Inbe
Die Inbe (忌部 oder 齊部, auch Imube oder Imibe gelesen), wtl. Sippe der Tabu-Halter, waren eine Priesterfamilie des Altertums, die als Priester-Beamte am kaiserlichen Hof dienten. Die genauesten Auskünfte über die Aufgaben der Inbe findet man im Kogo shūi (s.a. Priester (Kogo shūi)):
Kogo shūi
Bereits zu Beginn des Kogo shūi geht Inbe no Hironari auf die besondere Stellung seiner Familie ein. Er erklärt, dass sie von einem der drei Himmelsgötter, genauer gesagt von Takamimusubi, abstammen würden. Hierfür weist er Ame no Futotama, den Enkel des himmlischen Gottes, dezidiert als Ahnherren der Inbe aus. Dessen Nachkommen wiederum sind als die Ahnherren der Inbe der verschiedenen Provinzen beschrieben:
- Ame no Hiwashi no Mikoto, Inbe der Provinz Aha (Shikoku)
- Taokihoohi no Mikoto, Inbe der Provinz Sanuki (Shikoku)
- Hiko Sajiri no Mikoto, Inbe der Provinz Kii (südlich von Nara)
- Kushi Akarutama no Mikoto, Inbe der Provinz Izumo
- Ame no Mahitotsu no Mikoto, Inbe der Provinzen Tsukushi (Nord-Kyushu) und Ise
Diese Genealogie findet man nur im Kogo shūi, aber nicht in den Kiki, die sich ganz auf die kaiserliche Familie und deren Abstammung von Amaterasu konzentrieren.
Formaler Rahmen für das Kogo shūi
Das Kogo shūi wurde ungefähr im Jahre 807 von Inbe no Hironari als Kritik gegenüber einer rivalisierender Familie verfasst. Es entstand zu einer Zeit wo man versuchte dem chinesischen Einfluss entgegenzuwirken. Bei Hironari werden diese Tendenzen antagonisiert, der chinesische Einfluss ist spürbar, besonders im Vor- und Nachwort [Kato 1926:11-22]. Die Nakatomi und Inbe stritten sich zu der Zeit über ihre Machtposition, beide mit historischen Quellen und alten Texten argumentierend. Der Hof beschloss dann anhand des Nihon shoki und der dort beschriebenen Szene, wo Ahnengottheiten beider Familie helfen, Amaterasu aus der Felsenhöhle herauszulocken, dass beide Familien das gleiche religiöse Amt bekleiden sollten.
Vorwort
Hironari erklärt einleitend, warum er sich verpflichtet sieht, eine eigene Version der japanischen Geschichte zu verfassen, wie sie in seiner Familie überliefert wird. Er meint, durch das Aufschreiben, gehen Informationen verloren, welche nur in der mündlichen Überlieferung erhalten sind. Er unterstellt schriftlich verfassten Werken, sie hätten mit der Zeit ihren Inhalt verändert, bezweifelt aber nicht, dass es irgendwo in den offiziellen Archiven oder privaten Quellen die wahren Begebenheiten beschrieben gibt. Er möchte dem schon/noch Bekannten Informationen hinzufügen, die in seiner Familie tradiert werden.
Hironari deutet an dieser Stelle auch an, er habe einen kaiserlichen Auftrag erhalten und so ergreift er den Pinsel und schreibt seine Familienüberlieferungen nieder. Aus dem Text geht jedoch nicht eindeutig hervor, ob er direkt vom tennō beauftragt wurde, das Kogo shūi zu verfassen oder ob es Eigeninitiative ist.
Hironaris Kogo shūi soll laut in der Chronik Ruiju Kokushi (Eintrag vom Jahre Daidō 3) am 13. Tag des zweiten Monats Daidō 2 vorgelegt worden sein (Kato 1926:5). Hironaris Rang wurde mit dem Obergrad der ersten Klasse des sechsten Ranges angeführt, die erhaltenen Abschriften sprechen von Hironari als Untergrad der zweiten Klasse des fünften Ranges, was ein höherer Rang wäre. Man kann ausschließen, dass Hironari bei einer Schrift, die er dem tennō vorlegt, selber seinen Rang falsch angegeben hat. Wahrscheinlicher ist, dass sich im Laufe des mehrmaligen Abschreibens Fehler oder Fälschungen einschlichen. Die Schriftzeichen für die Rangbezeichnungen sind unterschiedlich genug, dass man einem Irrtum ausschließen kann. Naheliegender ist, dass ein späterer Kopist Hironari dem Ō no Yasumaro, dem Verfasser der Kiki, im Rang gleichstellen wollte.
Nachwort
Während sich in keinem der Kiki ein Schlusswort findet, greift Hironari im Kogo shūi abschließend selst noch einmal das Wort. Als Überleitung wählt er eine Geschichte aus dem Zeitalter der Götter, wo die Gottheit Ōtokonushi no Kami bei dem Reisfest Rind serviert und dadurch die Gottheit Mitoshi no Kami beleidigt. Mitoshis Rache vernichtet die Reissetzlinge. Wahrsager werden befragt, was passiert ist und wie man die Reisernte noch retten kann. Um Mitoshi zu besänftigen, sollen weiße Wildschweine, weiße Pferde und weiße Hähne geopfert werden. Die Reisernte wird dank der Anweisungen von Mitoshi gerettet und so entsteht die Tradition Mitoshi Opfergaben in der Form von weißen Wildschweinen, weißen Pferden und weißen Hähnen zu erbringen. Hironari weist auf diese Weise auf die Wichtigkeit korrekter ritueller Handlungsweisen hin.
