Hakuin Ekaku

Aus Kamigraphie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Hakuin Statue.jpg
Seiten-Infobox
Themengruppe Personen (Einzelpersonen, Familien, Gruppen)
Name Hakuin Ekaku 白隠慧鶴
Lebenszeit geb. 1686 in Hara, gest. 1769 in Hara (Tokugawa)
Sonstige Namen Nagasawa Iwajirō
Funktion, Amt Zen-Mönch, Maler

Hakuin Ekaku 白隠慧鶴 war ein bedeutender Zen-Mönch der mittleren Tokugawa-Periode, der die im Niedergang befindliche Rinzai-Sekte nachhaltig reformierte. Er zeichnet sich ferner dadurch aus, dass er unter anderem mithilfe zahlreicher Schriften sowie Bilder auch dem einfachen Volk, das bis dato kaum mit Zen in Kontakt getreten war, seine religiösen Ansichten näherbrachte. [1]

Biographie

Kindheit

Hakuin Ekaku 白隠慧鶴wurde 1686 [2] in der am Tōkaidō gelegenen Poststation Hara (heutiges Numazu in der Shizuoka-Präfektur) als Nagasawa Iwajirō 長澤岩次郎, das jüngste von fünf Kindern, geboren. Seine väterliche Familie der Sugiyama entsprang dem Samurai-Stand und hatte Verbindungen zum Zen, seine mütterliche Familie der Nagasawa war dem Nichiren-Buddhismus zugehörig. Insbesondere zu seiner frommen Mutter pflegte der junge Hakuin ein inniges Verhältnis, mit ihr besuchte er auch den örtlichen Nichiren-Tempel. Ausschlaggebend für seine religiöse Karriere sollte ein dort gemeinsam besuchter Vortrag über die acht buddhistischen Höllen werden, der detailreich die zu erleidenden Peinigungen der Sünder darstellte. Der Vortrag versetzte den jungen Hakuin in eine solche Furcht, dass er schließlich nach Wegen suchte, einem solchen Schicksal zu entgehen. [3]

Frühe religiöse Laufbahn

Mit 13 Jahren [4] gewährten ihm die zunächst zögerlichen Eltern letztlich seinen Wunsch und Hakuin trat im nahe gelegenen Shōin-ji, bei dem er sich in seinen späteren Jahren endgültig niederließ, in den Priesterstand ein. [5] Dort erhielt er auch den Namen Ekaku (weiser Kranich). [6]. Bald darauf wechselte Hakuin jedoch in den Daishō-ji des Nachbarortes, wo er die nächsten drei oder vier Jahre sein Novizentraining absolvierte. Zu dieser Zeit las er auch das Lotus-Sutra, das ihn jedoch zu diesem frühen Zeitpunkt lediglich enttäuschte. In großer Hoffnung endlich sein formelles Training zu beginnen, womit er stundenlange, mühsame zazen-Übungen im Sinne der frühen Zen-Figuren verband, suchte er mit 17 Jahren den Zensō-ji auf. Zu seiner Enttäuschung widmeten sich die dortigen Mönche indessen dem Studium von Texten, in diesem Fall einer Sammlung chinesischer Dichtung, etwas, das Hakuin zeitlebens als „quietistisches, nichts-tuendes Zen“ ablehnte. Für eine zeitnahe, weitere Enttäuschung sorgte die Kenntnis über die grausame Ermordung des bekannten chinesisches Zen-Meisters Yen-t’ou durch Banditen. Hakuin war desillusioniert, er fürchtete seine eigenen Bestrebungen, den Höllen zu entgehen, nicht erreichen zu können, wenn bereits einem Zen-Meister von solch hohem Range ein derartiges Schicksal zuteilwurde. [7]

