Weltentstehung

Aus Kamigraphie
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Fast jede Kultur besitzt Mythen, die die Entstehung der Welt, der Götter und/oder der Menschen erklären. Oft bedeutet „Welt“ das eigene Land, „Menschen“ die eigene kulturell-ethnische Gruppe und „Götter“ die eigenen Ahnen. Trotz dieser „ethnozentristischen“ Tendenzen finden sich zwischen den Weltentstehungsmythen einzelner Kulturen oft erstaunliche Gemeinsamkeiten.

Japan

(Hier könnte eine Kurzversion von Rezension Naumann 1996 bzw. der entsprechenden Seite auf Religion-in-Japan [1] stehen. )

China

Pangu (P'an ku)

P´an ku ist der Name einer Weltgottheit, die von den (indigenen) Miao-Yao-Völkern Südchinas verehrt wird. Die P´an ku Sage wird vermutlich seit dem 3. oder 4. Jahrhundert nach Christus tradiert. Einige (chinesische) Gelehrte nehmen an, dass zu dieser Zeit aus Siam zurückkehrende Abgesandte den Mythos mit nach China brachten. [2]

P´an ku wird als der Steinmetz des Universums und Nachkomme oder Sprössling der dualen Naturkräfte Yin und Yang bezeichnet. In bildlichen Darstellungen wird er häufig als eine Art Zwerg, gekleidet in ein Bärenfell oder lediglich umhüllt mit Blättern, gezeigt. Auf seinem Kopf hat P´an ku zwei Hörner. In seiner rechten Hand trägt er einen Hammer und in der linken einen Meißel. Diese Gegenstände stehen symbolisch für seine Tätigkeit als Weltschöpfer (Steinmetz des Universums). Aus dem selben Grund wird P´an ku oft auch mit der Sonne in der einen und dem Mond in der anderen Hand abgebildet. Denn diese beiden Gestirne gehören zu den ersten Ergebnissen seiner erschaffenden Arbeit. Des weiteren zeigen manche Darstellungen P´an ku zusammen mit den vier übernatürlichen Wesen - Einhorn, Phoenix, Schildkröte und Drache. [3]

Auf dieser Seite findet die Figur des P´an ku ihren Platz aufgrund der sich um sie rankenden Weltentstehungsgeschichte:

Zu Beginn bestand nur Chaos und Himmel und Erde hingen wie Dotter und Eiweiß in einem (Hühner-) Ei zusammen. 18.000 Jahre lang wuchs in diesem Ei P´an ku heran. Bis sich schließlich das Eiweiß vom Dotter löste, Himmel und Erde sich trennten und zwischen ihnen P´an ku stand. Täglich hob sich der Himmel ein Stück, die Erde wurde täglich dicker und P´an ku, die tragende Säule, wuchs mit dem Himmel. Bis der Himmel 18.000 Jahre später seine äußerste Höhe, die Erde ihre äußerste Tiefe und P´an ku sein äußerstes Wachstum erreicht hatten. Da starb P´an ku. Und sein Odem wurde der Wind und die Wolken und seine Stimme der Donner. Sein linkes Auge wurde sie Sonne und sein rechtes der Mond, sein Haupthaar glitzert als Sternengespinst. Die Arme und Beine ragen als vier äußerste Pfeiler hervor, Kopf und Leib sind die Berge. Sein Blut fließt als Hoangho ["Gelber Fluss" im Norden Chinas] und Jangtsekiang [längster Fluss Chinas], sein Schweiß tropft als Regen und Tau. Sehnen und Adern sind die Maserungen der Erde, zu Ackerkrume zerfiel sein Fleisch. Gräser und Bäume sind P´an kus Körperhaar, Gold und Jade seine Zähne, zu Perlen gerannen sein Samen und Mark. [Diese Weltentstehungsgeschichte wird in etwas unterschiedlichen Versionen erzählt. Ich beziehe mich hier auf die Wolfgang Münkes.]

Bei dem Volk der Yao wird P´an ku als König, der Leben und Tod, Reichtum und Armut in seinen Händen hält, verehrt. Bei Dürre gelten ihm die Gebete und in feierlichen Prozessionen tragen die Yao sein Bild durch die Felder. Die Miao besingen "P´an ku-König" als Schöpfer des Pfluges und des Webstuhls. [2]

Daoismus

Um die Weltenstehung im Daoismus betrachten zu können, ist es hilfreich eine seiner wichtigen religiösen und philosophischen Werke heranzuziehen. Eines von ihnen ist das Daodejing (ca. 4. Jh. V. Chr.). In ihm heißt es nun:

Der Weg brachte die Eins hervor / die Eins brachte die Zwei hervor /die Zwei brachte die Drei hervor /und die Drei brachte die zehntausend Dinge hervor.
Daodejing, Kapitel 42

