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Version vom 18. Oktober 2021, 15:28 Uhr
Rezensiertes Werk:
In diesem Artikel behandelt Melanie Trede Motive und Hintergründe einer Serie von Querrollen aus dem 15. Jahrhundert.
Stiftungen an Hachiman
1433 stiftete Ashikaga Yoshinori (1394–1441), der sechste Militärherrscher der Ashikaga Dynastie (1392-1573), Querrollen (zwischen 11 und 22 Meter lang) an drei Hachimanschreine in Usa, Kyoto und Osaka. Es handelt sich um vier Sets von Querrollen mit Episoden aus dem Leben der Kaiserin Jingū und des Kaisers Ōjin, als dessen Inkarnation Hachiman gilt.
Yoshinori vergab diese Stiftungen an strategisch wichtige Schreine, nämlich den Usa Hachiman-gū (Präfektur Ōita), den Iwashimizu Hachiman-gū (im Süden der damaligen Hauptstadt Kyoto) und den Konda Hachiman Schrein (südöstlich von Osaka). Das erste Set ist jedoch verlorengegangen und das zweite 1947 verbrannt. Die anderen beiden Sets im Konda Schrein sind erhalten geblieben.
Die Absicht Yoshinoris war, die Gottheit zu beschwören, um Beistand im militärisch-politischen Konflikt gegen seinen Neffen Ashikaga Mochiuji (1398-1439) zu erhalten. (Beispiele, um göttliche Hilfe bei militärischen Unternehmungen zu bitten, lassen sich bis zu Shōtoku Taishi (574-622) zurück verfolgen, der 589 buddhistische Statuen schnitzen ließ und sie Tempeln stiftete. Er wollte damit seinen Erzfeind Mononobe no Moriya „bekämpfen“.)
Die Ursprungslegenden des Konda Grabtumulus
Der Konda Schrein befindet sich beim Tumulus-Grab (kofun) des Ōjin Tennō, der mit Hachiman identifiziert wurde. Yoshinori entdeckte drei illuminierte Querrollen im Schrein, fügte die fehlenden Teile hinzu und ergänzte sie durch neue Kopien.
Die erste Rolle beschreibt die Vorgeschichte und Wunderkräfte des Kriegsgottes Hachiman. Die Ursprungslegende der Kaiserin Jingū ist wie folgt: Der militärische Erfolg Jingū kōgōs, nach dem Tod ihres Mannes, war, dass sie im schwangeren Zustand erfolgreich eine Invasion gegen Korea startete. Als sie schließlich ihr Kind zur Welt brachte, hatte sich eine Geschwulst in Form eines Armschutzes der Bogenschützen am Arm des Säuglings gebildet. Homuta, homuda oder honda wird dieser Armschutz genannt, daher der Eigenname des Kindes, Homuda no Wake, der spätere Ōjin.
Die Querrollen weichen vom Vorgängermodell ab, indem sie einen sterbenden Kaiser Ōjin zeigen. Die Vorläuferrolle zeigt den sterbenden Kaiser nur in Form von weißen Wolkenbändern dargestellt, mit ungeordneten höheren und niederen Höflingen. Die Tumulusrollen stellen Ōjin visuell greifbar dar. Es zeigt am Totenbett weiße Vorhänge, davor trauernde Hofdamen, hierarchisch gegliederte Aristokraten und vor dem Palasttor eine große Anzahl an Wächtern (existieren im alten Modell nicht).
Die zweite Rolle zeigt die Prozession Kaiser Kinmeis zum Tumulus Grab Ōjins, wo sich später der Konda Schrein befand. Die Szene ist auf einer neun Meter langen Rolle dargestellt, obwohl drei normal wären.
Gründe der Stiftung
- Yoshinori wurde zum Sadajin ernannt und bedankte sich bei Hachiman (abgebildet in den Hachimanschriftrollen Sadajin).
- Yoshinori wollte einen männlichen Erben, weshalb er zum Iwashimizu Hachiman Schrein pilgerte. Der Kriegsgott galt jedoch nicht als Fruchtbarkeitsgott. 1431 wandte sich Yoshinori an den Kannon-Tempel Kokawadera und bekam 1434 tatsächlich einen Sohn. Daraufhin ließ er die dortigen Tempellegenden kopieren.