Sodann zog Hakuin, angezogen vom Ruf des Priestergelehrten Baō Rōjin sowie dessen umfangreicher Bibliothek in die Provinz Mino, wo er sich eine Zeitlang der weltlichen Literatur und der Kalligraphie zuwandte. Aber auch weiterhin ließ Hakuin die Furcht vor den buddhistischen Höllen nicht los. Bei der alljährlichen Lüftung von Baos Bibliothek wandte sich Hakuin schließlich verzweifelt an die „Götter und Buddhas“, sie mögen ihm den rechten Weg weisen. Sollte er sich dem Buddhismus, Konfuzianismus oder Taoismus zuwenden? Mit geschlossenen Augen soll Hakuin unter der Ansammlung von Schriftwerken ein Zen-buddhistisches Werk ausgewählt haben. Die zufällig aufgeschlagene Seite erläuterte das Leben von Tz’u-ming, einem in der Übung des zazen unerbittlichen Mönch, der das chinesische Lin-chi Zen (jap. Rinzai-Zen) in der frühen Sung-Dynastie vorm endgültigen Niedergang bewahrt haben soll. Ebenso sollte Hakuin später der japanischen Ausprägung des Lin-chi-Zen im 18. Jahrhundert wieder neues Leben einhauchen. Nach kurzer Zeit verließ Hakuin Baōs Tempel und unternahm die folgenden Jahre eine ausgedehnte Wanderschaft durch große Teile Japans. [8]

Im Zuge seiner Reisen soll Hakuin im Alter von 22 Jahren eine erste Erleuchtung, die während einer zazen-Übung durch das Ertönen einer fernen Glocke eingeleitet wurde, erlebt haben. Hakuin war überzeugt, als einziger in den letzten 300 Jahren eine solche tiefe Erfahrung durchlebt zu haben. Wie durch Zufall begegnete Hakuin bald darauf Shōju Rōjin, den er später zu seinem einzig wahren Lehrer erklärte und der diese Überheblichkeit Hakuins in den acht Monaten, die er mit ihm verbrachte, zerrüttete. [9] Für Shōju Rōjin war Hakuin ein „armseliges Teufelskind in der dunklen Höhle“, laut ihm war Hakuins Erleuchtung eine unvollkommene. Erst als Hakuin bei einem Bettelgang in einem nahe gelegenen Ort durch die Wucht eines Besens in Ohnmacht fällt und eine erneute Erleuchtungserfahrung durchlebt, galt er für seinen Meister nicht mehr als „armseliges Teufelskind“.[10] Nachdem Hakuin nach eigenen Angaben den Kern von Shōjus Zen begriffen hatte, verließ er seinen Meister. Hakuin erkannte jedoch alsbald die Unvollkommenheit seiner Erleuchtung, d.h. er konnte die Stille in der Zen-Halle nicht in den regen Alltag übertragen, und begab sich daraufhin erneut auf eine langjährige Pilgerfahrt. [11]

Irgendwann im Laufe der folgenden Jahre erkrankte Hakuin an einem Leiden, das er selbst als Zen-Krankheit bzw. Meditations-Krankheit bezeichnete. Basierend auf den von ihm beschriebenen Symptomen könnte es sich dabei um Tuberkulose, eine Rippenfellentzündung, einen Nervenzusammenbruch oder eine Mischung davon gehandelt haben. Zunächst hielten ihn sein Beschwerden nicht davon ab, sein intensives Training fortzuführen, doch mit Zunahme der Beschwerden litt auch seine Übung. Hakuin wandte sich an diverse Ärzte und Lehrer, doch erfolglos, lediglich dem in den Bergen bei Shirakawa lebenden Einsiedler Hakuyū gelang es mithilfe eines psychischen Heilverfahrens Hakuin von seinem Leiden zu kurieren. [12] Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Hakuin jedoch das Treffen mit Hakuyū erfunden, dass er an einer Krankheit litt und sich mithilfe der von ihm beschriebenen Techniken heilte, wird hingegen nicht bestritten. [13]

Erleuchtung und Lehrtätigkeit

Mit 30 Jahren kehrt Hakuin schließlich auf Wunsch des schwerkranken Vaters in seinen Heimatort zurück, wo er im darauffolgenden Jahr zum Abt des damals baufälligen und verarmten Shōin-ji ernannt wurde. Zeitnah übernahm er auch den Namen Hakuin, unter dem er heutzutage im Besonderen bekannt ist[14]. Die genauen Hintergründe des Namens Hakuin, wörtlich „verstecktes Weiß“ bzw. „versteckt in Weiß" sind nicht gesichert, jedoch scheint er mit dem schneebedeckten Fuji-san, den Hakuin von seinem Heimatort Hara aus betrachten konnte, in Verbindung zu stehen [15]. In den ersten zehn Jahren in seiner Funktion als Abt beschränkte sich Hakuins Bekanntheit vorwiegend auf seine Heimatprovinz Suruga. Angesichts des desolaten Zustandes des Tempelgebäudes sowie der finanziellen Situation des Shōin-ji, die selbst eine adäquate Nahrungsaufnahme erschwerten, kann man davon ausgehen, dass sich Hakuin neben seinen eigenen Zen-Übungen und gelegentlichen Vorträgen zunächst vor allem mit dem Wiederaufbau des Tempels befasste. [16]

