Chinkon-sai
Themengruppe | Riten (Feste, Zeremonien) |
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Name | Chinkon-sai 鎮魂祭 |
Sonstige Namen | Mitamafuri/ Mitamashizume no Matsuri |
Typus | Fest (shintoistisch) |
Funktion | Besänftigung von Geistern (halböffentlich) |
Ort | Kaiserpalast |
Zeit | Wintersonnenwende |
Entstehungszeit | Altertum |
Bemerkung | Korrespondiert mit dem Tanz der Ame no Uzume 天鈿女命 |
Das Chinkon-sai 鎮魂祭 (auch Mitamafuri/Mitamashizume no matsuri) galt als Fest, um die umherwandernde Seele des Tennō zurückzurufen und für seine Gesundheit und Langlebigkeit zu beten. Laut dem Ryō no Gige 令義解(833 n. Chr., „Erklärungen der Zivilrechtsvorschriften“) wurde dieses Fest vor dem Niiname-sai 新嘗祭 („Das Fest des ersten Verkostens“) im Jingikan 神祇官 (Amt für Götterverehrung) abgehalten. Einzelne Elemente des Chinkon-sai gleichen den rituellen Handlungen der Ame no Uzume 天鈿女命 während ihres Tanzes vor der himmlischen Felsenhöhle (Ame no Iwato 天岩戸), weshalb einige Forscher behaupten, dass das Chinkon-sai Ursprung des Felsenhöhlenmythos sei.
Bedeutung und Ursprung des Chinkon-sai
Man behauptet auch, das Chinkon-sai galt als Zeremonie zur Wiedererweckung der Sonne. Das Fest fand um die Zeit der Wintersonnenwende am Tag des Tigers in der Mitte des elften Monats statt, was die Theorie eines Solar-Kultes verstärkt. Der Kaiser wurde dabei als Amaterasu 天照 identifiziert, somit könnte man die Herbeirufung der kaiserlichen Seele als Wiedererweckung der Sonne interpretieren. Anhänger dieser Theorie behaupten, dass diese Zeremonie dazu diente die schwach scheinende Wintersonne zu stärken und infolgedessen eine wärmere Periode eingeleitet wird, die wieder den Kreislauf des Nahrungsanbaus in Gang setzt.
Das Herbeirufen der Seele beruht auf einem alten japanischen Glauben, der besagt, dass die Seele eines Kranken sich in einer Art Zwischenwelt befindet. Die trauernde Gemeinschaft hofft in dieser Zeit, dass die Seele sich wieder erholt und in den Körper zurückkehrt. Die durchgeführten Rituale, die sich aus Tanz, Gesang und einer Art ungehemmten Amüsement zusammensetzen, wurden später mit den chinesischen Ideogrammen chinkon 鎮魂 bezeichnet.
Die Zeremonie
Einzelne Elemente
Representativ für den Kaiser stand das kaiserliche Gewand, das die Minister zur Zeremonie mitbrachten. Neben ihnen zählten Schreinpriesterinnen (miko oder mikannagi 御巫) und Kagura-Tänzerinnen des Sarume Klans, die vom Jingikan geschickt wurden, zu den Ritualisten des Festes. Während chinkon-Lieder gesungen wurden, die dazu dienten die verschwundene Seele der sterbenden bzw. toten Sonnengöttin zurückzurufen, führte eine Oberpriesterin einen Tanz auf indem sie auf einem umgekehrten Trog (ukefune 有卦船) stampfte und diesen gelegentlich mit einem aus sakaki-Holz gefertigten Speer einen Hieb versetzte. Das Vorgehen und die dabei verwendeten Mitteln machen die Verbindung zum Tanz der Ame no Uzume vor der Felsenhöhle im Felsenhöhlenmythos umso deutlicher. Dieser oft als kunstvolle Pantomime beschriebener Tanz ist dem Mythos nach einer von mehreren Riten, um die Sonnengöttin Amaterasu Ōmikami 天照大御神 aus ihrer Felsenwohnung zu locken, damit das Licht wieder die Welt erfülle. Eine weitere Verknüpfung zum Felsenhöhlenmythos ist ein Miniaturmodel der himmlischen Felsenhöhle, welche in der chinkon-Zeremoniehalle aufgestellt wurde. Man fand eine Zeichnung dieses Models in dem Tagebuch Miyama gyoki, geschrieben von einer Priesterin in der Heian-Zeit 平安時代 (794–1185).
Neben dem Tanz der Priesterin werden weitere rituelle Handlungen getätigt. Beim sogenannten tamamusubi 玉結び („Seele knüpfen“) knüpfte ein Priester der Nakatomi Familie einen Lebensknoten, indem er acht Mal von eins bis zehn zählte. Die 8 steht hier für die acht Gottheiten des Jingikan. Fünf davon zählen zu den musubi-Gottheiten (besser bekannt als Erschaffergottheiten), denen Takamimusubi 高御産巣日, Kamimusubi 神産巣日, Ikumusubi 生魂神, Tamamusubi und Tamatsumemusubi angehören. Die Eingliederung dieser Gottheiten in das Ritual sollte für ein langes Leben und für gute Gesundheit des Kaisers sorgen. Das tamamusubi selbst diente zum „Festhalten“ der Seele des Kaisers, indem sie in die Knoten miteingeflechtet wurde.
Um die instabile Seele des Kaisers in seinem Körper zu stabilisieren, schüttelte ein Priester zehn mal das in einer Box (mikoromobako) verstaute kaiserliche Gewand, wobei das Gewand für den Kaiser selbst stand. Zu Beginn war der Kaiser noch selbst bei der durchgeführten Zeremonie anwesend, wurde jedoch später durch die kaiserlichen Gewänder ersetzt. In der Box befindet sich außerdem yufu, eine aus Maulbeerfasern geflochtene Schnur. Dieses Material findet auch Erwähnung im Felsenhöhlenmythos, als man aus Maulbeerbäumen shira nigite 白和幣 (weiße, weiche Opfergaben) herstellte, die später an einen sakaki-Baum 榊 gehängt wurden und von Ame no Futotama 天太玉命 und Ame no Koyane 天兒屋命 für ihre Preisrede vor Amaterasus Höhle Verweundung fand.
Strukturierter Ablauf der Zeremonie
- Priester/innen versammeln sich im Jingikan.
- Eine naishi 内侍 (Hofdame) bringt das in einer Box verstaute kaiserliche Gewand.
- Musik beginnt zu spielen und eine mikannagi (Priesterin des Jingikan 神祇官) tanzt zu den gespielten Liedern.
- Die Priesterin schlägt mit einem Stock auf das ukefune.
- Ein Priester beginnt mit dem tamamusubi.
Verweise
Literatur
- Adriana Boscaro, Franco Gatti, Massimo Raveri (Hg.) 1991Rethinking Japan: Literature, visual arts and linguistics. Sandgate: Japan Library 1991.
- Edmund T. Gilday 1993„Dancing with spirit(s): Another view of the other world in Japan.“ History of Religions, Vol. 3, Nr. 3 (1993), S. 273-300.
- Takeshi Matsumae 1980„The heavenly rock-grotto myth and the Chinkon ceremony.“ Asian Folklore Studies 39/2 (1980), S. 9-22.
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