Im eigentlichen Nachwort zieht Hironari Parallelen zur chinesischen Mythologie in Form von der Redewendung: „Das Sommerinsekt zweifelt am Eis“. So wie man sich im Sommer schwer tut an Eis zu glauben, weil man es nicht sieht, so ist es auch schwer an Götter zu glauben. Die Spuren der Götter sind für Hironari dennoch klar zu erkennen (ohne dass er weitere konkrete Beispiele nennt). Seiner Meinung nach müssen die Riten und Zeremonien überarbeitet werden, da sie sich durch neue Entwicklungen am Kaiserhof von ihrem Ursprung entfremdet haben. Er hofft seine mündlich überlieferten Familientraditionen können dem tennō nützlich werden.
Zwischen den Lobeshymnen an den Kaiser ist eine kurze Bemerkung versteckt. Hironari ist schon alt und denkt Tag und Nacht an die alten Bräuche. Sollte er sterben, wird er unter der Erde im Herzen eine Groll hegen. Er droht an, ein Rachegeist zu werden, wenn seine Vorschläge ignoriert werden. Hironari meint, das Kogo shūi als Antwort auf eine Nachricht vom Kaiser verfasst zu haben, es geht jedoch wieder nicht hervor, ob der Kaiser Hironari ausdrücklich gebeten hat seine Gedanken zu Riten zu verfassen.
Unterschied zu den Kiki
Vergleicht man das Vor- und Nachwort mit den Kiki, ist auf den ersten Blick sichtbar, dass das Nihon shoki weder über Vor- noch Nachwort verfügt, während das Kojiki von einem Text eingeleitet wird, der kurz erklärt, wer auf wessen Anlass diese Schrift verfasst hat. Das Kojiki enthält also persönlöiche Stellungnahmen des Autors, seine Motive kommen aber im Gegensatz zu Hironari nicht direkt zum Ausdruck. Dadurch lässt es sich vermuten, dass die Agenda hinter den Kiki nicht nur eine Familie betreffen. Die Kiki erläutern die Weltentstehung, die Genealogie bis zu den historischen tennō. Der Fokus des Kogo shūi liegt hingegen auf der Begründung der Machtposition einer Familie, was dem Autor ermöglicht, im Vor- und Nachwort seine persönliche Meinung einfließen zu lassen.
Yōrō Kodex
Erwähnung der Inbe im Yōrō Kodex,[1] im Zusammenhang mit Inthronisierungs-Feierlichkeiten:
Am Tage der Inthronisation (senso 践祚) hat ein Nakatomi die Glückwünsche der himmlischen Gottheiten (amatsukami no yogoto 天神壽詞) vorzutragen, die Imibe haben den Spiegel und das Schwert der Kaiserinsignien (shinji 神璽) zu überreichen.
Auf diese Stelle beruft sich auch Inbe no Hironari im Kogo shūi. Interessant ist, dass hier, ebenso wie im Kogo shūi aber im Ggs. zu anderen Werken, nur von zwei Reichsinsignien die Rede ist.
Engi shiki
Auch die „Verordnungen der Ära Engi“ (Engishiki, 927) berichten über die Aufgaben der Inbe ...
Verweise
Anmerkungen
- ↑ Der Yōrō-Kodex (Yōrō-ryō 養老令) stammt aus der Yōrō-Ära (717–724) und war ein auf chinesischen Vorbildern beruhender Gesetzestext in zwei Teilen, Zivilrecht (ryō 令, „Gebote“) und Strafrecht (ritsu 律, „Verbote“, zusammen ritsuryō). Er war im Prinzip die ganze Vormoderne hindurch, also bis 1868 gültig, wenn seine Gesetze auch „bis ins 10. Jahrhundert schon ihre rechtliche Wirksamkeit verloren hatten und fortan nur noch juristisches Vokabular lieferten.“ (Dettmer 2009, S. XIII) Anfang der Heian-Zeit wurden gewisse Bearbeitungen vorgenommen. Eine davon ist das Ryō no gige (835), das bald zur verbindlichen Fassung des zivilrechtlichen Kodex wurde.
- ↑ Ü: Dettmer 2012, Bd. 2, S. 9
Literatur
- Hans Adalbert Dettmer (Ü.) 2009Der Yōrō-Kodex: Die Gebote (Band 1). Wiesbaden: Harrassowitz 2009. (Einleitung und Übersetzung des Ryō no gige, Buch 1.)
- Hans Adalbert Dettmer (Ü.) 2010Der Yōrō-Kodex: Die Gebote (Band 2). Wiesbaden: Harrassowitz 2010. (Übersetzung des Ryō no gige, Teil 2, Bücher 2-10.)
- Genchi Katō, Hoshino Hikoshiro (Ü.) 1926Kogoshūi: Gleanings from ancient stories. Tokyo: Meiji Japan Society 1926. (Exzerpt, JHTI Version, Onlineversion.)