Nach zehn Jahren soll Hakuin beim Lesen derselben Stelle des Lotus-Sutra, die ihn zuvor in jungen Jahren enttäuschte, letztlich seine große, vollkommene Erleuchtung erfahren haben. Jegliche zuvor gehegte Zweifel und Unsicherheiten waren verschwunden. Die folgenden vier Jahrzehnten widmete er der Lehre [17]. Allmählich gelang es ihm mithilfe seiner Vorträge eine immer größer werdende Schar von Schülern um sich zu werben. Nach sechs Jahren lebten und studierten bereits über zwanzig Mönche im Shōin-ji. Den Wendepunkt in seiner religiösen Karriere stellte eine von über 400 Schülern besuchte Vortragsveranstaltung im Shōin-ji dar, in der Hakuin seine grundlegenden Ansichten zum Zen präsentierte sowie sein Bestreben der Reformierung der Rinzai-Schule öffentlich bekundete. Fortan begaben sich zunehmend Mönche aus weiten Teilen Japans zum Shōin-ji, in der Hoffnung unter Hakuin zu studieren. Da der Tempel die Schar an Neuankömmlingen nicht versorgen konnte, mussten sie sich eigenständig im umliegenden Tempelgebiet ihre Unterkünfte organisieren. So entwickelte sich durch das Engagement der Schüler ein religiöses Zentrum. [18]

Bis zu etwa 65 Jahren widmete sich Hakuin überwiegend den Schülern im Shōin-ji oder in anderen Tempeln, an denen er zu Vorträgen eingeladen wurde. Zeitnah richtete er seine Aufmerksamkeit auch dem Schreiben und der Verbreitung seiner Lehre auch unter dem einfachen Volk, wobei er nicht nach Geschlecht oder sozialer Schicht differenzierte. [19] Im Zuge seiner Lehrtätigkeiten entstand ein besonders reichhaltiges schriftstellerisches Schaffen, aber auch zahlreiche Bilder sowie Kalligraphie hat er hinterlassen [20]. Hakuins 70er erwiesen sich hierbei hinsichtlich des Schrifttums und Kunstschaffens als produktivste Periode, doch gegen Ende des Jahrzehnts machte sich zunehmend der Verlust der frühen Vitalität bemerkbar. Hakuin unterrichte nunmehr eine geringere Schüleranzahl, auch bei seinen Vorträgen mussten zunehmend seine Schüler assistieren, einzig in seinem künstlerischen Ausdruck schien er bis zum Tod 1786 im Alter von 83 Jahren nicht nachzulassen. [21]

Reformierung des Rinzai

Es war in der zweiten, der Lehre gewidmeten Lebenshälfte, dass Hakuin einen bedeutenden Beitrag zur Reformierung bzw. Wiederbelebung der Rinzai-Schule leistete. Sein Zen stellt sowohl eine Rückkehr zur Tradition durch die starke Betonung des Studiums von kōan, wie sie zur Sung-Periode üblich waren, aber auch eine Eingliederung neuer Elemente dar. [22]. Die Lösung der kōan, die er zu einer Art Lehrprogramm anordnete, und die damit bezweckte erste Erleuchtungserfahrung sollten mithilfe von zazen sowie der Unterstützung des Meisters in persönlichen Interviews (sanzen) erfolgen [23]. Dies waren zwar durchaus keine ungewöhnlichen, neuartigen Elemente, doch laut Hakuin konnte das damals in Rinzai-Tempeln betriebene Zen nicht authentisch genannt werden. Vor allem störte er sich an Zeitgenossen laut denen Erleuchtung mit Leichtigkeit zu erreichen sei, aber Erleuchtung stellte für Hakuin ohnehin nicht das eigentliche Ziel des Zen dar. Vielmehr betonte er die lebenslange Hingabe und die Unterstützung anderer auf ihrem Weg zur Erleuchtung [24].

Hakuins Einfluss war derart weitreichend, dass er selbst heute, beinahe 250 Jahre nach seinem Tod, eine bedeutende Stellung innerhalb des modernen Rinzai-Zen einnimmt [25]. So können beinahe alle heutigen Rinzai-Meister auf ihn oder seine Schüler zurückgeführt werden [26]. Die Ursache dafür liegt wohl zumindest teilweise in Hakuins zahlreich hinterlassenen schriftlichen sowie künstlerischen Werken, die eine für den japanischen Buddhismus ungewöhnliche, die eigene Person betreffende, Offenheit aufweisen [27].