Das Dao ist also der Ursprung von Allem. Das Zitat aus dem Daodejing kann so gesehen werden, dass aus dem Dao eine Einheit hervor geht, die nicht benannt wird und aus der dann Yin und Yang entstanden sind. Ab hier beginnt also die Einteilung in zusammengehörende Polaritäten. Schließlich entstehen aus der Drei die zehntausend Dinge, die als Synonym für alles Existierende auf der Welt und die Welt selbst gelten können. Darauf, was die Eins und die Drei sind, wird nicht in besonderem Maße eingegangen. Die Drei wird jedoch mitunter mit der Triade „Himmel, Erde, Mensch“ identifiziert, wobei „Mensch“ im Speziellen den Kaiser bezeichnet. Durch den Zwischenschritt vom Dao über die Eins zu den Zweien wird die Bedeutung von Yin und Yang im Bezug auf das Dao verdeutlich. Yin und Yang folgen nämlich nicht unmittelbar auf das Dao. Somit wird die Besonderheit des Daos hervorgehoben. Ähnlich verhält es sich wohl mit der Drei, die zwischen Yin und Yang und den zehntausend Dingen steht. Interessant ist dabei, dass es sich hier um einen Transformationsprozess handelt. Es wird daher von einem Prozess gesprochen. Generell ist auch zu sagen, dass im daoistischen Kontext weniger auf den Zustand von etwas eingegangen wird, es wird eher nach der Funktion gefragt. Festzuhalten ist insgesamt, dass das Dao schon immer da war/ist, jedoch nicht als ein Gott angesehen wird. Alles, was aus ihm entstand, wurde nicht geschaffen, sondern entstand von selbst, was mit dem Begriff des ziran (des Von-Selbst-so-Seins) in Verbindung gebracht werden kann.

Indien

Im Hinduismus existieren verschiedene Vorstellungen darüber, wie die Welt und die Lebewesen entstanden sind. In den vedischen Kosmogonien [4] ging man davon aus, dass die Götter bereits da waren, als die Welt mit ihren Geschöpfen entweder durch ein Elternpaar gezeugt, einen Meisterbildner gestaltet, durch die Glut der Askese oder allein durch die Kraft des Opfers erschaffen wurde.

Purusha

Ein Schöpfungsmythos erzählt von einem goldenen, unvergänglichen Embryo, der sich am Anfang gebildet haben soll und als alleiniger Herr der Schöpfung geboren wurde. Er gab den Geschöpfen Atmen und Kraft und alle anderen Götter folgten seinen Anweisungen. Er schuf laut Rigveda[4] Himmel und Erde, maß den Raum aus und stützte die Sonne. Die Vorstellung des Urmenschen Purusha (Sanskrit „Mann, Person, Mensch oder Urseele“) ist der älteste Beleg dafür und findet sich im Rigveda, wo die Entstehung der Welt und der verschiedenen Kasten aus ihm folgendermaßen geschildert wird:

11. Als sie den Purusa auseinander legten, in wie viele Teile teilten sie ihn? Was ward sein Mund, was seine Arme, was werden seine Schenkel, was seine Füße genannt?

12. Sein Mund ward zum Brahmanen, seine beiden Arme wurden zum Rajanya gemacht, seine beiden Schenkel zum Vaisya, aus seinen Füßen entstand der Sudra.

13. Der Mond ist aus seinem Geist entstanden, die Sonne entstand aus seinem Auge; aus seinem Munde Indra und Agni, aus seinem Aushauch entstand der Wind.

14. Aus dem Nabel ward der Luftraum, aus dem Haupte ging der Himmel hervor, aus den Füßen die Erde, aus dem Ohre die Weltgegenden. So regelten sie die Welten.

Philosophische Spekulationen

Die Frage, woher genau diese Götter gekommen waren, blieb in den Veden offen. Die Upanishaden [5] gehen diesen Fragen nach und entwickeln so die Lehre vom brahman als Konsequenz einer langen Reihe von Versuchen, den Ursprung der Welt zu erklären. 

Eine mögliche Lösung bot nun das Bild des Eis, das ausgebrütet wird und aus dem sich ein 'goldener Keim' entfaltet, aus welchem dann ein Schöpfergott entsteht. Aber auch hier blieb eine ungeklärte Frage bestehen, denn die Herkunft des Eis wurde nicht geklärt. In den Upanishaden wurde deshalb nun nach abstrakteren Wegen gesucht die Entstehung der Welt plausibel zu erklären. Man entwickelte die Vorstellung, dass es zu Anfang Sein gegeben haben muss, denn Seiendes kann nur aus Sein hervorgehen. Dieses eine Seiende musste demnach so mächtig gewesen sein, um imstande zu sein, die Welt zu schaffen. Zudem musste es den Überlegungen der Philosophen zufolge wahr sein, denn nur aus Wahrheit konnten Dinge Bestand haben. So kam man zur Überzeugung, dass aus eben diesem Einen alles, sowohl Materie als auch Geist, entstanden sein musste. Dieses Eine wurde brahman genannt, ursprünglich handelt es sich dabei um die Bezeichnung für einen im Opfer sinnvoll eingesetzten Halbvers oder Vers aus dem Veda.