- Es gab ein Hachiman Orakel, dass einer der vier Brüder von Shōgun Yoshimochi (darunter Yoshinori) sein Nachfolger werden würde. Als Yoshinori Shōgun wurde, bedankte er sich bei Hachiman, indem er regelmäßig zu seinen Schreinen pilgerte und einen Bau am Konda Schrein finanzierte. Sein Motiv war, dass er selber als Wohltäter dastehen wollte.
Kulturelle und politische Rivalitäten
Ashikaga Yoshinori lud daraufhin Gohanazo Tennō (1428-1464) ein. Dies galt als eine Überschreitung im protokollarischen Verkehr eines Kriegers mit dem Kaiser. Auf Grund seines Ehrgeizes drang er in kaiserliche Hachiman-Zeremonien ein und machte dem Kaiserhof den Rang des Erben des Hachimankultes streitig. Yoshinori drückte damit den heimlichen Wunsch aus, das Kaiserhaus zu kontrollieren.
Der Kriegsgott galt immer als Schutzgottheit für Familien mit Pfeil und Bogen (Krieger), welche die Familien der Minamoto und die Nachfolger der Ashikaga waren. Hachiman wurde als direkter Vorfahre der Klans angesehen. Seine Querrollenstiftung kann auch als Ahnenvergleich gesehen werden.
1432 (Jahr der Stiftung der Hachimanrollen) wurde Yoshinori das Oberhaupt des weit verzweigten Minamoto Klans Genji no Chōja und durfte rechtmäßige Hachimanverehrung ausüben. Ashikaga Mochiuji widersetzte sich Yoshinoris Regierung, da er selber Shogun werden wollte. Als Mochiuji zur Machtdemonstration eine Statue der Diamantenen Gottheit des großen Sieges (Daishō kongōson, nicht mehr erhalten) stiftete, unternahm Yoshinori eine Inspektionsreise nach Osten, um Mochiuji in die Schranken zu weisen.
1434 wurde die "Widmungsschrift aus Blut" angefertigt, deren vier Punkte waren:
- Buun chōkyū - Ewiger militärischer Erfolg.
- Shison han'ei - blühende Nachkommenschaft.
- Gentō nisei anraku - Sicherheit für die gegenwärtige und zukünftige Generation.
- Juso no onteki wo michōno harai - Fluch gegen den Erzfeind.
Es war bildmagisches Mittel, um sich mit Hilfe von Hachiman durchzusetzen. Warum aber stiftete Yoshinori aber nichts an den Tsurugaoka Hachiman Schrein in Kamakura? Dieser war von Yoshinoris Vorfahren gegründet worden (Mitte des 11. Jhd.) und, auf Grund der Regentschaft der Minamoto in Kamakura, eng mit diesen verbunden.
Yoshinori hatte an Tsurugaoka vielleicht kein Interesse, denn er war nicht wie die drei anderen Schreine eng mit Kaiser Ōjin und dessen Hof verbunden. Möglicherweise wurde ihm die Stiftung aber auch verwehrt. Die Ostregion war heilig und nur Schenkungen von Minamoto-Klans waren erlaubt. Die Tumulusrollen galten jedoch als magische Waffen und die kaiserliche Aura als Munition gegen Mochiuji im Osten.
Hachiman bevorzugte anscheinend die Stiftung Yoshinoris, denn fünf Jahre nach Stiftung der Rollen, konnte Yoshinori Mochiuji besiegen und zwang ihn zum Selbstmord.
Gedanken der Rezensentin
Der Glaube an die Götter spielte in dieser Zeit eine sehr große Rolle. Man könnte es fast als Abhängigkeit bezeichnen. Meist beschenkte man einen Gott als Form der Bitte in misslichen Lagen und nach dem Erfolg als Dank. Warum aber hat Yoshinori nicht sich selber und seinen Fähigkeiten vertraut? Wer braucht dazu schon einen Gott? Anscheinend musste es etwas geben, woran man sich festhalten konnte. Yoshinori hatte über seinen Neffen gesiegt, vielleicht war es einfach nur Schicksal. Aber ist denn das Schicksal Gott bzw. in diesem Fall Hachiman?
Die Querbildrollen, welche Yoshinori bearbeitet hat, sind der Schlüssel in diesem Text. Sie sind die eigentliche Konfliktlösung. Durch ihre Stiftung hat Yoshinori nicht nur Hachiman auf seine Seite gezogen und den Krieg gegen seinen Neffen gewonnen, sondern hat sich außerdem für die nächsten Generationen verewigt.
Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Schwesterprojekt Hachiman-no-pedia verfasst.