Wirkungsstätten Hakuins

Die Karte wird geladen …

Bilder

Verweise

Anmerkungen

  1. Yoshizawa, Waddell 2009: 1-2
  2. Hakuins Geburts- sowie Sterbejahr sind nach traditioneller japanischer Zeitrechnung um ein Jahr nach hinten verschoben, als Lebzeiten gelten demnach 1685-1768.
  3. Hakuin/Waddell 1999:x-xiv
  4. In der Literatur über Hakuin existieren variierende Altersangaben, je nachdem ob 1685 oder 1686 als Geburtsjahr gewertet wird bzw. die in Japan damals übliche Praxis, ein Kind bei der Geburt als ein Jahr alt zu bewerten, mitberücksichtigt wird. Die hier verwendeten Jahreszahlen richten sich nach der westlichen Zählweise.
  5. Hakuin/Waddell 1999:xiv-xv
  6. Dumoulin 1959:243
  7. Hakuin/Waddell 1999:xv-xvi
  8. Hakuin/Waddell 1999:xvii-xix
  9. Hakuin/Waddell 1999:xxi-xxii
  10. Dumoulin 1959:248-251
  11. Hakuin/Waddell 1999:xxiii
  12. Dumoulin 1959:259
  13. Yoshizawa/Waddell 2009:13
  14. Hakuin/Waddell 1999:xxix
  15. Hakuin/Waddell 1999:xii
  16. Hakuin/Waddell 1999:xxix
  17. Hakuin/Waddell 1999:xxviii-xxxi
  18. hakuin/Waddell 1999:xxxii-xxxiii
  19. Hakuin/Waddell 1999:xxxiv
  20. Yoshizawa/Waddell: 2
  21. Hakuin/Waddell 2009:xxiii-xxiv
  22. Yampolsky 1971:11
  23. Yampolsky 1971:13-15
  24. Herschock 2014:213-214
  25. Hakuin/Waddell 1999:vii
  26. Yoshizawa/Waddell 2009:1
  27. Hakuin/Waddell 1999:vii-viii

Siehe auch

Literatur

  • Heinrich Dumoulin 1959
    Zen: Geschichte und Gestalt. Bern: Francke Verlag 1959.
  • Heinrich Dumoulin 1988
    „Die Malerei des Zen-Meisters Hakuin als Ausdruck religiöser Erfahrung.“ In: Elisabeth Gössmann und Günter Zobel (Hg.), Das Gold im Wachs: Festschrift für Thomas Immoos zum 70. Geburtstag. München: Iudicium 1988, S. 267-302. (Exzerpt.)
  • Ekaku Hakuin, Norman Waddell (Ü.) 1996
    Zen words for the heart: Hakuin's commentary on "The Heart Sutra". Boston: Shambhala Publications 1996.
  • Ekaku Hakuin, Norman Waddell 1999
    Wild ivy: The spiritual autobiography of Zen master Hakuin. Boston: Shambhala Publications 1999.
  • Ekaku Hakuin, Norman Waddell 2012
    Beating the cloth drum: Letters of Zen master Hakuin. Boston: Shambhala Publications 2012.
  • Ekaku Hakuin, Philip B. Yampolsky (Ü.) 1971
    The Zen master Hakuin: Selected writings. New York: Columbia University Press 1971.
  • James W. Heisig 2011
    „Hakuin Ekaku 白隠慧鶴 (1685–1768).“ In: James W. Heisig, Thomas P. Kasulis und John C. Maraldo (Hg.), Japanese Philosophy: A Sourcebook. Honolulu: University of Hawai'i Press 2011, S. 202–210.
  • Kazuaki Tanahashi, Franziska Ehmcke (Ü.) 1989
    Der Zen-Meister Hakuin Ekaku. Köln: DuMont 1989.
  • Katsuhiro Yoshizawa, Norman Waddell (Ü.) 2009
    The religious art of Zen Master Hakuin. Berkeley: Counterpoint 2009.
  • Ekaku Hakuin, Norman Waddell (Ü.) 2009
    Hakuin's Precious Mirror Cave: A Zen Miscellany. New York: Counterpoint 2009.