Eine weitere Vorstellung mit monotheistischen Tendenzen, die einen höchsten Gott an den Anfang der Welt stellt, griff auf den oben zitierten Schöpfungsmythos des Purusha zurück.

Babylon

Enuma Eliš

Der sogenannte „Weltentstehungsmythos“ des Enuma Elisch (babylonisches Poem, 1. Jt. v.u.Z.) enthält 1094 Zeilen, die auf sieben Tafeln aufgeteilt sind. Es geht dabei aber nicht nur um die Erschaffung der Welt an sich, sondern auch um die theologische Rechtfertigung der Vorherrschaft des Stadtgottes Babylons im Pantheon. Marduk wird zum höchsten Gott und löst damit die traditionell höchsten Götter An und Enlil ab.

Tafel I-II

Vor aller Existenz vereinigten sich die Urgötter Tiamat und Apsu, so dass eine Vielzahl junger Götter entstand. Als diese Menge lauter und störender wurde, beschloss Apsu, die Junggötter wieder zu vernichten. Einer von ihnen, der schlaue Ea, erfuhr davon, tötete Apsu und errichtete seine Wohnung auf ihm. Marduk, der Stadtgott Babylons, wurde erschaffen und erneut plante die Muttergöttin deren Vernichtung.

Tafel III

Ein erschaffenes Dämonenheer soll Tiamat dabei helfen. Es stellt sich heraus, dass nur Marduk die Gefahr bannen kann. Bei Erfolg beansprucht er die Vorherrschaft im Pantheon.

Tafel IV

Der Kampf begann und als der Anführer des Dämonenheers Marduk sah, verließ ihn der Mut. Marduk fesselte die Tiamat und ihre Helfer, dann tötete er die Muttergöttin, teilte ihren Körper und formte daraus den Himmel und die Erde.

Tafel V

Nach dem Kampf erschuf Marduk die Sternenbilder und den Kalender(Tag, Monat, Jahr) und entschloss sich, mit den anderen Göttern zusammen, die ihm danken wollten, seine Wohnstätte, Babylon, zu errichten. Vor den Zusammenkünften des Pantheons sollten alle Götter dort ihren Ruheplatz haben.

Tafel VI

So wie abgemacht erhielt Marduk die Vollmacht. Er erschuf nun Menschen, die den Göttern die schwere Arbeit abnehmen sollten. Alle anderen Götter erwiesen ihm Ehre, indem sie in Riten eine Vielzahl seiner verschiedenen Namen nannten. Diese teilte er in Himmelsgötter und Unterweltsgötter auf.

Tafel VII

Auf dieser Tafel werden die Namen zum Lob Marduks weitergeführt. Insgesamt sind es 50. Dies ist die Zahl Enlils. Vielleicht ein Verweis auf die Legitimität der Herrschaft Marduks.

Anmerkungen

  1. http://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Mythen:Götter_des_Himmels
  2. 2,0 2,1 Münke, Wolfgang (1976): Die Klassische Chinesische Mythologie. Stuttgart: Klett, S.254-255.
  3. Werner, E.T.C. (1961): A Dictionary of Chinese Mythology. New York: The Julian Press, S.355.
  4. 4,0 4,1 Bei den Veden handelt es sich um etwa im 5. Jh. n. Chr. verschriftlichte, davor (und auch noch danach) mündliche tradierte Überlieferungen. Die ältesten Sammlungen sind ca. um 1000 v.Chr entstanden. Die Veden werden unterteilt in: Samaveda, Yajurveda, Atharvaveda und Rigveda. Die älteste Sammlung mit Hymnen ist der Rigveda ("Veda der Verse"), er enthält die heiligen Texte schlechthin und umfasst 1028 Hymnen mit 10417 Versen. S.a. Veda und Upanishaden.
  5. Es existieren rund 150 Upanishaden, wovon 108 offiziell anerkannt werden. Die Texte wurden sowohl in Prosa als auch in Versform verfasst. Es wird angenommen, dass sie zwischen 700 v. Chr. und 200 v. Chr. entstanden sind. S.a. Veda und Upanishaden.

Literatur und Links

  • Von Stietencron, Heinrich: Der Hinduismus, München 2001.
  • Rigveda
  • Van Ess, Hans: Der Daoismus, München 2011.
  • W.G. Lambert, „Akkadische Mythen und Epen. Enuma Eliš.“ In: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Bd.3, Gütersloh: 1994, S. 565-602.