vengeful spirits in early-medieval Japanese handscrolls. 2011.
  • Robert Tuck 2014
    „Poets, paragons, and literary politics: Sugawara no Michizane in Imperial Japan.“ Harvard Journal of Asiatic Studies 74(1) (2014), S. 43-99.

Internetquellen

Letzte Überprüfung der Linkadressen: 2021/08/24

Fußnoten

  1. frühere zentrale, kaiserliche Universität in Kyōto
  2. Go west : Sugawara no Michizane – Legends“, Quest for Japan (Zugriff über Internet Archive, Stand: 2021/08/24)

Bilder

Quellen und Erläuterungen zu den Bildern auf dieser Seite:

  1. Sugawara Michizane.jpg
    Sugawara no Michizane Tuschezeichnung von Kikuchi Yōsai 菊池容斎 (1781-1878)
    Bild © Wikimedia Commons. (Letzter Zugriff: 2021/9/6)
  2. Kitano Tenjin Engi Emaki Donnergot Michizane Sugawara.jpg
    Illustrierte Legenden des Kitano Schreins (Kitano Tenjin engi emaki) Querbildrolle (Papier, Farbe) von unbekannt. Kamakura-Zeit, 1219; Kitano Tenman-gū, Kyoto, Japan; 52cm hoch
    Bild © Maikomi Jaanaru. (Letzter Zugriff: 2012/10/22)

    Poet und Politiker Sugawara no Michizane, der nach seinem Tod zum Donnergott wurde.

  3. Kitano Tenmangu.jpg
    Kitano Tenman-gū Schrein Schreingebäude; Kyoto, Präfektur Kyoto
    Bild © Handler.travel
  4. Poet Michizane.jpg
    Sugawara no Michizane Ukiyo-e von Tsukioka Yoshitoshi (1839-1892). 1880; 32,5 x 20 cm
    Bild © Wikimedia Commons
  5. Sugawara no Michizane Five Yen.jpg
    Sugawara no Michizane auf einer Fünf-Yen-Banknote Edoardo Chiossone (1833-1898). Meiji-Zeit, 1888
    Bild © Japan Reference