Exzerpt:Trede 2005

Aus Kamigraphie
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Rezensiertes Werk:

Melanie Trede 2005
„Appell an den Kriegsgott: Ikonographische Innovation im Dienst politischer Rivalität.“ In: Frank R. Pfetsch (Hg.), Konflikt. (Heidelberger Jahrbücher 48.) Heidelberg: Springer Verlag 2005, S. 255–277. (Exzerpt.)

In diesem Artikel behandelt Melanie Trede illustrierte Legenden des Hachiman, die Shōgun Ashikaga Yoshinori 1433 an verschiedene Hachiman Schreine stiftete. Beispiele, um göttliche Hilfe bei militärischen Unternehmungen zu bitten, lassen sich bis zu Shōtoku Taishi (574-622) zurück verfolgen, der 589 buddhistische Statuen schnitzen ließ und sie Tempeln stiftete. Er wollte damit seinen Erzfeind Mononobe no Moriya „bekämpfen“.

Die Ursprungslegenden der Kaiserin Jingū und des Konda Grabtumulus

Fallbeispiel: Ashikaga Yoshinori (1394 – 1441), der sechste Militärherrscher der Ashikaga Dynastie (1392-1573), stiftete 1433 stiftete Querrollen (zwischen 11 und 22 Meter lang) an drei Hachimanschreine in Usa, Osaka und Kyoto. Es handelt sich um japanische Malerei aus dem 15. Jh. mit Kaiserin Jingū und Kaiser Ōjin auf vier Sets von Querrollen. Querrollen wurden bisher auf Grund ihrer ästhetischen Qualität besprochen, ihre Funktion als Mittel zur Konfliktbewältigung wurde jedoch übersehen.

Yoshinori vergab Stiftungen an strategisch wichtige Schreine, nämlich den Usa Hachiman-gū (Präfektur Ōita) und den Iwashimizu Hachiman-gū (im Süden der damaligen Hauptstadt Kyoto). Das erste Set ist jedoch verlorengegangen und das zweite 1947 verbrannt. Die anderen beiden Sets, im Konda Hachimanschrein (südöstlich von Osaka), sind erhalten geblieben. Die erste Rolle beschreibt die Vorgeschichte und Wunderkräfte des Kriegsgottes. Die Ursprungslegende der Kaiserin Jingū ist wie folgt: Der militärische Erfolg Jingū kōgōs, nach dem Tod ihres Mannes, war, dass sie im schwangeren Zustand erfolgreich eine Invasion gegen Korea startete. Das Resultat war, dass sich ein Kriegsschild am Arm des Säuglings gebildet hatte, wodurch der Kaiser einem Kriegsgott gleich war. Homuta oder Honda wird der Armschutz des Bogenschützen genannt.

Erste Rolle der Tumulusrollen.
Tod des Ōjins, Bau des Tumulus & Begräbniszeremonie.
Die beiden anderen Rollen.
Mäzenatentum und Pilgerschaften bedeutender Kaiser, Adeliger, Mönche und Einsiedler.

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Yoshinori entdeckte drei illuminierte Querrollen im Schrein, fügte die fehlenden Teile hinzu und ergänzte sie durch neue Kopien. Hachiman sollte die Bilder zur Kenntnis nehmen. Die Absicht Yoshinoris war, die Gottheit zu beschwören, um Beistand im militärisch-politischen Konflikt gegen seinen Neffen Ashikaga Mochiuji (1398-1439) zu erhalten.

Die Querrollen weichen vom Vorgängermodell ab, indem sie einen sterbenden Kaiser Ōjin zeigen. Die Vorläuferrolle zeigt den Kaiser nur in Form von weißen Wolkenbändern dargestellt, mit ungeordneten höheren und niederen Höflingen. Die Tumulusrollen: stellen den Kaiser visuell greifbar das. Es zeigt am Totenbett weiße Vorhänge, davor trauernde Hofdamen, hierarchisch gegliederte Aristokraten und vor dem Palasttor eine große Anzahl an Wächtern (existieren im alten Modell nicht). Die sichtbarste Form einer Machtdemonstration ist die Prozession Kaiser Kinmeis. Die Szene ist auf einer neun Meter langen Rolle dargestellt, obwohl drei normal wären.

Mutmaßungen über Kunstmäzen

  1. Yoshinori wurde zum Sadajin ernannt und bedankte sich bei Hachiman (abgebildet in den Hachimanschriftrollen Sadajin).
  2. Yoshinori wollte einen männlichen Erben, weshalb er zum Iwashimizu Hachiman Schrein pilgerte. Der Kriegsgott galt jedoch nicht als Fruchtbarkeitsgott. 1431 wandte sich Yoshinori an den Kannon-Tempel Kokawadera und bekam 1434 tatsächlich einen Sohn. Daraufhin ließ er die dortigen Tempellegenden kopieren.
  3. Erklärungsversuch: Ein Hachiman Orakel, dass der Nachfolger, einer der 4 Brüder Yoshimochis (darunter Yoshinori) wurde. Als Yoshinori Shōgun wurde, bedankte er sich bei dem Kriegsgott, indem er regelmäßig zum Schrein pilgerte und finanzierte den Bau am Konda Schrein. Sein Motiv war, dass er selber als Wohltäter dastehen wollte.

Kulturelle und politische Rivalitäten

Kultureller Wettbewerb zwischen Ashikaga Yoshinori und dem Kaiserhaus war nicht nur zu sehen bei Tumulusrollen, sondern auch bei kulturelle Aktivitäten (Bsp. kaiserliche Anthologie japanischer Gedichte).

Er lud daraufhin Gohanazo Tennō (1428-1464) ein. Dies galt als eine Überschreitung im protokolarischen Verkehr eines Kriegers mit dem Kaiser. Auf Grund seines Ehrgeizes drang er in kaiserliche Hachiman-Zeremonien ein und machte dem Kaiserhof den Rang des Erben des Hachimankultes streitig. Yoshinori drückte damit den heimlichen Wunsch aus das Kaiserhaus zu kontrollieren

Der Kriegsgott galt immer als Schutzgottheit für Familien mit Pfeil und Bogen (Krieger), welche die Familien der Minamoto und die Nachfolger der Ashikaga waren. Hachiman wurde als direkter Vorfahre der Klans angesehen. Seine Querrollenstiftung kann auch als Ahnenvergleich gesehen werden.

1432 (Jahr der Stiftung der Hachimanrollen) wurde Yoshinori das Oberhaupt des weit verzweigten Minamoto Klans Genji no Chōja und durfte rechtmäßige Hachimanverehrung ausüben. Ashikaga Mochiuji widersetzte sich Yoshinoris Regierung, da er selber Shogun werden wollte. Als Mochiuji zur Machtdemonstration eine Statue der Diamantenen Gottheit des großen Sieges (Daishō kongōson, nicht mehr erhalten) stiftete, unternahm Yoshinori eine Inspektionsreise nach Osten, um Mochiuji in die Schranken zu weisen.

1434 wurde die "Widmungsschrift aus Blut" angefertigt, deren vier Punkte waren:

  1. Buun chōkyū - Ewiger militärischer Erfolg.
  2. Shison han'ei - blühende Nachkommenschaft.
  3. Gentō nisei anraku - Sicherheit für die gegenwärtige und zukünftige Generation.
  4. Juso no onteki wo michōno harai - Fluch gegen den Erzfeind.

Es war bildmagisches Mittel, um sich mit Hilfe von Hachiman durchzusetzen. Yoshinori umging den Tsurugaoka Hachiman Schrein in Kamakura. Dies war der als letzter der vier Schreine die von Yoshinoris Vorfahren gegründet wurde (Mitte des 11. Jhd.) und, auf Grund der Regentschaft der Minamoto in Kamakura, eng mit diesen verbunden.

Yoshinori hatte an diesem kein Interesse, denn die drei anderen Schreine waren eng mit Kaiser Ōjin und dessen Hof verbunden. Möglicherweise wurde ihm die Stiftung aber auch verwehrt. Die Ostregion war heilig und nur Schenkungen von Minamoto-Klans waren erlaubt. Die Tumulusrollen galten jedoch als magische Waffen und die kaiserliche Aura als Munition gegen Mochiuji im Osten.

Hachiman bevorzugte anscheinend die Stiftung Yoshinoris, denn fünf Jahre nach Stiftung der Rollen, konnte Yoshinori Mochiuji besiegen und zwang ihn zum Selbstmord.

Gedanken des Rezensenten

Der Glaube an die Götter spielte in dieser Zeit eine sehr große Rolle. Man könnte es fast als Abhängigkeit bezeichnen. Meist beschenkte man einen Gott als Form der Bitte in misslichen Lagen und nach dem Erfolg als Dank. Warum aber hat Yoshinori nicht sich selber und seinen Fähigkeiten vertraut? Wer braucht dazu schon einen Gott? Anscheinend musste es etwas geben, woran man sich festhalten konnte. Yoshinori hatte über seinen Neffen gesiegt, vielleicht war es einfach nur Schicksal. Aber ist denn das Schicksal Gott bzw. in diesem Fall Hachiman?

Die Querbildrollen, welche Yoshinori bearbeitet hat, sind der Schlüssel in diesem Text. Sie sind die eigentliche Konfliktlösung. Durch ihre Stiftung hat Yoshinori nicht nur Hachiman auf seine Seite gezogen und den Krieg gegen seinen Neffen gewonnen, sondern hat sich außerdem für die nächsten Generationen verewigt.

Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Hachiman-no-pedia verfasst.